Bertelsmann Stiftung

    • Keine Statusinformation
Version vom 19. Juli 2017, 19:50 Uhr von E. Martin (Diskussion | Beiträge) (Organisationsstruktur und Personal)
Bertelsmann Stiftung
158px-Bertelsmann-Stiftung-Logo.png
Rechtsform Stiftung des privaten Rechts
Tätigkeitsbereich Bildungswesen, Gesundheitswesen, Demographische Entwicklung, Arbeits- und Sozialpolitik
Gründungsdatum 1977
Hauptsitz Carl-Bertelsmann-Str. 256, 33311 Gütersloh
Lobbybüro
Lobbybüro EU Résidence Palace, Rue de la Loi 155, B-1040 Brüssel
Webadresse bertelsmann-stiftung.de

Die Bertelsmann Stiftung gehört zu den einflussreichsten neoliberalen Denkfabriken im Land. Wirkmächtig propagiert sie die Privatisierung von staatlichen Bereichen und fördert den Wettbewerb auf allen Ebenen.

Die Stiftung ist Haupteigentümerin der Bertelsmann SE. Zwar sind die Stiftung und die Bertelsmann SE zwei formal getrennte Einheiten, faktisch sind sie jedoch über Aktienbesitz und zentrale Personen miteinander verflochten und werden beide von der Unternehmerfamilie Mohn kontrolliert.

Kurzdarstellung und Geschichte

Der Unternehmenspatriarch des Bertelsmann Konzerns Reinhard Mohn gründete 1977 die Bertelsmann Stiftung. Er übereignete im Jahr 1993 die Mehrheit des Aktienkapitals der Bertelsmann AG an die Stiftung. Dadurch sparte Mohn seiner Frau Liz Mohn und seinen Kindern Christoph und Brigitte gut zwei Milliarden Euro Erbschafts- oder Schenkungssteuer.[1] Ein weiterer Vorteil dieses Konstruktes ist, dass der Konzern nicht an Dritte verkauft werden kann, sondern - vermittelt durch die Bertelsmann Stiftung und weitere rechtliche Konstruktionen - in Händen der Familie Mohn bleibt.

Mithilfe der Stiftung sollen die Ideen Reinhard Mohns' in die Deutsche Gesellschaft getragen werden. Die Bertelsmann Stiftung tritt für mehr Wettbewerb und mehr Effizienz innerhalb des staatlichen Bereichs, wie dem Hochschulwesen oder dem Gesundheitsbereich, ein. Zugleich setzt sich die Stiftung für mehr privates bürgerschaftliches Engagement ein. Unter anderem durch Studien und stiftungsnahe Organisationen nimmt sie Einfluss auf den öffentlichen Diskurs.

Stiftungsnahe Organisationen

Centrum für angewandte Politikforschung (CAP)

Das CAP ist die Denkfabrik für Politikberatung der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, die laut eigener Aussage die "Lücke zwischen Politik und Wissenschaft" schließen will.[2] Die zentrale Person des CAP, Direktor Werner Weidenfeld, war von 1992 bis 2007 auch im Vorstand der Bertelsmann Stiftung.[3] Im Jahr 2007 erfolgte Weidenfelds Rausschmiss aus dem Vorstand aufgrund des Vorwurfs des Spesenbetrugs; er habe private Bewirtungsbelege über die Bertelsmann Stiftung abgerechnet. Das Verfahren wurde gegen ein Geldbuße eingestellt. Die Bertelsmann Stiftung, als die mit Abstand wichtigste Drittmittelgeberin des CAP, will die bis 2010 laufenden Projektfinanzierungen nicht verlängern.[4] Zuvor wurde das CAP mit jährlich rund 2,4 Mio. Euro von der Stiftung finanziert.[5]

Das CAP hat zusammen mit der Bertelsmannstiftung den Bertelsmann Transformationsindex (BTI) herausgegeben.[6] Dieser Index versucht die Entwicklung von Staaten in Richtung Demokratie und (sozialer) Marktwirtschaft zu messen. Angesichts Bertelsmanns Ankündigung des Ausstiegs aus der Finanzierung von CAP Projekten scheint die Zukunft der Kooperation beim BTI allerdings fraglich; beim aktuellen BTI von 2010 war noch ein Wissenschaftler des CAP beteiligt.[7]

