Carsten Maschmeyer

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Veronica Ferres und Carsten Maschmeyer

Carsten Maschmeyer (* 8. Mai 1959 in Bremen) deutscher Finanz- und Versicherungsunternehmer, Finanzlobbyist.
Maschmeyer war herausragende Figur des Finanz-Dienstleisters AWD, der im Verdacht steht tausende Kleinanleger um ihr Erspartes gebracht zu haben, indem er ihnen u.a. Schrottimmobilien und extrem riskante geschlossene Fonds andrehte. Neben den Anlagestrategien gerieten auch die Verkaufspraktiken von AWD und seinen rund 1000 Mitarbeitern in die Kritik als "Drückerkolonnen".[1]

Später verkaufte er AWD an den Schweizer Renten- und Versicherungskonzern Swisslife, an der er fortan selbst Anteile hielt[2], und gründete er mit dem Renten-Erfinder und ehemaligen "Wirtschaftsweisen" Bert Rürup die MaschmeyerRürup AG.

Sein Vermögen wurde Ende 2010 auf 650 Millionen Euro geschätzt.[3]

Karriere

  • Januar 2010 Gründer und Vorstandsvorsitzender der MaschmeyerRürup AG
  • seit Mai 2009 Mitglied des Verwaltungsrats der Swiss Life Holding AG
  • Sept. 2008–März 2009 Co-CEO von AWD
  • 2007 Verkauf von AWD
  • 1998 Vorstandsvorsitzender der AWD Holding AG
  • 1988 Gründung des Finanzdienstleisters AWD[4]

weitere Funktionen

  • Vorsitzender des Wahlausschusses der AWD-Stiftung Kinderhilfe
  • Vorstandsvorsitzender im Förderverein Internationale Stiftung Neurobionik
  • stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Neurobionik
  • Mitglied des Kuratoriums der Standortinitiative Deutschland - Land der Ideen[5]

Verbindungen / Netzwerke

Die Gästeliste für Maschmeyers 51. Geburtstag im Mai 2010 listet laut Presseberichten Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, Christian Wulff, die Minister Ursula von der Leyen und Philipp Rösler. Die Eröffnungsrede für das Frankfurter Büro der Maschmeyer Rürup AG, in dem Bert Rürup sitzt, hielt Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher.

Maschmeyer und Gerhard Schröder

Wahlkampfspenden

Laut ARD-Exklusiv unterstützte Maschmeyer den niedersächsischen Wahlkampf des damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder im Jahr 1998 mit einer kostspieligen Wahlkampfaktion, einer Anzeigenkampagne für ca. 650.000 DM. Schröder siegte so triumphal, dass er anstelle von Oskar Lafontaine zum Kanzlerkandidaten der SPD ausgerufen wurde.

Nach Informationen des ARD-Magazins Panorama von April 2011 unterstützte Maschmeyer Gerhard Schröder auch im folgenden Bundestagswahlkampf. Angeblich soll er über einen Strohmann, anonym, eine 150.000 Mark teure Anzeige der Wahlinitiative „Handwerk und Mittelstand für Gerhard Schröder“, in F.A.Z., Welt und Welt am Sonntag, finanziert haben [6]. Maschmeyer bestreitet die Spende [7]. Bettina Raddaz, führende Beamtin in der Niedersächsischen Staatskanzlei, hingegen bestätigt die Aktion gegenüber Panorama und gibt an, sie über ihr Büro abgewickelt zu haben. Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Walter Steinmeier, damals Chef der Staatskanzlei, soll laut Panorama über die anonyme Spende informiert gewesen sein [8]. Dem Parteiengesetz nach müssen Großspenden über 50.000 € beim Bundestagspräsidenten gemeldet werden.

Riester-Rente

In der Ära Schröder wurde unter Arbeitsminister Walter Riester und Bert Rürup die deutsche Altersvorsorge zum Teil privatisiert und staatlich gefördert (Riester-Rente), was der Finanzlobby einen Milliarden schweren neuen Markt eröffnete.[9]

Bereits vor der Bundestagswahl 1998 hatte sich Gerhard Schröder dafür ausgesprochen, künftig private Altersvorsorge staatlich zu fördern. Als die Riester-Rente 2002 im Rahmen des Altersvermögensgesetzes kam, war Carsten Maschmeyer jedoch unzufrieden. Sie sei zu kompliziert und bedürfe einer langen Erklärung durch die Finanzvermittler. Zudem bringe sie nur wenig Provision ein.[10]

