Deutsches Aktieninstitut

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Deutsches Aktieninstitut
Rechtsform eingetragener Verein
Tätigkeitsbereich Denkfabrik und Lobbyorganisation börsennotierter Aktiengesellschaften
Gründungsdatum 1953
Hauptsitz Senckenberganlage 28, 60325 Frankfurt/Main
Lobbybüro
Lobbybüro EU Rue Marie des Bourgogne 58, 1000 Bruxelles
Webadresse www.dai.de


Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) ist der Interessenverband der Unternehmen und Institutionen, die am deutschen Kapitalmarkt aktiv sind (Aktiengesellschaften, Banken und Finanzdienstleister, Börsen sowie Anwaltskanzleien und Beratungsunternehmen). Seine rund 200 Mitglieder repräsentieren rund 90 Prozent der Marktkapitalisierung deutscher börsennotierter Aktiengesellschaften.[1] Im Interesse seiner Mitglieder nimmt er insbesondere auf die Umsetzung von Gesetzen und anderen regulatorischen Vorhaben mit Kapitalmarktbezug in Deutschland und Europa Einfluss.[2] Das DAI ist in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins organisiert, der laut § 4 der Satzung den Charakter eines Berufsverbands hat.

Zu den Präsidiumsmitgliedern gehörte zeitweise auch Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, die in Deutschland - gemeinsam mit der BaFin - für die Bankenaufsicht zuständig ist.[3][4] Auch seine Vorgänger waren Mitglieder des Präsidiums.

Lobbystrategien und Einfluss

Aktivitäten

Das im Jahr 1953 als "Arbeitskreis zur Förderung der Aktie" gegründete Deutsche Aktieninstitut (DAI) unterstützt Unternehmen bei der Bewertung regulatorischer Entwicklungen im Kapitalmarktbereich und vertritt ihre Interessen gegenüber den politischen Entscheidungsträgern.[5] Der Kapitalmarkt ist der Finanzmarkt für mittel- und langfristige Kapitalbeschaffung, zu dem u.a. der Aktienmarkt gehört. Das Institut spricht sich im Interesse der Mitglieder gegen ein überregulierendes und überreguliertes Europa aus.[6] Es unterhält Kontakte zu den Akteuren in Politik, Ministerien, Aufsichtsbehörden sowie zu Medien und der Öffentlichkeit. In Brüssel, wo die wichtigen Rahmenbedingungen für die Kapitalmärkte geschaffen werden, ist das Institut aktiv im Austausch mit dem EU-Parlament, der EU-Kommission, dem Rat der EU und den EU-Aufsichtsbehörden.[7] Es bringt die richtigen Menschen aus Mitgliedsunternehmen, Aufsichtsbehörden und Politik zusammen, um aktuelle Fragen rund um den Kapitalmarkt zu diskutieren.[8] Zu den vielen Themengebieten, mit denen sich das Institut beschäftigt, gehören die Bankenregulierung, die Finanzmarktaufsicht und die Finanztransaktionssteuer. Das DAI interessiert sich für folgende Projekte/Initiativen der EU: Projekt Kapitalmarktunion, Nachhaltigkeit und Sustainable Finance, Nachhaltigkeitsberichtserstattung, EU Lieferkettengesetz, Sustainable Corporate Covernance, Investitionsschutz in Europa, European Market Infrastructure Regulation (EMIR) sowie Level 2- Maßnahmen im Bereich der EU-Finanzmärkterichtlinie und Verordnung (MiFID/MiFIR) sowie der Marktmissbrauchverordnung, Marktmissbrauchs-Richtlinie (MAR/MAD), Bankenregulierung (Basel III), EU-Prospekteverordnung, EU-Listing Act.[9]

Die Konferenzen und Jahrestagungen des DAI bringen Expertinnen und Experten aus Unternehmen, Politik und Ministerien zusammen. Die Veranstaltungen sind hier abrufbar. Am 26.09.2023 gibt es beispielsweise eine Konferenz „EU Listing Act und Zukunftsfinanzierungsgesetz auf der Zielgeraden“ beim Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland, an der auch Alfred Sant, Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments (Malta, Partit Laburista) und Daniela Pferr, Referatsleiterin im Bundesministerium der Justiz teilnimmt. Nach eigenen Angaben gibt das Institut mit seinen Positionspapieren und Studien Politik und Gesellschaft Impulse für die Lösung kommender Herausforderungen. In ihnen werden Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben auf nationaler und EU-Ebene präsentiert. Als Grundlage für die Erarbeitung von Positionspapieren und Stellungnahmen dient der Austausch in den Arbeitskreisen des DAI.