Centrum für Hochschulentwicklung (CHE)

Gegründet 1994 von der Bertelsmann Stiftung und der Hochschulrektorenkonferenz in Form einer gemeinnützigen GmbH. Das CHE versteht sich selbst als eine Reformwerkstatt für das deutsche Hochschulwesen. Geleitet wird des CHE von Jörg Dräger und Frank Ziegele. Gesellschafter sind die Bertelsmann Stiftung und die Stiftung zur Förderung der Hochschulrektorenkonferenz. Das Gesamtbudget beträgt ca. 3 Mio. Euro pro Jahr und wird etwa zur Hälfte von der Bertelsmann Stiftung finanziert.[8]

Bekannt ist das CHE vor allem durch sein jährlich veröffentlichtes Hochschulranking gleicher Studiengänge an verschiedenen Hochschulen.

Centrum für Krankenhausmanagement (CKM)

Das CKM wurde 1994 von der Bertelsmann Stiftung gegründet und ist der Uni Münster als Institut angegliedert. Selbstdarstellung: Ziel unserer Arbeit ist es, Wege aufzuzeigen, wie praxisbewährte Management-Methoden aus Industrie, Handel und Dienstleistungsbranche in Krankenhäusern und anderen Institutionen des Gesundheitswesens genutzt werden können. Wir stellen uns der Aufgabe, vermeintlich Unvereinbares in Einklang zu bringen: Qualitätssteigerung bei tendenziell sinkenden Kosten.[9]

Bertelsmann Wissenschaftsstiftung

Diese Stiftung wurde im Juni 1995 durch die Bertelsmann AG gegründet. Sie fördert insbesondere die Wirtschaftswissenschaften sowie die Politik- und Sozialwissenschaften. Die Stiftung finanziert sich überwiegend aus Spenden der Unternehmensgruppe Bertelsmann. Vorstand: Marc Wössner, Wolfgang Koeckstadt, Steven Moran Sie fördert das Reinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung und Corporate Governance an der Universität Witten/Herdecke, welches 2010 gegründet wurde.[10]

Lobbystrategien und Einfluss

LobbyPlanet Berlin

Die Stiftung möchte die Gesellschaft nach den Ideen Reinhard Mohns gestalten bzw. umgestalten. Die Grundannahme Mohns (†2009) war, dass wirtschaftliche Effizienz und Gemeinschaftssinn nicht im Widerspruch zueinander stehen, sondern beides zugleich stattfinden kann. Er ging davon aus, dass der Aufstieg von Bertelsmann zu einem weltweiten Medienkonzern diesem Prinzip zu verdanken sei. Praktisch möchte er dieses Prinzip in die Gesellschaft, in Staat und Politik, tragen. Es äußert sich in der Vorgabe des Leitbildes der Bertelsmann Stiftung: der Förderung von Wettbewerb und bürgerschaftlicher Betätigung. Die Stiftung fördert dabei nur selbst definierte Projekte. Sie vergibt keine Stipendien und unterstützt auch keine Projekte Dritter, die sich an die Stiftung wenden. Seit ihrem Bestehen hat die Bertelsmann Stiftung rund 1,2 Mrd. Euro für ihre Arbeit zur Verfügung gestellt.[11] Sie arbeitet in den Themenbereichen Bildung, Schule und Universitäten; Gesundheitspolitik; Demographische Entwicklung; Arbeits- und Sozialpolitik; Außen- und Sicherheitspolitik.

Instrumente

Über verschiedenste Mittel versucht die Bertelsmann Stiftung Einfluss auf Politik und Gesellschaft zu nehmen. Reinhard Mohn war überzeugt, dass man den Erfolg und die Effizienz jeder Organisation objektiv messen kann. So werden im Auftrag der Stiftung regelmäßig Rankings erstellt, bei der Institutionen im Sinne der von der Studie vertretenen Positionen bewertet werden. Bekannt sind zum Beispiel der "Bertelsmann Transformation Index",[12] der zweijährlich die Transformation von Staaten hin zu Demokratie und Marktwirtschaft messen soll; das „Projektbüro Benchmarking“, welches 1999 die dänische, niederländische und britische Arbeitsmarktpolitik als „Benchmark“ bezeichnete und die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe forderte[1] oder das CHE Hochschulranking.