In einem Brief an das Kanzleramt erklärte Maschmeyer im Februar 2002, warum die private Zusatzrente nur mithilfe der Vermittler ein Erfolg werden könne. Darüber hinaus kündigte er an, dass sich seine Fachleute an Achim Bertuleit wenden werden, der für die Rentenpolitik der damaligen Bundesregierung zuständig war. Aus dem Brief an Schröder lässt sich schließen, dass Maschmeyer zuvor mit dem Bundeskanzler über die Rentenreform gesprochen hatte. Über den persönlichen Kontakt zu Schröder, sorgte er somit für einen direkten Zugang seiner Fachleute zu dem zuständigen Referat im Kanzleramt. Während der Saisonabschlussfeier des Fußballclubs Hannover 96, kam es im Sommer 2003 in Maschmeyers Villa zu einem Gespräch über die Rentenpolitik zwischen Maschmeyer und Schröder, wie der „Stern“ berichtete. Dabei bezieht sich das Magazin auf einen Brief, den Maschmeyer an Schröders Privatanschrift adressiert hatte. Darin erklärt er, dem Wunsch des Bundeskanzlers nach einem Vorschlag für eine Rentenreform nachzukommen.[11]

Laut „Stern“ entwickelte sich zwischen Maschmeyer und Schröder ein intensives Vertrauensverhältnis. Im Mai 2004 war Gerhard Schröder als Gast auf Maschmeyers Geburtstagsfeier eingeladen. Offenbar kam es währenddessen zu einem Gespräch über eine Rentenreform, wie aus einem Brief Maschmeyers an Sigrid Krampitz, die Büroleiterin des damaligen Kanzlers, hervorgeht. Darin bittet Maschmeyer um einen Termin für ein geplantes Treffen mit Schröder und Frank-Walter Steinmeier, um über die Rentenreform zu beraten. Zudem kündigt er an in Begleitung eines Fachkundigen Vorstands einer großen Versicherung zu erscheinen, wie es zuvor mit Schröder abgemacht gewesen sei.[12]

Am 1. Januar 2005 trat das Alterseinkünftegesetz in Kraft, wodurch sechs von elf Kriterien wegfielen die ein Finanzprodukt erfüllen musste, um als Riester-Rente staatlich gefördert zu werden. Somit konnten Versicherungen leichter Riester-Produkte entwerfen und anbieten. Zusätzlich war es nun möglich die neue „Rürup-Rente“ anzubieten, die Freiberufler und Selbständige mit erheblichen Steuervorteilen zum Abschluss einer privaten Rentenversicherung bewegen sollte.[13] In der Folge wurde die private Altersvorsorge zu einem Umsatzschwerpunkt der AWD. In diesem Zusammenhang sprach Maschmeyer von einem „Wachstumsmarkt über Jahrzehnte“ und „dem größten Boom, den sie je erlebte“ für die Finanzdienstleistungsbranche. Im Jahr 2007 erzielte der AWD Rekord-Umsatzerlöse und den höchsten Jahresüberschuss seit Unternehmensgründung.[14] Der Aktienkurs der AWD stieg und Maschmeyer verkaufte Anteile für sich und seine Familie im Wert von 235 Millionen Euro.[15]

Rechte an Schröders Biographie

Wie der „Stern“ im November 2014 berichtete zahlte Maschmeyer Gerhard Schröder, nach dessen ausscheiden aus dem Kanzleramt, mehr als zwei Millionen Euro für die Rechte an seiner Autobiographie. 2011 hatte der „Spiegel“ noch von einer Zahlung über eine Millionen Euro berichtet.[16] Diese Summe wurde Ende 2013 von Carsten Maschmeyer in einem Interview bestätigt. Im selben Interview bezeichnete Maschmeyer den Deal mit Schröder als „sehr gutes Geschäft“.[17] Angesichts späterer Verkaufszahlen, nennt „Stern“-Reporter Oliver Schröm die gezahlte Summe jedoch ein „absurd hohes Honorar“. Der Verlag Hoffmann und Campe ließ mittlerweile Verlauten, dass er Maschmeyer für das Werk einen Vorschuss von einer Millionen Euro gezahlt habe. Darüber hinaus seinen keine weiteren Zahlungen mehr erfolgt.[18]

