Lobbyregulierung auf EU-Ebene

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Version vom 29. Januar 2016, 11:17 Uhr von N. Katzemich (Diskussion | Beiträge) (Verbesserungen am einleitenden Lobbyregistertext)

Auf EU-Ebene ist die Regulierung von Lobbyarbeit deutlich weiter vorangeschritten als in Deutschland. So gibt es bereits ein gemeinsames Lobbyregister von EU-Kommission und Parlament, in das sich alle Lobbyakteure unter Nennung ihrer Lobbybudgets, Auftraggeber und der Themen, an denen sie arbeiten, eintragen sollen. Leider ist das Register immer noch freiwillig, wenn auch in den vergangenen Jahren starke Anreize zur Eintragung eingeführt wurden. Daher haben sich zwar inzwischen die meisten Lobbyakteure eingetragen - das Register hat aber immer noch mit zahlreichenden Problemen zu kämpfen: Die Angaben sind oft unbrauchbar, und die Lobbyakteure haben wegen fehlender Ressourcen und Befugnissen auch kaum Überprüfungen und Sanktionen zu fürchten.
Transparenzaktivisten wie LobbyControl fordern, das Register verpflichtend auszugestalten.[1] Teil des Registers ist auch ein Verhaltenskodex für Lobbyisten. Es ist jedoch kein Fall bekannt, in dem ein Lobbyist aufgrund seines Vorgehens sanktioniert worden wäre.

Die neue EU-Kommission unter Präsident Juncker hat zum 1. Dezember 2014 neue Transparenzregeln eingeführt. Alle Kommissare und ihre Kabinette müssen nun ihre Kontakte mit Lobbyisten innerhalb von zwei Wochen nach einem Treffen oder Telefonat veröffentlichen. Juncker hat sein Team zudem dazu aufgefordert, sich nur noch mit Interessenvertretern zu treffen, die sich im freiwilligen Lobbyregister der EU eingetragen haben. Dies ist allerdings reine Selbstverpflichtung. Es gibt kein Gremium, das die Umsetzung kontrolliert und gegebenenfalls Sanktionen ausspricht. Ferner gilt die Regelung, sich ausschließlich mit registrierten Lobbyisten zu treffen, nur für die EU-Kommissare und ihre Kabinette, nicht für alle Beamten. Mit einem "Head of Unit" kann man sich auch als unregistrierter Lobbyist nach wie vor treffen (mit einem Generaldirektor allerdings nicht). Hinzu kommt, dass ohne die Erlaubnis von Lobbyisten deren Namen nicht auf der Website der Kommissare erscheinen dürfen.

Die EU-Kommission schreitet unterdessen bei ihren Bemühungen um mehr Transparenz und mehr Bürgernähe voran. Sowohl EU-Kommissionspräsident Juncker als auch der zuständige Kommissar für interinstitutionelle Beziehungen, Frans Timmermans, haben ein verpflichtendes Lobbyregister für alle drei EU-Institutionen (Rat, Kommission und Parlament) angekündigt. Alle Lobbyisten müssten demnach künftig Angaben über ihre Lobbytätigkeiten machen, um Zugang zur Politik zu bekommen. Kritik: Der Arbeitsplan für das kommende Jahr 2015 besagt, dass die Pläne der Kommission auf einem interinstitutionellen Abkommen beruhen sollen. Auf dieser Grundlage wird ein Lobbyregister entstehen, dass weiterhin nicht bindend für Lobbyisten wäre.

Eine stärkere Regulierung wird auch bezüglich der einflussreichen Expertengruppen gefordert, sowohl von Nichtregierungsorganisationen als auch vom europäischen Parlament. Wie eine Studie von Alter-EU anschaulich zeigt, bestehen diese Gruppen teils zu 50-80% aus Unternehmensvertretern[2]. Sie sollen ausgewogener besetzt werden und Industrievertreter mit einem Interesse im betreffenden Bereich sollen nicht als "neutrale Experten" eingeladen werden können.[3] Ein erste Verbesserung ist, dass die Expertengruppen mit ihren Mitgliedern in einem eigenen Register veröffentlicht werden.[4]

Auch bezüglich der Seitenwechsler auf EU-Ebene gibt es Regeln, sowohl in Bezug auf die Kommissare, als auch auf die Mitarbeiter/-innen der Kommission. Die Regeln für die Kommissarinnen und Kommissare sind allerdings schwach ausgestaltet: 18 Monate lang müssen sie die Kommission über ihre neuen Tätigkeiten informieren. In dieser Zeit sollen sie keine Lobbyarbeit betreiben dürfen, die ihren ehemaligen Zuständigkeitsbereich betrifft. Die Regeln für die ehemaligen Mitarbeiter/-innen werden kaum angewandt.[5]

Für die Abgeordneten des EU-Parlaments gibt es seit Januar 2012 einen Verhaltenskodex. Allerdings setzt Parlamentspräsident Schulz den Verhaltenskodex nicht um und Beschwerden bezüglich möglicher Interessenkonflikte von Abgeordneten, sowie Forderungen des zuständigen Ethik-Kommittees bleiben unbeachtet[6]. Regeln zum Seitenwechsel wurden für Abgeordnete nicht eingeführt.

Seit der Affäre um John Dalli fordern Transparenzaktivisten einen neuen Verhaltenskodex für Kommissare, um die privilegierten Zugänge zu ihnen besser in den Griff zu bekommen. Es wird vorgeschlagen, dass Kommissare ihre Kontakte zu Lobbyisten online veröffentlichen sollen.

In den einzelnen Nationalstaaten der EU ist die Lobbyregulierung sehr unterschiedlich ausgestaltet. In manchen ist beispielsweise ein Lobbyregister schon eingeführt, in anderen wird aktuell darüber debattiert.

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Einzelnachweise

  1. EU ist zufrieden mit Transparenzregister - wir nicht!, www.lobbycontrol.de vom 29.11.12, abgerufen am 12.12.12
  2. [1] Studie "A year of Broken Promises"
  3. Kommission gelobt Besserung bei Expertengruppen www.lobbycontrol.de vom 24.9.12, abgerufen am 12.12.12
  4. Register der Expertengruppen der Kommission, abgerufen am 12.12.12
  5. Commissions Refusal to Block Revolving Door triggers Ombudsman Complaint www.corporateeurope.org vom 16.10.2012, abgerufen am 12.12.12
  6. [2] gesehen am 27.04.2015

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