Durch verschiedene Projekte wirkt die Stiftung regelmäßig öffentlichkeitswirksam auf Debatten ein. Dies gelingt zum Beispiel durch die zahlreichen Studien, die durch die Stiftung oder von ihr beauftragten Instituten veröffentlicht werden und immer wieder Teil der Medienberichterstattung sind. Darüber hinaus werden auch eigene Kampagnen direkt initiiert, wie etwa "Du bist Deutschland"[13] 2005 oder "Unternehmen für die Region" 2007.

Des Weiteren wird der direkte Kontakt mit politischen Entscheidungsträgern gesucht, etwa auf Seminaren wie dem International Bertelsmann Forum oder der jährlich stattfindenden Bertelsmann Party. In einem Papier der Stiftung heißt es: "Sie [die Bertelsmann Stiftung] soll aber darüber hinaus ihre Fähigkeit ausbauen, politische Entscheidungsträger direkt zu beraten"[14]

Dass Bertelsmann mit diesen Methoden Erfolg hat bestätigt die frühere Vizepräsidentin des Bundestages Antje Vollmer: „Die Stiftung übt erheblichen Einfluss auf die Politik aus“ [15]

Verbindungen und Netzwerke

Weiter gibt es enge Kontakte zu:[5]

Persönliche Verflechtung von Politik, Wirtschaft und Bertelsmann

Name Partei Funktion
Tim Arnold CDU ehemaliger Leiter der Hauptstadtvertretung des Landes NRW, zuvor Bertelsmann-Manager; 2011 als Lobbyist zur ProSiebenSat.1 Group gegangen
Franziska Brantner Bündnis 90/Die Grünen Mitglied des Bundestages, zuvor Mitglied des EU-Parlaments, davor Projektmanagerin bei der Bertelsmann Stiftung
Elmar Brok CDU Mitglied des EU-Parlaments
Caio Koch-Weser Berater der Deutschen Bank, Ex-hochrangiger Finanzbeamter, Ex-Mitglied im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung
Thomas Fischer bis dato Leiter des Büros Brüssel wechselte zum 01.08.2014 zum Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), mit der Leitung der Abteilung Grundsatzangelegenheiten und Gesellschaftspolitik, zwischen 2000-2014 für die Bertelsmann Stiftung tätig.[16]

Verknüpfung mit den Öffentlich-Rechtlichen Sendern

Name Funktion
Peter Frey Chefredakteur des ZDF CAP-Fellow 2006, "Durch die Ehrung würdigt das C·A·P das jahrelange und tatkräftige Engagement dieser Persönlichkeiten im Rahmen der Projekte des C·A·P"[17]
Klaus-Peter Siegloch war stellv. Chefredakteur des ZDF, Moderator des "heute-journals" ehemals im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung, Aktuell ist er Präsident des Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL)
Dieter Stolte war Intendant des ZDF und war gleichzeitig Mitglied im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung und in der Jury des Carl-Bertelsmann-Preises.
1999 wollte 3Sat einen Bericht über die braune Vergangenheit des Bertelsmann-Verlages im Dritten Reich bringen. Stolte hat bei 3Sat interveniert und den Beitrag verhindert.[18]

Lobbyausgaben

Laut EU-Lobbyregister hat die Bertelsmann Stiftung 2015 zwischen 3,7 und 3,9 Mio. € für Lobbyarbeit ausgegeben.[19]

Fallbeispiele und Kritik

Bertelsmann befürwortet EU-USA-Freihandelsabkommen

Die Bertelsmann Stiftung startete 2014 die "TTIP Roadshow",[20] eine Werbetour für das Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA in den USA. In mehreren US-amerikanischen Städten wurden dabei Veranstaltungen mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft organisiert, die vor Ort die Meinungen über das Freihandelsabkommen positiv beeinflussen sollten.[21] Finanziert und beauftragt wurde die Tour von der EU-Kommission.

