Amazon

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Version vom 26. Mai 2021, 17:14 Uhr von E. Martin (Diskussion | Beiträge) (Fallbeispiele und Kritik)
Amazon.com Inc.
Branche Versandhandel
Hauptsitz Seattle, Washington
Lobbybüro Deutschland
Lobbybüro EU Avenue des Arts 27, 1040 Brüssel
Webadresse www.amazon.com

Amazon ist heute der weltweit größte Internethändler. Das Unternehmen ist bekannt für seine Steuervermeidungstricks und schlechten Arbeitsbedingungen. In Brüssel betreibt Amazon intensive Lobbyarbeit. Vor allem bei der Gesetzgebung zum EU-Datenschutz wurde der Konzern aktiv.


Lobbystrategien und Einfluss

Amazon hat eigene Lobbybüros in den für Amazon wichtigen Machtzentren, wie Brüssel und Washington. Amazon ist Mitglied in diversen Verbänden und betreibt dadurch indirekt - in Kooperation mit anderen Unternehmen – Lobbyarbeit. Das Unternehmen ist unter anderem Mitglied bei BITKOM, einem Digitalverband mit guten Beziehungen zum Bundeskanzleramt und dem Bundeswirtschaftsministerium. Auf EU-Ebene ist Amazon zudem Mitglied bei DIGITALEUROPE, dem wichtigsten Verband der globalen IT-Branche in der EU. In den USA beauftragt Amazon Lobbyfirmen, die das Unternehmen bei speziellen Angelegenheiten vertreten.

Lobbyarbeit in Brüssel

In Brüssel betreibt Amazon ein eigenes Lobbybüro mit 10 LobbyistInnen (4,25 Vollzeitäquivalent).[1] 5 dieser Interessenvertreter haben einen Hausausweis[2] für das Europäische Parlament.

Ein zentraler Ansprechpartner für Amazon ist der EU-Kommissar für den Digitalen Binnenmarkt, Andrus Ansip. Neben den Treffen mit direkten Lobbyisten von Amazon, lässt sich das Unternehmen größtenteils von Verbänden vertreten. Im Jahr 2019 kam es zu 3 Treffen mit Andrus Ansip.[3] Darüber hinaus stehen vermehrt Treffen mit Kabinettsmitgliedern auf der Tagesordnung., von denen es im gleichen Jahr zu 23 kam.[4]

Durch die Aufschlüsselung der Lobbyausgaben in Brüssel zeigt sich, wie Amazon seine Lobbyarbeit in den letzten Jahren ausgeweitet hat.

Jahr Lobbyausgaben in Brüssel (in €)
2019 1,750,000€ - 2,000,000€
2018 1,750,000€ - 2,000,000€
2017 1,750,000€ - 2,000,000€
2016 1,750,000€ - 2,000,000€
2015 1,500,000€ - 1,750,000€
2014 600,000€ - 700,000€

Quelle: LobbyFacts[5]

Amazon Europe Core SARL ist u.a. Mitglied der folgenden Lobbyverbände[6]:


Lobbyarbeit in den USA

Neben der eigenen Lobbyarbeit hat Amazon im Jahr 2019 neunzehn weitere externe Unternehmen damit beauftragt, die amerikanische Politik in einer Vielzahl von Bereichen wie Steuerreform oder Internetsicherheit zu beeinflussen. Zu den wohl prominentesten Lobbyisten der Unternehmen gehören der ehemalige Senatsmehrheitsführer Trent Lott und der ehemalige Senator John Breaux. Beide haben im Namen von Amazon Lobbyarbeit betrieben.[7]

Nach Recherchen des Journalisten Alex MacGillis lobbyierte Amazon gegen die Umsatzsteuer, die das Unternehmen bei einem Großteil der Verkäufe von Drittanbietern noch immer nicht berechnete, gegen die Regulierung von Drohnen, von denen es hoffte, sie zum Ausliefern von Paketen einzusetzen und gegen jede Bemühung, das Unternehmen von den US-Kartellbehörden prüfen zu lassen.[8] Amazon lobbyierte weiterhin, um bei der amerikanischen Post die vergünstigten Zustellpreise zu behalten. Die Lobbytätigkeit betraf auch die Auftragsvergabe der Regierung, weil das Unternehmen hoffte, zentrale Anlaufstation bei allen Anschaffungen des Bundes zu werden.

