Nebeneinkünfte von Abgeordneten: Unterschied zwischen den Versionen

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LobbyPlanet Berlin

Bundestagsabgeordnete können unbegrenzt Nebentätigkeiten aufnehmen und Nebeneinkünfte erzielen. Das wirft immer wieder die Frage nach möglichen Interessenkonflikten und der Unabhängigkeit der Abgeordneten auf. Tatsächlich hatten in letzten Legislaturperiode (2009-2013) 193 der 620 Bundestagsabgeordneten neben ihren Diäten zusätzliche Einkünfte, 126 geben einen Nebenverdienst in der Höchststufe 3 an, also über 7.000 Euro (Stand: Okt 2012).[1]
Die Angaben für den neuen Bundestag wurden am 21.03.2014 veröffentlicht.

Seit dem 5. Juli 2007 können die Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten in groben Stufen auf der Webseite des Bundestags eingesehen werden. Auslöser der 2005 verabschiedeten Transparenzregeln waren mehrere Skandale, die 2004 und 2005 publik wurden: Abgeordnete hatten hohe Summen von bekannten Wirtschaftsunternehmen wie RWE, Siemens oder VW erhalten – und konnten dafür weder glaubhaft Gegenleistungen nachweisen noch die jeweiligen Summen in ihrer Höhe rechtfertigen.

Die Regeln waren allerdings lückenhaft: die Stufenregelung endete z.B. bereits bei 7.000 Euro – ob ein Abgeordneter in einem Nebenjob 7.001 Euro oder 100.000 Euro verdiente, war nicht erkennbar. Nach der Debatte um den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück wurde die Stufen erweitert. Auch Vorträge bei Redneragenturen sollen transparenter werden. Andere Transparenzlücken etwa für Anwälte bleiben bestehen.

Laut einer Studie der Otto-Brenner-Stiftung vom Juli 2021 hat etwas mehr als ein Drittel der Abgeordneten in der 19. Legislaturperiode Nebeneinkünfte von insgesamt geschätzt etwa 53 Millionen Euro erzielt.[1] Danach gehen 62 Prozent der FDP-Abgeordneten einer Nebentätigkeit nach, bei der Union sind es 43 Prozent, es folgen AfD (32 Prozent), Linke (26 Prozent), SPD (22 Prozent) und die Grünen (21 Prozent).

Siehe auch: Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland

http://www.lobbycontrol.de/spenden/?mtm_campaign=lbpd-button&mtm_kwd=spendenbannerspendenbanner-lobbypedia (2)

Die Problematik von Nebeneinkünften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Artikel 38 des Grundgesetzes legt fest, dass die Abgeordneten „Vertreter des ganzen Volkes“, „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden“ und „nur ihrem Gewissen unterworfen“ sind. Dies ist nicht so aufzufassen, dass Bundestagsabgeordnete einem objektiv bestimmbaren Gemeinwohl ihre eigene Meinung unterzuordnen hätten. Im Gegenteil sollen in der Anschauung des Grundgesetzes Entscheidungen im Sinne eines umfassenden Gemeinwohls gerade dadurch zustande kommen, dass im Bundestag verschiedene Meinungen und Interessen repräsentiert und in Einklang gebracht werden müssen.

Abgeordnete müssen also nicht neutral sein, und ein Eintreten für bestimmte Einzelinteressen ist durchaus legitim. Finanzielle Abhängigkeiten können allerdings das unabhängige Mandat und seine freie Ausübung gefährden. Wie die Richtergruppe Broß in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juli 2007 betont, zielt das Nicht-Gebundensein an Aufträge und Weisungen auch auf die Unabhängigkeit von Interessengruppen, die mit finanziellen oder anderen Anreizen Sonderinteressen durchzusetzen versuchen. Nur unabhängig von solchen (zahlenden) Interessengruppen können Abgeordnete „Vertreter des ganzen Volkes“ sein. Auch eine Berufstätigkeit bietet „vielfältige Möglichkeiten, politischen Einfluss durch ein Bundestagsmandat für die außerhalb des Mandats ausgeübte Berufstätigkeit gewinnbringend zu nutzen, und gerade von dieser Möglichkeit gehen besondere Gefahren für die Unabhängigkeit der Mandatsausübung“ aus.[2]

Mit den Transparenzregelungen sollen daher Was daher sinnvolle Transparenzregeln schaffen können, ist berufliche und sonstige Verpflichtungen der von Abgeordneten neben dem Mandat sowie Einkünfte, die daraus erzielt werden, sichtbar gemacht werdenzu machen. Wählerinnen und Wähler sollen sich ein Urteil über mögliche Interessenverflechtungen und wirtschaftliche Abhängigkeiten bilden können.

Beispiele

Siehe zu den geltenden Regeln: Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland

Interessenkonflikte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die bestehenden Regeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der letzten Sitzung des Bundestags vor seiner Auflösung 2005 beschloss die rot-grüne Mehrheit gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP neue Regeln für Nebentätigkeiten von Abgeordneten. Sie wurden im Abgeordnetengesetz und in den Verhaltensregeln für Abgeordnete festgeschrieben. 2013 wurden die Transparenzregeln nachgebessert:

  • Im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Abgeordneten steht die Wahrnehmung seines Mandates, Tätigkeiten beruflicher oder anderer Art bleiben neben dem Mandat aber zulässig.
  • Nebentätigkeiten müssen dem Bundestagspräsidium angezeigt und mit den Einkünften ab 1.000 Euro in pauschalierter Form veröffentlicht werden. Diese Veröffentlichung erfolgt in zehn Stufen bis 250.000 Euro (siehe Tabelle. Bis zur Bundestagswahl 2013 waren es nur drei: Stufe 1 = 1.000–3.500 Euro, Stufe 2 = 3.501–7.000 Euro, Stufe 3 = über 7.000 Euro). Alle Angaben werden im Amtlichen Handbuch und auf den Internetseiten des Deutschen Bundestages veröffentlicht. Die Angaben für die neugewählten Abgeordneten werden erst drei Monate nach der Konstitutierung des Bundestages veröffentlicht.
  • Für Vorträge gelten seit 2013 neue Regeln. Danach soll bei Vorträgen künftig auch die Veranstaltung und der Name und Sitz des Veranstalters genannt werden, falls er nicht mit dem Vertragspartner übereinstimmt (betrifft das Problem von Redneragenturen, siehe unten mehr).
  • Bei Verstößen kann das Bundestagspräsidium Geldstrafen (Ordnungsgelder) verhängen.
  • Abgeordnete dürfen außer Spenden keine Zuweisungen ohne entsprechende Gegenleistungen entgegennehmen.

Die neue Stufenregelung in tabellarischer Übersicht

Stufe Nebeneinkünfte
1 1000-3.500 €
2 bis 7.000 €
3 bis 15.000 €
4 bis 30.000 €
5 bis 50.000 €
6 bis 75.000 €
7 bis 100.000 €
8 bis 150.000 €
9 bis 250.000 €
10 über 250.000 €

Eine genauere Darstellung auf der Webseite des Bundestages. Zu der Vorgeschichte der (ersten) Regeln und den Defiziten siehe auch:

Defizite und Nachbesserungsbedarf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Es gibt weiterhin keine Offenlegung der Nebeneinkünfte auf Euro und Cent. Die zehn Stufen sind zwar eine Verbesserung gegenüber den bisherigen drei Stufen. Aber gerade zwischen 7.000 und 30.000 Euro fallen die Stufen relativ groß aus. Über 250.000 Euro gibt es weiter keine echte Transparenz.
  • Für Anwälte und Unternehmensberater schaffen die Regeln in ihrer jetzigen Form und Umsetzung kaum Transparenz. Dabei sind gerade in diesen beiden Berufen Interessenkonflikte mit der Tätigkeit als Abgeordnete/r möglich.
  • Die Regeln wurden in den Ausführungsbestimmungen durch die Bundestagsverwaltung unter Bundestagspräsident Norbert Lammert verwässert. Gerade bei Anwälten schöpft Lammert den vorhandenen Spielraum, zumindest Branchenangaben der einzelnen Kunden zu verlangen, nicht aus.
  • Die Bundestagsverwaltung verweigert jegliche Auskunft darüber, ob und wie sie die Angaben der Abgeordneten – zumindest stichprobenhaft – prüft. Nach Einschätzung von LobbyControl zeigen die fehlenden Angaben zahlreicher Abgeordneter, dass offensichtlich keinerlei Kontrollen stattfinden. Bei einer Untersuchung 2009 hat LobbyControl in den Angaben der Abgeordneten häufig Lücken gefunden. Zahlreiche Abgeordnete gaben Positionen in Präsidien, Kuratorien oder Beiräten von Interessengruppen nicht an.
  • Bekannt gewordene Verstöße gegen die Veröffentlichungspflichten ziehen kaum Sanktionen nach sich.

Aktuelle politische Debatte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit längerer Zeit wird immer wieder über eine Reform der Transparenzregeln diskutiert. Dabei sind es nach Einschätzung von LobbyControl vor allem Union und FDP, die sich gegen striktere Regeln wehren. Im April 2011 schlug die Rechtstellungskommission des Bundestages eine Neuregelung vor, die Nebeneinkünfte von Abgeordneten über 10.000 Euro pro Jahr besser sichtbar macht. Dieser Verbesserung stand aber eine skandalöse neue Transparenzlücke gegenüber: Einkünfte unter 10.000 Euro sollten überhaupt nicht mehr bekannt gegeben werden, auch wenn sie in der Summe aus verschiedenen Aufträgen erhebliche Beträge ausmachen und durchaus eine finanzielle Abhängigkeit von einer bestimmten Branche bedeuten könnten.[4] Diese Regelung wurde nach Protesten von LobbyControl, Transparency International, Campact und Mehr Demokratie zurückgezogen. Die Politiker sprachen damals von einem Formulierungsfehler oder Missverständnis, das man korrigieren wolle.[5]

Im Juni 2012 waren die Transparenzregeln für Nebeneinkünfte erneut Thema im Bundestag. Eine Entscheidung fiel allerdings nicht, das Thema wurde vertagt. Nach Angaben aus Oppositionskreisen sperrte sich vor allem die FDP gegen strengere Vorschriften.[6]