Auf der Vorstands- und Migliederversammlung vom 9. Mai 2023 verwies Christine Bortenlänger, Geschäftsführende Vorständin des DAI, auf wichtige Positionspapiere zum Zukunftsfinanzierungsgesetz, zum EU Listing Act und zur EU-Taxonomie, die in den letzten Monaten in den Gesetzgebungsprozess eingebracht wurden.[10] Zur Bankenregulierung wird berichtet, dass bei der Umsetzung von Basel IV voraussichtlich viele Anregungen des DAI berücksichtigt werden.[11]

Lobbyisten und Lobbyausgaben

Wichtige Personen sind

  • Birgit Homburger, Leiterin Hauptstadtbüro, ehem. Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, ist seit 03/2016 Leiterin des Hauptstadtbüros
  • Jan Bremer, Leiter EU-Verbindungsbüro

Im deutschen Lobbyregister gibt DAI an (Stand: 03.07.2023),

  • im Jahr 2022 280.001 bis 290.000Euro für Lobbyarbeit auszugeben und
  • 11 bis 20 Lobbyist:innen zu beschäftigen.[12]

Auch im europäischen Transparenzregister ist DAI eingetragen. Dort hat DAI für das Jahr 2022 zwischen 300.000 und 399.999 Euro Lobbyausgaben und 12 beschäftigte Lobbyist:innen (Vollzeitäquivalent: 4,7) angegeben.[13]

Arbeitskreis "Roundtable European Affairs"

Um einen kurzen Draht der DAX-Gesellschaften zu den europäischen Institutionen zu etablieren, bietet das DAI Brüsseler Konzernrepräsentanzen seiner Mitgliedsunternehmen den Roundtable European Affairs als Gesprächsforum in Brüssel an.[14] Neben der Diskussion aktueller Regulierungsvorhaben im europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht werde mit dem Roundtable der Dialog zwischen seinen Mitgliedern und Vertretern der EU-Institutionen vertieft und so Brücken zwischen Wirtschaft und Politik geschlagen. Mit Unterstützung der Roundtable-Teilnehmer könne kurzfristig und flexibel auf aktuelle Entwicklungen in Parlament, Rat und Kommission reagiert werden.

Arbeitskreis "Corporate Finance/Treasury"

Thema ist die politische Dimension des Finanz- und Finanzrisikomanagements und die Pflege der Kontakte zu Politik und Aufsicht.[15] Aktuelle Themen sind:

  • Effekte der Banken- und Kapitalmarktregulierung auf nichtfinanzielle Unternehmen
  • Derivateregulierung EMIR
  • MIFID II/MIFIR
  • Basel III
  • EU-Zahlungsdiensterichtlinie
  • Reform und Regulierung von Finanzmarktbenchmarks
  • Regulierung von Geldmarktfonds

Projektgruppe Investitionsschutz

Nach der vom Europäischen Gerichtshof angeordneten Aufhebung der Investitionsschutzabkommen zwischen den EU-Mitgliedstaaten arbeitet die Projektgruppe an politischen Vorschlägen für alternative Schutzmechanismen.[16]

Wichtige Studien

  • 2013: Das DAI kam in einer mit der Beratungsgesellschaft Oliver Wyman erstellten Studie zu dem Ergebnis, dass sich die Belastungen einer eingeführten Finanztransaktionssteuer außerhalb der Finanzbranche auf 5 - 7,3 Mrd. € belaufen dürften.[17]

Deutsch-Französisches Forum für Führungskräfte und Investoren

Das Deutsch-Französische Corporate Executives and Institutional Investors’ Forum ist vom DAI und der Association francaise des entreprises privées (AFEP) gegründet worden.[18] Es richtet sich an börsennotierte und kapitalmarktorientierte Unternehmen und zielt darauf ab, die deutsch-französische Zusammenarbeit in Kapitalmarktfragen zum Nutzen der europäischen Wirtschaft zu intensivieren.