In den USA kann man anhand der Daten des amerikanischen Lobbyregisters sehen, wie hoch die Zunahme der Lobbyausgaben von Amazon ist. Seit 2012 haben sich die Lobbyausgaben verfünffacht. Die Darstellung des Lobbyregisters in Quartalen zeigt, dass im ersten Quartal 2020 ein Höchstwert von 4,330,000 US$ erreicht wurde und die Lobbyausgaben von Amazon demnach weiterhin deutlich ansteigen.[9]

Jahr Lobbyausgaben in den USA (in US$)
2020 17,86 Millionen
2019 16,14 Millionen
2018 14,19 Millionen
2017 12,84 Millionen
2016 11,02 Millionen
2015 9,07 Millionen
2014 4.74 Millionen
2013 3,45 Millionen
2012 2,50 Millionen

Quelle: US Lobbyregister[10]

Fallbeispiele und Kritik

Amazons Marktmacht und die Corona-Krise

Schon vor der Corona-Krise gab es große Debatten um die marktbeherrschende Stellung der Internet-Giganten. So dominiert Amazon den Online-Handel in Deutschland mit einem Anteil von über 50% - Tendenz steigend. Es laufen eine Vielzahl von Ermittlungen und Kartellverfahren gegen Digitalkonzerne dieser Größenordnung, die anderen Unternehmen den Zugang zu den von ihnen dominierten Märkten erschweren und sogenannte „Torwächter“-Positionen („Gatekeeper“) einnehmen.[11] Der Generalstaatsanwalt von New York hat am 25. Mai 2021 Klage gegen Amazon wegen des Missbrauchs seiner überragenden Marktstellung eingereicht.[12] Amazon verbiete unabhängigen Händlern, ihre Waren auf alternativen Plattformen zu günstigeren Preisen anzubieten und verlange eine Gebühr, die bis zu 40 % des Preises betrage. Im Januar 2021 ist die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Digitalisierungsgesetz) in Kraft getreten. Der Gesetzgeber will damit vor allem die Marktmacht großer Digitalkonzerne wie Google, Facebook und Amazon beschränken. Insbesondere der neue § 19a GWB sieht neue, weitreichende Eingriffsbefugnisse für das Bundeskartellamt gegenüber „Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb“ vor. Im Mai 2021 hat das Bundeskartellamt ein Verfahren eingeleitet, um in einem ersten Schritt zu prüfen, ob Amazon eine solche Bedeutung hat. [13] Damit führt das Bundeskartellamt insgesamt drei Verfahren gegen Amazon. Mit der wachsenden Marktmacht geht parallel eine stetige Erhöhung der Lobbyausgaben des Großkonzerns einher. Nie zuvor hat Amazon so viel Geld für Lobbyarbeit ausgeben wie im Jahr 2019. Im Kontext der Corona-Krise versuchen sich die Digitalkonzerne vermehrt als wichtige Helfer und als neue Dienstleister der Politik zu inszenieren. In diesem Zuge wird versucht lästige bestehende Regelungen aufzuweichen oder sogar zu beseitigen.[14]

Big-Brother-Award 2018

Für den Sprachassistenten Alexa erhielt Amazon im Jahr 2018 den „Big-Brother-Award“ in der Kategorie Verbraucherschutz.[15]


2014-2016: Amazon an deutschen Schulen

Mit dem Schulwettbewerb „Lesen macht Spaß“ hat Amazon, unter dem Vorbehalt der Förderung von Lese- und Schreibkompetenzen, Lobbyarbeit an deutschen Schulen betrieben. Der Wettbewerb fand von Dezember 2014 bis Februar 2015 satt. Dies geschah im Umkreis aller deutschen Logistik- und Kundendienststandorte des Konzerns. Mehr als 200 Grundschulklassen haben an diesem Wettbewerb teilgenommen. Als Siegprämie wurden E-Book-Reader und Gutscheine für das Herunterladen von E-Books spendiert. Aber nicht nur die Gewinner erhielten eine Prämie. Jede teilnehmende Klasse hat einen Amazon-Gutschein im Wert von 50€ erhalten. Durch diesen Schulwettbewerb konnte Amazon unkritische Berichte in den Lokalzeitungen der verschiedenen Städte verbuchen. Viele Bürgermeister der Städte äußerten sich in Zeitungsartikeln durchweg positiv, und die Kritik an dem Konzern bezogen auf schlechte Arbeitsbedingungen und Steuerflucht rückte in den Hintergrund.
Dieser Schulwettbewerb blieb jedoch nicht der einzige. Bereits ein Jahr später, 2016, wurde diese Form des Lobbyismus unter einem neuen Namen bundesweit im Umfeld der Logistikzentren weitergeführt. Mit „Kindle Storyteller Kids“ sollte auch hier wieder die Lese- und Schreibkompetenz der Schüler gefördert werden, indem sie Geschichten schreiben.[16] Das Bundesland Hessen hat darauf reagiert und den Wettbewerb verboten. Diesem Beispiel folgten auch die Schulministerien der Bundesländer in NRW und Baden-Württemberg. Auch Bayern und Rheinland-Pfalz stufen den Wettbewerb als kritisch ein. Lediglich das Schulministerium in Sachsen hält den Wettbewerb für unproblematisch, solange es keine reinen Hinweise auf die kommerzielle Nutzung gibt.[17]