Steinbrück-Debatte führt zu Fortschritten

Erst Steinbrücks Kanzlerkandidatur brachte Bewegung in die Sache. Union und FDP kamen unter Druck, weil sie von Steinbrück Transparenz einforderten, aber selbst jahrelang eine Neuregelung blockiert hatten. Angesichts des steigenden öffentlichen Drucks beschloss die Rechtsstellungskommission im Bundestag im Oktober mit schwarz-gelber Mehrheit eine verbesserte Regelung: Nebeneinkünfte sollen in 10 Stufen bis 250.000 Euro offengelegt werden. Bisher gab es nur 3 Stufen: die dritte Stufe galt für alle Einkünfte über 7.000 Euro. Die Oppositionsparteien hatten sich unserer Forderung nach einer Offenlegung auf „Euro und Cent“ angeschlossen, wurden aber überstimmt. Dennoch sind die erweiterten Stufen ein wichtiger Meilenstein.[7]

Am 14.03.13 wurde die Regelung endgültig im Bundestagsplenum beschlossen. Aber so, dass sie erst nach der Bundestagswahl 2013 in Kraft trat. Nebeneinkünfte unter 1.000€ werden weiterhin nicht zu veröffentlichen sein.[8]

Zusätzlich zu den erweiterten Nebeneinkünfte-Stufen erließ der Bundestagspräsident im Juni 2013 neue Ausführungsbestimmungen. Diese enthalten eine neue Regel für Vortragstätigkeiten. Danach soll bei Vorträgen künftig auch die Veranstaltung und der Name und Sitz des Veranstalters genannt werden, falls er nicht mit dem Vertragspartner übereinstimmt.[9] Dies löst das Transparenzproblem, das Abgeordnete bei Vorträgen häufig über Redneragenturen gebucht werden. In diesen Fällen tauchte die Redneragentur (= der Vertragspartner) in den Angaben des Abgeordneten auf. Der wahre Auftraggeber aber, der die Redneragentur bezahlte, blieb bisher unbekannt.

Lücken bleiben

Zu den Schwächen der neuen Regelung gehört, dass die Transparenzlücke bei Anwälten und Unternehmensberatern mit Bundestagsmandat bestehen bleibt. Weiterhin gibt es keine Regel, die direkte Lobbytätigkeiten von Abgeordneten für Dritte verbietet.

2014: Landtag NRW führt Offenlegung ein Am ersten Oktober Problematisch an den geltenden Regeln zur Schaffung von Transparenz in Fragen der Tätigkeit von Abgeordneten neben ihrem Mandat (siehe dazu Artikel: Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland) ist unter anderem, dass im Abgeordnetengesetz keine Definition davon gegeben ist, was ein Interessenkonflikt nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist, wann ein solcher vorliegt und wie er zu lösen sei.
Gemäß § 49 AbgG müssen Abgeordnete in parlamentarischen Ausschüssen einen Interessenkonflikt anzeigen, wenn sie sich zu Themen äußern, mit denen sie sich auch entgeltlich befassen. Interessenkonflikte müssen von Berichterstatter:innen vor einer Wortmeldung zum Thema konkret (und nicht nur generell) offengelegt werden und werden im Ausschussbericht veröffentlicht. Mangels gesetzlicher Bestimmung obliegt die Einordnung einer persönlichen und sachlichen Verstrickung als Interessenskonflikt laut Gesetz der Parlamentarier:in selbst.

Ein Fall von Befangenheit wird in der deutschen Zivilprozessordnung in § 42 Abs. 2 ZPO dann angenommen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Eine solche klare Definition muss auch in das Abgeordnetengesetz integriert werden.

Befangenheitsregelung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weil allein die Benennung von Interessenskonflikten ohne konkrete Verhaltensregeln für Abgeordnete keinen Gewinn bringt, ist die Entwicklung einer Befangenheitsregel durch den Bundestag erforderlich. Nach dieser sollten sich Abgeordnete mit gravierenden Interessenkonflikten aus bestimmten Prozessen heraushalten müssen, sofern der Konflikt nicht anderweitig gelöst werden kann.

Dabei kann es nicht die Lösung sein, Abgeordnete pauschal von Beratungen oder Abstimmungen auszuschließen, allein weil sie etwa durch ihren Beruf von einem Gesetz oder einer Entscheidung selbst indirekt betroffen sind. Aber für herausragende Positionen, etwa für Berichterstatter:innen, sollte es strengere Regeln geben: So sollte es beispielsweise nicht möglich sein, Berichterstatter:in in einem Vergabeverfahren zu sein, wenn die Betroffene zugleich mit einem der beteiligten Unternehmen direkt verbunden ist und Nebeneinkünfte von dort bezieht.[3]

Möglichkeiten der Regelung und Lösung von Interessenskonflikten - und internationale Vorbilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Entscheidung von Fall zu Fall
Denkbar ist, dass etwa in Ausschusssitzungen die Teilnehmer:innen nach der Anzeige eines klar definierten Interessenskonflikts (dessen Nichtanzeige bei Bekanntwerden auch Sanktionen nach sich ziehen muss) im Kollegium darüber befinden, ob tatsächlich ein Fall der Befangenheit vorliegt. Ist ein Fall von Befangenheit festgestellt, entscheidet das Kollegium nach gesetzlichem Rahmen, welche Verhaltenskonsequenz im konkreten Fall angemessen erscheint.
  • Österreich
In Österreich kann der aus dem Parlament heraus gewählte Unvereinbarkeitsausschuss über die Zulässigkeit der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit entscheiden.
  • Großbritannien
  • Es herrschen weitreichende Offenlegungspflichten bezüglich allem, was einen Interessenskonflikt erzeugen könnte
  • Ein Register über private finanzielle Interessen wird geführt (150 (2) (a) Standing of the House of Commons)
  • Ein Commissioner of Standards wird aus der Mitte des Parlaments berufen (150 Standing of the House of Commons)
  • Ein Commitee on Standards überprüft die durch den Commissioner geführte Liste über private Interessen und entscheidet über Sanktionen, die der Commissioner bei Pflichtverletzungen vorschlägt (146 (1) (a) Standing Order of the House of Commons).
  • Kanada
  • Ein Conflict of Interest Code for Members of the House of Commons regelt das Vorliegen von Interessenskonflikten und resultierende Verhaltenspflichten:
    • klare Definition von "Vorteil", "Beförderung privater Interessen", "Familienangehörige" (No. 3)
  • Dem Code sind Zwecke vorangestellt (No. 2):
    • Auflösung des Konflikts zugunsten des öffentlichen Interesses, sofern dessen Vermeidung nicht möglich (No. 2 d)
    • Verzicht auf Vorteile, wenn diese den Eindruck von Beeinträchtigung von Urteilsvermögen und Integrität erwecken können (No. 2 e)
  • Pflicht zur Anzeige des Vorliegens eines Konflikts (No. 12)
  • Verbot von:
    • Förderung privater Interessen (No. 8)
    • Beeinflussung (No. 9)
    • Nutzung von Insiderwissen (No. 10)
    • Verbot zur Teilnahme an Debatten und Abstimmungen zu Themen, an denen er ein privates Interesse hat (No. 13)

Regelungen in den Bundesländern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 1. Oktober 2014 hat der Landtag NRW mit den Stimmen von SPD, Grünen, CDU und FDP für eine Offenlegung der Nebeneinkünfte gestimmt.[10]4] Rheinland-Pfalz führte 2015 eine entsprechende Regelung ein.[5] [6] Im März 2016 bestätigte der Präsident des saarländischen Landtags entsprechende Pläne für sein Bundesland.[7]

Weiterführende Informationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf diesen Webseiten können Sie die Nebeneinkünfte einsehen:

Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus[Quelltext bearbeiten]

https://www.lobbycontrol.de/newsletter-lobbypedia/ https://twitter.com/lobbycontrol https://www.facebook.com/lobbycontrol https://www.instagram.com/lobbycontrolVernetzen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    pressemitteilungen/bvg07-073.html
  1. Abgeordnete verdienten mindestens 22,5 Mio. nebenher – jetzt alle Einkünfte offenlegen!, Abgeordnetenwatch-Blog vom 4.10.2012, abgerufen am 8.10.2012
  2. Nebeneinkünfte der Abgeordneten stark gestiegen, sueddeutsche.de vom 10.07.2021, abgerufen am 13.07.2021.
  3. Bundesverfassungsgericht: Klage der Abgeordneten gegen Offenlegung von Einkünften erfolglos, PM 73/2007 vom 04.07.2007, abgerufen am 821.10.2012
  4. Biografie von Michael Glos, Bundestagswebseite, abgerufen am 8.10.2012
  5. Drastische Transparenzlücken bei Neuregelung von Nebeneinkünften
  6. 2016.
  7. Konsequenzen aus Unions-Skandalen: Deutlich strengere Regeln für Abgeordnete - Weitere Schritte nötig, LobbyControl-Blog vom
  8. 15
  9. 03.
  10. 04
  11. 05.
  12. 2011
  13. 2021,
  14. abgerufen
  15. aufgerufen am
  16. 08
  17. 13.
  18. 10
  19. 12.
  20. 2012
  21. 2021.
  22. FDP blockiert Transparenz bei Nebeneinkünften, Focus Online vom 14.06.2012, abgerufen am 08.10.2012
  23. Nebeneinkünfte: Fortschritt mit Lücken, LobbyControl-Blog vom 25.10.2012, abgerufen am 16.01.2013
  24. Abgeordnete müssen Extra-Einnahmen detaillierter aufschlüsseln, Süddeutsche Zeitung vom 15.03.2013, abgerufen am 15.03.2013
  25. § 2 Abs. 1, Satz der Ausführungsbestimmungen Zu finden in der Textsammlung "Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages", S. 18.
  26. Verpflichtung zu mehr Transparenz: Abgeordnete in NRW legen Nebeneinkünfte offen, Rheinische Post, 1.10.2014, zuletzt abgerufen am 2. Oktober 2014
  27. Unser Erfolg: Verschleierung von Nebeneinkünften vorerst vom Tisch!, LobbyControl-Blog vom 12.05.2011 mit Zitaten und Quellen, abgerufen am 08.10.2012
  28. Verpflichtung zu mehr Transparenz: Abgeordnete in NRW legen Nebeneinkünfte offen, Rheinische Post, 1.10.2014, zuletzt abgerufen am 02.10.2014.
  29. Landtag macht Nebeneinkünfte von Abgeordneten sichtbar, Die Welt, 15. Juli 2015, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016.
  30. Übersichtseite Nebentätigkeiten, Website Landtag Rheinland-Pfalz, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016.
  31. Politiker sollen Einkünfte offenlegen, Saarländischer Rundfunk, 4. März 2016, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016.
  32. Inside Jobs: When MEPs are lobbyists, Pressemitteilung Transparecy International, 21.03.2016, zuletzt aufgerufen am 23.03.2016.
  33. Angaben zu Nebeneinkünften lückenhaft und alt, Märkische Allgemeine Zeitung, 02.03.2016, zuletzt aufgerufen am 13.03.2016.
{{Lobbyplanet-box}} 
            Bundestagsabgeordnete können unbegrenzt '''Nebentätigkeiten''' aufnehmen und '''Nebeneinkünfte''' erzielen. Das wirft immer wieder die Frage nach möglichen Interessenkonflikten und der Unabhängigkeit der Abgeordneten auf. Tatsächlich hatten in letzten Legislaturperiode (2009-2013) 193 der 620 Bundestagsabgeordneten neben ihren Diäten zusätzliche Einkünfte, 126 geben einen Nebenverdienst in der Höchststufe 3 an, also über 7.000 Euro (Stand: Okt 2012).<ref name="abgeordnetenwatch">[http://blog.abgeordnetenwatch.de/2012/10/04/abgeordnete-verdienten-mindestens-225-mio-nebenher-jetzt-alle-einkunfte-offenlegen/ Abgeordnete verdienten mindestens 22,5 Mio. nebenher – jetzt alle Einkünfte offenlegen!], Abgeordnetenwatch-Blog vom 4.10.2012, abgerufen am 8.10.2012</ref> <br />
            
            Die Angaben für den neuen Bundestag wurden am 21.03.2014 veröffentlicht.
            

