Bertelsmann Stiftung

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Bertelsmann Stiftung
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Rechtsform Stiftung des privaten Rechts
Tätigkeitsbereich Bildungswesen, Gesundheitswesen, Demographische Entwicklung, Arbeits- und Sozialpolitik
Gründungsdatum 1977
Hauptsitz Carl-Bertelsmann-Str. 256, 33311 Gütersloh
Lobbybüro
Lobbybüro EU Büro Bertelsmann Stiftung, Résidence Palace, Rue de la Loi 155, B-1040 Brüssel
Webadresse www.bertelsmann-stiftung.de

Die Bertelsmann Stiftung gehört zu den einflussreichsten neoliberalen Denkfabriken im Land. Wirkmächtig propagiert sie die Privatisierung von staatlichen Bereichen und fördert den Wettbewerb auf allen Ebenen.
Die Stiftung ist Haupteigentümerin der Bertelsmann SE. Zwar sind die Stiftung und die Bertelsmann SE zwei formal getrennte Einheiten, jedoch sind beide eng personell verflochten und werden faktisch von der Unternehmerfamilie Mohn kontrolliert.

Kurzdarstellung und Geschichte

Der Unternehmenspatriarch des Bertelsmann Konzerns Reinhard Mohn gründete 1977 die Bertelsmann Stiftung. Er übereignete im Jahr 1993 die Mehrheit des Aktienkapitals der Bertelsmann AG an die Stiftung. Dadurch sparte Mohn seiner Frau Liz Mohn und seinen Kindern Christoph und Brigitte gut zwei Milliarden Euro Erbschafts- oder Schenkungssteuer.[1] Ein weiterer Vorteil dieses Konstruktes ist, dass der Konzern nicht an Dritte verkauft werden kann, sondern - vermittelt durch die Bertelsmann Stiftung und weitere rechtliche Konstruktionen - in Händen der Familie Mohn bleibt.

Die Unternehmerperson Reinhard Mohn hatte immer die Motivation in die deutsche Gesellschaft zu wirken. Die Stiftung soll nun das Mittel dafür sein. Die Gesellschaft soll nach dem Vorbild des Bertelsmann Konzerns funktionieren und damit ebenso erfolgreich sein. Die Bertelsmann Stiftung tritt für mehr Wettbewerb und mehr Effizienz innerhalb des staatliche Bereichs, wie dem Hochschulwesen oder dem Gesundheitsbereich, ein. Mit ihren Projekten nimmt sie einen rein betriebswirtschaftlichen Blickwinkel ein und kommt regelmäßig zum Ergebnis, dass "weniger Staat" besser sei. Dies soll nach Bertelsmann-Definition dem Allgemeinwohl dienen. Nebenbei nützt es wohl nicht ganz zufällig auch der Bertelsmann AG. Zugleich setzt sich die Stiftung für mehr privates bürgerschaftliches Engagement ein.

Organisationsstruktur und Personal

Die Stiftung beschäftigt rund 300 Mitarbeiter. Davon sind 185 im konkreten Projektmanagement tätig.[2]

Vorstand

Vorstand
Aart De Geus
(Vorstandsvorsitzender)
  • 2007-2011 OECD, Stellv. Generalsekretär
  • 2002-2007 Minister für Arbeit und Soziales der Niederlande
Liz Mohn
(Stellv. Vorsitzende)
  • (Witwe Mohns)
Jörg Dräger
  • 2001-2008 parteiloser Senator für Wissenschaft und Forschung der Freien und Hansestadt Hamburg
Brigitte Mohn
  • (Tochter Mohns)

(Stand: August 2014) Quelle: [3]

Kuratorium

Es ist Beratungs- und Kontrollorgan, ähnlich einem Aufsichtsrat.