2013 beauftragte die Stiftung das ifo Institut zur Erstellung einer Studie über die Folgen eines möglichen transatlantische Freihandelsabkommen. Die Studie kommt im Teil 1 zu dem Ergebnis, dass die USA und die EU - durch eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukt je Einwohner und mögliche neue Arbeitsplätze - davon profitieren würden. Dem gegenüber stünden reale Einkommens- und Beschäftigungsverluste im Rest der Welt. Vor allem würden "Handelshemmnisse" wie Qualitätsstandards, Verpackungs- und Bezeichnungsvorschriften, Herkunftsangaben sowie technische oder rechtliche Anforderungen an importierte Produkte mit dem Freihandelsabkommen abgeschafft werden.[22]

Jens Berger von Nachdenkseiten bewertet Teil 1 der Studie wie folgt:"Was im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung da von Hans-Werner Sinns ifo-Institut zusammengeschrieben wurde, hat mit der 'sehr guten bis exzellenten Leistungen in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung', die dem ifo-Institut von der Leibniz-Gesellschaft attestiert werden, nichts zu tun. Es handelt sich vielmehr um einen fortgeschrittenen Fall von Scharlatanerie, dessen Aussagekraft gegen Null geht."[23]

Teil 2 der Studie kommt zu dem Ergebnis, dass alle Bundesländer, Branchen und Einkommensgruppen vom TTIP profitieren und dass 160.000 neue Arbeitsplätze entstehen würden. Der MDR zitiert in einem Bericht den Deutschen Lehrerverband, der den Vorwurf erhebt, dass auch die Bildungsstudien der Stiftung tendenziös sein.[24]

Bei anderen internationalen Wirtschaftsverhandlungen, wie denen zum Dienstleistungsabkommen TISA, hat die Stiftung sogar direkten Zugang. Die ehemalige EU-Komissarin Viviane Reding ist im Europäischen Parlament als Berichterstatterin für TISA zuständig. Seit Ende 2014 ist sie Mitglied im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung

TTIP und TISA betreffen wichtige Geschäftsbereiche des Bertelsmann-Konzerns, sowohl in den USA als auch in der EU. Als möglicher Nutznießer der Abkommen verletzt die Stiftung ihren eigenen Grundsatz, nicht zu Handlungs- und Geschäftsfeldern des Konzerns zu arbeiten. LobbyControl forderte Bertelsmann daher auf, Werbung für das Freihandelskommen einzustellen.[25]

Deregulierung für das Privatfernsehen

In den neunziger Jahren hatte sich die Stiftung verstärkt dafür eingesetzt, dass Aufsichtsbehörden über das Privatfernsehen abgeschafft werden. Das Kartellamt sei ausreichend, um Wettbewerb zu gewährleisten. Zugleich entwickelte sich die RTL-Gruppe zum Gewinngaranten der Bertelsmann AG.[26] Mittel der Bertelsmann Stiftung war in diesem Fall die Studie "Kommunikationsordnung 2000", die im Januar 1997 vorgestellt wurde. Die Studie empfiehlt: Die sektorspezifischen Eingriffe sollen durch allgemeine Wettbewerbs- und Selbstkontrolle in den Bereichen Telekommunikation und Medien abgelöst werden, die Nutzer ihre wachsende Entscheidungsfreiheit in kompetenter Eigenverantwortung wahrnehmen.[27]

Ausbau der Dritten Säule der EU

Die Bertelsmann-Stiftung hat sich auch für den Ausbau der Dritten Säule der EU, der Polizeilich- Justiziellen Zusammenarbeit eingesetzt. In einem Auftragsgutachten von Jörg Monar vom Sussex European Institute (SEI) für die Bertelsmann-Stiftung schlägt dieser den Aufbau von Europol zu einem europäischen FBI vor. Desweiteren befürwortet er den Ausbau des europäischen Geheimdienstes SitCen, welche bis jetzt nur eine Analysten-Gruppe des Rates ohne selbständigen Status und Infrastruktur sei, zu einem europäischen Geheimdienst.[28] In einem Artikel on des von der Bertelsmann-Stiftung herausgegebenen Magazins Spotlight Europe wird der Ausbau von Europol und Eurojust mit dem Blick auf den Mernschenhandel befürwortet.[29] So wird dort auch die im Stockholmer Programm beschlossene engere Zusammenarbeit der EU mit Drittstaaten als Nützlich für die Bekämpfung des Menschenhandels angesehen. Das Stockholm-Programm stieß nach seiner Verabschiedung auf massiven Protest von Bürgerrechtlern.[30]