            Seit dem 5. Juli 2007 können die Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten in groben Stufen auf der Webseite des Bundestags eingesehen werden. Auslöser der 2005 verabschiedeten Transparenzregeln waren mehrere Skandale, die 2004 und 2005 publik wurden: Abgeordnete hatten hohe Summen von bekannten Wirtschaftsunternehmen wie [[RWE]], [[Siemens]] oder [[VW]] erhalten – und konnten dafür weder glaubhaft Gegenleistungen nachweisen noch die jeweiligen Summen in ihrer Höhe rechtfertigen. 
            

            Die Regeln waren allerdings lückenhaft: die Stufenregelung endete z.B. bereits bei 7.000 Euro – ob ein Abgeordneter in einem Nebenjob 7.001 Euro oder 100.000 Euro verdiente, war nicht erkennbar. Nach der Debatte um den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück wurde die Stufen erweitert. Auch Vorträge bei Redneragenturen sollen transparenter werden. Andere Transparenzlücken etwa für Anwälte bleiben bestehen. 
            

            == 
            

            Laut einer [https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/informationsseiten-zu-studien/aufstocker-im-bundestag-iv/ Studie der Otto-Brenner-Stiftung vom Juli 2021] hat etwas mehr als ein Drittel der Abgeordneten in der 19. Legislaturperiode Nebeneinkünfte von insgesamt geschätzt etwa 53 Millionen Euro erzielt.<ref>[https://www.sueddeutsche.de/politik/nebeneinkuenfte-bundestag-abgeordnete-studie-otto-brenner-stiftung-1.5347565?sc_src=email_2535858&sc_lid=208943462&sc_uid=DP7Ap9e2ae&sc_llid=14748&utm_medium=email&utm_source=emarsys&utm_content=www.sueddeutsche.de%2Fpolitik%2Fnebeneinkuenfte-bundestag-abgeordnete-studie-otto-brenner-stiftung-1.5347565&utm_campaign=SZ_am_Morgen_Samstag_100721 Nebeneinkünfte der Abgeordneten stark gestiegen], sueddeutsche.de vom 10.07.2021, abgerufen am 13.07.2021.</ref> Danach gehen 62 Prozent der FDP-Abgeordneten einer Nebentätigkeit nach, bei der Union sind es 43 Prozent, es folgen AfD (32 Prozent), Linke (26 Prozent), SPD (22 Prozent) und die Grünen (21 Prozent).
            

            Siehe auch: [[Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland]]
            

            {{Spendenbanner-Spenden}}
            

            ==Die Problematik von Nebeneinkünften ==
        
        Artikel 38 des Grundgesetzes legt fest, dass die Abgeordneten „Vertreter des ganzen Volkes“, „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden“ und „nur ihrem Gewissen unterworfen“ sind. Dies ist nicht so aufzufassen, dass Bundestagsabgeordnete einem objektiv bestimmbaren Gemeinwohl ihre eigene Meinung unterzuordnen hätten. Im Gegenteil sollen in der Anschauung des Grundgesetzes Entscheidungen im Sinne eines umfassenden Gemeinwohls gerade dadurch zustande kommen, dass im Bundestag verschiedene Meinungen und Interessen repräsentiert und in Einklang gebracht werden müssen. 
        

        Abgeordnete müssen also nicht neutral sein, und ein Eintreten für bestimmte Einzelinteressen ist durchaus legitim. Finanzielle Abhängigkeiten können allerdings das unabhängige Mandat und seine freie Ausübung gefährden. Wie die Richtergruppe Broß in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juli 2007 betont, zielt das Nicht-Gebundensein an Aufträge und Weisungen auch auf die Unabhängigkeit von Interessengruppen, die mit finanziellen oder anderen Anreizen Sonderinteressen durchzusetzen versuchen. Nur unabhängig von solchen (zahlenden) Interessengruppen können Abgeordnete „Vertreter des ganzen Volkes“ sein. Auch eine Berufstätigkeit bietet „vielfältige Möglichkeiten, politischen Einfluss durch ein Bundestagsmandat für die außerhalb des Mandats ausgeübte Berufstätigkeit gewinnbringend zu nutzen, und gerade von dieser Möglichkeit gehen besondere Gefahren für die Unabhängigkeit der Mandatsausübung“ aus.<ref name="BVG-PM">[https://www.bundesverfassungsgericht.de/ pressemitteilungen/bvg07-073.html Bundesverfassungsgericht: Klage der Abgeordneten gegen Offenlegung von Einkünften erfolglos], PM 73/2007 vom 04.07.2007, abgerufen am 821.10.20122016.</ref>
        
Mit den Transparenzregelungen sollen daher Was daher sinnvolle Transparenzregeln schaffen können, ist berufliche und sonstige Verpflichtungen dervon Abgeordneten neben dem Mandat sowie Einkünfte, die daraus erzielt werden, sichtbar gemacht werdenzu machen. Wählerinnen und Wähler sollen sich ein Urteil über mögliche Interessenverflechtungen und wirtschaftliche Abhängigkeiten bilden können.
        
== Beispiele ==
            
            * [[Peer Steinbrück]] (SPD, Ex-Finanzminister) ist vor allem wegen seiner zahlreichen Vorträge in der Kritik. 
            
            * [[Michael Glos]] (CSU, Ex-Wirtschaftsminister) ist heute Berater eines Finanzinvestors, Mitglied im Beirat der Lobbyagentur [[Consultum Communications]] und Aufsichtsrat bei zwei Banken.<ref>[http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete17/biografien/G/glos_michael.html Biografie von Michael Glos], Bundestagswebseite, abgerufen am 8.10.2012</ref>
            
            * [[Michael Fuchs]], u.a. für den privaten Nachrichtendienst [[Hakluyt & Company]]
            

            == Die bestehenden Regeln==
            
            In der letzten Sitzung des Bundestags vor seiner Auflösung 2005 beschloss die rot-grüne Mehrheit gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP neue Regeln für Nebentätigkeiten von Abgeordneten. Sie wurden im [[Abgeordnetengesetz]] und in den Verhaltensregeln für Abgeordnete festgeschrieben. 2013 wurden die Transparenzregeln nachgebessert:
            

            * Im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Abgeordneten steht die Wahrnehmung seines Mandates, Tätigkeiten beruflicher oder anderer Art bleiben neben dem Mandat aber zulässig.
            
            * Nebentätigkeiten müssen dem Bundestagspräsidium angezeigt und mit den Einkünften ab 1.000 Euro in pauschalierter Form veröffentlicht werden. Diese Veröffentlichung erfolgt in zehn Stufen bis 250.000 Euro (siehe Tabelle. Bis zur Bundestagswahl 2013 waren es nur drei: Stufe 1 = 1.000–3.500 Euro, Stufe 2 = 3.501–7.000 Euro, Stufe 3 = über 7.000 Euro). Alle Angaben werden im Amtlichen Handbuch und auf den [http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete17/biografien/index.html Internetseiten des Deutschen Bundestages] veröffentlicht. Die [http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete18/biografien/index.html Angaben für die neugewählten Abgeordneten] werden erst drei Monate nach der Konstitutierung des Bundestages veröffentlicht.
            
            * Für Vorträge gelten seit 2013 neue Regeln. Danach soll bei Vorträgen künftig auch die Veranstaltung und der Name und Sitz des Veranstalters genannt werden, falls er nicht mit dem Vertragspartner übereinstimmt (betrifft das Problem von Redneragenturen, siehe unten mehr).
            
            * Bei Verstößen kann das Bundestagspräsidium Geldstrafen (Ordnungsgelder) verhängen.  
            
            * Abgeordnete dürfen außer Spenden keine Zuweisungen ohne entsprechende Gegenleistungen entgegennehmen. 
            

            '''Die neue Stufenregelung in tabellarischer Übersicht'''
            

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            | style="border: 1px solid #aaaaaa;"|4
            
            | style="border: 1px solid #aaaaaa;"|bis 30.000 €
            
            |- 
            
            | style="border: 1px solid #aaaaaa;"|5
            
            | style="border: 1px solid #aaaaaa;"|bis 50.000 €
            
            |- 
            
            | style="border: 1px solid #aaaaaa;"|6
            
            | style="border: 1px solid #aaaaaa;"|bis 75.000 €
            
            |- 
            
            | style="border: 1px solid #aaaaaa;"|7
            
            | style="border: 1px solid #aaaaaa;"|bis 100.000 €
            
            |- 
            
            | style="border: 1px solid #aaaaaa;"|8
            
            | style="border: 1px solid #aaaaaa;"|bis 150.000 €
            
            |- 
            
            | style="border: 1px solid #aaaaaa;"|9
            
            | style="border: 1px solid #aaaaaa;"|bis 250.000 €
            
            |- 
            
            | style="border: 1px solid #aaaaaa;"|10
            
            | style="border: 1px solid #aaaaaa;"|über 250.000 €
            
            |}
            

            Eine genauere Darstellung auf der [http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete18/nebentaetigkeit/index.html Webseite des Bundestages]. Zu der Vorgeschichte der (ersten) Regeln und den Defiziten siehe auch:
            
            * Nina Katzemich/ Ulrich Müller: [http://www.lobbycontrol.de/download/nebentaetigkeiten-studie2009.pdf Nebentätigkeiten der Bundestagsabgeordneten: Transparenz ungenügend]. 2009. LobbyControl-Studie zur Umsetzung der neuen Transparenzregeln (pdf)
            

            == Defizite und Nachbesserungsbedarf ==
            
            * Es gibt weiterhin '''keine Offenlegung der Nebeneinkünfte auf Euro und Cent'''. Die zehn Stufen sind zwar eine Verbesserung gegenüber den bisherigen drei Stufen. Aber gerade zwischen 7.000 und 30.000 Euro fallen die Stufen relativ groß aus. Über 250.000 Euro gibt es weiter keine echte Transparenz.
            

