Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft

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Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, kurz INSM, wurde am 12.10.2000 durch die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie (Gesamtmetall) gegründet. Die INSM ist eine Organisation, die in der deutschen Öffentlichkeit für marktliberale Reformen wirbt.

Entstehungsgeschichte

Hinter der INSM steht mit Gesamtmetall einer der größten deutschen Arbeitgeberverbände. Der Dachverband der deutschen Metall- und Elektroindustrie umfasst etwa 23.500 Betriebe mit 3,38 Millionen Beschäftigten und einem Gesamtumsatz von 770 Milliarden Euro (Stand: 2009).[1]

Im Dezember 1999 gründete das Institut der Deutschen Wirtschaft die berolino.pr GmbH. Gesamtmetall beauftragte berolino mit dem Aufbau einer Kampagne, die für mehr marktwirtschaftliche Reformen in der Öffentlichkeit werben soll.[2] Gemeinsam mit der Werbeagentur Scholz & Friends wurde ein Konzept erarbeitet, aus dem Ende 2000 die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft hervorging.[3]

Ziele

Der Zweck der INSM ist es, die Öffentlichkeit für arbeitgeberfreundliche Reformen zu gewinnen. Allgemeine Ziele sind Deregulierung staatlicher Aufgaben und Liberalisierung der Märkte: "Märkte und Wettbewerb werden als effiziente Koordinierungsmechanismen eingesetzt und sie gelten staatlicher Steuerung in vielen Bereichen als überlegen." [4] Es gilt, den Arbeitsmarkt zu deregulieren, die Senkung und Vereinheitlichung von Steuersätzen und die Abschaffung von Subventionen. Staatliche Eingriffe werden als wachstumshemmend und wettbewerbsverzerrend angesehen. In ihrem Leitbild gibt die INSM an, dass sie "die konsequente und konsistente wettbewerbliche Ausrichtung unserer Wirtschafts- und Sozialordnung für erforderlich [hält], um in Deutschland dauerhaft mehr Wachstum und neue Arbeitsplätze zu schaffen." [5]

Das Jahresetat der INSM beträgt 8,32 Millionen Euro, die von Gesamtmetall zur Verfügung gestellt werden.[6] Unterstützt wird die INSM durch sog. "Kuratoren", "Botschafter" und "Berater", die ihr einen überparteilischen Anstrich geben sollen.[7]

Mitglieder

Von den Mitarbeitern der INSM bzw. den mit ihr verbundenen Organisationen zu unterscheiden sind die Botschafter, Kuratoren, Berater und Fördervereinsmitglieder der INSM. Diese repräsentieren die INSM in der Öffentlichkeit, während die eigentlichen Verantwortlichen von berolino.pr oder Scholz & Friends nicht in Erscheinung treten. Je nach Sachlage wirbt die INSM auch mit Prominenten, etwa mit dem Boxer Luan Krasniqi.[8]

Kuratoren und Botschafter

  • Prof. Dr. Hans Tietmeyer (Vorsitzender des INSM Kuratoriums und ehemaliger Präsident der Deutschen Bundesbank)
  • Martin Kannegiesser (Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall)
  • Prof. Roland Berger (Unternehmensberater)
  • Dr. Arend Oetker (Unternehmer, Vizepräsident des BDI)
  • Prof. Dr.-Ing. Dagmar Schipanski (Präsidentin des Landtages von Thüringen)
  • Prof. Dr. h. c. Lothar Späth (CDU Politiker, ehemaliger NRW-Ministerpräsident, Vorsitzender des Aufsichtsrats der JENOPTIK AG)

Berater der INSM

  • Oswald Metzger (CDU Politiker, früherer Finanzexperte Bündnis 90/Die Grünen)
  • Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen (Lehrstuhl für Finanzwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und Professor II an der Universität Bergen (Norwegen))

Mitglieder des Fördervereins

  • Friedrich Merz (Jurist, Aufsichts- bzw. Beiratsmitglied in verschiedenen Unternehmen und ehemaliger CDU-Politiker)
  • Dr. Silvana Koch-Mehrin (FDP Politikerin)
  • Carl-Ludwig Thiele (FDP Politiker, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Bundesbank)

Ehemalige Kuratoren und Botschafter

  • Wolfgang Clement (ehemaliger SPD-Politiker, NRW-Ministerpräsident von 1998 bis 2002, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit von 2002 bis 2005)
  • Edmund Stoiber (CSU-Politiker, Bayern-Ministerpräsident von 1993 bis 2007, CSU-Vorsitzender von 1999 bis 2007)
  • Michael Glos (CSU Politiker, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie von 2005 bis 2009)
  • Paul Kirchhof (ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht)

Öffentlichkeitsarbeit

Die INSM verfolgt verschiedene Strategien, ihre Botschaften an die Öffentlichkeit zu bringen. Unterstützt wird sie dabei von Scholz & Friends, eine der größten Werbeagenturen Europas. Gemeinsam bedient man sich einer abgestimmten Medienkommunikation, dazu zählen „wissenschaftliche Expertise, Aufbereitung der Argumente für die Medien, Beiträge der Botschafter, Anzeigen, Plakataktionen, Beiträge in Zeitschriften [und] Internet“ (Speth 2004: 4).


