Nebeneinkünfte von Abgeordneten: Unterschied zwischen den Versionen
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Bundestagsabgeordnete können unbegrenzt Nebentätigkeiten aufnehmen und Nebeneinkünfte erzielen. Das wirft immer wieder die Frage nach möglichen Interessenkonflikten und der Unabhängigkeit der Abgeordneten auf.
Laut einer Studie der Otto-Brenner-Stiftung vom Juli 2021 hat etwas mehr als ein Drittel der Abgeordneten in der 19. aktuellen Legislaturperiode Nebeneinkünfte von insgesamt geschätzt etwa 53 Millionen Euro erzielt.[1] Danach gehen 62 Prozent der FDP-Abgeordneten einer Nebentätigkeit nach, bei der Union sind es 43 Prozent, es folgen AfD (32 Prozent), Linke (26 Prozent), SPD (22 Prozent) und die Grünen (21 Prozent).
Siehe auch: Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland
Inhaltsverzeichnis
Die Problematik von Nebeneinkünften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Artikel 38 des Grundgesetzes legt fest, dass die Abgeordneten „Vertreter des ganzen Volkes“, „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden“ und „nur ihrem Gewissen unterworfen“ sind. Dies ist nicht so aufzufassen, dass Bundestagsabgeordnete einem objektiv bestimmbaren Gemeinwohl ihre eigene Meinung unterzuordnen hätten. Im Gegenteil sollen in der Anschauung des Grundgesetzes Entscheidungen im Sinne eines umfassenden Gemeinwohls gerade dadurch zustande kommen, dass im Bundestag verschiedene Meinungen und Interessen repräsentiert und in Einklang gebracht werden müssen.
Abgeordnete müssen also nicht neutral sein, und ein Eintreten für bestimmte Einzelinteressen ist durchaus legitim. Finanzielle Abhängigkeiten können allerdings das unabhängige Mandat und seine freie Ausübung gefährden. Wie die Richtergruppe Broß in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juli 2007 betont, zielt das Nicht-Gebundensein an Aufträge und Weisungen auch auf die Unabhängigkeit von Interessengruppen, die mit finanziellen oder anderen Anreizen Sonderinteressen durchzusetzen versuchen. Nur unabhängig von solchen (zahlenden) Interessengruppen können Abgeordnete „Vertreter des ganzen Volkes“ sein. Auch eine Berufstätigkeit bietet „vielfältige Möglichkeiten, politischen Einfluss durch ein Bundestagsmandat für die außerhalb des Mandats ausgeübte Berufstätigkeit gewinnbringend zu nutzen, und gerade von dieser Möglichkeit gehen besondere Gefahren für die Unabhängigkeit der Mandatsausübung“ aus.[2]
Was daher sinnvolle Transparenzregeln schaffen können, ist berufliche und sonstige Verpflichtungen von Abgeordneten neben dem Mandat sowie Einkünfte, die daraus erzielt werden, sichtbar zu machenwerden. Wählerinnen und Wähler sollen sich ein Urteil über mögliche Interessenverflechtungen und wirtschaftliche Abhängigkeiten bilden können.
Siehe zu den geltenden Regeln: [[Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland
Interessenkonflikte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Problematisch an den [[[Entwurf:Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland]] geltenden Regeln] zur Schaffung von Transparenz in Fragen der Tätigkeit von Abgeordneten neben ihrem Mandat Deutschland ist unter anderem, dass im Abgeordnetengesetz in seiner aktuellen Fassung keine Definition davon gegeben ist, was ein Interessenkonflikt nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist, wann ein solcher vorliegt und wie er zu lösen sei.
Gemäß § 49 AbgG müssen Abgeordnete in parlamentarischen Ausschüssen einen Interessenkonflikt anzeigen, wenn sie sich zu Themen äußern, mit denen sie sich auch entgeltlich befassen. Interessenkonflikte müssen von Berichterstatter:innen vor einer Wortmeldung zum Thema konkret (und nicht nur generell) offengelegt werden und werden im Ausschussbericht veröffentlicht. Mangels gesetzlicher Bestimmung Hierbei obliegt die Einordnung einer persönlichen und sachlichen Verstrickung als Interessenskonflikt laut Gesetz aber mangels Definition der Parlamentarier:in selbst.