            * Für Anwälte und Unternehmensberater schaffen die Regeln in ihrer jetzigen  Form und Umsetzung '''kaum Transparenz'''. Dabei sind gerade in diesen beiden Berufen Interessenkonflikte mit der Tätigkeit als Abgeordnete/r möglich.  
            

            * Die Regeln wurden in den Ausführungsbestimmungen durch die Bundestagsverwaltung unter Bundestagspräsident Norbert Lammert '''verwässert'''. Gerade bei Anwälten schöpft Lammert den vorhandenen Spielraum, zumindest Branchenangaben der einzelnen Kunden zu verlangen, nicht aus. 
            

            * Die Bundestagsverwaltung verweigert jegliche Auskunft darüber, ob und wie sie die Angaben der Abgeordneten – zumindest stichprobenhaft – prüft. Nach Einschätzung von [[LobbyControl]] zeigen die fehlenden Angaben zahlreicher Abgeordneter, dass offensichtlich '''keinerlei Kontrollen''' stattfinden. Bei einer Untersuchung 2009 hat LobbyControl in den Angaben der Abgeordneten häufig Lücken gefunden. Zahlreiche Abgeordnete gaben Positionen in Präsidien, Kuratorien oder Beiräten von Interessengruppen nicht an. 
            

            * Bekannt gewordene Verstöße gegen die Veröffentlichungspflichten ziehen '''kaum Sanktionen''' nach sich. 
            

            == Aktuelle politische Debatte==
            

            Seit längerer Zeit wird immer wieder über eine Reform der Transparenzregeln diskutiert. Dabei sind es nach Einschätzung von [[LobbyControl]] vor allem Union und FDP, die sich gegen striktere Regeln wehren. Im April 2011 schlug die Rechtstellungskommission des Bundestages eine Neuregelung vor, die Nebeneinkünfte von Abgeordneten über 10.000 Euro pro Jahr besser sichtbar macht. Dieser Verbesserung stand aber eine skandalöse neue Transparenzlücke gegenüber: Einkünfte unter 10.000 Euro sollten überhaupt nicht mehr bekannt gegeben werden, auch wenn sie in der Summe aus verschiedenen Aufträgen erhebliche Beträge ausmachen und durchaus eine finanzielle Abhängigkeit von einer bestimmten Branche bedeuten könnten.<ref>[http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2011/04/drastische-transparenzlucken-bei-neuregelung-von-nebeneinkunften/ Drastische Transparenzlücken bei Neuregelung von Nebeneinkünften], LobbyControl-Blog vom 15.04.2011, abgerufen am 08.10.2012</ref> Diese Regelung wurde nach Protesten von LobbyControl, Transparency International, Campact und Mehr Demokratie zurückgezogen. Die Politiker sprachen damals von einem Formulierungsfehler oder Missverständnis, das man korrigieren wolle.<ref>[http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2011/05/unser-erfolg-verschleierung-von-nebeneinkunften-vorerst-vom-tisch/ Unser Erfolg: Verschleierung von Nebeneinkünften vorerst vom Tisch!], LobbyControl-Blog vom 12.05.2011 mit Zitaten und Quellen, abgerufen am 08.10.2012</ref> 
            

            Im Juni 2012 waren die Transparenzregeln für Nebeneinkünfte erneut Thema im Bundestag. Eine Entscheidung fiel allerdings nicht, das Thema wurde vertagt. Nach Angaben aus Oppositionskreisen sperrte sich vor allem die FDP gegen strengere Vorschriften.<ref>[http://www.focus.de/politik/deutschland/nebeneinkuenfte-von-politikern-fdp-blockiert-schaerfere-regeln-im-bundestag_aid_767285.html FDP blockiert Transparenz bei Nebeneinkünften], Focus Online vom 14.06.2012, abgerufen am 08.10.2012</ref> 
            

            '''Steinbrück-Debatte führt zu Fortschritten'''
            

            Erst Steinbrücks Kanzlerkandidatur brachte Bewegung in die Sache. Union und FDP kamen unter Druck, weil sie von Steinbrück Transparenz einforderten, aber selbst jahrelang eine Neuregelung blockiert hatten. Angesichts des steigenden öffentlichen Drucks beschloss die Rechtsstellungskommission im Bundestag im Oktober mit schwarz-gelber Mehrheit eine verbesserte Regelung: Nebeneinkünfte sollen in 10 Stufen bis 250.000 Euro offengelegt werden. Bisher gab es nur 3 Stufen: die dritte Stufe galt für alle Einkünfte über 7.000 Euro. Die Oppositionsparteien hatten sich unserer Forderung nach einer Offenlegung auf „Euro und Cent“ angeschlossen, wurden aber überstimmt. Dennoch sind die erweiterten Stufen ein wichtiger Meilenstein.<ref>[http://www.lobbycontrol.de/2012/10/nebeneinkunfte-fortschritt-mit-lucken/ Nebeneinkünfte: Fortschritt mit Lücken], LobbyControl-Blog vom 25.10.2012, abgerufen am 16.01.2013</ref> 
            

            Am 14.03.13 wurde die Regelung endgültig im Bundestagsplenum beschlossen. Aber so, dass sie erst nach der Bundestagswahl 2013 in Kraft trat. Nebeneinkünfte unter 1.000€ werden weiterhin nicht zu veröffentlichen sein.<ref>[http://www.sueddeutsche.de/politik/nebeneinkuenfte-von-politikern-abgeordnete-muessen-extra-einnahmen-detaillierter-aufschluesseln-1.1625004 Abgeordnete müssen Extra-Einnahmen detaillierter aufschlüsseln], Süddeutsche Zeitung vom 15.03.2013, abgerufen am 15.03.2013</ref> 
            

            Zusätzlich zu den erweiterten Nebeneinkünfte-Stufen erließ der Bundestagspräsident im Juni 2013 neue Ausführungsbestimmungen. Diese enthalten eine neue Regel für Vortragstätigkeiten. Danach soll bei Vorträgen künftig auch die Veranstaltung und der Name und Sitz des Veranstalters genannt werden, falls er nicht mit dem Vertragspartner übereinstimmt.<ref>§ 2 Abs. 1, Satz der Ausführungsbestimmungen Zu finden in der [http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete18/nebentaetigkeit/web_Verhaltensregeln_2013.pdf Textsammlung "Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages"], S. 18.</ref> Dies löst das Transparenzproblem, das Abgeordnete bei Vorträgen häufig über Redneragenturen gebucht werden. In diesen Fällen tauchte die Redneragentur (= der Vertragspartner) in den Angaben des Abgeordneten auf. Der wahre Auftraggeber aber, der die Redneragentur bezahlte, blieb bisher unbekannt. 
            

            '''Lücken bleiben'''
            

            Zu den Schwächen der neuen Regelung gehört, dass die Transparenzlücke bei Anwälten und Unternehmensberatern mit Bundestagsmandat bestehen bleibt. Weiterhin gibt es keine Regel, die direkte Lobbytätigkeiten von Abgeordneten für Dritte verbietet.
            

            '''2014: Landtag NRW führt Offenlegung ein'''
            
            Am ersten Oktober hat der Landtag NRW mit den Stimmen von SPD, Grünen, CDU und FDP für eine Offenlegung der Nebeneinkünfte gestimmt.<ref>[http://www.rp-online.de/nrw/landespolitik/abgeordnete-in-nrw-legen-nebeneinkuenfte-offen-aid-1.4567835 Verpflichtung zu mehr Transparenz: Abgeordnete in NRW legen Nebeneinkünfte offen], Rheinische Post, 1.10.2014, zuletzt abgerufen am 2. Oktober 2014</ref>
            

            == Weiterführende Informationen ==
            
            * Siehe zu den geltenden Regeln: [[Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland]]
            

            ==Interessenkonflikte==
            
            Problematisch an den geltenden Regeln zur Schaffung von Transparenz in Fragen der Tätigkeit von Abgeordneten neben ihrem Mandat (siehe dazu Artikel: [[Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland]]) ist unter anderem, dass im Abgeordnetengesetz keine Definition davon gegeben ist, was ein Interessenkonflikt nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist, wann ein solcher vorliegt und wie er zu lösen sei. <br />
            
            Gemäß § 49 AbgG müssen Abgeordnete in parlamentarischen Ausschüssen einen Interessenkonflikt anzeigen, wenn sie sich zu Themen äußern, mit denen sie sich auch entgeltlich befassen. Interessenkonflikte müssen von Berichterstatter:innen vor einer Wortmeldung zum Thema konkret (und nicht nur generell) offengelegt werden und werden im Ausschussbericht veröffentlicht. Mangels gesetzlicher Bestimmung obliegt die Einordnung einer persönlichen und sachlichen Verstrickung als Interessenskonflikt laut Gesetz der Parlamentarier:in selbst. 
            

            Ein Fall von Befangenheit wird in der deutschen Zivilprozessordnung in § 42 Abs. 2 ZPO dann angenommen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. 
            
            Eine solche klare Definition muss auch in das Abgeordnetengesetz integriert werden. 
            

            ===Befangenheitsregelung===
            
            Weil allein die Benennung von Interessenskonflikten ohne konkrete Verhaltensregeln für Abgeordnete keinen Gewinn bringt, ist die Entwicklung einer Befangenheitsregel durch den Bundestag erforderlich. Nach dieser sollten sich Abgeordnete mit gravierenden Interessenkonflikten aus bestimmten Prozessen heraushalten müssen, sofern der Konflikt nicht anderweitig gelöst werden kann. 
            

