Karenzzeit USA

In den USA sind Karenzzeiten für ehemalige Mandatsträger:innen und Mitarbeiter:innen in öffentlichen Behörden schon lange gang und gäbe; das erste derartige Gesetz trat 1872 in Kraft.[1] Heute gelten eine Reihe unterschiedlicher Regelungen für Mitglieder der Exekutiv- und Legislativorgane sowohl auf Gesamts- als auch auf Bundesstaatsebene.


Gesamtstaatliche Regelungen

Exekutive

Die Karenzzeiten für Mandatsträger:innen und Mitarbeiter:innen der Exekutive reichen von einer Auszeit von einem Jahr bis zu einem lebenslangen Verbot bestimmter, eng begrenzter Tätigkeiten. Hinzu kommen strikte Begrenzungen für die Aufnahme von Verhandlungen über neue Beschäftigung. Das lebenslange Verbot kann dabei zwar prinzipiell jede:n Vertreter:in der Exekutive treffen. Praktisch bezieht es sich aber auf ganz spezifische Einzelfälle, mit denen nur sehr wenige mögliche Neubeschäftigungen ausgeschlossen werden. In der neuen Position müsste man den neuen Arbeitgeber in einer ganz konkret bestimmbaren Sache vertreten, an der man vorher auch in substanzieller Art beteiligt war. Die Akteure müssen dabei präzise bestimmbar sein. Zu beachten ist, dass sich dieses Verbot persönlichen Kontakts mit dem alten Arbeitgeber immer nur auf Kontakt mir Lobbyabsicht bezieht, also der Absicht das Gegenüber auch zu beeinflussen. Einen Spezialfall stellen der:die Handelsvertreter:in und seine:ihre Stellvertreter:innen dar, die lebenslang keine Lobbytätigkeit im Auftrag einer fremden Regierung aufnehmen dürfen. [1]

Zweijährige Karenzzeit

Die zweijährige Karenzzeit bezieht sich grundsätzlich auf dieselben Bereiche wie das lebenslange Verbot, nur dass sich der betroffene Personenkreis und die Menge der potenziellen Jobs vergrößert. Hier reicht es aus, nur offiziell für ein bestimmtes Thema verantwortlich gewesen zu sein. Eine direkte, persönliche Involviertheit ist nicht mehr notwendig, um unter diese Karenzzeit-Regelung zu fallen. Seit der Ausweitung der zweijährigen Karenzzeit im Jahr 2007, dürfen very senior officials für zwei Jahre überhaupt keine Lobbykontakte mit Personen oder Institutionen der Exekutive aufnehmen. Der Kontakt zum Kongress ist damit nicht verboten. Die Unterscheidung zwischen normalen Angestellten und senior oder very senior Angestellten bemisst sich nach den Gehaltsstufen, ähnlich wie im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD).[1]

Einjährige Karenzzeit

Die einjährige Karenzzeit betrifft unterschiedliche Personengruppen. Höherrangigen Mitarbeiter:innen ist es generell verboten ein Jahr nach ihrem Ausscheiden an ihre alte Arbeitsstelle heranzutreten, um diese beeinflussen zu wollen. Dieses Verbot ist nicht themenspezifisch, sondern gilt für die prinzipielle Absicht. Hiervon nicht ausgeschlossen ist wiederum die Möglichkeit unverzüglich als Lobbyist:innen den Kongress zu bearbeiten. Wenn Mitarbeiter:innen an laufenden Vertragsverhandlungen substanziell beteiligt sind, ist es ihnen im folgenden Jahr verboten Lobbytätigkeiten aufzunehmen, die mit diesen Verhandlungen in Verbindung stehen. Zuletzt ist es allen senior und very senior Mitarbeiter:innen der Exekutive verboten Lobbyarbeit für eine ausländische Regierung oder Partei auszuüben, auch hier geht die Regelung über den persönlichen Kontakt hinaus und umfasst Hilfe und Beratung.[1]

Verhandlungen

Darüber hinaus gelten strikte Regeln für Verhandlungen. Sobald ein: Mitarbeiter:in der Exekutive Verhandlungen mit einem privaten Akteur aufnimmt, muss sich diese:r aus Angelegenheiten zurückziehen, die die finanziellen Interessen des möglichen Arbeitgebers direkt betreffen oder voraussichtlich betreffen könnten. Der Verhandlungsbegriff ist dabei sehr weit gefasst, sodass jegliche Kommunikation, die keine Zurückweisung eines Angebots ist, als Verhandlung anzusehen ist.[1]

Executive Orders

Neben diesen gesetzlichen Regelungen verordnen US-Präsidenten üblicherweise zu Beginn ihrer Amtszeit per Dekret (executive order) sog. ethics pledges (Ethikgrundsätze), die von Mitarbeitenden der Regierung unterzeichnet werden müssen. Oftmals beinhalten diese auch weitere Karenzzeitregelungen. So untersagte Donald Trump etwa seinen ehemaligen Mitarbeitenden Lobbyismus gegenüber ihrer ehemaligen Arbeitsstelle bis fünf Jahre nach ihrem Ausscheiden. Unter Joe Biden ist es ehemaligen Mitarbeitenden, die innerhalb von zwei Jahren vor ihrem Wechsel in die Regierung als Lobbyist:in registriert waren, im Zeitraum von zwei Jahren nach ihrem Ausscheiden zu den gleichen Themen zu lobbyieren. Allerdings behalten die Präsidenten sich oder hochrangigen Regierungsbeamt:innen in der Regel das Recht vor, Personen Ausnahmen von den ethics pledges zu gewähren.[2]