Die Verhandlungen mit den Verlagen begannen erst nach dem Regierungswechsel Ende 2005. Maschmeyer trat dabei als Berater auf. Auch die Zahlung der zwei Millionen Euro erfolgte erst, als Schröder nicht mehr im Amt war. Die Übereinkunft zwischen Maschmeyer und Schröder kam, laut „Stern“, im Rahmen eines Handschlaggeschäfts jedoch schon im August 2005 zustande. Zu diesem Zeitpunkt war Schröder noch Bundeskanzler. Erst nach einer Beschwerde des Finanzamts kam es Anfang 2007 nachträglich zu einer vertraglichen Fixierung des Geschäfts.[19]

Maschmeyer und Christian Wulff

Der spätere deutsche Bundespräsident Christian Wulff hat sich im Sommerurlaub Juli 2010 in einer Maschmeyer Villa auf Mallorca eingemietet. Die Süddeutsche Zeitung kritisiert diesen Vorgang wie folgt: "[...]Ein Bundespräsident aber muss sich aus der Politik in diesem Sinne verabschieden; er definiert sich über Begriffe wie Respekt, Vorbild, Autorität. Der Präsident hat jeden Anschein zu vermeiden, er sei in irgendeiner Form irgendjemandem speziell dienlich - und selbst wenn es nur um einen Freundesdienst geht. Das hat Wulff in Maschmeyers Villa nicht bedacht."[20]

Im Dezember 2011 wurde bekannt, dass Maschmeyer im Herbst 2007, während des Landtagswahlkampfs in Niedersachsen, eine Anzeigen-Kampagne im Wert von über 42 000 € für das Buch von Wulff „Besser die Wahrheit“ bezahlt hat.[21]

Wirken

Als beeindruckendstes Lobby-Instrument des Carsten Maschmeyer werden im ARD-Exklusiv-Beitrag von 2011 seine Parties genannt. Dort seien stets außergewöhnliche Dinge geschehen und Prominenz aus Politik, Pop-Musik, Film und Fernesehen aufeinander getroffen.[1]

Die MaschmeyerRürup AG

Bert Rürup erklärt seine geschäftliche Partnerschaft mit Maschmeyer gegenüber dem Manager-Magazin wie folgt:

"Carsten Maschmeyer hat eine sehr hohe emotionale Intelligenz, und er kann Märkte riechen. Ich bin mehr der kühle, strukturiert denkende Analytiker und weniger ein Bauchmensch. Wenn Sie sich die Visitenkarte ansehen, kommt dieser Unterschied im Schriftbild zum Ausdruck. Der Name Maschmeyer ist in einer Serifenschrift gesetzt und der Name Rürup in einer sehr technischen Type." [22]

  • Privat-Rente als Exportschlager?

Die MaschmeyerRürup AG will vor allem beratend tätig sein und arbeitet nach Presseberichten daran, privatisierte Renten-Konzepte wie die Riester-Renter oder die Rürup-Rente in Ländern wie Tschechien, China oder der Türkei durchzusetzen. Rürup obliegen demnach konzeptionelle Aufgaben, während Maschmeyers Stärken in der Außendarstellung, Kontaktpflege, dem Vertrieb und der Motivation von Beratern und Verkäufern liegen. [22]

  • MaschmeyerRürup und die Familienpflegezeit

Das Familienministerium unter Kristina Schröder (CDU) hat zur Vorbereitung des umstrittenen Pflegezeit-Gesetzes eine Studie und zwei Umfragen in Auftrag gegeben. Für eine Machbarkeitsstudie der MaschmeyerRürup AG zu Zeitwertkontenmodellen wurden mehr als 56.000 € ausgegeben. Das bestätigte eine Sprecherin des Familienministeriums.[23]

MaschmeyerRürup holte dabei die Nürnberger Versicherungsgruppe mit ins Boot, so dass die profitierende Branche mal wieder an der Gesetzesentwicklung direkt beteiligt war.[24]

Zitate über Carsten Maschmeyer

„Das GELD-GENIE. Europas erfolgreichster junger Unternehmer erzählt“ [1]

Schlagzeile der BILD-Hannover.

„Ich mag den Mann. Er hat gesagt: Egal was heute reinkommt - ich lege 10 Prozent drauf!“ [1]

TV-Moderator Thomas Gottschalk über Carsten Maschmeyer in der Spendengala "Ein Herz für Kinder" am 18. Dezember 2010.

