Jens Spahn

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Version vom 6. April 2021, 14:51 Uhr von E. Martin (Diskussion | Beiträge) ("Spendendinner" im Oktober 2020)

Jens Spahn (*16. Mai 1980 in Ahaus) ist seit 2002 ist Mitglied des Bundestags, seit 2014 Mitglied des CDU-Präsidiums und außerdem seit März 2018 Bundesminister für Gesundheit. Zuvor war Spahn Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium (2015-2018) und davor gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion (2009-2015) sowie Obmann im Gesundheitsausschuss (2005-2009).

Neben seiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter war Spahn zwischen 2006 und 2010 an einer Lobbyagentur beteiligt. Der Öffentlichkeit wurd dies erst durch einen Medienbericht im Jahr 2012 bekannt.[1] Demzufolge beriet diese Firma schwerpunktmäßig Kunden aus dem Gesundheitssektor, während Spahn gleichzeitig als Gesundheitspolitiker im Gesundheitsausschuss saß. 2010 verkaufte Spahn seine Anteile an der Agentur mit der Begründung „er habe den Eindruck eines möglichen Interessenkonfliktes vermeiden wollen.“[1]

Karriere

  • seit 03/2018: Bundesminister für Gesundheit
  • 07/2015 bis 03/2018 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium
  • seit 2014 Gewähltes Mitglied im CDU-Parteipräsidium
  • seit 2002 Mitglied im Deutschen Bundestag
    • 2009–06/2015 Gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
    • 2005–2009 Obmann für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss
  • 2009 - 2015 Mitglied des Kreistages Borken
  • 2003–2008 Studium der Politik- & Rechtswissenschaften (Fernstudium Universität Hagen)
  • 1999–2009 Mitglied des Stadtrates Ahaus
  • 1999-2006 Vorsitzender der JU Kreis Borken
  • 1999–2001 Lehre zum Bankkaufmann, anschließend als Bankkaufmann tätig bei der WestLB Münster

Quelle:[2]

Wirken

Jens Spahn ist seit März 2018 Bundesgesundheitsminister. Zuvor war er bereits von 2009 bis 2015 gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.[3] Bereits 2005 war Spahn an wichtigen gesundheitspolitischen Entscheidungen beteiligt, bei denen es um Milliardeneinschnitte für die Gesundheitsbranche ging. 2008 machte er sich zudem neben dem FDP Europa-Politiker Jorgo Chatzimarkakis für eine Liberalisierung des Apothekenmarktes stark.[1]

"Spendendinner" im Oktober 2020

Im Februar 2021 wurde bekannt, dass Spahn am 20. Oktober 2020 an einem als privat deklarierten Abendessen mit etwa einem Dutzend Gästen in Leipzig teilgenommen hat. Das Treffen fand im Privathaus von Peter Zimmermann statt. Er ist PR-Unternehmer bei der Wolffberg Management Communication und war von 2007 bis 2013 Regierungssprecher und Staatssekretär für CDU-Regierungen in Sachsen und Thüringen.[4] Im Nachgang des Treffens gingen bei Spahns CDU-Kreisverband Borken mehrere Spenden in Höhe von 9.999 € ein.[5][6] Damit blieben diese Parteispenden knapp unter der geltenden Schwelle von 10.000 €, ab der die CDU sie hätte anzeigen müssen.

Fallbeispiel: Politas

Wie der Focus November 2012 berichtete, war Jens Spahn neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter an einer Lobby-Agentur beteiligt. Zusammen mit seinem Freund und damaligen Büroleiter Markus Jasper und dem befreundeten Lobbyisten Max Müller gründete Spahn im Jahre 2006 eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR), welche die Beratungsagentur Politas verwaltet.

Vorteil einer GbR ist, dass weder Angaben über die Geschäftstätigkeiten noch über die Gesellschafter gemacht werden müssen. Daher war lediglich Jasper als Eigentümer eingetragen. Da es sich im Falle Spahns um eine Minderheitenbeteiligung von 25% handelte, war er nicht verpflichtet, seine Beteiligung dem Bundestag zu melden.[7] Firmenbeteiligungen müssen erst bei „mehr als 25 Prozent der Stimmrechte“ offengelegt werden.

