Lobbyregister (Überblick)

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Unter einem Lobbyregister versteht man eine für die Öffentlichkeit einsehbare Datenbank, in welcher Lobbyarbeit betreibende Akteure Informationen über ihre Arbeit veröffentlichen müssen. Diese Informationen beinhalten beispielsweise die Identität des Akteurs, seine Ziele und Auftraggeber sowie die dafür zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel.

Lobbyregister in Deutschland

LobbyPlanet Berlin

In Deutschland gibt es bisher kein Lobbyregister. Die seit 1972 bestehende Öffentliche Liste über die beim Bundestag registrierten Verbände und deren Vertreter wird zwar manchmal fälschlicherweise als Lobbyregister bezeichnet. Allerdings sind in ihr nur Verbände, aber keine Unternehmen, Lobbyagenturen und Lobbykanzleien erfasst. Sie enthält weder Informationen über Budgets, Kunden oder bearbeitete Themen noch die Namen der tätigen Lobbyisten. Zudem ist die Liste freiwillig. Somit kann sie nicht als Lobbyregister bezeichnet werden, da ein Großteil der Lobbyisten und die zentralen Informationen über die Lobbyarbeit fehlen. Ob es in Deutschland in naher Zukunft ein umfassendes Lobbyregister geben wird, bleibt abzuwarten. Die Positionen der im Bundestag vertretenen Parteien zur Einführung eines Registers finden sich bei den jeweiligen Artikeln über die Parteien.

Laut einer repräsentativen Emnid-Umfrage im Auftrag von LobbyControl und Campact wünschen sich 78 Prozent der Deutschen ein verpflichtendes Lobbyregister mit Angaben über Auftraggeber, Budget und Ziele der Lobbyarbeit. 74 Prozent wünschen sich eine Übersicht der Hausausweise.[1]

Gesetzentwurf für Deutschland

LobbyControl erarbeitet in Kooperation mit Abgeordnetenwatch einen Gesetzentwurf für ein Lobbyregister auf der Seite lobbyregister.org. Dort können Nutzer den Entwurf diskutieren.

Sachsen-Anhalt

Der Landtag führt seit 2015 ein Lobbyregister, in dem im Juli 2015 mehr als 150 Einträge vorhanden waren.[2]

Lobbyregister auf EU-Ebene

Hauptartikel: Lobbyregister EU

Auf EU-Ebene gibt es momentan zwei Listen, die als Lobbyregister bezeichnet werden können. Zum einen ist das die Liste der beim Europäischen Parlament akkreditierten Interessenvertreter. Diese Liste enthält allerdings lediglich die Namen der akkreditierten Lobbyisten und die von ihnen vertretenen Organisationen. Der Transparenzgewinn ist dadurch nur minimal. Weiter geht das 2008 eingerichtete Register der Interessenvertreter der EU-Kommission. Das Register stellt zwar einen guten Ansatz dar. Die Registrierung im Register auf freiwilliger Basis und die unzureichenden Möglichkeiten der Überprüfung und Sanktionierung von Falschangaben, signalisieren hingegen einen deutlichen Nachbesserungsbedarf. Momentan sind 7.464 Lobbyorganisationen und Unternehmen (Stand: 19.05.2015) registriert, was nur einem Bruchteil der Lobbyakteure in Brüssel entsprechen dürfte. Einzelne Lobbyisten werden in diesem Register bisher nicht erfasst.