Sanktionen bei Vergehen

Die Zuständigkeit das Einhalten dieser Regeln zu gewährleisten liegt bei den jeweiligen Behörden, bei denen Mitarbeitende zuletzt beschäftigt waren. Sollten diese einen Anfangsverdacht eines Regelverstoßes haben, übernimmt das Justizministerium die Ermittlungen. Falls dieses den Verdacht für begründet erachtet, kann der Justizminister (attorney general) eine sofortige Unterlassung vor Gericht beantragen. Bestätigt sich der Verdacht, so kann eine Geldstrafe von bis zu 50.000$ pro Vergehen oder der Betrag, den die betreffende Person mit der rechtswidrig aufgenommen Tätigkeit verdient hat, wenn dieser höher als 50.000$ ist, verhängt werden. Darüber hinaus können Haftstrafen von bis zu einem Jahr oder bis zu 5 Jahren bei einem vorsätzlichen Verstoß verhängt werden.[3][4]


Legislative

Die Karenzzeit-Regelungen für Mitglieder und Mitarbeiter:innen der Legislative sind weniger streng, als für die der Exekutive. Ein lebenslanges Verbot spezifischer Tätigkeiten ist ebenfalls unbekannt.

Zweijährige Karenzzeit

Eine zweijährige Karenzzeit besteht nur für Senator:innen. Sie dürfen nicht mit Lobbyabsicht an Mitglieder des Kongresses oder Mitarbeiter:innen des Legislative herantreten. Es sei darauf aufmerksam gemacht, dass hier wieder nur der direkte Kontakt verboten ist.[5]

Einjährige Karenzzeit

Eine einjährige Karenzzeit gilt für unterschiedliche Personengruppen. So ist es Mitgliedern des Repräsentantenhauses untersagt, sich mit Lobbyabsicht an Mitglieder des Kongresses oder Mitarbeiter:innen der Legislative zu wenden. Für Mitarbeiter:innen des Kongresses, die nach ihrem Ausscheiden als Lobbyist:in tätig sind, ist es verboten, mit ihrem alten Arbeitgeber, d.h. dem Komitee oder dem Kongressmitglied, für das sie gearbeitet haben, Kontakt aufzunehmen. Der Kontakt mit einem anderen Kongressmitglied wird nicht untersagt. Hiervon ausgenommen ist senior Senate staff, für die jeglicher Kontakt zu Mitarbeiter:innen oder Mitgliedern des Senats untersagt werden kann. Ähnlich den Regelungen der Exekutive, ist es auch hier Mitarbeiter:innen und Mitgliedern des Kongresses untersagt Wissen, dass sie bei Vertragsverhandlungen erlangt haben, für Lobbytätigkeiten einzusetzen. Zuletzt ist es auch senior Mitarbeiter:innen und Kongressmitgliedern nicht gestattet, Lobbyarbeit für eine ausländische Regierung oder Partei zu übernehmen.[5]

Verhandlungen

Verhandlungen mit potenziellen Arbeitgebern sind auch in der Legislative streng geregelt. Senator:innen dürfen Verhandlungen erst aufnehmen, wenn ihr:e Nachfolger:in gewählt wurde; Mitglieder des Repräsentantenhauses nicht, während sie noch im Repräsentantenhaus dienen. Eine Ausnahme greift dann, wenn die Verhandlungen innerhalb einer Frist öffentlich gemacht werden. Für den Senat aber nur, wenn es sich nicht im Lobbytätigkeiten handelt. Von Angelegenheiten, die einen Interessenkonflikt auslösen könnten, muss sich daraufhin zurückgezogen werden. Für "senior" Mitarbeiter:innen von sowohl Senat als auch Repräsentantenhaus gelten ähnliche Regeln.[5]

Bundesstaaten

Die meisten US-Amerikanischen Bundesstaaten kennen auch Karenzzeitregelungen für Personen in öffentlichen Ämtern. Sie betragen bis zu sechs Jahre, in der Regel allerdings zwischen sechs und 24 Monate.[6]

Eine Übersicht über die Regelungen in den einzelnen Bundesstaaten findet sich hier

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Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Executive Branch Service and the “Revolving Door in Cabinet Departments, Congressional Research Service vom 07.10.2019, abgerufen am 28.02.2023
  2. Ethics Pledges And Other Executive Branch Appointtee Restrictions Since 1993, Congressional Research Service, Version vom 23.02.2021, abgerufen am 28.02.2023
  3. 18 U.S. Code §207, law.cornell.edu, abgerufen am 28.02.2023
  4. 18 U.S. Code §216, law.cornell.edu, abgerufen am 28.02.2023
  5. 5,0 5,1 5,2 Post-Employment "Revolving Door," Laws for Federal Personnel, Congressional Research Service vom 07.01.2014, abgerufen am 28.02.2023
  6. Revolving Door Prohibitions, ncsl.org, abgerufen am 28.02.2023

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