Parteispenden

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Parteispenden sind neben staatlichen Mitteln, Mitgliedsbeiträgen, Sponsoring und Einnahmen aus unternehmerischer Tätigkeit eine bedeutende Finanzierungsquelle deutscher Parteien (siehe Parteienfinanzierung). Um zu vermeiden, dass einzelne Lobbygruppen durch Parteispenden direkten Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse nehmen, sind klare Regelungen – insbesondere Offenlegungspflichten und die Begrenzung der zulässigen Spendenhöhe – wichtig für eine Demokratie. Laut den Rechenschaftsberichten für 2015 liegt der Anteil von Parteispenden an der Gesamtfinanzierung der Bundestagsparteien zwischen 6,3 und 13,8%.

Herkunft von Parteispenden

In Deutschland dürfen nicht nur natürliche Personen an Parteien spenden, sondern auch juristische Personen wie Unternehmen und Wirtschaftsverbände. Aufgrund der sehr hohen Offenlegungsschwellen lässt sich nur die Herkunft der Spenden über 10.000 Euro nachvollziehen. Zu den größten Parteispendern in Deutschland zählt BMW-Großaktionäre Johanna Quandt und deren Kinder Stefan Quandt und Susanne Klatten. Allein im Jahr 2013 spendeten Johanna Quandt, Stefan Quandt und Susanne Klatten jeweils 230.000 Euro an die CDU.

Zu den Unternehmen, die regelmäßig hohe Summen an Parteien überweisen gehören u.a. Allianz, BMW, Deutsche Bank und Daimler Chrysler. Bei den Verbänden tun sich die regionalen Verbände der Metall- und Elektroindustrie sowie der Verband der Chemischen Industrie als Großspender hervor.

Bei allen Parteien leisten außerdem Mandatsträger im Bundestag und in den Landtagen größere Spenden an die Parteien.[1] [2]

Empfänger von Parteispenden

Die FDP liegt mit 17,4% ihrer Einnahmen an der Spitze, darunter 5,22% Unternehmensspenden. Dahinter folgen die CSU (15,6 und 5,8%), die CDU (12,8% und 4,4%), die Grünen (12,9 und 1,73%), SPD (6,2 und 1,2), die LINKE (7,5 und 0,1%).[3]

Die Spenden richten sich sowohl an die Bundespartei als auch an die Landesverbände oder weitere untergeordnete Parteigliederungen. Sie werden dort vom jeweils zuständigen Vorstandsmitglied verwaltet. Auch einzelne Abgeordnete können Spenden annehmen, sie unterliegen dabei allerdings nicht dem Parteiengesetz, sondern den Verhaltensregeln des Bundestages (siehe unten).

Regulierung von Parteispenden

Parteispenden sind im Parteiengesetz ausdrücklich vorgesehen und dürfen sowohl von natürlichen als auch von juristischen Personen angenommen werden. Es gibt dabei – im Gegensatz zur staatlichen Finanzierung und zur Spendenpraxis in anderen Ländern – keine Obergrenze.

Allerdings gibt es eine Reihe von Einschränkungen und Pflichten rund um die Annahme von Parteispenden: So sind etwa Spenden von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, von Parlamentsfraktionen und von gemeinnützigen Einrichtungen an Parteien verboten. Darüber hinaus dürfen die Parteien keine Spenden von Berufsverbänden und von Unternehmen, die zu über 25% im Eigentum der öffentlichen Hand – wie zum Beispiel die Deutsche Bahn - sind, annehmen. Auch Spenden aus dem Ausland sind mit kleinen Ausnahmen unzulässig.

Verboten sind zudem sogenannte Einfluss-Spenden - Spenden, die „erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden.“[4] Spenden von Unternehmen, die öffentliche Aufträge erhalten haben oder zu erhalten hoffen, sind hingegen erlaubt.