            Dabei kann es nicht die Lösung sein, Abgeordnete pauschal von Beratungen oder Abstimmungen auszuschließen, allein weil sie etwa durch ihren Beruf von einem Gesetz oder einer Entscheidung selbst indirekt betroffen sind. Aber für herausragende Positionen, etwa für Berichterstatter:innen, sollte es strengere Regeln geben: So sollte es beispielsweise nicht möglich sein, Berichterstatter:in in einem Vergabeverfahren zu sein, wenn die Betroffene zugleich mit einem der beteiligten Unternehmen direkt verbunden ist und Nebeneinkünfte von dort bezieht.<ref>[https://www.lobbycontrol.de/2021/05/konsequenzen-aus-unions-skandalen-deutlich-strengere-regeln-fuer-abgeordnete/ Konsequenzen aus Unions-Skandalen: Deutlich strengere Regeln für Abgeordnete - Weitere Schritte nötig], LobbyControl-Blog vom 03.05.2021, aufgerufen am 13.12.2021.</ref>
            

            ===Möglichkeiten der Regelung und Lösung von Interessenskonflikten - und internationale Vorbilder===
            

            *'''Entscheidung von Fall zu Fall'''
            

            :Denkbar ist, dass etwa in Ausschusssitzungen die Teilnehmer:innen nach der Anzeige eines klar definierten Interessenskonflikts (dessen Nichtanzeige bei Bekanntwerden auch Sanktionen nach sich ziehen muss) im Kollegium darüber befinden, ob tatsächlich ein Fall der Befangenheit vorliegt. Ist ein Fall von Befangenheit festgestellt, entscheidet das Kollegium nach gesetzlichem Rahmen, welche Verhaltenskonsequenz im konkreten Fall angemessen erscheint.
            

            *'''Österreich'''
            

            :In Österreich kann der aus dem Parlament heraus gewählte [https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A-UV/A-UV_00001_00347/index.shtml Unvereinbarkeitsausschuss] über die Zulässigkeit der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit entscheiden.
            

            *'''Großbritannien'''
            

            :*Es herrschen weitreichende Offenlegungspflichten bezüglich allem, was einen Interessenskonflikt erzeugen könnte
            
            :*Ein Register über private finanzielle Interessen wird geführt (150 (2) (a) Standing of the House of Commons)
            
            :*Ein Commissioner of Standards wird aus der Mitte des Parlaments berufen (150 Standing of the House of Commons)
            
            :*Ein Commitee on Standards überprüft die durch den Commissioner geführte Liste über private Interessen und entscheidet über Sanktionen, die der Commissioner bei Pflichtverletzungen vorschlägt (146 (1) (a) [https://publications.parliament.uk/pa/cm201719/cmstords/1020/body.html Standing Order of the House of Commons]).
            

            *'''Kanada'''
            

            :*Ein [https://www.ourcommons.ca/About/StandingOrders/appa1-e.htm Conflict of Interest Code for Members of the House of Commons] regelt das Vorliegen von Interessenskonflikten und resultierende Verhaltenspflichten:
            
            :**klare Definition von "Vorteil", "Beförderung privater Interessen", "Familienangehörige" (No. 3)
            
            :*Dem Code sind Zwecke vorangestellt (No. 2): 
            
            :**Auflösung des Konflikts zugunsten des öffentlichen Interesses, sofern dessen Vermeidung nicht möglich (No. 2 d)
            
            :**Verzicht auf Vorteile, wenn diese den Eindruck von Beeinträchtigung von Urteilsvermögen und Integrität erwecken können (No. 2 e)
            
            :*Pflicht zur Anzeige des Vorliegens eines Konflikts (No. 12)
            
            :*Verbot von:
            
            :**Förderung privater Interessen (No. 8)
            
            :**Beeinflussung (No. 9)
            
            :**Nutzung von Insiderwissen (No. 10)
            
            :**Verbot zur Teilnahme an Debatten und Abstimmungen zu Themen, an denen er ein privates Interesse hat (No. 13)
            

            ===Regelungen in den Bundesländern===
            
            Am 1. Oktober 2014 hat der Landtag NRW mit den Stimmen von SPD, Grünen, CDU und FDP für eine Offenlegung der Nebeneinkünfte gestimmt.<ref>[http://www.rp-online.de/nrw/landespolitik/abgeordnete-in-nrw-legen-nebeneinkuenfte-offen-aid-1.4567835 Verpflichtung zu mehr Transparenz: Abgeordnete in NRW legen Nebeneinkünfte offen], Rheinische Post, 1.10.2014, zuletzt abgerufen am 02.10.2014.</ref> Rheinland-Pfalz führte 2015 eine entsprechende Regelung ein.<ref>[https://www.welt.de/regionales/rheinland-pfalz-saarland/article144032999/Landtag-macht-Nebeneinkuenfte-von-Abgeordneten-sichtbar.html Landtag macht Nebeneinkünfte von Abgeordneten sichtbar], Die Welt, 15. Juli 2015, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016.</ref> <ref>[http://www.landtag.rlp.de/Abgeordnete/Nebentaetigkeiten/ Übersichtseite Nebentätigkeiten], Website Landtag Rheinland-Pfalz, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016.</ref> Im März 2016 bestätigte der Präsident des saarländischen Landtags entsprechende Pläne für sein Bundesland.<ref>[http://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaft/einkuenfte_politiker100.html Politiker sollen Einkünfte offenlegen], Saarländischer Rundfunk, 4. März 2016, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016.</ref>
            

            ==Weiterführende Informationen==
            

            *Otto-Brenner-Stiftung: [https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/informationsseiten-zu-studien/aufstocker-im-bundestag- Aufstocker im Bundestag, Bilanz der Nebenverdienste der Abgeordneten in der 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestags. Juli 2021]
            
            *LobbyControl: [http://www.lobbycontrol.de/2013/06/schwarz-gelb-versagt-beim-lobbyismus/ Lobbyreport 2013]. Die Lobbyismus-Debatte 2009-2013: Eine Bilanz der schwarz-gelben Regierungszeit. Juni 2013.
        
        * Nina Katzemich/ Ulrich Müller: [http://www.lobbycontrol.de/download/nebentaetigkeiten-studie2009.pdf Nebentätigkeiten der Bundestagsabgeordneten: Transparenz ungenügend]. 2009. LobbyControl-Studie zur Umsetzung der neuen Transparenzregeln (pdf).
        *Christina Deckwirth: [https://www.lobbycontrol.de/2015/10/vw-affaere-fragwuerdiger-interessenkonflikt-im-bundestag/ VW-Affäre: Fragwürdiger Interessenkonflikt im Bundestag], lobbycontrol.de vom 19.10.2015.
            
Auf diesen Webseiten können Sie die Nebeneinkünfte einsehen:
        * 
            
            *Auswertung der Nebeneinkünfte von Landtagsabgeordneten: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/nebeneinkuenfte-in-den-landtagen-das-sind-die-top-verdiener-a-1136866.html Deutsche Landesparlamente Was Abgeordnete nebenher verdienen], Spiegel Online, 8.März 2017, zuletzt aufgerufen am 08.03.2017.
            
            *Open Data City: [http://apps.opendatacity.de/nebeneinkuenfte/ Recherchetool: Nebeneinkünfte Bundestagabgeordnete (18. Wahlperiode)]
        
            
            * *Open Data City: [http://apps.opendatacity.de/nebeneinkuenfte-recherche/ Nebeneinkünfte der Abgeordneten im Deutschen Bundestag]
        
        * Hessen: Der Landtag veröffentlicht seit Juli 2015 die [https://www.hessen.de/regierung/spitzenpersonal/mandate-mitgliedschaften-und-nebentaetigkeiten Nebeneinkünfte der hessischen Landtagsabgeordneten]
        
            
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            == Einzelnachweise ==
            <references/>*Abgeordnetenwatch veröffentliche im August 2015 eine [https://www.abgeordnetenwatch.de/nebeneinkuenfte2015 Auswertung der Nebeneinkünfte] von Parlamentariern des Deutschen Bundestags.
            
            *Transparecy International: 45% der Abgeordneten im Europäischen Parlament haben Nebeneinkünfte <ref>[http://www.transparencyinternational.eu/2016/03/inside-job-when-meps-are-lobbyists/ Inside Jobs: When MEPs are lobbyists], Pressemitteilung Transparecy International, 21.03.2016, zuletzt aufgerufen am 23.03.2016.</ref>
            
            *Die [http://www.landtag.brandenburg.de/de/parlament/abgeordnete/a-z/395887 Abgeordneten im Brandenburger Landtag] müssen ihre Nebeneinkünfte angeben. Diese scheinen aber teilweise lückenhaft zu sein.<ref>[http://www.maz-online.de/Brandenburg/Angaben-zu-Nebeneinkuenften-lueckenhaft-und-alt Angaben zu Nebeneinkünften lückenhaft und alt], Märkische Allgemeine Zeitung, 02.03.2016, zuletzt aufgerufen am 13.03.2016.</ref>
            

            {{spendenbanner}}
            

            ==Einzelnachweise==
            <references />
        

        [[Kategorie:Nebeneinkünfte]]
        
        [[Kategorie:Sachverhalt+Vorgang]]
        
        [[Kategorie:Lobby-Regulierung]]
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Bundestagsabgeordnete können unbegrenzt '''Nebentätigkeiten''' aufnehmen und '''Nebeneinkünfte''' erzielen. Das wirft immer wieder die Frage nach möglichen Interessenkonflikten und der Unabhängigkeit der Abgeordneten auf. Tatsächlich hatten in letzten Legislaturperiode (2009-2013) 193 der 620 Bundestagsabgeordneten neben ihren Diäten zusätzliche Einkünfte, 126 geben einen Nebenverdienst in der Höchststufe 3 an, also über 7.000 Euro (Stand: Okt 2012).<ref name="abgeordnetenwatch">[http://blog.abgeordnetenwatch.de/2012/10/04/abgeordnete-verdienten-mindestens-225-mio-nebenher-jetzt-alle-einkunfte-offenlegen/ Abgeordnete verdienten mindestens 22,5 Mio. nebenher – jetzt alle Einkünfte offenlegen!], Abgeordnetenwatch-Blog vom 4.10.2012, abgerufen am 8.10.2012</ref> <br />
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Die Angaben für den neuen Bundestag wurden am 21.03.2014 veröffentlicht.
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Bundestagsabgeordnete können unbegrenzt '''Nebentätigkeiten''' aufnehmen und '''Nebeneinkünfte''' erzielen. Das wirft immer wieder die Frage nach möglichen Interessenkonflikten und der Unabhängigkeit der Abgeordneten auf.  
   
