Konvent für Deutschland

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Version vom 28. Juli 2015, 10:24 Uhr von ThomasH (Diskussion | Beiträge) (Roman-Herzog-Medienpreis)
Konvent für Deutschland
Rechtsform e.V.
Tätigkeitsbereich Staatsreform, v.a. Föderalismusreform
Gründungsdatum Oktober 2003
Hauptsitz Friedrichstr. 133, 10117 Berlin
Lobbybüro
Lobbybüro EU
Webadresse http://www.konvent-fuer-deutschland.de

Der Konvent für Deutschland (KfD) tritt als unabhängiges Beratergremium für die Politik auf mit dem propagierten Ziel einer „Reform der Reformfähigkeit“.
In Realität ist der Konvent eine elitäre, wirtschaftsnahe Lobbygruppe. Im Konvent organisiert sich mit Unterstützung der Wirtschaft ein marktliberal geprägtes Eliten-Spektrum aus verschiedenen Parteien und aus der Wirtschaft. Hinter der „Reform der Reformfähigkeit“ verbirgt sich letztlich das Ziel, die Rahmenbedingungen zu schaffen für einen schlanken, wettbewerbsorientierten Staat, mehr Ungleichheit und bessere Möglichkeiten, unpopuläre Reformen (wie das Zurückschrauben von Sozialsystemen) durchzusetzen.[1]

Kurzdarstellung und Geschichte

Gegründet wurde der Konvent im Oktober 2003 von dem ehemaligen BDI-Präsidenten Hans-Olaf Henkel, Roland Berger und Manfred Pohl von der Deutschen Bank. Die Galionsfigur – aber nicht der Initiator – ist der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog. Die Finanzierung stammt von inzwischen zwölf Großunternehmen sowie der wirtschaftsnahen Heinz-Nixdorf-Stiftung. Die Strategie des Konvents beruht einerseits auf Öffentlichkeitsarbeit über die Mitglieder des Konventkreises und zugleich auf „stiller“ Einflussnahme durch hochrangige Treffen mit politischen Entscheidungsträgern. Der Konvent schreibt sich selbst eine zentrale Rolle beim Zustandekommen der Föderalismusreform I zu.

Manfred Pohl gründete 2008 eine neue Organisation, den Frankfurter Zukunftsrat und schied danach aus dem Konvent aus. Auch der ehemalige Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (damals SPD) schied 2008 aus. Hintergrund waren laut einem Bericht der Welt gescheiterte Versuche, den Themenfokus des Konvents für Deutschland zu erweitern.[2] Hans-Olaf Henkel trat im Zuge seiner Tätigkeit für die Partei Alternative für Deutschland von seinen Funktionen im Konvent zurück.

Organisationsstruktur und Personal

Geschäftsstelle

Die Mitglieder des Konventkreises:

  • Hans Hugo Klein, CDU
  • Petra Roth, Ex-Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main (1995-2012), Ex-Präsidentin des Deutschen Städtetags, Vorsitzende des Vorstandes der [Stiftung Schloss Ettersburg], ehem. Mitglied im Aufsichtsrat von Fraport, ehem. Aufsichtsratsvorsitzende der Messe Frankfurt, der Stadtwerke Frankfurt am Main, des Rhein-Main-Verkehrsbundes und der ABG Franfurt Holding
  • Renate Schmidt, SPD, 10/2002-11/2005 Bundesfamilienministerin, 1980-1994 und 2005-2009 Mitglied des Deutschen Bundestag, heute Ombudsfrau für Datenschutz und Korruptionsbekämpfung für Vodafone und Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats des Nestlé Zukunftsforums, in der „Expertenkommission Familie“ der Bertelsmann Stiftung
  • Manfred Schneider, u. a. Vorsitzender des Aufsichtsrats der RWE
  • Erwin Teufel, CDU, Ex-Ministerpräsident Baden-Württembergs
  • Henning Voscherau, SPD, ehem. Bürgermeister Hamburgs, Aufsichtsratsvorsitzender des Gasprojekts South Stream[5], Mitglied des Kuratoriums der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius[6]

(Stand: Juli 2015) Quelle:[7]

Verbindungen

Durch die Mitglieder gibt es Verbindungen zu anderen Lobbyorganisationen und Denkfabriken, wie etwa der Bertelsmann Stiftung, der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und der Friedrich A. von Hayek - Gesellschaft

Finanzen

Die Anschubfinanzierung kam von der Deutschen Bank, heute führt die Webseite des Konvents elf Unternehmen, die Heinz-Nixdorf-Stiftung und den Geschäftsführer eines Unternehmens als Finanziers. Zu Beginn seiner Arbeit waren die Finanziers nicht bekannt. Bis heute ist die Höhe der Unterstützung durch die einzelnen Geldgeber unbekannt. Die Deutsche Bank wollte sich 2007 nicht zur Höhe ihrer Unterstützung äußern.