Ein Fall von Befangenheit wird in der deutschen Zivilprozessordnung in § 42 Abs. 2 ZPO dann angenommen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Eine solche klare Definition muss auch in das Abgeordnetengesetz integriert werden.
Befangenheitsregelung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Weil allein die Benennung von Interessenskonflikten ohne konkrete Verhaltensregeln für Abgeordnete keinen Gewinn bringt, Jenseits der reinen Benennung von Interessenkonflikten ist die Entwicklung einer Befangenheitsregel durch den Bundestag erforderlich. Nach dieser sollten sich Abgeordnete mit gravierenden Interessenkonflikten aus bestimmten Prozessen heraushalten müssen, sofern der Konflikt nicht anderweitig gelöst werden kann.
Dabei kann es nicht die Lösung sein, Abgeordnete pauschal von Beratungen oder Abstimmungen auszuschließen, allein weil sie etwa durch ihren Beruf von einem Gesetz oder einer Entscheidung selbst indirekt betroffen sind. Aber für herausragende Positionen, etwa für Berichterstatter:innen, sollte es strengere Regeln geben: So sollte es beispielsweise nicht möglich sein, Berichterstatter:in in einem Vergabeverfahren zu sein, wenn die Betroffene zugleich mit einem der beteiligten Unternehmen direkt verbunden ist und Nebeneinkünfte von dort bezieht.[3]
Ein Fall von Befangenheit wird in der deutschen Zivilprozessordnung in § 42 Abs. 2 ZPO dann angenommen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Eine solche klare Definition muss auch in das Abgeordnetengesetz integriert werden.
Möglichkeiten der Regelung und Lösung von Interessenskonflikten - und internationale Vorbilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Entscheidung Gremienentscheidung von Fall zu Fall
- Denkbar ist, dass etwa in Ausschusssitzungen die Teilnehmer:innen nach der Anzeige eines klar definierten Interessenskonflikts (dessen Nichtanzeige bei Bekanntwerden auch Sanktionen nach sich ziehen muss) im Kollegium Gremium darüber befinden, ob tatsächlich ein Fall der Befangenheit vorliegt. Ist ein Fall von Befangenheit festgestellt, entscheidet das Kollegium nach gesetzlichem Rahmen, welche Verhaltenskonsequenz im konkreten Fall angemessen erscheint, der dann eine gesetzlich definierte Konsequenz nach sich zieht.
- Österreich
- In Österreich kann der aus dem Parlament heraus gewählte Unvereinbarkeitsausschuss über die Zulässigkeit der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit entscheiden.
- Großbritannien
-
- Es es herrschen weitreichende Offenlegungspflichten bezüglich allem, was einen Interessenskonflikt erzeugen könnte
- Ein ein Register über private finanzielle Interessen wird geführt (150 (2) (a) Standing of the House of Commons)
- Ein ein Commissioner of Standards wird aus der Mitte des Parlaments berufen (150 Standing of the House of Commons)
- Ein ein Commitee on Standards überprüft Standardsüberprüft die durch den Commissioner geführte Liste über private Interessen und entscheidet über Sanktionen, die der Commissioner bei Pflichtverletzungen vorschlägt (146 (1) (a) Standing Order of the House of Commons).