Kuratorium
Werner J. Bauer
(Vorsitzender des Kuratoriums, seit 15.11.2011)
  • Nestlé AG, Aufsichtsratsvorsitzender
Liz Mohn
(hier ebenso Stellv. Vorsitzende)
Wolf Bauer
  • UFA Film & TV Produktion, Vorsitzender der Geschäftsführung
Wulf H. Bernotat
  • Allianz SE, Stellv. Vorsitzender des Aufsichtsrats
  • E.ON AG, ehem. Vorsitzender des Vorstands
Ralph Heck
  • seit rund 30 Jahren bei der Unternehmensberatung McKinsey tätig
Christoph Mohn (Sohn Mohns)
Carolina Müller-Möhl
  • NZZ-Mediengruppe, Mitglied des Verwaltungsrates
  • Müller-Möhl Foundation, Stiftungsratspräsidentin
Thomas Rauschenbach
  • Deutsches Jugendinstitut, Vorstandsvorsitzender und Direktor
Rolf Schmidt-Holtz
  • Just Software AG, Chairman
Wolfgang Schüssel
Jürgen Stark
Guido Westerwelle (ab 1. Januar 2015)
  • FDP-Politiker
  • Bundesaußenminister a.D.

(Stand: August 2014) Quelle: [4]


Ehemalige Mitglieder des Kuratoriums:

Stiftungsnahe Organisationen

Das CAP ist die Denkfabrik für Politikberatung der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, die laut eigener Aussage die "Lücke zwischen Politik und Wissenschaft" schließen will.[5] Die zentrale Person des CAP, Direktor Werner Weidenfeld, war von 1992 bis 2007 auch im Vorstand der Bertelmann Stiftung.[6] Im Jahr 2007 erfolgte Weidenfelds Rausschmiss aus dem Vorstand aufgrund des Vorwurfs des Spesenbetrugs; er habe private Bewirtungsbelege über die Bertelsmann Stiftung abgerechnet. Das Verfahren wurde gegen ein Geldbuße eingestellt. Die Bertelsmann Stiftung, als die mit Abstand wichtigste Drittmittelgeberin des CAP, will die bis 2010 laufenden Projektfinanzierungen nicht verlängern.[7] Zuvor wurde das CAP mit jährlich rund 2,4 Mio. Euro von der Stiftung finanziert.[8]

Das CAP hat zusammen mit der Bertelsmannstiftung den Bertelsmann Transformationsindex (BTI) herausgegeben.[9] Dieser Index versucht die Entwicklung von Staaten in Richtung Demokratie und (sozialer) Marktwirtschaft zu messen. Angesichts Bertelsmanns Ankündigung des Ausstiegs aus der Finanzierung von CAP Projekten scheint die Zukunft der Kooperation beim BTI allerdings fraglich; beim aktuellen BTI von 2010 war noch ein Wissenschaftler des CAP beteiligt.[10]

Gegründet 1994 von der Bertelsmann Stiftung und der Hochschulrektorenkonferenz. In Form einer gemeinnützige GmbH. Versteht sich selbst als eine Reformwerkstatt für das deutsche Hochschulwesen.

  • Leitung des CHE: Jörg Dräger und Frank Ziegele
  • Gesellschafter: Bertelsmann Stiftung, Stiftung zur Förderung der Hochschulrektorenkonferenz
  • Sitz in Gütersloh
  • Das Gesamtbudget beträgt ca. 3 Mio. Euro pro Jahr und wird etwa zur Hälfte von der Bertelsmann Stiftung finanziert.

Quelle:[11]

Bekannt ist das CHE vor allem durch sein jährlich veröffentlichtes Hochschulranking gleicher Studiengänge an verschiedenen Hochschulen.

  • Centrum für Krankenhausmanagement (CKM)

Das CKM wurde 1994 von der Bertelsmann Stiftung gegründet und ist der Uni Münster als Institut angegliedert. Selbstdarstellung:

Ziel unserer Arbeit ist es, Wege aufzuzeigen, wie praxisbewährte Management-Methoden aus Industrie, Handel und Dienstleistungsbranche in Krankenhäusern und anderen Institutionen des Gesundheitswesens genutzt werden können. Wir stellen uns der Aufgabe, vermeintlich Unvereinbares in Einklang zu bringen: Qualitätssteigerung bei tendenziell sinkenden Kosten.

