Charlie McCreevy

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Charlie McCreevy (* 30. September 1949, Sallins, Irland) war von 2004 bis 2010 EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen (GD MARKT der EU-Kommission). Als Binnenmarktkommissar war er u. a. für die Regulierung der Finanzmärkte während und nach der Eurokrise zuständig. McCreevy geriet in die Kritik, da er kurz nach seinem Ausscheiden als EU-Kommissar im Februar 2010 Positionen in privatwirtschaftlichen Unternehmen annahm. Im April 2010 wurde bekannt, dass er zwei Monate nach der Niederlegung seines Amtes eine neue Beschäftigung bei Ryanair gefunden hatte.[1] Kurz nachdem die einjährige Berichtspflicht für den ehemaligen EU-Kommissar ausgelaufen war, übernahm McCreevy im Februar 2011 zudem den Aufsichtsratsvorsitz bei der Dubliner “Bank of New York Mellon Clearing International”. Dabei handelt es sich um eine Tochter der Bank of New York Mellon für das Derivate-Geschäft. Zuvor war ihm ein neuer Job bei der Investmentfirma NBNK Investments PLC untersagt worden. McCreevy war Mitglied der konservativen, irischen Partei Fianna Fáil.

Karriere

  • 2011-2014 Aufsichtsratmitglied bei SportsDirect
  • 2011–2012 Aufsichtsratsvorsitzender der BNY Mellon Clearing (Derivate-Tochter der Bank of New York Mellon)
  • 2010–2018 Vorstandsmitglied der Fluglinie Ryanair
  • 2004–2010 EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen (GD MARKT)
  • 01–06/2004 Präsident des Ecofin-Rat
  • 1997–2004 Irischer Finanzminister und damit Mitglied des Ecofin-Rat
  • 1995–1997 finanzpolitischer Sprecher der Fianna Fáil
  • 1993–1994 Minister für Tourismus und Handel
  • 1992–1993 Minister für Sozialwesen

Quellen: The Irish Times[2][3], Independent[4]

Wirken

Finanzpolitik als EU-Kommissar

Als EU-Kommissar war McCreevy verantwortlich für die Bankenregulierung der EU und geriet massiv dafür in die Kritik, dem Finanzsektor während und nach der Krise keine strengeren Regeln auferlegt zu haben. Wichtige Vertreter der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) kritisierten in einem Briefwechsel mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso im Dezember 2008, dass McCreevys zögerliche Haltung für einen bezahlten Lobbyisten der Finanzwirtschaft, nicht aber für einen Europakommissar angemessen sei.[5] Er setzte im Zuge der Finanzkrise zahlreiche Expertengruppen ein, die darüber beraten sollten, was zu tun sei, um eine neuerliche Finanzkrise zu verhindern - die allerdings von den selben Vertretern dominiert wurden, die mit ihren Empfehlungen für Deregulierung mitverantwortlich für die Krise waren.

Kritik

Beschäftigung bei Ryanair

In seiner Funktion als EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen hatte McCreevy im Kollegium der Kommissare mehrfach über Fragen mit abzustimmen, die Ryanair direkt betrafen. Besonders heikel ist dabei der Umstand, dass Ryanairs Angebot an McCreevy bereits vorlag, als dieser noch EU-Kommissar war.[6] Das Ethik-Komitee der EU-Kommission forderte daher von McCreevy Einschränkungen in der Informationsweitergabe, vor allem was die Verfahren und Entscheidungen zu Ryanair während seiner Amtszeit betraf. Der Verdacht, dass McCreevys politische Netzwerke und nicht seine fachliche Kompetenz von Ryanair engekauft wurden, liegt jedenfalls nahe. Auch die Reaktion der Konkurrenz von Ryanair lässt diesen Schluss zu.[7]