Kritik an Bertelsmanns Status der Gemeinnützigkeit

Die Bertelsmann Stiftung gilt offiziell als "gemeinnützig" und genießt dadurch Steuervergünstigungen. Die Juristen Lindner, Krämer, Priehn stellen in einer Expertise 2009[31] die Gemeinnützigkeit der Bertelsmann Stiftung in Frage. Sie fragen, ob der Tatbestand der Gemeinnüt­zigkeit iSv. §§ 52 ff. Abgabenordnung (AO) erfüllt ist:

  • Die Bertelsmann Satzung lässt entge­gen der Rechtsprechung des BFH nicht erkennen, dass die Stiftung aus­schließlich selbstlose steuerbegünstigte Zwecke verfolgt.
  • Die Satzung enthält eine Art "Änderungsvor­be­halt". Der Stiftungszweck ist de facto nach dem Stifterwillen beliebig änder- und erweiterbar. Das steht im Widerspruch zu §§ 52, 60 AO.
  • Zwischen der Bertelsmann Stiftung und der Bertelsmann AG sowie deren Tochterunternehmen bestehen vielfältige personelle Verflechtungen. Diese Gemengelage widerspricht dem Ausschließlich­keitsgebot § 56 AO, demnach eine Stiftung nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgen darf.
  • Insbesondere die Dienstleistungen der Politikberatung zugunsten der Bertelsmann AG und deren Tochtergesellschaften sind in der Stif­tungssatzung nicht einmal im Ansatz er­wähnt. Es ist sichtbar, dass deren angestrebte Ziele gerade nicht "selbstlos" iSv. § 55 AO sind und darum nicht der Allgemeinheit dienen, sondern dem Stifter, seiner Familie und dem Konzern durch die Steuerersparnis für privat­nützliche politische Aktivitäten zugute kommen.

Das Ergebnis der Expertise ist, dass es sich um eine sog. politische Stiftung handelt, die nicht gemeinnützig ist. Die Förde­rung politischer Zwecke (Beeinflussung der poli­ti­schen Meinungsbildung, Förde­rung politischer Parteien, Marktuntersuchungen für die zum Bertelsmann-Konzern gehörenden Unternehmungen und dergleichen) ist kein ge­mein­nütziger Zweck.


Lobbyisten in Ministerien

Die Bertelsmann-Stiftung hatte eine ihrer leitenden Mitarbeiterinnen im Gesundheitsministerium, wo diese u.a. durch die Erstellung von Redeentwürfen für die Ministerin inhaltlich tätig werden konnte:

Zeitraum 26.02.2007 - 15.08.2007[32], danach 50 variable Arbeitstage[33] vom 01.09.2007 – 31.08.2008[34]
Mitarbeiter Sophia Schlette[33], Projekt- und Teamleiterin "Gesundheitspolitik" bei Projekten zu integrierter Vollversorgung und Prävention, Teilnehmerin des Personaltauschprogramms "Seitenwechsel"[34], Kenntnisse und Kontakte bezügl. US-Gesundheitssystem[32]
Bearbeitete Themen Hospitation und Beratung im Bereich Grundsatzfragen der Gesundheitspolitik und Gesamtwirtschaftliche Aspekte des Gesundheitswesens; Vorbereitung und Durchführung von Konferenzen und einer USA-Reise der Ministerin, dabei Erstellung von Redeentwürfen[32]

Das Innenministerium konkretisierte im Mai 2008 die Tätigkeiten der Mitarbeiterin wie folgt:

  • Mitwirkung an Vorbereitung und Durchführung einer internationalen Konferenz des BMG zum Thema AIDS in Bremen im März 2007;
  • Beteiligung an der Vorbereitung des sog. informellen Gesundheitsministerrats in Aachen im April 2007;
  • Mitarbeit an Vorbereitung und Durchführung von Reisen der Bundesministerin Ulla Schmidt; in Abstimmung mit den Fachreferaten Entwicklung von Bausteinen für Redeentwürfe;
  • Mitwirkung an Vorbereitung einer Reise der Bundesministerin nach Kalifornien im Juli 2007, (nicht 2006 wie bei Adamek/Otto angegeben), und anschließende Begleitung der Delegation.[32] Laut Adamek/Otto diente eine Reise zur Information über ein privates, amerikanisches Gesundheitsversorgungs-Modell („Kaiser Permanente“)[33]
  • Vorbereitung und Durchführung von Fachveranstaltungen im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft[35]

Organisationsstruktur und Personal

Die Stiftung beschäftigt rund 350 Mitarbeiter. Davon sind 185 im konkreten Projektmanagement tätig.[36]