Quelle:[12]

  • Bertelsmann Wissenschaftsstiftung

Diese Stiftung wurde im Juni 1995 durch die Bertelsmann AG gegründet. Sie fördert insbesondere die Wirtschaftswissenschaften sowie die Politik- und Sozialwissenschaften. Die Stiftung finanziert sich überwiegend aus Spenden der Unternehmensgruppe Bertelsmann.

  • Vorstand: Marc Wössner, Wolfgang Koeckstadt, Steven Moran

Sie fördert das Reinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung und Corporate Governance an der Universität Witten/Herdecke, welches 2010 gegründet wurde.[13]

Finanzen

Im Geschäftsjahr 2010 betrug der Gesamtaufwand der Bertelsmann Stiftung 60,3 Mio. Euro. Sie finanziert ihre Arbeit überwiegend aus den Erträgen ihrer Beteiligung an der Bertelsmann AG.[14] Die jährliche Dividenden-Zahlung an die Stiftung ist steuerfrei.[1]

Wie die Ausschüttung an die Stiftung im Einzelnen zustande kommt, die ja immerhin 3/4 der Bertelsmann AG besitzt und somit auch den entsprechenden Anspruch auf die Gewinne, ist durch kompliziert verflochtene Zwischengesellschaften intransparent. Einige Informationen dazu stehen unter: Zahltag in Gütersloh Media Tribune vom 24.05.2011

Lobbystrategien und Einfluss

Die Stiftung möchte die Gesellschaft gestalten bzw. umgestalten nach den Ideen Reinhard Mohns. Die Grundannahme Mohns (†2009) war, dass wirtschaftliche Effizienz und Gemeinschaftssinn nicht im Widerspruch zueinander stehen, sondern beides zugleich stattfinden kann. Er ging davon aus, dass der Aufstieg von Bertelsmann zu einem großen Medienkonzern in der Welt diesem Prinzip zu verdanken sei. Praktisch möchte er diese Prinzip in die Gesellschaft, in Staat und Politik, wirken. Es äußert sich in der Vorgabe des Leitbildes der Bertelsmann Stiftung: der Förderung von Wettbewerb und von bürgerschaftlicher Betätigung.

Die Stiftung fördert dabei nur selbst definierte Projekte. Sie vergibt keine Stipendien und unterstützt auch keine Projekte Dritter, die sich an die Stiftung wenden.

Seit ihrem Bestehen hat die Bertelsmann Stiftung rund 928 Mio. Euro für ihre Arbeit zur Verfügung gestellt.[14]

Sie arbeitet in den folgenden Themenbereichen:

  • Bildung, Schule und Universitäten
  • Gesundheitspolitik
  • Demographische Entwicklung
  • Arbeits- und Sozialpolitik
  • Außen- und Sicherheitspolitik

Mittel

  • Rankings und Leistungskennziffern
    • Bertelsmann Transformation Index[15]: ein zweijährlich ermitteltes Ranking von inzwischen 128 Staaten, das die Erfolge der Transformation dieser Länder hin zu Demokratie und Marktwirtschaft messen soll
    • CHE Hochschulranking
    • „Projektbüro Benchmarking“ – 1999 vom Kanzleramt in Auftrag gegeben und von der Stiftung mitfinanziert – pries die dänische, niederländische und britische Arbeitsmarktpolitik als „Benchmark“, also als Maßstab an. Die beauftragten Experten forderten die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und mehr Druck zur Arbeitsaufnahme[1]
  • Studien
Jahr Studien Erstellt von Inhalte Quelle
2013
  •  »Bundesländer, Branchen und Bildungsgruppen - Wirtschaftliche Folgen eines Transatlantischen Freihandelsabkommens (THIP) für Deutschland« (Teil 2)
  •  »Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP) - Wem nutzt ein transatlantisches Freihandelsabkommen?« (Teil 1)
ifo Institut Die Studien wollen zeigen, dass die EU und die USA von einem Freihandelsabkommen profitieren würden [16], [17]
1996 »Kommunikationsordnung 2000« Grundsatzpapier der Bertelsmann Stiftung, welches für Medienanbieter Selbstkontrollmechanismen anstatt staatlicher Aufsicht empfiehlt
  • Politische Beratung