Offenlegung von Parteispenden

Spenden über 50.000 Euro müssen unverzüglich dem Bundestagspräsidenten angezeigt werden, der sie „zeitnah“ als Bundestagsdrucksache veröffentlichen muss. Diese Offenlegungspflicht wurden erst im Jahr 2002 durch eine Reform des Parteiengesetzes eingeführt. Zudem müssen Spenden, die sich innerhalb eines Jahres auf über 10.000 Euro summieren, mit Nennung des Namens und der Adresse des Spenders im Rechenschaftsbericht der empfangenden Partei aufgeführt werden. Die Rechenschaftsberichte erscheinen erst mit großer Verzögerung. Findet etwa ein Wahlkampf im Sommer eines Jahres statt, werden die Wahlkampfspenden über 10.000 Euro (aber unter 50.000 Euro) erst knapp zwei Jahre später veröffentlicht.

In den Rechenschaftsberichten wird nicht vermerkt, ob Spender einzelne Landes-, Kreis- oder Ortsverbände bedacht haben. Auch ist nicht aufgeschlüsselt, wie viele Spenden einzelne Kreis- und Ortsverbände erhalten haben. Nur der Bundesverband einer Partei erhält eine Aufstellung aller Zuwendungen mit Namen und Anschrift, die an alle Parteigliederungen geleistet wurden. Die Landesverbände sind verpflichtet, die Teilberichte der ihnen nachgeordneten Gebietsverbände aufzubewahren.

Abgeordnetenspenden

Erhalten Bundestagsabgeordnete direkte Spenden, gelten für sie die Verhaltensregeln des Bundestages. Danach ist ein Mitglied des Bundestages verpflichtet, dem Bundestagspräsidenten Spenden über 5.000 Euro unter Angabe des Spenders mit Namen und Adresse anzuzeigen. Dieser wiederum veröffentlicht alle Spenden an MdBs über 10.000 Euro.

Steuerliche Absetzbarkeit

Parteispenden von natürlichen Personen sind bis zu 3.300 Euro (Single) bzw. 6.600 Euro (Ehepaar) steuerlich absetzbar. Juristische Personen, also vor allem Unternehmen, können seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1992 ihre Parteispenden nicht mehr von der Steuer absetzen. Unternehmen sind vermutlich auch aus diesem Grund zunehmend dazu übergegangen, finanzielle Zuwendungen an Parteien in Form von Sponsorzahlungen zu leisten. Diese sind von Unternehmen als Betriebsausgaben absetzbar. Darüber hinaus werden Sponsorzahlungen, egal in welcher Höhe, nicht namentlich veröffentlicht.

Wahlkampffinanzierung

Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern gibt es in Deutschland keine gesonderten Regelungen für Spenden, die im Zusammenhang mit Wahlen bzw. Wahlkämpfen stehen.

Kritik

Die deutsche Parteienfinanzierung steht auch nach den großen Parteispendenskandalen der 1990er Jahre und der anschließenden Reform des Parteiengesetzes von 2002 in der Kritik. So fordert die Staatengruppe gegen Korruption des Europarates (GRECO) seit 2009 Änderungen am deutschen System und leitete 2011 sogar ein Mahnverfahren ein.[5]