Laut Informationen, die dem Focus vorliegen, erwirtschaftete Politas im Jahre 2007 32.000 Euro Gewinn. Wie üblich wurden diese anschließend an die drei Gesellschafter ausgeschüttet.[1] In den Jahren 2008 und 2009 wurden nach Spahns Angaben keine Gewinne ausgeschüttet.[8] Laut Focus gehörten zu dem Kundenkreis von Politas hauptsächlich Unternehmen aus der Medizin- und Pharmaindustrie.[1] Spahn betont dagegen in einer Stellungnahme, dass seinerzeit Kunden aus unterschiedlichen Branchen in landes-, bundes- und europapolitischen Fragestellungen beraten wurden. Genauere Angaben macht er allerdings nicht.[7]

Im August 2010 verkaufte Spahn schließlich seine Anteil an der GbR. Hierbei folgte Jaspers ihm und verkaufte sein Anteile an der Gesellschaft im Oktober 2010.[7] Den Verkauf begründete der CDU-Politiker damit, „er habe den Eindruck eines möglichen Interessenkonfliktes vermeiden wollen.“[1]

Der Fall zeigt, dass die Regelungen für Finanzbeteiligungen von Abgeordneten verbessert werden müssen. Zudem wirft die Geschichte ein Schlaglicht auf die Gefahr von Interessenkonflikten auch bei den Abgeordneten-Mitarbeitern. Die Abgeordneten müssen dafür sorgen, dass ihre Mitarbeitenden nicht nebenbei als Lobbyisten arbeiten. Spahns Aussage, er habe nur seinem Büroleiter und Freund beim Weg in die Selbständigkeit helfen wollen, beschönigt die Problematik.

Personelle Verflechtungen
Die personellen Verflechtungen hinter Politas sind von besonderem Interesse, da zwischen den jeweiligen Personen enge Verbindungen bestehen:

Max Müller ist ein „gut verdrahteter Lobbyist“.[1] Neben seiner Tätigkeit für Politas ab 2006, war Müller ab 2008 für den Pharmakonzern Celesio (heute McKesson Europe) tätig. Anfang diesen Jahres wechselte er zu den Röhn-Kliniken,[1] welche er bereits Ende des Jahres 2012 wieder verließ.[9] Zwischen 2002 und 2008 war Müller Geschäftsführer der KPW-Gesellschaft für Kommunikation in Politik und Wirtschaft und pflegte unter anderem für „DocMorris die politischen und gesellschaftlichen Kontakte“.[10] Seine gute Vernetzung in die Gesundheitsbranche zeigt sich auch in seiner weiteren Karriere. Von 2013 an war Müller Vorstandsmitglied des Apothekenkonzerns DocMorris, bis er im April 2020 zur Bayer AG wechselte.[11]

Spätestens seit 2008 war auch Jasper für die KPW tätig. Darüber hinaus ist er ein Jugendfreund von Spahn. Jens Spahn begründete seine Anteilsinhabe mit der „Finanzierungshilfe seines Freundes“,[1] um ihm einen Einstieg in die Selbstständigkeit zu gewähren. Bis zur Firmengründung 2006 leitete Jaspers das Abgeordnetenbüro von Spahn in Berlin. Anschließend blieb er in Teilzeit bei Spahn beschäftigt und arbeitete im münsterländischen Wahlkreisbüro des CDU Politikers weiter. In einer Stellungnahme verweist Spahn daher auf die räumliche Trennung der Beiden.[7] Derzeit ist Jasper Angestellter des CDU-Landesverbands in NRW im Kreis Borken.

Übernahme der Positionen des Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV)

Nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" vom 30. November 2012 haben Jens Spahn (CDU) und Johannes Singhammer (CSU) ein Positionspapier der CDU/CSU gegen die von den Grünen gewünschte Bürgerversicherung vom Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) abgeschrieben.[12] So seien beispielsweise von den Unionsexperten wort- und spiegelstrichgleich die PKV-Passage zum "schönen Namen ,Bürgerversicherung'" übernommen worden, hinter der sich das Gegenteil verberge: "ausnahmslose Zwangsmitgliedschaft, mehr staatliche Bevormundung und Bürokratie, beschränkter Leistungskatalog für alle, weniger Selbstbestimmung, weniger Wettbewerb, keine Nachhaltigkeit". Auch in ihrer optischen Gestaltung seien PKV- und Unionspapier gleich.

Jens Spahn war bis März 2015 Vorsitzender des "Beirats Gesundheit" der Gesellschaft zum Studium strukturpolitischer Fragen, die zur Vorbereitung von Gesetzesinitiativen Unternehmen und Verbände mit Abgeordneten und Vertretern der Bundesregierung zusammenbringt. Mitglied der Gesellschaft ist u.a. der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV). Die Beiräte bilden das Forum, in dem der Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen Politikern (Parlamentarier und Parlamentarische Staatssekretäre), Vertretern von Verbänden, Unternehmen und Beratungsgesellschaften sowie diesen nahestehenden Professoren stattfindet. Auf der Tagesordnung stehen nach Angaben der Gesellschaft sowohl strukturelle Themen der laufenden Gesetzgebung als auch strukturelle Trends, bei denen ein Regelungsbedarf absehbar ist. Die Tagungen der Beiräte finden in den Mittagspausen der Sitzungen des Deutschen Bundestages statt. Auf diese Weise sei sichergestellt, dass Mitglieder der Bundesregierung und Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen am Meinungsaustausch teilnehmen können.

