Toll Collect

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Toll Collect GmbH
Branche Mautsysteme
Hauptsitz Berlin
Lobbybüro Deutschland
Lobbybüro EU
Webadresse toll-collect.de

Die Toll Collect GmbH mit Sitz in Berlin betreibt ein satellitengestütztes Mautsystem für Lastkraftwagen. Gesellschafter sind die Deutsche Telekom (45 %), die Daimler Financial Services AG (45 %) und die französische Cofiroute (10 %). Der einmal verlängerte Betreibervertrag läuft am 31. August 2018 aus. Bis zu diesem Zeitpunkt soll die Maut auf alle Bundesstraßen erweitert werden. Der Bund wird den Betrieb des Mautsystems dann erneut ausschreiben.

Toll Collect ist ein Paradebeispiel für die Probleme, die sich aus der Gründung einer Public Private Partnership (PPP) ergeben können: Intransparenz, hohe Kosten und lange Dauer von Verfahren bei den Schiedsgerichten.

Toll Collect:"Public Private Partnership mit Schiedsgerichtsverfahren

Toll Collect hat ein satellitengestütztes Mautsystem für Lastkraftwagen auf der Basis eines Public Private Partnership-Vertrags etabliert. Das Gemeinschaftsunternehmen erhielt 2002 den Zuschlag. Sowohl die Ausschreibungsunterlagen als auch der Vertrag unterlagen der Geheimhaltung und waren nicht einmal für Bundestagsabgeordnete einsehbar.[1] Erst 2009 wurden wesentliche Bestandteile der Verträge über Wikileaks veröffentlicht.[2] Die Einführung der Maut war mit hohen Beratungs- und Verwaltungskosten verbunden. Der verspätete Start des Mautsystems führte zu einer Schadenersatzklage des Bundes. Über die 2005 eingereichte Klage vor einem Schiedsgericht, das nicht-öffentlich tagt, ist immer noch nicht entschieden. Die Kosten für das Schiedsgerichtsverfahrens steigen immer weiter und ein Ende des Verfahrens ist nicht in Sicht.

Schadenersatzanprüche über das Schiedsgerichtsverfahren

Das Mautsystem ist erst mit 16 monatiger Verspätung - und dann zunächst mit eingeschränkter Funktionalität in Betrieb genommen worden.[3] Daraufhin verklagte die Bundesregierung im Juli 2005 Toll Collect wegen nicht beglichener Schadenersatzforderungen in Höhe von 7 Mrd. Euro vor einem privaten Schiedsgericht.[1] Der reine Schadenersatz wurde vom Gericht mit 3,6 Mrd. Euro beziffert, zuzüglich einer Konventionalstrafe von 1,6 Mrd. Euro sowie einer Verzinsung.[1] Toll Collect erhob eine Gegenklage wegen einbehaltener Vergütungen, die sich auf etwa eine Mrd. Euro beläuft. Das Schiedsgericht, das im Schnitt nur alle zwei Jahre zusammentrat, sah sich mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert.[4] So schied ein Richter aus gesundheitlichen Gründen aus, ein neuer musste vom Verwaltungsgericht bestimmt werden, weil sich die Parteien nicht einigen konnten. Auch über die Bestellung von Gutachtern wird gestritten - mit dem Ergebnis, dass auch schon einmal drei Gutachter mit dem gleichen Auftrag betraut wurden, weil sich die Kontrahenten nicht einigen konnten. Zuletzt stritten sich die Parteien hinter verschlossenen Türen darum, ob überhaupt ein „Fehler“ im Mautsystem vorliegt.[5] Zur Zeit sollen Wirtschaftsprüfer im Auftrag des Gerichts klären, ob Toll Collect Leistungen abrechnet, die vom Betreibervertrag nicht abgedeckt sind.[5] Ein Ende des Verfahrens ist noch nicht in Sicht. Bis Anfang 2016 hat der Bund 168 Mio. Euro für das Verfahren ausgegeben.[5]

Kosten

Beratungskosten: Eine Berater-Gruppe LKW-Maut, zu der auch PricewaterhouseCoopers (PwC) gehörte, hat von 1999 bis 2004 insgesamt 15,6 Mio. Euro Honorar erhalten.[6]

Verwaltungskosten: 2003 wurde die Verkehrsinfrastruktur-Finanzierungsgesellschaft (VIFG) gegründet, die eigentlich die erwarteten Maut-Einnahmen verwalten sollte. Deren Verwaltungskosten beliefen sich 2003 auf 500 Tsd. Euro, für 2004 waren 1,3 Mio. Euro geplant.[6] Die beiden Geschäftsführer Torsten Böger, zuvor tätig bei PricewaterhouseCoopers (Pwc), und Karlheinz Schmid, zuvor beim Haushaltsreferat des Verkehrsministeriums tätig, erhielten je 150 Tsd. Euro Gehalt.

Kosten der Klage vor dem Schiedsgericht: Bis 2012 hat die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Klage gegen Toll Collect 97 Mio. Euro Honorare an Beraterfirmen gezahlt.[1] Nach Spiegel-Informationen hat der Bund bis Anfang 2016 insgesamt 168 Mio. Euro für das Schiedsgerichtsverfahren ausgegeben.[5]

Chronologie

  • 09/2018: Der Bund wird die Gesellschaftsanteile von Toll Collect an sich ziehen und dann als Inhaber aller Rechte den Betrieb des Mautsystems EU-weit neu ausschreiben. Berater im technischen Bereich: Schweizer Planungs- und Beratungsgruppe Rapp, im rechtlichen Bereich: PricewaterhouseCoopers[7]
  • 12/2014: Der Betreibervertrag wird über den 31. August 2015 hinaus um drei weitere Jahre verlängert
  • 07/2005: Klage vor dem Schiedsgericht
  • 01/2005: Toll Collect nimmt Tätigkeit auf
  • 02/2004: Einigung mit den Anteilseignern von Toll Collect
  • 02/2004: Kündigung des Betreibervertrags nach gescheiterten Verhandlungen zwischen dem Verkehrsministerium und Toll Collect
  • 08/2003: Scheitern der Mauteinführung
  • 09/2002: Unterzeichnung des Betreibervertrags mit vorgesehenem Starttermin 31.08. 2003
  • 06/2002: Toll Collect erhält den Zuschlag für die Errichtung und den Betrieb des Mautsystems

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Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Eine unendliche Geschichte, freitag.de 30.11.2015, abgerufen am 16.07.2016
  2. Toll Collect Vertraege, 2002, wikileaks.org 26.11.2009, abgerufen am 17.07.2016
  3. Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundeskartellamtes vom 18. Februar 2016, bundeskartellamt.de, abgerufen am 15.07.2016
  4. Kein Fortschritt in Sicht, sueddeutsche.de 21.06.2015, abgerufen am 17.07.2016
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 Schiedsverfahren: Kosten für Dauerstreit um LKW-Maut explodieren, spiegel.de 19.04.2016, abgerufen am 16.07.2016
  6. 6,0 6,1 Verdacht der Klüngelwirtschaft, manager-magazin.de von 02.01.2004, abgerufen am 18.07.2016
  7. Dobrindt bereitet Maut auf Bundesstraßen vor, eurotransport.de 26.04.2016, abgerufen am 17.07.2016

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