  • Offenlegungspflicht: Laut GRECO-Bericht ist die Grenze von 50.000, ab der eine unverzügliche Veröffentlichungspflicht besteht, „übertrieben hoch“ und nicht geeignet, um „ein ausreichendes Maß an Transparenz der Parteienfinanzierung auf kommunaler Ebene zu erreichen, wo sich Politik und Wirtschaft näher sind und Handlungen mit Summen unter den erwähnten 50.000 Euro beeinflusst werden können.“ Die meisten anderen europäischen Länder haben viel niedrigere Grenzwerte für die Offenlegung von Spenden festgelegt.
  • Wahlkampffinanzierung: Die langen Verzögerungen bei der Veröffentlichung von Parteispenden führe laut GRECO-Bericht dazu, „dass die breite Öffentlichkeit keine wirkliche Möglichkeit hat, irgendeine Form von sozialer Kontrolle auszuüben.“ Die Staatengruppe ist daher der Auffassung, „dass die derzeitigen Regelungen eindeutig nicht geeignet sind, einen zufriedenstellenden Grad an Transparenz der Wahlkampffinanzierung entsprechend der Empfehlung aus dem Jahr 2003 zu gewährleisten." GRECO empfiehlt daher, „ein Verfahren für die Veröffentlichung von Rechenschaftsberichten für den Wahlkampf auf Bundesebene einzuführen, das die Informationen kurz nach den Wahlkämpfen verfügbar macht.“
  • Umgehung von Offenlegungspflichten durch Sponsoring: Da Parteisponsoring im Parteiengesetz nicht geregelt ist, bietet diese Form der Parteienfinanzierung die Möglichkeit, sämtliche Offenlegungspflichten zu umgehen. Auch hier mahnte der GRECO-Bericht Reformen an.
  • Stückelung von Parteispenden: Spender können durch Stückelung von Großspenden in kleinere Beträge leicht die Offenlegungspflichten unterlaufen. Dazu gehört zum einen die Praxis, innerhalb eines Jahres mehrere Beträge unter der Grenze von 50.000 zu überweisen oder Großspenden so auf Familienmitglieder oder Tochterfirmen aufzuteilen, dass ebenfalls jede einzelne Spende unter 50.000 Euro liegt. Dies verhindert die sofortige Offenlegung der Großspende. Auch die Veröffentlichung in den Rechenschaftsberichten kann auf ähnliche Weise umgangen werden (siehe unten). [6] [7]

Neuere Beispiele für problematische Parteispenden

Heckler und Koch

Im November 2011 berichtete die FAZ über Ermittlungen gegen den Waffenhersteller Heckler und Koch mit Sitz in Oberndorf im Landkreis Rottweil. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wirft dem Unternehmen vor, Spenden an verschiedene Parteien so gestückelt zu haben, dass sie nicht unter die Meldepflicht des Parteiengesetzes fielen. Ziel der Spenden sei es gewesen, einen Waffenexport zu genehmigen. Zudem räumte CDU-Kreisverband Rottweil ein, in den letzten 10 Jahren acht Spenden der Firma erhalten zu haben, die unter den Veröffentlichungsgrenzen lagen (Quelle). Der Fall erinnert an die Direkt-Spenden der Rüstungsindustrie an den Hamburger SPD-Abgeordneten Johannes Kahrs für seinen Bundestagswahlkampf 2005. Auch in diesem Fall lagen die Beträge stets im vierstelligen Bereich, summierten sich aber insgesamt auf 60.000 Euro. Nach der Wahl wurde Kahrs Berichterstatter für den Rüstungsetat im Haushaltsausschuss.[8]

Gauselmann

Deutschlands führender Spielhallen-Konzern, die Gauselmann AG, spendete seit 1990 mehr als eine Million Euro verdeckt an Union, SPD, FDP und Grüne. Die Spenden kamen vom Unternehmenschef Paul Gauselmann und den Führungskräften des Unternehmens und beliefen sich auf 2.000 bis 6.000 Euro. Dadurch lagen sie unter der Veröffentlichungsschwelle von 10.000 Euro und mussten in den Rechenschaftsberichten der Parteien nicht angegeben werden. [9]