Fallstudien und Kritik

Lobbyarbeit gegen eine EU-weite Finanztransaktionssteuer

Als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 legte die EU-Kommission 2011 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Einführung einer EU-weiten Finanztransaktionssteuer vor. Sie sah eine Besteuerung für den Kauf und Verkauf von Finanzprodukten vor, die je nach Produkt und Höhe der Transaktion zwischen 0,01 und 0,1 Prozent betragen sollte. Sie sollte dazu dienen, Anreize für Spekulationen zu senken und die Finanzinstitute an den Kosten der Finanzmarktkrise zu beteiligen.[19] Die Finanzlobby stemmte sich gegen dieses Vorhaben.[20]

Das Deutsche Aktien Institut trat als wichtiger Akteur auf, ein EU-weites Gesetzesvorhaben zu verhindern. So wurde zum Beispiel vom DAI eine schwere Belastung der Industrie proklamiert[21] und man warnte vor angeblichen Folgen für die gesamte Wirtschaft inklusive der Altersvorsorge und dem Privatvermögen der Bürger:innen.[22] Im Zusammenspiel mit anderen Wirtschaftsverbänden und Finanzlobbygruppen (unter Anderen: Goldman Sachs, Bundesverband Investment und Asset Management, Bayer, Siemens, Deutsche Bank) wurden umfassend Zweifel gesät, wodurch der ursprüngliche Entwurf zunehmend durch Ausnahmen und Anpassungen verwässert wurde.[23] Am 22.05.2014 erschien eine Pressemitteilung, in welcher der Präsident des deutschen Aktieninstituts fordert, auch die verbliebenen Pläne für eine Finanztransaktionssteuer „müssen endlich beendet werden“.[24] In ihrem Halbjahresbericht 2021 bekräftigte das DAI diese Einstellung erneut und forderte: "Die Finanztransaktionssteuer muss endlich beerdigt werden".[25]

Andere Verbände, Institutionen und Finanzexpert*innen sehen überwiegend gesamtgesellschaftliche Vorteile in einer Finanztransaktionssteuer, da sie ein krisenfesteres Finanzsystem und hohe Steuereinnahmen verspricht.[26][27][28][29][30]

Organisationsstruktur und Personal

Geschäftsführung

Der Geschäftsführung gehören an

  • Christine Bortenlänger, Geschäftsführende Vorständin[31]
    • Mitglied des Aufsichtsrats bei Covestro, MTU Aero Engines, Siemens Energy und TÜV Süd
    • Mitglied des Börsenrates der Frankfurter Wertpapierbörse
    • Mitglied des Geschäftsführenden Präsidiums beim Wirtschaftsbeirat Bayern
    • Stellv. Vorsitzende des Verwaltungsrats des ifo Instituts
    • Frühere Tätgikeiten: Vorstand der Bayerischen Börse AG und Geschäftsführerin der öffentlich-rechtlichen Börse München.
  • Franz-Josef Leven, Stellv. Geschäftstführer

Präsidium und Vorstand

Das Präsidium des DAI ist gesetzlicher Vertreter des Vereins im Sinne von § 26 BGB. Es wird vom Vorstand gewählt und führt die Geschäfte des Vereins, soweit hierfür nicht der Vorstand zuständig ist. Der Vorstand wird von den Mitgliedern gewählt. Die Präsidiums- und Vorstandsmitglieder sind hier abrufbar.

Ab 2009 war der jeweilige Präsident der Deutschen Bundesbank im Präsidium vertreten. Dort saß von 05/2023 bis 11/2023 auch Joachim Nagel, ihr derzeitiger Präsident. Nagels Vorgänger Jens Weidmann war in seiner Zeit als Bundesbank-Präsident seit 04/2013 ex officio Mitglied des Präsidiums des DAI. [32][33] In der Satzung findet sich keine Regelung, nach der der Bundesbankpräsident qua Amt Mitglied des Präsidiums ist. Später wurde Weidmann Aufsichtsratsmitglied des DAI-Mitglieds Commerzbank.

Zu den Mitgliedern des Präsidiums gehören (Stand: 11/2023)

  • Melanie Kreis (Präsidentin) , DHL Group
  • Thomas Book, Deutsche Börse AG
  • Frank Engels, Union Asset Management Holding AG
  • James von Moltke, Deutsche Bank

Zu den Mitgliedern des Vorstands gehören (Stand: 09/2023):

Mitglieder

Am 30. Juni 2023 hatte das DAI 200 Mitgliedsunternehmen sowie 19 persönliche Mitgliedschaften.[34] Bei den Mitgliedern handelt es sich um Aktiengesellschaften unterschiedlicher Branchen, Banken und Finanzdienstleister, Investoren, Börsen sowie Anwaltskanzleien, Beratungsunternehmen und andere bedeutende Kapitalmarktakteure. Die Mitglieder sind hier abrufbar.

