Deutscher Industrie- und Handelskammertag

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Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK)
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Rechtsform eingetragener Verein
Tätigkeitsbereich Interessenvertretung der Industrie- und Handelskammern
Gründungsdatum 1945
Hauptsitz Berlin
Lobbybüro
Lobbybüro EU Vertretung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages

bei der Europäischen Union, 19 A-D, Avenue des Arts, B–1000 Bruxelles

Webadresse dihk.de

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ist die Dachorganisation der 80 deutschen Industrie- und Handelskammern (IHKs), die er gegenüber bundes- und europapolitischen Entscheidern vertritt.

Lobbyisten in Ministerien

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Lobbyarbeit und Einfluss

Urteile des Bundesverwaltungsgerichts zum DIHK

Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 23. März 2016 gehört es zu den wesentlichen Aufgaben der Kammern, das Gesamtinteresse der ihr angehörenden Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrzunehmen, namentlich die Behörden durch Vorschläge, Gutachten und Berichte zu unterstützen und zu beraten; die Wahrnehmung sozialpolitischer und arbeitsrechtlicher Interessen sei jedoch ausdrücklich ausgenommen.[1] Der DIHK habe sich seinerseits innerhalb des von den Kammern gesetzlich gezogenen Kompetenzrahmens zu bewegen. Äußere der DIHK sich demgegenüber auch zu allgemeinpolitischen oder zu sozialpolitischen und arbeitsrechtlichen Themen, so dürfe keine Kammer dies dulden. Dasselbe gelte, wenn der DIHK die Interessen der Kammern einseitig oder unvollständig repräsentiere, namentlich beachtliche Minderheitspositionen übergehe, oder wenn die Art und Weise seiner Äußerungen den Charakter sachlicher Politikberatung verlasse und die Gebote der Sachlichkeit und Objektivität missachte.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Grundsatzurteil der Lobbyarbeit eines der wichtigsten Wirtschaftsverbände in Deutschland Grenzen gesetzt.[2] Als Beispiele für unzulässige Aussagen nannte das Bundesverwaltungsgericht kritische Äußerungen zum Mindestlohn, zur Mütterrente oder zum außenpolitischen Auftreten der Kanzlerin.

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung stellte das Oberverwaltungsgericht Münster im April 2019 fest, dass beim DIHK ein Mangel an Einsicht in vergangene Aufgabenüberschreitungen festzustellen sei.[3] Außerdem würden die rechtlichen Vorgaben in erheblichem Umfang missachtet. Eine Wiederholungsgefahr bestehe jedoch nicht. Gegen die Nichtzulassung einer Revision gegen das festgestellte Fehlen einer Wiederholungsgefahr legte der Kläger eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ein und bekam recht. Das BVerwG, das sich daraufhin erneut mit dem Fall befasst hat, entschied 2020, dass das Mitglied einer Industrie- und Handelskammer den Austritt seiner Kammer aus dem Dachverband DIHK verlangen kann, wenn dieser mehrfach und nicht nur in atypischen Ausreißerfällen die gesetzlichen Kompetenzgrenzen der Kammern überschritten hat und keine hinreichenden Vorkehrungen bestehen, um die Wiederholung von Kompetenzverstößen zuverlässig zu verhindern.[4]

Public Private Partnership (PPP)

Der DIHK hatte einen Vertreter, Präsident Eric Schweitzer, in der sog. Expertenkommission zur Stärkung von Investitionen in Deutschland. Diese Expertenkommission bestand 2014-2015 und hat den Zweck private Investionen in die öffentliche Infrastruktur (Public Private Partnership (PPP)) zu fördern.

Gesellschaft zum Studium strukturpolitischer Fragen

Der DIHK ist Mitglied der Gesellschaft zum Studium strukturpolitischer Fragen. Diese bringt Wirtschaftsverbände, Unternehmen und einzelne Personen mit Abgeordneten - insbesondere Mitglieder von Bundestagsausschüssen - zusammen und ermöglicht damit die informelle Einflussnahme auf die Gesetzgebung.