Seit dem 5. Juli 2007 können die Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten in groben Stufen auf der Webseite des Bundestags eingesehen werden. Auslöser der 2005 verabschiedeten Transparenzregeln waren mehrere Skandale, die 2004 und 2005 publik wurden: Abgeordnete hatten hohe Summen von bekannten Wirtschaftsunternehmen wie [[RWE]], [[Siemens]] oder [[VW]] erhalten – und konnten dafür weder glaubhaft Gegenleistungen nachweisen noch die jeweiligen Summen in ihrer Höhe rechtfertigen.  
+
Laut einer [https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/informationsseiten-zu-studien/aufstocker-im-bundestag-iv/ Studie der Otto-Brenner-Stiftung vom Juli 2021] hat etwas mehr als ein Drittel der Abgeordneten in der 19. Legislaturperiode Nebeneinkünfte von insgesamt geschätzt etwa 53 Millionen Euro erzielt.<ref>[https://www.sueddeutsche.de/politik/nebeneinkuenfte-bundestag-abgeordnete-studie-otto-brenner-stiftung-1.5347565?sc_src=email_2535858&sc_lid=208943462&sc_uid=DP7Ap9e2ae&sc_llid=14748&utm_medium=email&utm_source=emarsys&utm_content=www.sueddeutsche.de%2Fpolitik%2Fnebeneinkuenfte-bundestag-abgeordnete-studie-otto-brenner-stiftung-1.5347565&utm_campaign=SZ_am_Morgen_Samstag_100721 Nebeneinkünfte der Abgeordneten stark gestiegen], sueddeutsche.de vom 10.07.2021, abgerufen am 13.07.2021.</ref> Danach gehen 62 Prozent der FDP-Abgeordneten einer Nebentätigkeit nach, bei der Union sind es 43 Prozent, es folgen AfD (32 Prozent), Linke (26 Prozent), SPD (22 Prozent) und die Grünen (21 Prozent).
   
Die Regeln waren allerdings lückenhaft: die Stufenregelung endete z.B. bereits bei 7.000 Euro – ob ein Abgeordneter in einem Nebenjob 7.001 Euro oder 100.000 Euro verdiente, war nicht erkennbar. Nach der Debatte um den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück wurde die Stufen erweitert. Auch Vorträge bei Redneragenturen sollen transparenter werden. Andere Transparenzlücken etwa für Anwälte bleiben bestehen.
+
Siehe auch: [[Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland]]
   
== Die Problematik von Nebeneinkünften ==
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==Die Problematik von Nebeneinkünften==
 
Artikel 38 des Grundgesetzes legt fest, dass die Abgeordneten „Vertreter des ganzen Volkes“, „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden“ und „nur ihrem Gewissen unterworfen“ sind. Dies ist nicht so aufzufassen, dass Bundestagsabgeordnete einem objektiv bestimmbaren Gemeinwohl ihre eigene Meinung unterzuordnen hätten. Im Gegenteil sollen in der Anschauung des Grundgesetzes Entscheidungen im Sinne eines umfassenden Gemeinwohls gerade dadurch zustande kommen, dass im Bundestag verschiedene Meinungen und Interessen repräsentiert und in Einklang gebracht werden müssen.  
 
Artikel 38 des Grundgesetzes legt fest, dass die Abgeordneten „Vertreter des ganzen Volkes“, „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden“ und „nur ihrem Gewissen unterworfen“ sind. Dies ist nicht so aufzufassen, dass Bundestagsabgeordnete einem objektiv bestimmbaren Gemeinwohl ihre eigene Meinung unterzuordnen hätten. Im Gegenteil sollen in der Anschauung des Grundgesetzes Entscheidungen im Sinne eines umfassenden Gemeinwohls gerade dadurch zustande kommen, dass im Bundestag verschiedene Meinungen und Interessen repräsentiert und in Einklang gebracht werden müssen.  
   
Abgeordnete müssen also nicht neutral sein, und ein Eintreten für bestimmte Einzelinteressen ist durchaus legitim. Finanzielle Abhängigkeiten können allerdings das unabhängige Mandat und seine freie Ausübung gefährden. Wie die Richtergruppe Broß in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juli 2007 betont, zielt das Nicht-Gebundensein an Aufträge und Weisungen auch auf die Unabhängigkeit von Interessengruppen, die mit finanziellen oder anderen Anreizen Sonderinteressen durchzusetzen versuchen. Nur unabhängig von solchen (zahlenden) Interessengruppen können Abgeordnete „Vertreter des ganzen Volkes“ sein. Auch eine Berufstätigkeit bietet „vielfältige Möglichkeiten, politischen Einfluss durch ein Bundestagsmandat für die außerhalb des Mandats ausgeübte Berufstätigkeit gewinnbringend zu nutzen, und gerade von dieser Möglichkeit gehen besondere Gefahren für die Unabhängigkeit der Mandatsausübung“ aus.<ref name="BVG-PM">[https://www.bundesverfassungsgericht.de/ pressemitteilungen/bvg07-073.html Bundesverfassungsgericht: Klage der Abgeordneten gegen Offenlegung von Einkünften erfolglos], PM 73/2007 vom 04.07.2007, abgerufen am 8.10.2012</ref>
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Abgeordnete müssen also nicht neutral sein, und ein Eintreten für bestimmte Einzelinteressen ist durchaus legitim. Finanzielle Abhängigkeiten können allerdings das unabhängige Mandat und seine freie Ausübung gefährden. Wie die Richtergruppe Broß in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juli 2007 betont, zielt das Nicht-Gebundensein an Aufträge und Weisungen auch auf die Unabhängigkeit von Interessengruppen, die mit finanziellen oder anderen Anreizen Sonderinteressen durchzusetzen versuchen. Nur unabhängig von solchen (zahlenden) Interessengruppen können Abgeordnete „Vertreter des ganzen Volkes“ sein. Auch eine Berufstätigkeit bietet „vielfältige Möglichkeiten, politischen Einfluss durch ein Bundestagsmandat für die außerhalb des Mandats ausgeübte Berufstätigkeit gewinnbringend zu nutzen, und gerade von dieser Möglichkeit gehen besondere Gefahren für die Unabhängigkeit der Mandatsausübung“ aus.<ref name="BVG-PM">[https://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg07-073.html Bundesverfassungsgericht: Klage der Abgeordneten gegen Offenlegung von Einkünften erfolglos], PM 73/2007 vom 04.07.2007, abgerufen am 21.10.2016.</ref>
   
Mit den Transparenzregelungen sollen daher berufliche und sonstige Verpflichtungen der Abgeordneten neben dem Mandat sowie Einkünfte, die daraus erzielt werden, sichtbar gemacht werden. Wählerinnen und Wähler sollen sich ein Urteil über mögliche Interessenverflechtungen und wirtschaftliche Abhängigkeiten bilden können.
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Was daher sinnvolle Transparenzregeln schaffen können, ist berufliche und sonstige Verpflichtungen von Abgeordneten neben dem Mandat sowie Einkünfte, die daraus erzielt werden, sichtbar zu machen. Wählerinnen und Wähler sollen sich ein Urteil über mögliche Interessenverflechtungen und wirtschaftliche Abhängigkeiten bilden können.
   
== Beispiele ==
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Siehe zu den geltenden Regeln: [[Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland]]
* [[Peer Steinbrück]] (SPD, Ex-Finanzminister) ist vor allem wegen seiner zahlreichen Vorträge in der Kritik.
 
* [[Michael Glos]] (CSU, Ex-Wirtschaftsminister) ist heute Berater eines Finanzinvestors, Mitglied im Beirat der Lobbyagentur [[Consultum Communications]] und Aufsichtsrat bei zwei Banken.<ref>[http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete17/biografien/G/glos_michael.html Biografie von Michael Glos], Bundestagswebseite, abgerufen am 8.10.2012</ref>
 
* [[Michael Fuchs]], u.a. für den privaten Nachrichtendienst [[Hakluyt & Company]]
 
   
== Die bestehenden Regeln==
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==Interessenkonflikte==
In der letzten Sitzung des Bundestags vor seiner Auflösung 2005 beschloss die rot-grüne Mehrheit gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP neue Regeln für Nebentätigkeiten von Abgeordneten. Sie wurden im [[Abgeordnetengesetz]] und in den Verhaltensregeln für Abgeordnete festgeschrieben. 2013 wurden die Transparenzregeln nachgebessert:
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Problematisch an den geltenden Regeln zur Schaffung von Transparenz in Fragen der Tätigkeit von Abgeordneten neben ihrem Mandat (siehe dazu Artikel: [[Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland]]) ist unter anderem, dass im Abgeordnetengesetz keine Definition davon gegeben ist, was ein Interessenkonflikt nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist, wann ein solcher vorliegt und wie er zu lösen sei. <br />
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Gemäß § 49 AbgG müssen Abgeordnete in parlamentarischen Ausschüssen einen Interessenkonflikt anzeigen, wenn sie sich zu Themen äußern, mit denen sie sich auch entgeltlich befassen. Interessenkonflikte müssen von Berichterstatter:innen vor einer Wortmeldung zum Thema konkret (und nicht nur generell) offengelegt werden und werden im Ausschussbericht veröffentlicht. Mangels gesetzlicher Bestimmung obliegt die Einordnung einer persönlichen und sachlichen Verstrickung als Interessenskonflikt laut Gesetz der Parlamentarier:in selbst.
   
* Im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Abgeordneten steht die Wahrnehmung seines Mandates, Tätigkeiten beruflicher oder anderer Art bleiben neben dem Mandat aber zulässig.
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Ein Fall von Befangenheit wird in der deutschen Zivilprozessordnung in § 42 Abs. 2 ZPO dann angenommen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.  
* Nebentätigkeiten müssen dem Bundestagspräsidium angezeigt und mit den Einkünften ab 1.000 Euro in pauschalierter Form veröffentlicht werden. Diese Veröffentlichung erfolgt in zehn Stufen bis 250.000 Euro (siehe Tabelle. Bis zur Bundestagswahl 2013 waren es nur drei: Stufe 1 = 1.000–3.500 Euro, Stufe 2 = 3.501–7.000 Euro, Stufe 3 = über 7.000 Euro). Alle Angaben werden im Amtlichen Handbuch und auf den [http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete17/biografien/index.html Internetseiten des Deutschen Bundestages] veröffentlicht. Die [http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete18/biografien/index.html Angaben für die neugewählten Abgeordneten] werden erst drei Monate nach der Konstitutierung des Bundestages veröffentlicht.
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Eine solche klare Definition muss auch in das Abgeordnetengesetz integriert werden.  
* Für Vorträge gelten seit 2013 neue Regeln. Danach soll bei Vorträgen künftig auch die Veranstaltung und der Name und Sitz des Veranstalters genannt werden, falls er nicht mit dem Vertragspartner übereinstimmt (betrifft das Problem von Redneragenturen, siehe unten mehr).
 