Gunter Thielen: "Sie [die Bertelsmann Stiftung] soll aber darüber hinaus ihre Fähigkeit ausbauen, politische Entscheidungsträger direkt zu beraten"[18]

  • Seminare und Tagungen, Treffen zwischen Beamten, Politikern und Bertelsmann-Experten
    • International Bertelsmann Forum
  • Preise
    • Carl Bertelsmann-Preis, Mit ihm "werden innovative Konzepte und nachahmenswerte Lösungsansätze in gesellschaftlichen Problemfeldern ausgezeichnet"
  • Kampagnen
Jahr Kampagnen Inhalt Quelle
2007 »Unternehmen für die Region« die Bertelsmann Stiftung zeichnet das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen aus
2005 »Du bist Deutschland« Kampagne deutscher Medienunternehmen für eine neue Aufbruchstimmung in Deutschland, koordiniert von Bertelsmann [19]

Verbindungen / Netzwerke

Weiter gibt es enge Kontakte zu:

Quelle:[8]


  • Persönliche Verflechtung von Politik und Bertelsmann
Name Partei
Tim Arnold CDU ehemaliger Leiter der Hauptstadtvertretung des Landes NRW, zuvor Bertelsmann-Manager; 2011 als Lobbyist zur ProSiebenSat.1 Group gegangen
Franziska Brantner Bündnis 90/Die Grünen Mitglied des Bundestages, zuvor Mitglied des Europaparlaments, davor Projektmanagerin bei der Bertelsmann Stiftung
Elmar Brok CDU Mitglied des Europaparlaments, >>Mr.Bertelsmann in Brüssel<<
Caio Koch-Weser Berater der Deutschen Bank, Ex-hochrangiger Finanzbeamter, Ex-Mitglied im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung


  • Verknüpfung mit den Öffentlich-Rechtlichen Sendern
Name Funktion
Peter Frey Chefredakteur des ZDF CAP-Fellow 2006, "Durch die Ehrung würdigt das C·A·P das jahrelange und tatkräftige Engagement dieser Persönlichkeiten im Rahmen der Projekte des C·A·P"[20]
Klaus-Peter Siegloch war stellv. Chefredakteur des ZDF, Moderator des "heute-journals" ehemals im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung, Aktuell ist er Präsident des Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL)
Dieter Stolte war Intendant des ZDF und war gleichzeitig Mitglied im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung und in der Jury des Carl-Bertelsmann-Preises.
1999 wollte 3Sat einen Bericht über die braune Vergangenheit des Bertelsmann-Verlages im Dritten Reich bringen. Stolte hat bei 3Sat interveniert und den Beitrag verhindert.[21]


  • Thomas Fischer, bis dato Leiter des Büros Brüssel wechselte zum 01.08.2014 zum Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Dort übernimmt er die Leitung der Abteilung Grundsatzangelegenheiten und Gesellschaftspolitik. Fischer war 2000-2014 für die Bertelsmann Stiftung tätig.[22]

Fälle

2013: Bertelsmann befürwortet EU-USA-Freihandelsabkommen

Die Bertelsmann Stiftung beauftragte das ifo Institut zur Erstellung einer Studie über die Folgen eines möglichen Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA (TTIP). Die Studie kommt im Teil 1 zu dem Ergebnis, dass die USA und die EU - durch eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukt je Einwohner und mögliche neue Arbeitsplätze - davon profitieren würden. Dem gegenüber stünden reale Einkommens- und Beschäftigungsverluste im Rest der Welt. Vor allem würden "Handelshemmnisse" wie Qualitätsstandards, Verpackungs- und Bezeichnungsvorschriften, Herkunftsangaben sowie technische oder rechtliche Anforderungen an importierte Produkte mit dem Freihandelsabkommen abgeschafft werden.[17]
Jens Berger bewertet Teil 1 der Studie wie folgt:"Was im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung da von Hans-Werner Sinns ifo-Institut zusammengeschrieben wurde, hat mit der 'sehr guten bis exzellenten Leistungen in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung', die dem ifo-Institut von der Leibniz-Gesellschaft attestiert werden, nichts zu tun. Es handelt sich vielmehr um einen fortgeschrittenen Fall von Scharlatanerie, dessen Aussagekraft gegen Null geht."[23]
Teil 2 der Studie kommt zu dem Ergebnis, dass alle Bundesländer, Branchen und Einkommensgruppen vom TTIP profitieren und dass 160.000 neue Arbeitsplätze entstehen würden.[16] Der MDR zitiert in einem Bericht den Deutschen Lehrerverband, der den Vorwurf erhebt, dass auch die Bildungsstudien der Stiftung tendenziös sein.[24]