Fallbeispiele und Kritik

2020-22: Lobbyarbeit gegen das Lieferkettengesetz

Bundesebene:

Der DIHK bemühte sich durch Lobbyarbeit darum, ein weitreichendes Lieferkettengesetz auf deutscher und europäischer Ebene zu verhindern. Lieferkettengesetze sollen Unternehmen dazu verpflichten, ihren Sorgfaltspflichten in der globalen Produktion nachzukommen. Dazu gehört insbesondere die Einhaltung der Menschenrechte und Umweltstandards. Wie der Bericht „Lieferkettengesetz: Aufstand der Lobbyisten“ der zivilgesellschaftlichen Organisationen Misereor, Brot für die Welt und dem Global Policy Forum zeigt, hatte die DIHK „massiven Einfluss“ auf den deutschen Gesetzgebungsprozess ausgeübt. [5]

Das deutsche Lieferkettengesetz sollte es Betroffenen ursprünglich ermöglichen, vor deutschen Zivilgerichten Schadensersatz einzufordern, wenn Unternehmen durch Verstöße gegen ihre Sorgfaltspflichten Schäden mitverursachen. Der DIHK versuchte u.a. diesen Kerngehalt des Lieferkettengesetzes zu verwässern. Die kritische Haltung des Verbandes lässt sich u.a. einer öffentlichen Stellungnahme vom September 2020 entnehmen: In denen fordert der DIHK eine Abschwächung geplanter Sorgfaltspflichten im Gesetz insbesondere mit Blick auf die zivilrechtliche Haftung und den Anwendungsbereich der Risikoanalyse[6]. Derartige Forderungen kritisierten zivilgesellschaftliche Akteure als „irreführend“.[7] So konstatierte Johanna Kusch von der Initiative Lieferkettengesetz, dass Unternehmen mit ihrer Argumentation den Eindruck erweckten „dass man [sie] für Vorgänge verantwortlich machen will, auf die sie keinerlei Einfluss haben“. Das sei nach Auffassung der Initiative falsch: „Sie sollen lediglich ihre eigenen Sorgfaltspflichten einhalten – und das ist zweifelsfrei möglich.“ Ein Lieferkettengesetz ohne Haftung sei „wirkungslos“.[7]

Ihren Positionen konnte der Verband Gehör in höchsten Regierungskreisen beschaffen: bei einem Gespräch mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (11. Januar 2021)[5] oder einem Telefonat mit dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (12.02.2021) - beide zum Lieferkettendossier.[8] Laut einem weiteren Bericht von Misereor und dem Global Policy Forum erhielten Gesprächsanfragen zivilgesellschaftlicher Initiativen hingegen zumeist Absagen oder wurden nur auf niedrigeren Arbeitsebenen bearbeitet.[9]

Europäische Ebene :

Auch als die Europäische Kommission einen Entwurf zu einem europäischen Lieferkettengesetz vorlegte, gab es Kritik von dem DIHK. Erneut forderten die Mitgliedsunternehmen den Abbau von Bürokratie und das Streichen der zivilrechtlichen Haftung. Auch die umstrittenen "Safe-Harbour" Klauseln waren Teil des DIHK Forderungskatalogs.[10] Interne Dokumente, die dem ZDF-Medium Monitor vorliegen, sollen zeigen, dass diese Forderungrn nach Safe-Harbour Klauseln von der Scholz-Regierung gehört und auf EU Ebene vertreten wurden. Dabei geht es um Haftungserleichterungen für die Unternehmen. Durch Gutachten von externen Prüfern könnten sie so ihre Produktionsprozesse als vermeintlich einwandfrei zertifizieren lassen. Diese Praxis würde es den Opfern deutlich erschweren den Unternehmen Fehlverhalten nachzuweisen (mehr zur Kritik an Safe-Harbour Klauseln findet sich hier).[11]

2015: Ablehnung der Finanztransaktionssteuer

Die DIHK, zusammen mit weiteren führenden Wirtschaftsverbände Deutschlands, hat die europäischen Finanzminister in einer gemeinsamen Pressemitteilung aufgefordert, das Projekt zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer aufzugeben.[12]

2008: Lobbyisten in Ministerien

Im Jahr 2008 war ein Mitarbeiter des DIHK im Wirtschaftsministerium.