Beschäftigung bei NBNK Investments PLC

Neben seiner Beratertätigkeit bei Ryanair hatte McCreevy einen Beschäftigungsvertrag mit einer neu gegründeten britischen Investmentfirma NBNK Investments PLC abgeschlossen. Dieses Unternehmen ist darauf ausgerichtet, Werte von Banken zu kaufen, die im Zuge der Finanzkrise oftmals aufgrund neuer EU-Regelungen verkauft werden, um langfristig – auf der Grundlage dieser Werte – eine neue Bank zu gründen. McCreevy hätte dabei von seiner eigenen Politik und von seinem Wissen als ehemals für die Bankenregulierung zuständiger Kommissar profitiert. Das Ethik-Komitee der EU-Kommission untersagte ihm daher die Aufnahme des Postens.[8] Dies war der erste Fall in dem das Ethik-Komitee der europäischen Kommission einen Interessenkonflikt mit McCreevys früherer Tätigkeit als EU-Kommissar feststellte.[9]

Übergangsgeld trotz Nebentätigkeiten

McCreevy geriet außerdem dafür in die Kritik, neben seinem Posten bei Ryanair zusätzlich Übergangsgelder von der EU-Kommission in Höhe von mindestens 96.000 Euro jährlich zu beziehen.[10] Diese Gelder sind eigentlich dazu gedacht, Ex-Kommissarinnen und -Kommissaren in der Zeit zu unterstützen, in der sie noch keine neue Tätigkeit gefunden haben.

Beschäftigung bei BNY Mellon

Vom 18. Februar 2011 bis zum Oktober 2012 war McCreevy Direktor des Aufsichtsrates der Bank of New York Mellon Clearing International (BNY Mellon Clearing) in Dublin.[11] Die BNY Mellon Clearing ist eine Abteilung der BNY Mellon, der ältesten Bank in den USA. McCreevy trat diese Arbeitsstelle unmittelbar nach Ende seiner 12-monatigen Quarantäne-Zeit an, die ihm die Kommission nach seinem Amt als Kommissar auferlegt hatte. In seinem Amt als Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen war McCreevy zuständig für die Ausarbeitung der Regelungen für Derivate und andere Wertpapiere. Als Aufsichtratchef der BNY Mellon Clearing musste er nun Derivate und Wertpapiere mit den Regeln verwalten, die er vorher selbst – als Mitglied der EU-Kommission – ausgearbeitet hatte.

Zitate

McCreevy in einer Rede am Institute of International and European Affairs im Februar 2009:

„In the case of legislators, I am convinced that over the years there has been too much regulatory capture by the sell side of the financial services market: Their lobbies have been strong and powerful.“[12]

Weiterführende Informationen


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Einzelnachweise

  1. Ryanair holt ehemaligen irischen EU-Kommissar in Aufsichtsrat, Wirtschaftswoche vom 30.04.2010, abgerufen am 17.06.2010
  2. McCreevy steps down as Ryanair director, The Irish Times vom 15.09.2018, abgerufen am 17.07.2023,
  3. McCreevy timed his SportsDirect exit to perfection, The Irish Times vom 18.12.2015, abgerufen am 17.07.2023
  4. McCreevy's BNY Mellon Clearing role terminated, Independent vom 08.11.2012, abgerufen am 17.07.2023
  5. McCreevy zögert vor Private Equity-Regulierung, EurActiv vom 28.01.2009, abgerufen am 26.10.2010
  6. McCreevy offered job by Ryanair while still in EU post, Independent vom 29.04.2010, abgerufen am 26.10.2010
  7. „Ryanair profits boosted by subsidies“, say rivals, The Irish Times vom 01.05.2010, abgerufen am 18.06.2010
  8. EU bremst einstigen Kommissar McCreevy aus, Financial Times Deutschland vom 10.10.2010, abgerufen am 26.10.2010
  9. Kommissar Cash, taz.de vom 12.10.2010, abgerufen am 26.10.2010
  10. EU-Kommissare kassieren doppelt, Financial Times Deutschland vom 23.09.2010, abgerufen am 26.10.2010
  11. McCreevy joins board of BNY Mellon's Dublin unit, Independent vom 01.04.2011, abgerufen am 01.04.2011
  12. Would you bank on them?, Haar, Kenneth/Rowell, Andy/Vasalos, Yiorgos, Februar 2009, abgerufen am 13.01.2012

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