* Bei Verstößen kann das Bundestagspräsidium Geldstrafen (Ordnungsgelder) verhängen. 
 
* Abgeordnete dürfen außer Spenden keine Zuweisungen ohne entsprechende Gegenleistungen entgegennehmen.  
 
   
'''Die neue Stufenregelung in tabellarischer Übersicht'''
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===Befangenheitsregelung===
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Weil allein die Benennung von Interessenskonflikten ohne konkrete Verhaltensregeln für Abgeordnete keinen Gewinn bringt, ist die Entwicklung einer Befangenheitsregel durch den Bundestag erforderlich. Nach dieser sollten sich Abgeordnete mit gravierenden Interessenkonflikten aus bestimmten Prozessen heraushalten müssen, sofern der Konflikt nicht anderweitig gelöst werden kann.
   
{| class="wikitable" style="background-color:#ffffff; color:#444444" border="1" cellspacing="0" cellpadding="5"
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Dabei kann es nicht die Lösung sein, Abgeordnete pauschal von Beratungen oder Abstimmungen auszuschließen, allein weil sie etwa durch ihren Beruf von einem Gesetz oder einer Entscheidung selbst indirekt betroffen sind. Aber für herausragende Positionen, etwa für Berichterstatter:innen, sollte es strengere Regeln geben: So sollte es beispielsweise nicht möglich sein, Berichterstatter:in in einem Vergabeverfahren zu sein, wenn die Betroffene zugleich mit einem der beteiligten Unternehmen direkt verbunden ist und Nebeneinkünfte von dort bezieht.<ref>[https://www.lobbycontrol.de/2021/05/konsequenzen-aus-unions-skandalen-deutlich-strengere-regeln-fuer-abgeordnete/ Konsequenzen aus Unions-Skandalen: Deutlich strengere Regeln für Abgeordnete - Weitere Schritte nötig], LobbyControl-Blog vom 03.05.2021, aufgerufen am 13.12.2021.</ref>
|- style="background-color: #f2f2f2;"
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa; padding: 5px;"|'''Stufe'''
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa; padding: 5px;"|'''Nebeneinkünfte'''
 
|-  
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|1
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|1000-3.500 €
 
|-  
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|2
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|bis 7.000 €
 
|-  
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|3
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|bis 15.000 €
 
|-  
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|4
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|bis 30.000 €
 
|-  
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|5
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|bis 50.000 €
 
|-  
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|6
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|bis 75.000 €
 
|-
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|7
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|bis 100.000 €
 
|-
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|8
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|bis 150.000 €
 
|-
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|9
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|bis 250.000 €
 
|-
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|10
 
| style="border: 1px solid #aaaaaa;"|über 250.000 €
 
|}
 
   
Eine genauere Darstellung auf der [http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete18/nebentaetigkeit/index.html Webseite des Bundestages]. Zu der Vorgeschichte der (ersten) Regeln und den Defiziten siehe auch:
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===Möglichkeiten der Regelung und Lösung von Interessenskonflikten - und internationale Vorbilder===
* Nina Katzemich/ Ulrich Müller: [http://www.lobbycontrol.de/download/nebentaetigkeiten-studie2009.pdf Nebentätigkeiten der Bundestagsabgeordneten: Transparenz ungenügend]. 2009. LobbyControl-Studie zur Umsetzung der neuen Transparenzregeln (pdf)
 
   
== Defizite und Nachbesserungsbedarf ==
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*'''Entscheidung von Fall zu Fall'''
* Es gibt weiterhin '''keine Offenlegung der Nebeneinkünfte auf Euro und Cent'''. Die zehn Stufen sind zwar eine Verbesserung gegenüber den bisherigen drei Stufen. Aber gerade zwischen 7.000 und 30.000 Euro fallen die Stufen relativ groß aus. Über 250.000 Euro gibt es weiter keine echte Transparenz.
 
   
* Für Anwälte und Unternehmensberater schaffen die Regeln in ihrer jetzigen  Form und Umsetzung '''kaum Transparenz'''. Dabei sind gerade in diesen beiden Berufen Interessenkonflikte mit der Tätigkeit als Abgeordnete/r möglich.
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:Denkbar ist, dass etwa in Ausschusssitzungen die Teilnehmer:innen nach der Anzeige eines klar definierten Interessenskonflikts (dessen Nichtanzeige bei Bekanntwerden auch Sanktionen nach sich ziehen muss) im Kollegium darüber befinden, ob tatsächlich ein Fall der Befangenheit vorliegt. Ist ein Fall von Befangenheit festgestellt, entscheidet das Kollegium nach gesetzlichem Rahmen, welche Verhaltenskonsequenz im konkreten Fall angemessen erscheint.
   
* Die Regeln wurden in den Ausführungsbestimmungen durch die Bundestagsverwaltung unter Bundestagspräsident Norbert Lammert '''verwässert'''. Gerade bei Anwälten schöpft Lammert den vorhandenen Spielraum, zumindest Branchenangaben der einzelnen Kunden zu verlangen, nicht aus.
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*'''Österreich'''
   
* Die Bundestagsverwaltung verweigert jegliche Auskunft darüber, ob und wie sie die Angaben der Abgeordneten – zumindest stichprobenhaft – prüft. Nach Einschätzung von [[LobbyControl]] zeigen die fehlenden Angaben zahlreicher Abgeordneter, dass offensichtlich '''keinerlei Kontrollen''' stattfinden. Bei einer Untersuchung 2009 hat LobbyControl in den Angaben der Abgeordneten häufig Lücken gefunden. Zahlreiche Abgeordnete gaben Positionen in Präsidien, Kuratorien oder Beiräten von Interessengruppen nicht an.  
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:In Österreich kann der aus dem Parlament heraus gewählte [https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A-UV/A-UV_00001_00347/index.shtml Unvereinbarkeitsausschuss] über die Zulässigkeit der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit entscheiden.
   
* Bekannt gewordene Verstöße gegen die Veröffentlichungspflichten ziehen '''kaum Sanktionen''' nach sich.
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*'''Großbritannien'''
   
== Aktuelle politische Debatte==
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:*Es herrschen weitreichende Offenlegungspflichten bezüglich allem, was einen Interessenskonflikt erzeugen könnte
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:*Ein Register über private finanzielle Interessen wird geführt (150 (2) (a) Standing of the House of Commons)
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:*Ein Commissioner of Standards wird aus der Mitte des Parlaments berufen (150 Standing of the House of Commons)
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:*Ein Commitee on Standards überprüft die durch den Commissioner geführte Liste über private Interessen und entscheidet über Sanktionen, die der Commissioner bei Pflichtverletzungen vorschlägt (146 (1) (a) [https://publications.parliament.uk/pa/cm201719/cmstords/1020/body.html Standing Order of the House of Commons]).
   
Seit längerer Zeit wird immer wieder über eine Reform der Transparenzregeln diskutiert. Dabei sind es nach Einschätzung von [[LobbyControl]] vor allem Union und FDP, die sich gegen striktere Regeln wehren. Im April 2011 schlug die Rechtstellungskommission des Bundestages eine Neuregelung vor, die Nebeneinkünfte von Abgeordneten über 10.000 Euro pro Jahr besser sichtbar macht. Dieser Verbesserung stand aber eine skandalöse neue Transparenzlücke gegenüber: Einkünfte unter 10.000 Euro sollten überhaupt nicht mehr bekannt gegeben werden, auch wenn sie in der Summe aus verschiedenen Aufträgen erhebliche Beträge ausmachen und durchaus eine finanzielle Abhängigkeit von einer bestimmten Branche bedeuten könnten.<ref>[http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2011/04/drastische-transparenzlucken-bei-neuregelung-von-nebeneinkunften/ Drastische Transparenzlücken bei Neuregelung von Nebeneinkünften], LobbyControl-Blog vom 15.04.2011, abgerufen am 08.10.2012</ref> Diese Regelung wurde nach Protesten von LobbyControl, Transparency International, Campact und Mehr Demokratie zurückgezogen. Die Politiker sprachen damals von einem Formulierungsfehler oder Missverständnis, das man korrigieren wolle.<ref>[http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2011/05/unser-erfolg-verschleierung-von-nebeneinkunften-vorerst-vom-tisch/ Unser Erfolg: Verschleierung von Nebeneinkünften vorerst vom Tisch!], LobbyControl-Blog vom 12.05.2011 mit Zitaten und Quellen, abgerufen am 08.10.2012</ref>
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*'''Kanada'''
   
Im Juni 2012 waren die Transparenzregeln für Nebeneinkünfte erneut Thema im Bundestag. Eine Entscheidung fiel allerdings nicht, das Thema wurde vertagt. Nach Angaben aus Oppositionskreisen sperrte sich vor allem die FDP gegen strengere Vorschriften.<ref>[http://www.focus.de/politik/deutschland/nebeneinkuenfte-von-politikern-fdp-blockiert-schaerfere-regeln-im-bundestag_aid_767285.html FDP blockiert Transparenz bei Nebeneinkünften], Focus Online vom 14.06.2012, abgerufen am 08.10.2012</ref>
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:*Ein [https://www.ourcommons.ca/About/StandingOrders/appa1-e.htm Conflict of Interest Code for Members of the House of Commons] regelt das Vorliegen von Interessenskonflikten und resultierende Verhaltenspflichten:
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:**klare Definition von "Vorteil", "Beförderung privater Interessen", "Familienangehörige" (No. 3)
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:*Dem Code sind Zwecke vorangestellt (No. 2):
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:**Auflösung des Konflikts zugunsten des öffentlichen Interesses, sofern dessen Vermeidung nicht möglich (No. 2 d)
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:**Verzicht auf Vorteile, wenn diese den Eindruck von Beeinträchtigung von Urteilsvermögen und Integrität erwecken können (No. 2 e)
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:*Pflicht zur Anzeige des Vorliegens eines Konflikts (No. 12)
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:*Verbot von:
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:**Förderung privater Interessen (No. 8)
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:**Beeinflussung (No. 9)
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:**Nutzung von Insiderwissen (No. 10)
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:**Verbot zur Teilnahme an Debatten und Abstimmungen zu Themen, an denen er ein privates Interesse hat (No. 13)
   
