Verbändeliste: Unterschied zwischen den Versionen
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Seit 1972 führt der Deutsche Bundestag eine öffentliche Liste, in die sich Verbände - die klassischen Akteure der Interessenvertretung - eintragen können. Für die Registrierung eines Verbandes müssen unter anderem Angaben wie Name, Sitz, Geschäftsleitung sowie der jeweilige Interessenbereich von den Bewerbern genannt werden. Mit Hilfe des Meldeformulars können sich Verbände einfach und direkt eintragen lassen.
Auf der Seite des Bundestages gibt es den Hinweis "Mit der Registrierung sind keine Rechte und auch keine Pflichten verbunden. Die Eintragung in die Liste begründet gemäß Anlage 2 Absatz 4 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT) keinen Anspruch auf Anhörung oder Ausstellung eines Hausausweises"[1]
Politiker wie Manfred Behrens (CDU/CSU) verweisen in der Diskussion für mehr Transparenz der Interessengruppen im Deutschen Bundestag und ein verpflichtendes Lobbyregister in Deutschland gerne auf die Verbändeliste "Diese öffentliche Liste ist 800 Seiten stark. Wo fehlt es da an Transparenz? Sie können Anschriften in Erfahrung bringen. Sie bekommen Namen von Geschäftsführern geliefert. Sie erhalten sogar Telefonnummern und E-Mail-Adressen."[2]
Die Verbändeliste erfasst nur einen Teil der Berliner Lobbyszene. Denn Lobbying wird ja nicht nur von Verbänden und Vereinen betrieben. Im Jahr 1979 wurde die ursprünglich angedachte Konzeption wieder ausgehebelt. Damals interpretierte der Geschäftsordnungsausschuss des Bundestages auf Anfrage des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung diese Passage neu: eine Nichtregistrierung hindert den Bundestag und seine Ausschüsse dem-nach nicht daran, Verbände einzuladen, soweit dies im Interesse des Bundestages liegt.
Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Verbändeliste erfasst aber weder die Lobbybüros der Unternehmen in Berlin noch Lobby- und PR-Agenturen oder Anwaltskanzleien, die Lobbyarbeit im Auftrag wechselnder Kunden betreiben. Gerade bei diesen wäre aber wichtig zu wissen, für wen sie eigentlich arbeiten. Auch Denkfabriken wie die marktliberale Stiftung Marktwirtschaft – deren Finanzierung ebenfalls intransparent ist, – sind nicht Teil der Verbändeliste.
Außerdem enthält die Verbändeliste keinerlei Angaben zur Finanzierung der registrierten Organisationen. Diese Angaben wären aber zentral, um wirklich erkennen zu können, wer hinter einzelnen Verbänden oder von Lobbyagenturen geführten Kampagnen steckt. Denn auch hinter scheinbaren Nichtregierungsorganisationen kann in manchen Fällen ein wirtschaftliches Interesse stecken. Die Verbändeliste ist also kein Instrument, das für Lobby-Transparenz sorgt. Sie ist in keiner Weise mit einem ernstzunehmenden Lobbyistenregister zu vergleichen.