2009: Bertelsmanns Status der Gemeinnützigkeit

Die Bertelsmann Stiftung gilt offiziell als "gemeinnützig" und genießt dadurch Steuervergünstigungen. Die Juristen Lindner, Krämer, Priehn stellen in einer Expertise[25] die Gemeinnützigkeit der Bertelsmann Stiftung in Frage. Sie fragen, ob der Tatbestand der Gemeinnüt­zigkeit iSv. §§ 52 ff. Abgabenordnung (AO) erfüllt ist:

  • Die Bertelsmann Satzung lässt entge­gen der Rechtsprechung des BFH nicht erkennen, dass die Stiftung aus­schließlich selbstlose steuerbegünstigte Zwecke verfolgt.
  • Die Satzung enthält eine Art "Änderungsvor­be­halt". Der Stiftungszweck ist de facto nach dem Stifterwillen beliebig änder- und erweiterbar. Das steht im Widerspruch zu §§ 52, 60 AO.
  • Zwischen der Bertelsmann Stiftung und der Bertelsmann AG sowie deren Tochterunternehmen bestehen vielfältige personelle Verflechtungen. Diese Gemengelage widerspricht dem Ausschließlich­keitsgebot § 56 AO, demnach eine Stiftung nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgen darf.
  • Insbesondere die Dienstleistungen der Politikberatung zugunsten der Bertelsmann AG und deren Tochtergesellschaften sind in der Stif­tungssatzung nicht einmal im Ansatz er­wähnt. Es ist sichtbar, dass deren angestrebte Ziele gerade nicht "selbstlos" iSv. § 55 AO sind und darum nicht der Allgemeinheit dienen, sondern dem Stifter, seiner Familie und dem Konzern durch die Steuerersparnis für privat­nützliche politische Aktivitäten zugute kommen.

Das Ergebnis der Expertise ist, dass es sich um eine sog. politische Stiftung handelt, die nicht gemeinnützig ist. Die Förde­rung politischer Zwecke (Beeinflussung der poli­ti­schen Meinungsbildung, Förde­rung politischer Parteien, Marktuntersuchungen für die zum Bertelsmann-Konzern gehörenden Unternehmungen und dergleichen) ist kein ge­mein­nütziger Zweck.

Deregulierung für das Privatfernsehen

In den neunziger Jahren hatte sich die Stiftung verstärkt dafür eingesetzt, dass Aufsichtsbehörden über das Privatfernsehen abgeschafft werden. Das Kartellamt sei ausreichend, um Wettbewerb zu gewährleisten. Zugleich entwickelte sich die RTL-Gruppe zum Gewinngaranten der Bertelsmann AG.[26] Mittel der Bertelsmann Stiftung war in diesem Fall die Studie "Kommunikationsordnung 2000", die im Januar 1997 vorgestellt wurde. Die Studie empfiehlt: Die sektorspezifischen Eingriffe sollen durch allgemeine Wettbewerbs- und Selbstkontrolle in den Bereichen Telekommunikation und Medien abgelöst werden, die Nutzer ihre wachsende Entscheidungsfreiheit in kompetenter Eigenverantwortung wahrnehmen.[27]