Zeitraum 01.04.2008 – 30.04.2008[13]
Mitarbeiter Mitarbeiter/in in der Personalstelle
Bearbeitete Themen Einsatz in der Außenwirtschaftsförderung (insbesondere Deutsche Außenhandelskammern, Bundesagentur für Außenwirtschaft), Standortwerbung, Einblick in Aufgaben und Arbeitsweise der Außenwirtschaftsabteilung

Struktur, Geschäftsfelder und Finanzen

  • Der DIHK beschäftigt rund 190 hauptamtliche Mitarbeiter.

Kurzdarstellung und Geschichte

Der DIHK ist die Dachorganisation der deutschen Industrie- und Handelskammern (IHKs). Nach § 1 Abs. 1 seiner Satzung hat der DIHK hat den Zweck, die Zusammenarbeit der Industrie- und Handelskammern (IHKs) zu sichern und zu fördern, einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch zu gewährleisten und in allen das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft im Bereich des DIHK betreffenden Fragen einen gemeinsamen Standpunkt der IHKs auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene gegenüber der Politik, der Verwaltung, den Gerichten und der Öffentlichkeit zu vertreten. Die Behandlung allgemeinpolitischer, insbesondere parteipolitischer Fragen gehört dagegen nicht zur Zuständigkeit des DIHK (§ 1 Abs. 2 der Satzung). Der DIHK tritt über Empfehlungen, jedoch nicht Weisungen gegenüber den IHKs auf.

Die IHKs sind eigenverantwortliche, öffentlich-rechtliche Körperschaften der wirtschaftlichen Selbstverwaltung. Für rund 3,6 Millionen gewerbliche Unternehmen besteht eine gesetzliche Mitgliedspflicht.

Im Jahresbericht 2015 veröffentlichte der Verband erstmals das Gehalt des Geschäftsführers: Es lag bei 368.000 Euro. Die Veröffentlichung ist eine Reaktion auf die zunehmende Kritik an der Arbeit der Handelskammern.[14]

Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

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Einzelnachweise

  1. Pressemitteilung Bundesverwaltungsgericht Nr.23/2016, bverwg.de, abgerufen am 23.04.2016
  2. Thomas Öchsner: Bundesrichter setzen Lobbyisten Grenzen, SZ.de vom 23.06.2016, sueddeutsche.de, abgerufen am 26.06.2016
  3. Richter rügen Lobbyisten, sueddeutsche.de vom 01.11.2019, abgerufen am 02.11.2019
  4. Pressemitteilung Bundesverwaltungsgericht Nr. 61/2020, bverg.de, abgerufen am 10.12.2022
  5. 5,0 5,1 Lieferkettengesetz: Aufstand der Lobbyisten misereor.de, April 2021, abgerufen am 07.11.2022
  6. Gemeinsame Pressemitteilung von BDI, BDA und DIHK anlässlich der Diskussion um ein nationales Lieferkettengesetz bdi.eu vom 03.09.2020, abgerufen am 07.11.2022
  7. 7,0 7,1 Faktencheck: Initiative Lieferkettengesetz widerlegt irreführende Behauptungen von Wirtschaftsverbänden zur Unternehmenshaftung – Lieferkettengesetz ohne Haftung wirkungslos lieferkettengesetz.de vom 02.09.2020, abgerufen am 07.11.2022
  8. Drucksache 19/28193 S. 52, dserver.bundestag.de vom 29.03.2021, abgerufen am 06.12.2022
  9. Armin Paasch & Karolin Seitz: Deutsche Wirtschaftslobby gegen wirksames EU-Lieferkettengesetz, Global Policy Forum & Miseroeor, February 2022. globalpolicy.org, abgerufen am 07.11.2022
  10. DIHK-Stellungnahme von Mai 2022, dihk.de, abgerufen am 06.12.2022
  11. EU-Lieferkettengesetz: Bundesregierung contra Menschenrechte? wdr.de vom 27.10.2022, abgerufen am 23.11.2022
  12. Verbände: Finanztransaktionssteuer stoppen! Pressemitteilung der DIHK vom 08.12.2015, abgerufen am 18.12.2015
  13. Bundesministerium des Innern: Erster Bericht über den Einsatz externer Personen in der Bundesverwaltung (pdf), Berichtszeitraum 01. Januar 2008 – 31. August 2008, Stand 29.09.2008, letzter Zugriff 09.09.2011
  14. 368.000 Euro für den DIHK-Chef, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. März 2016, zuletzt aufgerufen am 23.3.2016

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Diskussionen