2013: Lobbyschlacht zur EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)

Von besonderer Bedeutung war die Lobbyarbeit im Jahr 2013. Amazon war einer der treibenden Kräfte in der „Lobbyschlacht“, als über die Gesetzestexte der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verhandelt wurde. Der Konzern hat versucht, Europa-Abgeordnete davon zu überzeugen, hunderte von Änderungsanträgen im Interesse von Amazon einzubringen.[18] Durch das Webportal LobbyPlag[19] hat sich herausgestellt, dass Änderungsanträge und Passagen, die von Amazon eingebracht wurden, teilweise wortwörtlich von den Abgeordneten des Europa Parlaments übernommen wurden. Das zeigt sich zum Beispiel durch die Streichung des Artikel 7 Absatz 4 der DSGVO, die Amazon in ihrem Lobby-Papier eingebracht hat. Durch die Streichung können Unternehmen Daten verarbeiten, die sie durch ihre Überlegenheit erlangt haben. Dadurch gilt eine Einwilligung zur Datenverarbeitung, auch wenn keine Möglichkeit bestand die Zustimmung zu verweigern.[20]

Kurzdarstellung und Geschichte

Amazon wurde 1994 als Online-Buchhandel in Seattle gegründet. Das Unternehmen verkauft heute eine große Bandbreite an Produkten und produziert Streaming-Inhalte, Kindle E-Reader und die darauf herunterladbaren Bücher. Seit 2016 vertreibt Amazon zudem den Amazon Echo, einen sprachgesteuerten persönlichen Assistenten Alexa. Außerdem gehört die gewinnträchtige Cloudsparte Amazon Web Services zu deren Kunden u.a. Netflix, Facebook und Zoom gehören, zu den wichtigsten neuen Geschäftsbereichen des Konzerns.


Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

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Einzelnachweise

  1. Amazon Europe Core SARL, LobbyFacts vom 30.03.2018, zuletzt aufgerufen am 24.04.2018
  2. Amazon Europe Core SARL, LobbyFacts vom 30.03.2018, zuletzt aufgerufen am 24.04.2018
  3. Meetings of Vice-President Andrus Ansip with organisations and self-employed individuals, European Commission, zuletzt aufgerufen am 24.04.2018
  4. Meetings of Cabinet members of Vice-President Andrus Ansip with organisations and self-employed individuals, European Commission, zuletzt aufgerufen am 24.04.2018
  5. Amazon Europe Core SARL, LobbyFacts vom 30.03.2018, zuletzt aufgerufen am 24.04.2018
  6. EU Transparenz-Register, ec.europa.eu, abgerufen am 11.05.2018
  7. Lobbyists representing Amazon.com, 2017, OpenSecrets, zuletzt aufgerufen am 23.04.2018
  8. Alex MacGillis: Ausgeliefert - Amerika im Griff von Amazon, Frankfurt am Main 2021, S. 109
  9. Query the Lobbying Disclosure Act database: Amazon, the United States Senate, zuletzt abgerufen am 24.04.2018
  10. Query the Lobbying Disclosure Act database: Amazon, the United States Senate, zuletzt abgerufen am 24.04.2018
  11. Big Tech, big Lobby, LobbyControl, 23.01.2020, zuletzt abgerufen am 16.07.2020
  12. Amazon accused of unfair pricing policies by Washington DC, bbc.com vom 25.05.2021, abgerufen am 26.06. 2021
  13. Verfahren gegen Amazon nach neuen Vorschriften für Digitalkonzerne (§ 19a GWB), bundeskartellamt.de vom 18.05.2021, abgerufen am 20.06.2021
  14. Corona und die Lobbyarbeit der Digitalkonzerne, Lobby-News Spezial, 30.04.2020, zuletzt abgerufen am 16.07.2020
  15. Die BigBrotherAwards 2018, BigBrotherAwards, abgerufen am 03.05.2018
  16. Amazon verstößt gegen Schulgesetz ,LobbyControl, 19. Mai 2016, zuletzt abgerufen am 24.04.2018
  17. Amazon verstößt gegen Schulgesetz ,LobbyControl, 07. Juni 2016, zuletzt abgerufen am 24.04.2018
  18. Amazon: lobbying to weaken data privacy rights, refusing lobby transparancy, Corporate Europe Observatory, zuletzt aufgerufen am 24.04.2018
  19. Comparison of Amendments ans Lobby Propsals, LobbyPlag, zuletzt aufgerufen am 23.04.2018
  20. Bye bye Datenschutz: EU-Parlament kopiert von Amazon, ebay & Co., Netzpolitik vom 10.02.2013, zuletzt aufgerufen am 07.05.2018

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