2005: Ausbau der Dritten Säule der EU

Die Bertelsmann-Stiftung hat sich auch für den Ausbau der Dritten Säule der EU, der Polizeilich- Justiziellen Zusammenarbeit eingesetzt. In einem Auftragsgutachten von Jörg Monar vom Sussex European Institute (SEI) für die Bertelsmann-Stiftung schlägt dieser die den Aubau von Europol zu einem europäischen FBI vor. Desweiteren befürwortet er den Ausbau des europäischen Geheimdienstes SitCen, welche bis jetzt nur eine Analysten-Gruppe des Rates ohne selbständigen Status und Infrastruktur sei, zu einem europäischen Geheimdienst.[28] In einem Artikel on des von der Bertelsmann-Stiftung herausgegebenen Magazins Spotlight Europe wird der Ausbau von Europol und Eurojust mit dem Blick auf den Mernschenhandel befürwortet.[29] So wird dort auch die im Stockholmer Programm beschlossene engere Zusammenarbeit der EU mit Drittstaaten als Nützlich für die Bekämpfung des Menschenhandels angesehen. Dabei stieß das Stockholm-Programm nach seiner Verabschiedung auf massiven Protest von Bürgerrechtlern.[30]

Lobbyisten in Ministerien

Die Bertelsmann-Stiftung hatte eine ihrer leitenden Mitarbeiterinnen im Gesundheitsministerium, wo diese u.a. durch die Erstellung von Redeentwürfen für die Ministerin inhaltlich tätig werden konnte.

Lobbyisten im Bundesministerium für Gesundheit

Zeitraum 26.02.2007 - 15.08.2007[31], danach 50 variable Arbeitstage[32] vom 01.09.2007 – 31.08.2008[33]
Mitarbeiter Sophia Schlette[32], Projekt- und Teamleiterin "Gesundheitspolitik" bei Projekten zu integrierter Vollversorgung und Prävention, Teilnehmerin des Personaltauschprogramms "Seitenwechsel"[33], Kenntnisse und Kontakte bezügl. US-Gesundheitssystem[31]
Bearbeitete Themen Hospitation und Beratung im Bereich Grundsatzfragen der Gesundheitspolitik und Gesamtwirtschaftliche Aspekte des Gesundheitswesens; Vorbereitung und Durchführung von Konferenzen und einer USA-Reise der Ministerin, dabei Erstellung von Redeentwürfen[31]

Lobbyisten in Ministerien

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Das Innenministerium konkretisierte im Mai 2008 die Tätigkeiten der Mitarbeiterin wie folgt:

  • Mitwirkung an Vorbereitung und Durchführung einer internationalen Konferenz des BMG zum Thema AIDS in Bremen im März 2007;
  • Beteiligung an der Vorbereitung des sog.informellen Gesundheitsministerrats in Aachen im April 2007;
  • Mitarbeit an Vorbereitung und Durchführung von Reisen der Bundesministerin Ulla Schmidt; in Abstimmung mit den Fachreferaten Entwicklung von Bausteinen für Redeentwürfe;
  • Mitwirkung an Vorbereitung einer Reise der Bundesministerin nach Kalifornien im Juli 2007, (nicht 2006 wie bei Adamek/Otto angegeben), und anschließende Begleitung der Delegation.[31] Laut Adamek/Otto diente eine Reise zur Information über ein privates, amerikanisches Gesundheitsversorgungs-Modell („Kaiser Permanente“)[32]
  • Vorbereitung und Durchführung von Fachveranstaltungen im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft[34]