Beteiligung an einem Steuer-Start-Up

In seiner Zeit als Finanzstaatssekretär und Finanztechnologie-Beauftragter der Bundesregierung investierte Spahn privat in ein Unternehmen, mit dessen Branche er auch amtlich befasst war. Spahn erwarb für 15.000 Euro einen Anteil von 1,25 Prozent an der Pareton GmbH, einem 2014 von Matthias Raisch gegründeten Start-up. Pareton entwickelt die Steuer-Software Taxbutler, die Kunden bei der Erstellung der Steuererklärung helfen soll.[13] Für die Investition in das Start-up hatte Spahn 3.000 Euro staatlichen Zuschuss bekommen.[14] Im Interview erklärte er, er halte die Software für eine "pfiffige Idee".[15]

Die SPD warf Spahn für seine Investition Instinktlosigkeit vor und forderte ihn auf, die Einnahmen durch all seine Unternehmensbeiteiligungen offen zu legen. Die Grünen sahen in dem Fall einen nicht hinnehmbaren Interessenskonflikt. Es sei nicht akzeptabel, dass ein Finanzstaatssekretär ein finanzielles Eigeninteresse daran habe, ein komplexes Steuersystem zu erhalten, welches eine Steuersoftware benötigt. Transparency International forderte die Verschärfung bestehender Regeln: Das Bundesministergesetz sehe bisher keine Regelungen zu Unternehmensbeteiligungen von Regierungsmitgliedern vor. Spahn selbst wies die Vorwürfe zunächst von sich und erkärte: "Ich sehe dahin kein Problem." [16][17] Wenige Tage später gab Spahn bekannt, sich der Kritik zu beugen, seine Anteile zu verkaufen und den staatlichen Zuschuss zurückzuzahlen.[14]

Pareton-Gründer Matthias Raisch erklärte der Wirtschaftswoche, seine Firma habe von der öffentlichen Debatte stark profitiert und sprach von einem "Riesenzuwachs [...] durch die Berichterstattung". [18]

Verbindungen / Netzwerke

Weiterführende Informationen

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Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,8 "Im Nebenjob Abgeordneter", Focus vom 26.11.2012; Ausgabe: 48; Seite: 28-32
  2. Webseite Jens Spahn - Lebenslauf abgerufen am 26.02.2018
  3. Bundestag: Gesundheitspolitische Sprecher gewählt, jens-spahn.de - Lebenslauf Jens Spahn - MdB, 2017, abgerufen am 19.03.18
  4. Spendendinner des Gesundheitsministers: Spahns Schweigekartell, die tageszeitung vom 5. April 2021, zuletzt aufgerufen am 6.4.2021
  5. Jens Spahn will Namen der Spender nicht nennen, DER TAGESSPIEGEL, abgerufen am 25.03.2021
  6. Harsche Kritik an jens Spahn SPIEGEL vom 28.02.2021, abgerufen am 25.03.2021
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 Stellungnahme von Jens Spahn zur Focus-Berichterstattung; ging LobbyControl am 28.11.12 zu
  8. Auskunft des Büros von Jens Spahn an LobbyControl, 28.11.2012
  9. Max Müller verlässt Klinikbetreiber Rhoen PRReport vom 08.11.2012
  10. politikszene Nr. 168, politik-kommunikation.de vom 15.01.2008, abgerufen am 28.11.12
  11. "Max Müller verlässt Docmorris und geht zu Bayer" DAZ online vom 28.01.2020, aufgerufen am 14. April 2020
  12. Leipziger Volkszeitung vom 30. November 2012
  13. Spahn investierte in Steuer-Software n-tv.de vom 24.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  14. 14,0 14,1 Spahn gibt Investment in Start-up auf Süddeutsche vom 29.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  15. Finanz-Staatssekretär beteiligte sich an Steuerfirma bild.de vom 24.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  16. „Nicht nur grotesk, sondern auch bedenklich“ Handelsblatt vom 25.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  17. Spahn verteidigt Beteiligung an Start-up Zeit vom 25.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  18. „Riesenzuwachs dank Berichterstattung“ Wirtschaftswoche vom 09.09.2017, abgerufen am 23.03.2018
  19. Bundesvorstand, mit-bund.de, abgerufen am 22.03.2018
  20. Parlamentskreis Mittelstand, cducsu.de, abgerufen am 22.03.2018
  21. Mitglieder, ludwig-erhard.de, abgerufen am 22.03.2018
  22. 22,0 22,1 Biografie Deutscher Bundestag, bundestag.de, abgerufen am 24.05.2017
  23. 23,0 23,1 Deutscher Bundestag, bundestag.de, abgerufen am 24.05.2017

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