Lobbyregister in den USA

Hauptartikel: Lobbyregister USA

Im Gegensatz zu Deutschland und zur EU hat die transparentere Gestaltung des Lobbyismus in den USA eine weit längere Geschichte. Außerdem gibt es dort ein umfassendes Lobbyregister. Die ersten Versuche den Lobbyismus in den USA auf der Bundesebene zu beschränken reichen bis ins Jahr 1876 zurück. Die ersten umfassenden und systematischen Gesetze wurden 1938 ('Foreign Agents Registration Act of 1938') und 1946 ('The Federal Regulation of Lobbying Act of 1946') verabschiedet. Auf Grund ungenauer Definition und zahlreicher Schlupflöcher wurden die Gesetze schnell reformbedürftig. Nach zahlreichen fehlgeschlagenen Versuchen einer Neugestaltung wurde der 'Lobbying Disclosure Act of 1995' (LDA) verabschiedet der zum 1. Januar 1996 in Kraft trat. Er wurde 2007 durch den Honest Leadership and Open Government Act of 2007 ergänzt, welcher einige Bestimmungen des LDA präzisiert und die drohenden Strafen deutlich verschärft hat. Für eine breite Öffentlichkeit aufbereitet und in übersichtlicher Form zur Verfügung gestellt werden die Daten vom Center for Responsive Politics.

Lobbyregister in anderen Ländern

Großbritannien

Hauptartikel: Lobbyregister Großbritannien

In Großbritannien gibt es seit Februar 2011 ein neues freiwilliges Lobbyregister des UK Public Affairs Councils[3] Allerdings ist das Register sehr lückenhaft. Nach Angaben der britischen NGO Alliance for Lobbying Transparency sind etwa 90% der britischen Lobbyisten nicht in dem Register eingetragen.[4] Premierminister Cameron sprach sich dafür aus, ein verpflichtendes Register in der Zukunft einzuführen.

Irland

In Irland wurden Mitte Juni erste Eckpunkte zu einem Entwurf eines Lobbyregisters bekannt, das Lobby-Agenturen, Unternehmen und Interessenvereinigungen erfassen soll.

Litauen

Hauptartikel: Lobbyregister Litauen

Litauen zählt mit seiner Lobbyismus-Gesetzgebung zu den mittelstark regulierten Ländern.[5] Bereits 2001 trat ein Gesetz zur Lobbyregulierung in Kraft. Seitdem gilt in Litauen eine Registrierungspflicht für alle Lobbyisten. Das Gesetz legt fest, wer als Lobbyist arbeiten darf und wer davon ausgeschlossen ist. Darüber hinaus sind Rechte und Pflichten von Lobbyisten, sowie illegale Formen der Einflussnahme festgelegt. Der Gesetzestext definiert Lobbyismus als jegliche Form der Einflussnahme auf parlamentarische Entscheidungsverfahren. Damit bezieht sich das Gesetz nicht auf mögliche Einflussnahme von Lobbyisten auf die Exekutive oder die Verwaltung. Das Register wird von einer Ethik-Kommission geführt und kontrolliert. Im Register müssen, im Gegensatz zu Ländern wie Ungarn oder Polen, Finanzangaben gemacht werden. Bisher haben sich nur wenige Lobbyisten registriert. Aktuell sind lediglich 36 Lobbyisten im Register erfasst.(Stand: Oktober 2014)[6] Bei Verstößen gegen das Gesetz kann die Ethik-Kommission Sanktionen verhängen, wobei diese im Gesetz nicht genau festgelegt sind. Das Litauische Gesetz sieht außerdem eine einjährige Karenzzeit für Politiker vor, die als Lobbyisten tätig werden wollen.

Niederlande

In den Niederlanden gibt es noch kein Lobbyregister. Im Juni 2011 brachte die sozial-demokratische PvdA einen ersten Vorschlag zur Einführung eines Lobbyregisters in der Zweiten Kammer der Generalstaaten ein.[7]

Österreich

Ende Juni 2011 beschloss die österreichische Regierung ein Lobbyregister, das zur Eintragung verpflichtet und Lobbyisten in vier Kategorien unterteilt: Lobby-Agenturen, Unternehmen, Interessenverbände und gesetzliche Kammern. Je nach Kategorie gelten unterschiedliche Anforderungen zur Offenlegung. So müssen die auf Lobbying spezialisierten Agenturen unter anderem auch ihre einzelnen Aufträge, deren finanziellen Umfang und Ziel angeben. Hingegen müssen Unternehmen, neben den Namen ihrer Lobbyisten, nur angeben, ob die für Lobbytätigkeiten aufgewendete Summe 100.000 Euro im Jahr übersteigt oder nicht. Bei Verstößen gegen das Register können Strafen bis zu 60.000 Euro verhängt werden und in schweren Fällen die Streichung aus dem Register veranlasst werden. Das unabhängige Portal parteispenden.at will weitere Informationen und Auswertungen zur Verfügung stellen.