Weiterführende Informationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Lobbyliste Seite des Deutschen Bundestages, abgerufen am 6. Juni 2011
- ↑ Schwache Lobbyregister Debatte im Bundestag Behrens gegenüber LobbyControl, Stand 18. Mai 2011, abgerufen am 6. Juni 2011
Seit 1972 führt der Deutsche Bundestag eine öffentliche Liste, in die sich Verbände - die klassischen Akteure der Interessenvertretung - eintragen können. Für die Registrierung eines Verbandes müssen unter anderem Angaben wie Name, Sitz, Geschäftsleitung sowie der jeweilige Interessenbereich von den Bewerbern genannt werden. Mit Hilfe des Meldeformulars können sich Verbände einfach und direkt eintragen lassen. Auf der Seite des Bundestages gibt es den Hinweis "Mit der Registrierung sind keine Rechte und auch keine Pflichten verbunden. Die Eintragung in die Liste begründet gemäß Anlage 2 Absatz 4 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT) keinen Anspruch auf Anhörung oder Ausstellung eines Hausausweises"<ref>[http://www.bundestag.de/dokumente/parlamentsarchiv/sachgeb/lobbyliste/index.html Lobbyliste] Seite des Deutschen Bundestages, abgerufen am 6. Juni 2011</ref> Politiker wie Manfred Behrens (CDU/CSU) verweisen in der Diskussion für mehr Transparenz der Interessengruppen im Deutschen Bundestag und ein verpflichtendes Lobbyregister in Deutschland gerne auf die Verbändeliste "Diese öffentliche Liste ist 800 Seiten stark. Wo fehlt es da an Transparenz? Sie können Anschriften in Erfahrung bringen. Sie bekommen Namen von Geschäftsführern geliefert. Sie erhalten sogar Telefonnummern und E-Mail-Adressen."<ref>[http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2011/05/schwache-lobbyregisterdebatte-im-bundestag/ Schwache Lobbyregister Debatte im Bundestag] Behrens gegenüber LobbyControl, Stand 18. Mai 2011, abgerufen am 6. Juni 2011</ref> Die Verbändeliste erfasst nur einen Teil der Berliner Lobbyszene. Denn Lobbying wird ja nicht nur von Verbänden und Vereinen betrieben. Im Jahr 1979 wurde die ursprünglich angedachte Konzeption wieder ausgehebelt. Damals interpretierte der Geschäftsordnungsausschuss des Bundestages auf Anfrage des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung diese Passage neu: eine Nichtregistrierung hindert den Bundestag und seine Ausschüsse dem-nach nicht daran, Verbände einzuladen, soweit dies im Interesse des Bundestages liegt. == Kritik == Die Verbändeliste erfasst aber weder die Lobbybüros der Unternehmen in Berlin noch Lobby- und PR-Agenturen oder Anwaltskanzleien, die Lobbyarbeit im Auftrag wechselnder Kunden betreiben. Gerade bei diesen wäre aber wichtig zu wissen, für wen sie eigentlich arbeiten. Auch Denkfabriken wie die marktliberale Stiftung Marktwirtschaft – deren Finanzierung ebenfalls intransparent ist, – sind nicht Teil der Verbändeliste. Außerdem enthält die Verbändeliste keinerlei Angaben zur Finanzierung der registrierten Organisationen. Diese Angaben wären aber zentral, um wirklich erkennen zu können, wer hinter einzelnen Verbänden oder von Lobbyagenturen geführten Kampagnen steckt. Denn auch hinter scheinbaren Nichtregierungsorganisationen kann in manchen Fällen ein wirtschaftliches Interesse stecken. Die Verbändeliste ist also kein Instrument, das für Lobby-Transparenz sorgt. Sie ist in keiner Weise mit einem ernstzunehmenden Lobbyistenregister zu vergleichen. == Weiterführende Informationen == * [http://www.bundestag.de/dokumente/parlamentsarchiv/sachgeb/lobbyliste/index.html] == Einzelnachweise == <references/>
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"Diese öffentliche Liste ist 800 Seiten stark. Wo fehlt es da an Transparenz? Sie können Anschriften in Erfahrung bringen. Sie bekommen Namen von Geschäftsführern geliefert. Sie erhalten sogar Telefonnummern und E-Mail-Adressen."<ref>[http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2011/05/schwache-lobbyregisterdebatte-im-bundestag/ Schwache Lobbyregister Debatte im Bundestag] Behrens gegenüber LobbyControl, Stand 18. Mai 2011, abgerufen am 6. Juni 2011</ref> |
"Diese öffentliche Liste ist 800 Seiten stark. Wo fehlt es da an Transparenz? Sie können Anschriften in Erfahrung bringen. Sie bekommen Namen von Geschäftsführern geliefert. Sie erhalten sogar Telefonnummern und E-Mail-Adressen."<ref>[http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2011/05/schwache-lobbyregisterdebatte-im-bundestag/ Schwache Lobbyregister Debatte im Bundestag] Behrens gegenüber LobbyControl, Stand 18. Mai 2011, abgerufen am 6. Juni 2011</ref> |
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