Die Mitglieder des Kuratoriums und Finanziers (Stand: 6.5.2014):[8]

Vorsitzender des Kuratoriums:

Finanziers:

Lobbystrategien und Einfluss

Die Strategie des Konvents beruht einerseits auf Öffentlichkeitsarbeit über die Mitglieder des Konventkreises und zugleich auf „stiller“ Einflussnahme durch hochrangige Treffen mit politischen Entscheidungsträgern.

Hochrangiger Zugang

Die Lobbyarbeit beruht vor allem auf dem persönlichen Zugang der Mitglieder des Konventkreis zu den wichtigen Entscheidungsträgern. So gab es direkte Treffen mit den Vorsitzenden der damaligen Föderalismuskommission, Edmund Stoiber (CSU) und Franz Müntefering (SPD), sowie Gespräche mit anderen Mitgliedern und Entscheidern. Dazu zählten u.a. der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, Bundestagspräsident Norbert Lammert, der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und der saarländische Ministerpräsident Peter Müller. Zudem war Rupert Scholz als Mitglied des Konventkreis zugleich Mitglied der Föderalismuskommission und hatte so direkten Zugang zu allen Diskussionen. Der Konvent rechnet sich selbst an, eine entscheidende Rolle bei der Föderalismusreform gespielt zu haben.[9]

Medienberichte ohne Nennung der Hintergründe

Die Medienberichterstattung war oft unkritisch. Bei einzelnen Mitgliedern des Konventkreises wurde oft nicht erklärt, dass sie zum Konvent für Deutschland gehören. Selbst wenn dies der Fall war, wurden kaum Angaben über den Hintergrund des Konvents gemacht. Die Medien übernehmen weitgehend unkritisch die Selbstbeschreibung als „unabhängiges Beratergremium“. Ein extremes Beispiel war die Phoenix-Sendung "Unter den Linden" vom 21. Juni 2004. Dort diskutierten Roman Herzog und Klaus von Dohnanyi über den Föderalismus und seine Reform. Die ZuschauerInnen mussten den Eindruck gewinnen, hier diskutierten ein (ehemaliger) CDU-Politiker mit einem (ehemaligen) SPD-Politiker – die sich erstaunlich einig waren – z.B. in der Forderung nach Abschaffung der sogenannten Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern. Die ZuschauerInnen erfuhren nicht, dass beide für die selbe Lobbygruppe aktiv waren.[10]

Roman-Herzog-Medienpreis

Seit 2007 vergibt eine Jury aus Konvent-Mitgliedern und der Geschäftsführung alle zwei Jahre den mit 5.000 Euro dotierten Roman-Herzog-Medienpreis. Laut eigener Aussage werden Journalisten ausgezeichnet, "die sich in ihrer Berichterstattung besonders mit Themen zur Reformfähigkeit befasst haben."[11] Die ausgeschriebenen Themen orientieren sich stark an der politischen Agenda des Konvents. So wurden journalisitsche Arbeiten zur Föderalismusreform, den Schwächen des deutschen Wahlrechts oder dem Verhältnis zwischen Bürgern und Politik ausgezeichnet - allesamt Themen, die sich der Konvent für Deutschland auf die Fahnen geschrieben hat.[12] Die Preisverleihungen zeigen die gute Vernetzung des Gremiums mit den gesellschaftlichen Eliten auf. Zu den Preisträgern gesellen sich hochrangige Gastredner und Diskussionsteilnehmer aus Politik, Medien und Wirtschaft.

Weiterführende Informationen


Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

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Einzelnachweise

  1. Eine genauere Analyse der Programmatik findet sich in der LobbyControl-Studie „Konvent für Deutschland - Wegbereiter für unpopuläre Reformen“ von März 2007
  2. Clement verlässt den "Konvent für Deutschland", Welt vom 26.8.2008, abgerufen am 24.1.2011. Zum Frankfurter Zukunftsrat siehe auch den Der Frankfurter Zukunftsrat - eine neue, altvertraute Reforminitiative, LobbyControl-Blog vom 14.3.2008, abgerufen am 24.1.2011
  3. Metzger leitet Konvent für Deutschland, politik-kommunikation.de vom 25.02.2014, abgerufen am 26.02.2014
  4. Deutscher Bundestag: Gerhardt, Dr. Wolfgang, Website Bundestag, abgerufen am 22.9.2011
  5. Ex-Oberbürgermeister Voscherau neuer Chefaufseher von South Stream, Handelsblatt vom 13. April 2012
  6. Kuratoren der ZEIT-Stiftung, Website zeit-stiftung, abgerufen am 21. Januar 2013
  7. Der Konventkreis - Mitglieder, Webseite des Konvent für Deutschland, abgerufen am 27.07.2015
  8. Der Verein - Kuratorium, Webseite des Konvent für Deutschland, abgerufen am 5.5.2014
  9. So Hans-Olaf Henkel in der Frankfurter Rundschau vom 20.10.2006.
  10. Weitere Details und Belege zur Medienberichterstattung in der LobbyControl-Studie „Konvent für Deutschland - Wegbereiter für unpopuläre Reformen“ von März 2007
  11. Roman-Herzog-Medienpreis 2007, abgerufen am 28.07.2015
  12. Konvent für Deutschland - Themen, abgerufen am 28.07.2015

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