Zitate von Carsten Maschmeyer

„Entweder sie verdienen ihr Geld mühsam allein, oder sie lassen andere für sich arbeiten.“

„Wenn sie duftende Rosen haben wollen, müssen sie im Herbst stinkende Jauche drauf kippen. Und das komische ist: Je stärker das stinkt, um so schöner duftet das hinterher.“ [1]

Carsten Maschmeyer bei einem Showauftritt als Finanz-Zampano.

„Es ist so, als ob wir auf einer Ölquelle sitzen. Sie ist angebohrt, sie ist riesig, und sie wird sprudeln."

Carsten Maschmeyer über die Reform der Riester-Rente.[25]

Weiterführende Informationen

AWD und Maschmeyer auf YouTube:

Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

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Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Der Drückerkönig und die Politik, ARD-Exklusiv Doku/Reportage vom 12. Januar 2011, abgerufen am 18. Januar 2011.
  2. Swiss Life und Carsten Maschmeyer stellen Weichen für erfolgreiche Zukunft und weiteres Wachstum swisslife.ch vom 14. August 2008, abgerufen am 27. Januar 2011
  3. Carsten Maschmeyer - Schein und Sein DIE ZEIT vom 4. November 2010 Nr. 45 und in ZEIT-Online von Anne Marohn vom 9. November 2010, abgerufen am 27. Januar 2011
  4. Carsten Maschmeyer, Swiss Life Organisation, abgerufen am 18. Januar 2011.
  5. Carsten Maschmeyer, Swiss Life Organisation, abgerufen am 18. Januar 2011.
  6. Maschmeyer bestreitet anonyme Parteispende, Panorama vom 28. April 2011, abgerufen am 03. Mai 2011.
  7. Maschmeyer bestreitet Schröder-Spende, Spiegel-Online vom 01. Mai 2011, abgerufen am 03. Mai 2011.
  8. Maschmeyer bestreitet anonyme Parteispende, Panorama vom 28. April 2011, abgerufen am 03. Mai 2011.
  9. "Ein Mordsfilz", Interview mit Albrecht Müller, Konkret 02/2011 vom 28. Januar 2011, abgerufen am 31. Januar 2011
  10. W. Löer / O. Schröm: Der goldene Handschlag; In: Stern. Nr. 47, 13.11.2014, S. 41
  11. W. Löer / O. Schröm: Der goldene Handschlag; In: Stern. Nr. 47, 13.11.2014, S. 42
  12. W. Löer / O. Schröm: Der goldene Handschlag; In: Stern. Nr. 47, 13.11.2014, S. 43
  13. W. Löer / O. Schröm: Der goldene Handschlag; In: Stern. Nr. 47, 13.11.2014, S. 46
  14. Informationen zu Maschmeyer und dem AWD, nachdenkseiten.de vom 16.02.2011, abgerufen am 18.11.2014]
  15. W. Löer / O. Schröm: Der goldene Handschlag; In: Stern. Nr. 47, 13.11.2014, S. 46
  16. Maschmeyer hat Schröder Millionen für Buchrechte gezahlt, spiegel.de vom 04.03.2011, abgerufen am 18.11.2014
  17. FAZ-Interview mit Carsten Maschmeyer,faz.net vom 14.12.2013, abgerufen am 18.11.2014]
  18. Schröders dreister Deal mit Maschmeyer, spiegel.de vom 17.11.14, abegrufen am 18.11.14
  19. W. Löer / O. Schröm: Der goldene Handschlag; In: Stern. Nr. 47, 13.11.2014, S. 48
  20. Freundesdienste auf Mallorca, Sueddeutsche Zeitung Online vom 30.07.2010, abgerufen am 18.01.2011.
  21. Maschmeyer bezahlte die Anzeigen für das Wulff-Buch, bild.de vom 19.12.2011, abgerufen am 20.12.2011
  22. 22,0 22,1 22,2 Maschmeyer Rürup AG - Die Weltverrenter, manager-magazin.de vom 2. Juli 2010, abgerufen am 27. Januar 2011.
  23. Familienministerium zahlte 139.000 Euro für Pflegezeit-Gesetz Die Welt vom 29.12.12, abgerufen am 03.01.2013
  24. Versicherung schrieb an Regierungskonzept mit Hamburger Abendblatt vom 9.8.2010, abgerufen am 3.2.2011
  25. W. Löer / O. Schröm: Der goldene Handschlag; In: Stern. Nr. 47, 13.11.2014, S. 46

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