Polen

Das Polnische Lobbyregister wurde 2006 eingeführt. Für Berufslobbyisten ist die Eintragung verbindlich. Geführt wird das Register vom Polnischen Innenministerium. Lobbyisten müssen darin Angaben zu ihrer Person und ihrem Auftraggeber vermerken. Laut Chari et al. gehört Polen, was sein Lobbyismus-Gesetz betrifft, neben Deutschland zu den wenig regulierten Ländern (Chari et al 2010: 154).[8] Es werden weder Angaben zu den Ausgaben noch zum Gehalt des Lobbyisten verlangt. Eine Karenzzeit für Politiker, die in die Lobbyismus-Branche wechseln möchten, ist ebenfalls nicht vorgesehen. In der Praxis haben sich bis jetzt nur ein Bruchteil der aktiven Lobbyisten registriert.

Ungarn

In Ungarn wurde die Lobbyregulierung 2006 erstmals gesetzlich verabschiedet. 2010 kam es zu einigen Änderungen, was die Teilnahme von Lobbyisten am Gesetzgebungsprozess betrifft. Grundsätzlich ist die Registrierung im Lobbyregister nur für Berufslobbyisten verpflichtend. In Ungarn müssen keine Finanzangaben im Lobbyregister gemacht werden. Eine Karenzzeit für Politiker ist nicht vorgesehen. Für das Lobbyregister ist das Zentralbüro für Recht die verantwortliche Institution. Bis jetzt sind weniger als die Hälfte aller Lobbyisten registriert (Chatterjee 2007).[9] Transparency International bewertete 2014 die Lobbyaktivitäten im Land als unkontrolliert und nicht transparent.[10]

Dänemark

In Dänemark gibt es seit 2012 ein neues freiwilliges Lobbyregister. Aktuell gibt es eine Diskussion um die laxen Regeln, die von Experten, Politikern und Lobbyisten als nutzlos kritisiert wurden.[11]

Weiterführende Informationen

Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

https://www.lobbycontrol.de/newsletter-lobbypedia/https://twitter.com/lobbycontrolhttps://www.facebook.com/lobbycontrolhttps://www.instagram.com/lobbycontrolVernetzen

Einzelnachweise

  1. Lobbyisten: Große Mehrheit der Deutschen wünscht mehr Transparenz, Spiegel.de, 13.11.2015
  2. Schon mehr als 150 Lobbyisten in Sachsen-Anhalt registriert, Die Welt, Juli 2015, zuletzt aufgerufen am 21. Juli 2015
  3. UK Public Affairs Council Abgerufen am 29. Juni 2011
  4. Up to 90% of lobbyists shun new transparency register Alliance for Lobbying Transparency, vom 1. März 2011. Abgerufen am 12. Juli 2011.
  5. Chari, R., J. Hogan and G. Murphy. 2010. Regulating Lobbying: a Global Comparison. Manchester: Manchester University Press.
  6. http://www.vtek.lt/vtek/index.php?option=com_content&view=article&id=371&Itemid=41, zugegriffen am 26.10.14.
  7. PvdA: publiek register voor Haagse lobbyisten Aus: De Telegraaf. Abgerufen am 12. Juli 2011
  8. Chari, R., J. Hogan and G. Murphy. 2010. Regulating Lobbying: a Global Comparison. Manchester: Manchester University Press.
  9. spectrezine.org Chatterjee, P. 2007. 'Sunshine Laws to Track European Lobbyists', Spectrezine, 7. November, abgerufen am 18.7.2011
  10. Transparency International releases Hungary lobby report, Budapest Business Journal, 28. Oktober 2014, zuletzt aufgerufen am 17.2.2015
  11. Nyt lobbyregister møder hård kritik, jyllands-posten.dk vom 22.11.2012, abgerufen am 26.11.2012

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