Wissenschaftlicher Beirat

Die Mitglieder sind hier abrufbar.

Weitergehende Informationen

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Einzelnachweise

  1. Kapital.Markt.Kompetenz,dai.de, abgerufen am 20.09.2023
  2. Über uns, dai.de, abgerufen am 18.10.2023
  3. Bankenaufsicht, bundesbank.de, abgerufen am 211.10.2023
  4. Der Zentralbereich Banken und Finanzaufsicht stellt sich zukunftsgerichtet neu auf, bundesbank.de vom 03.04.2023, abgerufen am 22.10.2023
  5. Imagebroschüre, S. 3, Webseite Deutsches Aktieninstitut, abgerufen am 26.11.2017
  6. Imagebroschüre, S. 13, Webseite Deutsches Aktieninstitut, abgerufen am 26.11.2017
  7. Imagebroschüre, S. 20, 24, Webseite Deutsches Aktieninstitut, abgerufen am 26.11.2017
  8. Imagebroschüre, S. 30, Webseite Deutsches Aktieninstitut, abgerufen am 26.11.2017
  9. Eintrag im EU Transparenzregister, ec.europa.eu, abgerufen am 22.09.2023
  10. Kurvenlage Halbjahresbericht des Deutschen Aktieninstituts 1. Hlabjahr 2023, S. 24, dai.de, abgerufen am 21.10.2023
  11. Kurvenlage Halbjahresbericht des Deutschen Aktieninstituts 1. Hlabjahr 2023, S. 48, dai.de, abgerufen am 21.10.2023
  12. Eintrag Lobbyregister, abgerufen am 21.09.2023
  13. Eintrag im EU Transparenzregister, ec.europa.eu, abgerufen am 22.09.2023
  14. Kurvenlage Halbjahresbericht des Deutschen Aktieninstituts 1. Halbjahr 2023, S.81, dai.de, abgerufen am 20.09.2023
  15. Arbeitskreise, abgerufen am 25.09.2023
  16. Arbeitskreise, dai.de, abgerufen am 22.09.2023
  17. Börsensteuer verliert an Zuspruch FAZ.net vom 09.09.2013, abgerufen am 12.09.2013
  18. Zusammenarbeit für ein stärkeres Europa, dai.de vom 19.1o.2023, abgerufen am 22.10.2023
  19. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates für die Umsetzung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer, eur-lex.europa.eu vom 14.02.2013, abgerufen am 31.10.2023
  20. Finanzlobby: Im Auftrag des Geldes. Finanzwende Recherche 2022, S.56 ff.
  21. Finanztransaktionssteuer unter Feuer: Großoffensive von Banken, Großindustrie, Wissenschaft und Bundesbank, awblog.at vom 20.06.2013, abgerufen am 05.11.2023
  22. Kurvenlage 1. Halbjahr 2021, dai.de, abgerufen am 05.11.2023
  23. Manolis Kalaitzake (2017): Death by a Thousand Cuts? Financial Political Power and the Case of the European Financial Transaction Tax, New Political Economy, S. 12 ff., researchgate.net, abgerufen am 05.11.2023
  24. Pressemitteilung, dai.de, abgerufen am 05.11.2023
  25. https://www.dai.de/fileadmin/user_upload/DAI_21022_Kurvenlage_01_2021_210830_DS_150.pdf, S. 51.
  26. Weltwirtschaft: 1000 Ökonomen wollen Finanzmarktsteuer, abgerufen am 16.11.2023
  27. Offener Brief führender Finanzexpert:innen, abgerufen am 16.11.2023
  28. Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, abgerufen am 16.11.2023
  29. "Die Finanztransaktionssteuer muss kommen", Euractive.de vom 16.07.2020, abgerufen am 16.11.2023
  30. "Die vernünftigste Steuer in diesen Zeiten", Le Monde diplomatique vom 11.12.2014, abgerufen am 16.11.2023
  31. Media-Kit, dai.de, abgerufen am 23.09.2023
  32. Pressemitteilung vom 17.04.2013, abgerufen am 20.09.2023
  33. Profil, austria.forum.org, abgerufen am 23.09.2023
  34. Kurvenlage Halbjahresbericht des Deutschen Aktieninstituts 1. Halbjahr 2023, S.88, dai.de, abgerufen am 20.09.2023

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