Vorstand

  • Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender, Stellv. Generalsekretär OECD (2007-2011), Minister für Arbeit und Soziales der Niederlande (2002-2007)
  • Liz Mohn, Stellv. Vorsitzende, Witwe Mohns
  • Jörg Dräger, parteiloser Senator für Wissenschaft und Forschung der Freien und Hansestadt Hamburg (2001-2008)
  • Brigitte Mohn, Tochter Mohns

(Stand: Juli 2017) Quelle: [37]

Kuratorium

Das Kuratorium ist ein Beratungs- und Kontrollorgan, ähnlich einem Aufsichtsrat. Die personelle Verflechtung des Kuratoriums mit dem Aufsichtsrat, dem Stifter Reinhard Mohn bzw. seinen Nachfolgern und Frau Liz Mohn ist in § 14 der Satzung der Bertelsmann Stiftung festgeschrieben.

Name Verbindung
Werner J. Bauer (Vorsitzender)
Liz Mohn (hier ebenso Stellv. Vorsitzende)
Wolf Bauer
  • UFA Film & TV Produktion (gehört über die RTL Group zu Bertelsmann), Vorsitzender der Geschäftsführung
  • Deutsche Bank, Mitglied im Beirat Ost
Wulf H. Bernotat
  • Bernotat & Cie., Gesellschafter
  • E.ON AG, ehem. Vorsitzender des Vorstands
  • Unterzeichner des "Energiepolitischen Appells" zur Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke
Thomas Buberl
Ralph Heck
  • seit rund 30 Jahren bei der Unternehmensberatung McKinsey tätig
Wolfgang A. Herrmann
Christoph Mohn (Sohn Mohns)
Carolina Müller-Möhl
  • Müller-Möhl Group, Investorin und Präsidentin
  • ZZ-Mediengruppe, Mitglied des Verwaltungsrates
  • Avenir Suisse, Mitglied des Stiftungsrats
  • Müller-Möhl Foundation, Stiftungsratspräsidentin
Viviane Reding
Jürgen Stark

(Stand: Juli 2017) Quelle:[38]

Ehemalige Mitglieder des Kuratoriums:

Finanzen

Im Geschäftsjahr 2014 betrug der Gesamtaufwand der Bertelsmann Stiftung 78 Mio. Euro.[39] Sie finanziert ihre Arbeit überwiegend aus den Erträgen ihrer Beteiligung an der Bertelsmann AG.Die jährliche Dividenden-Zahlung an die Stiftung ist steuerfrei.[1]

Wie die Ausschüttung an die Stiftung im Einzelnen zustande kommt, die immerhin 3/4 der Bertelsmann AG besitzt und somit auch den entsprechenden Anspruch auf die Gewinne, ist durch kompliziert verflochtene Zwischengesellschaften intransparent.[40]

Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

https://www.lobbycontrol.de/newsletter-lobbypedia/https://twitter.com/lobbycontrolhttps://www.facebook.com/lobbycontrolhttps://www.instagram.com/lobbycontrolVernetzen