Die INSM erstellt diese Informationen in der Regel nicht selbst, sondern bezieht sie

Zeitungen

Gezielt sucht die INSM über die Zeitungen ihr Anliegen zu verbreiten. Dies geschieht über Anzeigen, Kooperationen und Informationsmaterial.

Medienkooperationen fanden bis heute mit verschiedenen Zeitungen statt. Genannt seien das "Regierungs-Ranking" mit der WELT[9], die Wahl des "Reformers" und "Blockierer" des Jahres mit der FAZ[10][11], das "Bundesländer-Ranking" und das "Reformbarometer" mit der Wirtschaftswoche[12] und der "Bildungsmonitor" mit der ZEIT.



Anzeigen oder Informationsmaterial, welches sie Journalisten kostenlos zur Verfügung stellt. In der Regel erstellt die INSM diese Informationen nicht selbst, sondern bezieht sie von nahestehenden Arbeitgeberorganisationen und -instituten. Nicht immer

Marienhof

Im September 2005 wurde bekannt, dass die INSM im Jahr 2002 in der ARD-Serie Marienhof verdeckte Botschaften schalten ließ. [13] In sieben Folgen wurden Themen wie die "Flexibilisierung" des Arbeitsmarktes oder die Senkung von Steuern untergebracht. Die INSM ließ sich diese Aktion insgesamt 58.670 Euro kosten.[14] Infolgedessen wurde die INSM vom PR-Rat gerügt, was jedoch keine Sanktionen mit sich zog. Auf Seiten der ARD wurden Maßnahmen zur Vorbeugung von Schleichwerbung eingeführt, die Zuschauer wurden allerdings nicht über die Vorfälle informiert.[15]

Weiterführende Informationen

  • Lianos, Manuel/Gutzmer, Alexander 2005: Sie werben ja nicht für Persil. INSM im Streitgespräch.
  • Nuernbergk, Christian 2006: Die PR-Kampagne der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und ihr Erfolg in den Medien. Erste Ergebnisse einer empirischen Studie. In: Röttger, Ulrike (Hrsg.): PR-Kampagnen. Über die Inszenierung von Öffentlichkeit. 3., überarbeitete Auflage. Wiesbaden: S. 159-178.
  • Speth, Rudolf 2004: Die politischen Strategien der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung.
  • Speth, Rudolf/Leif, Thomas 2006: Lobbying und PR am Beispiel der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, in: Leif, Thomas/Speth, Rudolf (Hrsg.): Die fünfte Gewalt. Lobbyismus in Deutschland. Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 14, Bonn, 302-316.
  • Winkelmann, Ulrike 2004: Strandklappstühle, in: Die Gazette 4, 2004, S. 32-35.

Einzelnachweise

  1. Gesamtmetall: Die Metall- und Elektro-Industrie im Portrait, abgerufen am 29. April 2010.
  2. Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft: Historie, abgerufen am 29. April 2010.
  3. Wirtschaft & Friends, taz vom 11. Dezember 2004, abgerufen am 29. April 2010.
  4. Rudolf Speth: Die politischen Strategien der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, abgerufen am 30. April 2010.
  5. INSM: Leitbild, abgerufen am 30. April 2010.
  6. INSM: FAQs, abgerufen am 3. Mai 2010.
  7. INSM: Kuratoren und Botschafter, abgerufen am 4. Mai 2010.
  8. INSM: Bildung ist das beste Training, abgerufen am 3. Mai 2010.
  9. INSM: INSM und "Die Welt" präsentieren Regierungs-Ranking, abgerufen am 4. Mai 2010.
  10. FAZ: Reformer des Jahres 2005, abgerufen am 4. Mai 2010.
  11. FAZ: Wer ist der Blockierer des Jahres?, abgerufen am 4. Mai 2010.
  12. INSM/WiWO: Bundesländerranking, abgerufen am 4. Mai 2010.
  13. epd: Arzneihersteller und Apotheker ließen in der ARD schleichwerben, abgerufen am 4. Mai 2010.
  14. Lobbycontrol: INSM und Marienhof – Eine kritische Bewertung, abgerufen am 4. Mai 2010.
  15. Lobbycontrol: INSM redet Schleichwerbung schön, abgerufen am 4. Mai 2010.

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