BMW-Anteilseigner Johanna Quandt, Stefan Quandt und Susanne Klatten

Die BMW-Anteilseigner Johanna Quandt und ihre Kinder Stefan Quandt und Susanne Klatten spendeten der CDU kurz nach der Bundestagswahl am 9. Oktober 2013 je 230.000 Euro, der FDP je 70.000 Euro. Die Spenden waren den Parteien schon lange vor der Wahl angekündigt worden und wurden offenbar herausgezögert, um eine öffentliche Debatte während des Wahlkampfs zu vermeiden. Die Spenden erfolgten in engem zeitlichem Zusammenhang mit einer Neuregelung der europäischen Abgasnorm. Die Bundesregierung hatte im Juni 2013 die Verabschiedung der Neuregelung vertagt. Am 14. Oktober, d.h. einen Tag nach Bekanntwerden der Quandt-Spenden, verschob die Bundesregierung bei einem Treffen der europäischen Umweltminister in Luxemburg erneut eine Einigung auf strengere Abgasnormen für Autos in Europa. Ziel der Bundesregierung war es, die Einführung neuer Richtlinien über einen längeren Zeitraum zu strecken, wovon vor allem Oberklasse-Hersteller wie Daimler und BMW profitieren würden. Nach einer Kleinen Anfrage der Linksfraktion vom 30. August 2013 nahm Susanne Klatten am 6. Dezember 2011 und am 26. November 2012 an einer Gesprächsrunde von Bundeskanzlerin Merkel (CDU) teil. Von Interesse ist weiterhin, dass Eckart von Klaeden, Staatsminister im Bundeskanzleramt und bis 10/2013 CDU-Bundestagsabgeordneter, Ende des Jahres Cheflobbyist von Daimler wird. Laut Kleiner Anfrage der Linksfraktion hat dieser sich in der letzten Legislaturperiode mindestens sieben Mal mit Vertretern der Automobilindustrie getroffen.

Quellen: [10] [11]

Forderungen von LobbyControl zur Parteienfinanzierung

Für eine transparentere, verfassungskonforme Parteienfinanzierung fordert LobbyControl, dass

  • die Veröffentlichungsgrenzen für Parteispenden deutlich gesenkt werden: Spenden ab 10.000 Euro sollen sofort nach Spendeneingang offengelegt werden (bisher: ab 50.000 Euro). Bei Spenden ab 2.000 Euro sollen Spender namentlich in den Rechenschaftsberichten der Parteien genannt werden. Bisher liegt diese Veröffentlichungsgrenze bei 10.000 Euro, so bleiben bis zu 75 Prozent der Spenden juristischer Personen anonym.
  • im Parteiengesetz (PartG) Regelungen zum Parteisponsoring ergänzt und alle Formen von Parteiensponsoring umfassend offengelegt werden.
  • Sponsorenzahlungen ab 10.000 Euro sofort und ab 2.000 Euro im Rechenschaftsbericht mit Nennung der Sponsoren und der Gegenleistung seitens der Partei offengelegt werden.
  • für Spenden und Sponsoring eine Obergrenze von 50.000 Euro pro Spender bzw. Sponsor gilt.
  • die Einhaltung der Regeln durch ein unabhängiges Gremium kontrolliert und wirksam sanktioniert wird.

Weitere wünschenswerte Verbesserungen:

  • In den Rechenschaftsberichten der Parteien sollte aufgeführt werden, wenn Spenden an eine Untergliederung der Partei gingen, so dass die gezielte Förderung einzelner Abgeordneter und deren Wahlbezirke durch einzelne Firmen oder Verbände erkennbar wird.
  • Die Spendendaten sollten nicht nur als pdf-Dateien veröffentlicht werden, sondern in einer öffentlich zugänglichen Datenbank, die durchsuchbar ist und Bürger/innen Auswertungen ermöglicht (z.B. Gesamtspenden eines Unternehmens über einen längeren Zeitraum). Da die Bundestagsverwaltung im Gegensatz zu den vergleichbaren Aufsichtsbehörden in anderen Ländern immer noch nicht tätig wurde, hat LobbyControl eine solche Parteispenden-Datenbank erstellt und in die Lobbypedia integriert.
  • Die Regeln für die Parteienfinanzierung sollten potentielle Umgehungsstrategien von vornherein aufgreifen und möglichst weitgehend erfassen. Es muss z.B. Regeln zum Spendensammeln durch Lobbyisten, Unternehmen oder Vereine geben (in den USA „Bundeling“ genannt). Auch Aspekte wie das geschäftliche Engagement der Parteien oder Kredite an Parteien müssen dabei bedacht werden.

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