'''Steinbrück-Debatte führt zu Fortschritten'''
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===Regelungen in den Bundesländern===
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Am 1. Oktober 2014 hat der Landtag NRW mit den Stimmen von SPD, Grünen, CDU und FDP für eine Offenlegung der Nebeneinkünfte gestimmt.<ref>[http://www.rp-online.de/nrw/landespolitik/abgeordnete-in-nrw-legen-nebeneinkuenfte-offen-aid-1.4567835 Verpflichtung zu mehr Transparenz: Abgeordnete in NRW legen Nebeneinkünfte offen], Rheinische Post, 1.10.2014, zuletzt abgerufen am 02.10.2014.</ref> Rheinland-Pfalz führte 2015 eine entsprechende Regelung ein.<ref>[https://www.welt.de/regionales/rheinland-pfalz-saarland/article144032999/Landtag-macht-Nebeneinkuenfte-von-Abgeordneten-sichtbar.html Landtag macht Nebeneinkünfte von Abgeordneten sichtbar], Die Welt, 15. Juli 2015, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016.</ref> <ref>[http://www.landtag.rlp.de/Abgeordnete/Nebentaetigkeiten/ Übersichtseite Nebentätigkeiten], Website Landtag Rheinland-Pfalz, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016.</ref> Im März 2016 bestätigte der Präsident des saarländischen Landtags entsprechende Pläne für sein Bundesland.<ref>[http://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaft/einkuenfte_politiker100.html Politiker sollen Einkünfte offenlegen], Saarländischer Rundfunk, 4. März 2016, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016.</ref>
   
Erst Steinbrücks Kanzlerkandidatur brachte Bewegung in die Sache. Union und FDP kamen unter Druck, weil sie von Steinbrück Transparenz einforderten, aber selbst jahrelang eine Neuregelung blockiert hatten. Angesichts des steigenden öffentlichen Drucks beschloss die Rechtsstellungskommission im Bundestag im Oktober mit schwarz-gelber Mehrheit eine verbesserte Regelung: Nebeneinkünfte sollen in 10 Stufen bis 250.000 Euro offengelegt werden. Bisher gab es nur 3 Stufen: die dritte Stufe galt für alle Einkünfte über 7.000 Euro. Die Oppositionsparteien hatten sich unserer Forderung nach einer Offenlegung auf „Euro und Cent“ angeschlossen, wurden aber überstimmt. Dennoch sind die erweiterten Stufen ein wichtiger Meilenstein.<ref>[http://www.lobbycontrol.de/2012/10/nebeneinkunfte-fortschritt-mit-lucken/ Nebeneinkünfte: Fortschritt mit Lücken], LobbyControl-Blog vom 25.10.2012, abgerufen am 16.01.2013</ref>
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==Weiterführende Informationen==
   
Am 14.03.13 wurde die Regelung endgültig im Bundestagsplenum beschlossen. Aber so, dass sie erst nach der Bundestagswahl 2013 in Kraft trat. Nebeneinkünfte unter 1.000€ werden weiterhin nicht zu veröffentlichen sein.<ref>[http://www.sueddeutsche.de/politik/nebeneinkuenfte-von-politikern-abgeordnete-muessen-extra-einnahmen-detaillierter-aufschluesseln-1.1625004 Abgeordnete müssen Extra-Einnahmen detaillierter aufschlüsseln], Süddeutsche Zeitung vom 15.03.2013, abgerufen am 15.03.2013</ref>
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*Otto-Brenner-Stiftung: [https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/informationsseiten-zu-studien/aufstocker-im-bundestag- Aufstocker im Bundestag, Bilanz der Nebenverdienste der Abgeordneten in der 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestags. Juli 2021]
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*LobbyControl: [http://www.lobbycontrol.de/2013/06/schwarz-gelb-versagt-beim-lobbyismus/ Lobbyreport 2013]. Die Lobbyismus-Debatte 2009-2013: Eine Bilanz der schwarz-gelben Regierungszeit. Juni 2013.
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*Nina Katzemich/ Ulrich Müller: [http://www.lobbycontrol.de/download/nebentaetigkeiten-studie2009.pdf Nebentätigkeiten der Bundestagsabgeordneten: Transparenz ungenügend]. 2009. LobbyControl-Studie zur Umsetzung der neuen Transparenzregeln (pdf).
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*Christina Deckwirth: [https://www.lobbycontrol.de/2015/10/vw-affaere-fragwuerdiger-interessenkonflikt-im-bundestag/ VW-Affäre: Fragwürdiger Interessenkonflikt im Bundestag], lobbycontrol.de vom 19.10.2015.
   
Zusätzlich zu den erweiterten Nebeneinkünfte-Stufen erließ der Bundestagspräsident im Juni 2013 neue Ausführungsbestimmungen. Diese enthalten eine neue Regel für Vortragstätigkeiten. Danach soll bei Vorträgen künftig auch die Veranstaltung und der Name und Sitz des Veranstalters genannt werden, falls er nicht mit dem Vertragspartner übereinstimmt.<ref>§ 2 Abs. 1, Satz der Ausführungsbestimmungen Zu finden in der [http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete18/nebentaetigkeit/web_Verhaltensregeln_2013.pdf Textsammlung "Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages"], S. 18.</ref> Dies löst das Transparenzproblem, das Abgeordnete bei Vorträgen häufig über Redneragenturen gebucht werden. In diesen Fällen tauchte die Redneragentur (= der Vertragspartner) in den Angaben des Abgeordneten auf. Der wahre Auftraggeber aber, der die Redneragentur bezahlte, blieb bisher unbekannt.
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Auf diesen Webseiten können Sie die Nebeneinkünfte einsehen:
   
'''Lücken bleiben'''
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*Auswertung der Nebeneinkünfte von Landtagsabgeordneten: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/nebeneinkuenfte-in-den-landtagen-das-sind-die-top-verdiener-a-1136866.html Deutsche Landesparlamente Was Abgeordnete nebenher verdienen], Spiegel Online, 8.März 2017, zuletzt aufgerufen am 08.03.2017.
 
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*Open Data City: [http://apps.opendatacity.de/nebeneinkuenfte/ Recherchetool: Nebeneinkünfte Bundestagabgeordnete (18. Wahlperiode)]
Zu den Schwächen der neuen Regelung gehört, dass die Transparenzlücke bei Anwälten und Unternehmensberatern mit Bundestagsmandat bestehen bleibt. Weiterhin gibt es keine Regel, die direkte Lobbytätigkeiten von Abgeordneten für Dritte verbietet.
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*Open Data City: [http://apps.opendatacity.de/nebeneinkuenfte-recherche/ Nebeneinkünfte der Abgeordneten im Deutschen Bundestag]
 
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*Hessen: Der Landtag veröffentlicht seit Juli 2015 die [https://www.hessen.de/regierung/spitzenpersonal/mandate-mitgliedschaften-und-nebentaetigkeiten Nebeneinkünfte der hessischen Landtagsabgeordneten]
'''2014: Landtag NRW führt Offenlegung ein'''
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*Abgeordnetenwatch veröffentliche im August 2015 eine [https://www.abgeordnetenwatch.de/nebeneinkuenfte2015 Auswertung der Nebeneinkünfte] von Parlamentariern des Deutschen Bundestags.
Am ersten Oktober hat der Landtag NRW mit den Stimmen von SPD, Grünen, CDU und FDP für eine Offenlegung der Nebeneinkünfte gestimmt.<ref>[http://www.rp-online.de/nrw/landespolitik/abgeordnete-in-nrw-legen-nebeneinkuenfte-offen-aid-1.4567835 Verpflichtung zu mehr Transparenz: Abgeordnete in NRW legen Nebeneinkünfte offen], Rheinische Post, 1.10.2014, zuletzt abgerufen am 2. Oktober 2014</ref>
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*Transparecy International: 45% der Abgeordneten im Europäischen Parlament haben Nebeneinkünfte <ref>[http://www.transparencyinternational.eu/2016/03/inside-job-when-meps-are-lobbyists/ Inside Jobs: When MEPs are lobbyists], Pressemitteilung Transparecy International, 21.03.2016, zuletzt aufgerufen am 23.03.2016.</ref>
 
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*Die [http://www.landtag.brandenburg.de/de/parlament/abgeordnete/a-z/395887 Abgeordneten im Brandenburger Landtag] müssen ihre Nebeneinkünfte angeben. Diese scheinen aber teilweise lückenhaft zu sein.<ref>[http://www.maz-online.de/Brandenburg/Angaben-zu-Nebeneinkuenften-lueckenhaft-und-alt Angaben zu Nebeneinkünften lückenhaft und alt], Märkische Allgemeine Zeitung, 02.03.2016, zuletzt aufgerufen am 13.03.2016.</ref>
== Weiterführende Informationen ==
 
* LobbyControl: [http://www.lobbycontrol.de/2013/06/schwarz-gelb-versagt-beim-lobbyismus/ Lobbyreport 2013]. Die Lobbyismus-Debatte 2009-2013: Eine Bilanz der schwarz-gelben Regierungszeit. Juni 2013.
 
* Nina Katzemich/ Ulrich Müller: [http://www.lobbycontrol.de/download/nebentaetigkeiten-studie2009.pdf Nebentätigkeiten der Bundestagsabgeordneten: Transparenz ungenügend]. 2009. LobbyControl-Studie zur Umsetzung der neuen Transparenzregeln (pdf).
 
Auf diesen Webseiten können Sie die Nebeneinkünfte einsehen:
 
* Open Data City: [http://apps.opendatacity.de/nebeneinkuenfte/ Recherchetool: Nebeneinkünfte Bundestagabgeordnete (18. Wahlperiode)]  
 
* Open Data City: [http://apps.opendatacity.de/nebeneinkuenfte-recherche/ Nebeneinkünfte der Abgeordneten im Deutschen Bundestag]
 
* Hessen: Der Landtag veröffentlicht seit Juli 2015 die [https://www.hessen.de/regierung/spitzenpersonal/mandate-mitgliedschaften-und-nebentaetigkeiten Nebeneinkünfte der hessischen Landtagsabgeordneten]
 
   
 
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== Einzelnachweise ==
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==Einzelnachweise==
<references/>
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<references />
   
 
[[Kategorie:Nebeneinkünfte]]
 
[[Kategorie:Nebeneinkünfte]]
 
[[Kategorie:Sachverhalt+Vorgang]]
 
[[Kategorie:Sachverhalt+Vorgang]]
 
[[Kategorie:Lobby-Regulierung]]
 
[[Kategorie:Lobby-Regulierung]]

Anhänge

Diskussionen