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Macht ohne Mandat Der Tagesspiegel vom 25.09.2006, abgerufen am 17.05.2017
  2. Fokus der Arbeit am CAP auf der Homepage des CAP, Zugriff 17.05.2017
  3. Vita von Werner Weidenfeld auf der Homepage des CAP, letzter Zugriff 17.05.2017
  4. Abgang des Vorzeige-Bertelsmanns taz.de vom 31.10.2007, abgerufen am 17.05.2017
  5. 5,0 5,1 Global Player Bertelsmann, Rudolph Bauer in: Blätter für deutsche und internationale Politik 8/2007, letzter Zugriff 17.05.2017 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „rb“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  6. Strategien der Entwicklung und Transformation vom 02.06.2008 auf der Homepage des CAP, letzter Zugriff 17.05.2017
  7. BTI Board, offizielle Seite des BTI, letzter Zugriff 17.05.2017
  8. Webseite des CHE abgerufen am 17.05.2017
  9. Webseite des CKM - Über uns abgerufen am 17.05.2017
  10. Webseite der Bertelsmann Wissenschaftsstiftung abgerufen am 17.05.2017
  11. Jahresbericht Bertelsmann Stiftung abgerufen am 17.05.2017
  12. Webseite des BTI
  13. Ab heute bist Du Deutschland LobbyControl vom 26.09.2005, abgerufen am 17.05.2017
  14. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Reformbilanz: 25 Jahre Bertelsmann Stiftung. Gütersloh März 2002, S. 26.
  15. Die Denkfabrik von Bertelsmann, WirtschaftsWoche vom 15. März 2012, abgerufen am 17.05.2017
  16. Fischer ist Abteilungsleiter beim DGB Webseite politik&kommunikation, abgerufen am 17.05.2017
  17. C·A·P-FellowsWebseite des CAP, abgerufen am 17.05.2017
  18. Elmar Brok(CDU): EU-Parlaments-Hobbyist bei Bertelsmann www.uebergebuehr.de, abgerufen am 17.05.2017
  19. EU-Transparenzregister "Bertelsmann Stiftung", ec.europa.eu, abgerufen am 17.05.2017
  20. Bertelsmann Foundation Receives EU Grant for "TTIP Roadshow", http://www.bfna.org, abgerufen am 17.05.2017
  21. TIP Town Halls in Alabama: Free Trade in the Land of Dixie, http://www.bfna.org, abgerufen am 17.05.2017
  22. Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft, abgerufen am 27.08.2015]
  23. Freihandelsstudie – Scharlatanerie im pseudowissenschaftlichen Gewand nachdenkseiten vom 18. Juni 2013, abgerufen am 17.05.2017
  24. Eigeninteresse oder Wissenschaft?, MDR info, 4. Oktober 2014, zuletzt angerufen am 17.05.2017
  25. Aktion: TTIP-Werbung der Bertelsmann-Stiftung stoppen,LobbyControl, abgerufen am 17.05.2017
  26. Mit Liz und Tücke Der Spiegel vom 16.08.2010, abgerufen am 17.05.2017
  27. Bertelsmann Stiftung: Studie zur Kommunikationsordnung 2010 golem.de vom 31.10.2000, abgerufen am 17.05.2017
  28. Braucht die Europäische Union ein ‚European Bureau of Investigation’ (EBI) und eine‚European Intelligence Agency’ (EIA)?" Prof. Dr. Dr. Jörg Monar, Sussex European Institute (SEI), University of Sussex, 19.05.2005 (pdf-Datei)
  29. [https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/spotlight-europe-092010-europas-kampf-gegen-den-menschenhandel/ Europas Kampf gegen den Menschenhandel] Spotlight Europe, 09/2010
  30. Widerstand gegen das „Stockholm-Programm” Aufruf des des Bündnisses europäischer Bürgerrechtsgruppen ecln.org von 2009
  31. Eine Expertise unabhängiger Juristen Neue Rheinische Zeitung - Online-Flyer Nr. 183 vom 04.02.2009, abgerufen am 17.05.2017
  32. 32,0 32,1 32,2 32,3 Antwort der Bundesregierung (pdf) auf schriftliche Fragen von Gesine Lötzsch (Grüne) zum Einsatz externer Mitarbeiter vom 23.05.2008, S. 20
  33. 33,0 33,1 33,2 Adamek, Sascha/ Otto,Kim (2008): Der gekaufte Staat. Wie Konzernvertreter in deutschen Ministerien sich ihre Gesetze selbst schreiben. Köln: Verlag Kiepenheuer & Witsch, S. 118- 121.
  34. 34,0 34,1 Bundesministerium des Innern: Erster Bericht über den Einsatz externer Personen in der Bundesverwaltung (pdf), Berichtszeitraum 01. Januar 2008 – 31. August 2008, Stand 29.09.2008, letzter Zugriff 17.05.2017
  35. Schriftliche Stellungnahme der Bertelsmann Stiftung auf Anfrage von LobbyControl
  36. Webseite Bertelsmann Stiftung - Unsere Experten Webseite Bertelsmann-Stiftung abgerufen am 26.02.2016
  37. Der Vorstand Webseite Bertelsmann-Stiftung, abgerufen am 19.07.2017
  38. Organisation Webseite Bertelsmann-Stiftung, abgerufen am 19.07.2017
  39. Jahresbericht Bertelsmann Stiftung abgerufen am 17.05.2017
  40. Zahltag in Gütersloh Media Tribune vom 24.05.2011

Anhänge

Diskussionen