Weiterführende Informationen


Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

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Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Macht ohne Mandat Der Tagesspiegel vom 25.09.2006, abgerufen am 13.09.2011
  2. Webseite Bertelsmann Stiftung - Unsere Experten abgerufen am 30.08.2011
  3. Der Vorstand Webseite Bertelsmann-Stiftung, abgerufen am 20.08.2014
  4. Das Kuratorium Webseite Bertelsmann-Stiftung, abgerufen am 21.08.2014
  5. Fokus der Arbeit am CAP auf der Homepage des CAP, Zugriff 02.01.2012
  6. Vita von Werner Weidenfeld auf der Homepage des CAP, letzter Zugriff 02.01.2011
  7. Abgang des Vorzeige-Bertelsmanns taz.de vom 31.10.2007, abgerufen am 20.08.2011
  8. 8,0 8,1 Global Player Bertelsmann, Rudolph Bauer in: Blätter für deutsche und internationale Politik 8/2007, letzter Zugriff 02.01.2012 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „rb“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  9. Strategien der Entwicklung und Transformation vom 02.06.2008 auf der Homepage des CAP, letzter Zugriff 02.01.2012
  10. BTI Board, offizielle Seite des BTI, letzter Zugriff 02.01.2011
  11. Webseite des CHE abgerufen am 30.08.2011
  12. Webseite des CKM - Über uns abgerufen am 25.08.2011
  13. Webseite der Bertelsmann Wissenschaftsstiftung abgerufen am 30.08.2011
  14. 14,0 14,1 Webseite Bertelsmann Stiftung - Daten und Fakten abgerufen am 09.09.2011
  15. Webseite des BTI
  16. 16,0 16,1 Von transatlantischem Freihandelsabkommen profitieren alle Bundesländer, Branchen und Einkommensgruppen Bertelsmann-Stiftung vom 04.10.2013, abgerufen am 04.10.2013
  17. 17,0 17,1 USA und gesamte EU würden von transatlantischem Freihandelsabkommen erheblich profitieren Bertelsmann-Stiftung vom 17.06.2013, abgerufen am 18.06.2013
  18. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Reformbilanz: 25 Jahre Bertelsmann Stiftung. Gütersloh März 2002, S. 26.
  19. Ab heute bist Du Deutschland LobbyControl vom 26.09.2005, abgerufen am 11.09.2011
  20. C·A·P-FellowsWebseite des CAP, abgerufen am 15.09.2011
  21. Elmar Brok(CDU): EU-Parlaments-Hobbyist bei Bertelsmann www.uebergebuehr.de vom ??, abgerufen am 15.09.2011
  22. Fischer ist Abteilungsleiter beim DGB Webseite politik&kommunikation, abgerufen am 20.08.2014
  23. Freihandelsstudie – Scharlatanerie im pseudowissenschaftlichen Gewand nachdenkseiten.de vom 18. Juni 2013, abgerufen am 19.06.2013
  24. [www.mdr.de/nachrichten/bertelsmann-stiftung102_zc-e9a9d57e_zs-6c4417e7.html Bertelsmann-Studien Eigeninteresse oder Wissenschaft?], MDR info, 4. Oktober 2014, zuletzt angerufen am 6. 10. 2014
  25. Eine Expertise unabhängiger Juristen Neue Rheinische Zeitung - Online-Flyer Nr. 183 vom 04.02.2009, abgerufen am 20.08.2011
  26. Mit Liz und Tücke Der Spiegel vom 16.08.2010, abgerufen am 22.08.2011
  27. Bertelsmann Stiftung: Studie zur Kommunikationsordnung 2010 golem.de vom 31.10.2000, abgerufen am 15.09.2011
  28. Braucht die Europäische Union ein ‚European Bureau of Investigation’ (EBI) und eine‚European Intelligence Agency’ (EIA)?" Prof. Dr. Dr. Jörg Monar, Sussex European Institute (SEI), University of Sussex, 19.05.2005 (pdf-Datei)
  29. [http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xbcr/SID-70512013-331729D1/bst/Spotlight_Menschenhandel_neu.pdf Europas Kampf gegen den Menschenhandel] Spotlight Europe, 09/2010
  30. Widerstand gegen das „Stockholm-Programm” Aufruf des des Bündnisses europäischer Bürgerrechtsgruppen ecln.org von 2009
  31. 31,0 31,1 31,2 31,3 Antwort der Bundesregierung (pdf) auf schriftliche Fragen von Gesine Lötzsch (Grüne) zum Einsatz externer Mitarbeiter vom 23.05.2008, S. 20
  32. 32,0 32,1 32,2 Adamek, Sascha/ Otto,Kim (2008): Der gekaufte Staat. Wie Konzernvertreter in deutschen Ministerien sich ihre Gesetze selbst schreiben. Köln: Verlag Kiepenheuer & Witsch, S. 118- 121.
  33. 33,0 33,1 Bundesministerium des Innern: Erster Bericht über den Einsatz externer Personen in der Bundesverwaltung (pdf), Berichtszeitraum 01. Januar 2008 – 31. August 2008, Stand 29.09.2008, letzter Zugriff 09.09.2011
  34. Schriftliche Stellungnahme der Bertelsmann Stiftung auf Anfrage von LobbyControl

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