- Kanada
-
-
Ein Conflict of Interest Code for Members of the House of Commons regelt das Vorliegen von Interessenskonflikten und resultierende Verhaltenspflichten:
- klare Definition von "Vorteil", "Beförderung privater Interessen", "Familienangehörige" (No. 3)
-
Dem dem Code sind Zwecke vorangestellt (No . 2):
- Auflösung des Konflikts zugunsten des öffentlichen Interesses, sofern dessen Vermeidung nicht möglich (No2. 2 d)
- Verzicht auf Vorteile zu verzichten, wenn diese den Eindruck von Beeinträchtigung von Urteilsvermögen und Integrität erwecken können (No2. 2 e)
- Pflicht zur Anzeige des Vorliegens eines Konflikts (No. 12)
-
Verbot von:
- Förderung privater Interessen (No. 8)
- Beeinflussung (No. 9)
- Nutzung von Insiderwissen (No. 10)
- Pflicht zur Anzeige des Vorliegens eines Konflikts (No. 12)
- Verbot zur Teilnahme an Debatten und Abstimmungen zu Themen, an denen er ein privates Interesse hat (No. 13)
-
Ein Conflict of Interest Code for Members of the House of Commons regelt das Vorliegen von Interessenskonflikten und resultierende Verhaltenspflichten:
Regelungen in den Bundesländern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Am 1. Oktober 2014 hat der Landtag NRW mit den Stimmen von SPD, Grünen, CDU und FDP für eine Offenlegung der Nebeneinkünfte gestimmt.[4] Rheinland-Pfalz führte 2015 eine entsprechende Regelung ein.[5][6] Im März 2016 bestätigte der Präsident des saarländischen Landtags entsprechende Pläne für sein Bundesland.[7]
Weiterführende Informationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Otto-Brenner-Stiftung: Aufstocker im Bundestag, Bilanz der Nebenverdienste der Abgeordneten in der 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestags. Juli 2021
- LobbyControl: Lobbyreport 2013. Die Lobbyismus-Debatte 2009-2013: Eine Bilanz der schwarz-gelben Regierungszeit. Juni 2013.
- Nina Katzemich/ Ulrich Müller: Nebentätigkeiten der Bundestagsabgeordneten: Transparenz ungenügend. 2009. LobbyControl-Studie zur Umsetzung der neuen Transparenzregeln (pdf).
- Christina Deckwirth: VW-Affäre: Fragwürdiger Interessenkonflikt im Bundestag, lobbycontrol.de vom 19.10.2015
Auf diesen Webseiten können Sie die Nebeneinkünfte einsehen:
- Auswertung der Nebeneinkünfte von Landtagsabgeordneten: Deutsche Landesparlamente Was Abgeordnete nebenher verdienen, Spiegel Online, 8.März 2017, zuletzt aufgerufen am 8.3.2017
- Open Data City: Recherchetool: Nebeneinkünfte Bundestagabgeordnete (18. Wahlperiode)
- Open Data City: Nebeneinkünfte der Abgeordneten im Deutschen Bundestag
- Hessen: Der Landtag veröffentlicht seit Juli 2015 die Nebeneinkünfte der hessischen Landtagsabgeordneten
- Abgeordnetenwatch veröffentliche im August 2015 eine Auswertung der Nebeneinkünfte von Parlamentariern des Deutschen Bundestags.
- Transparecy International: 45% der Abgeordneten im Europäischen Parlament haben Nebeneinkünfte [8]
- Die Abgeordneten im Brandenburger Landtag müssen ihre Nebeneinkünfte angeben. Diese scheinen aber teilweise lückenhaft zu sein.[9]
Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus[Quelltext bearbeiten]
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Nebeneinkünfte der Abgeordneten stark gestiegen, sueddeutsche.de vom 10.07.2021, abgerufen am 13.07.2021
- ↑ Bundesverfassungsgericht: Klage der Abgeordneten gegen Offenlegung von Einkünften erfolglos, PM 73/2007 vom 04.07.2007, abgerufen am 21.10.2016
- ↑ Konsequenzen aus Unions-Skandalen: Deutlich strengere Regeln für Abgeordnete - Weitere Schritte nötig, LobbyControl-Blog vom 03.05.2021, aufgerufen am 13.12.2021.
- ↑ Verpflichtung zu mehr Transparenz: Abgeordnete in NRW legen Nebeneinkünfte offen, Rheinische Post, 1.10.2014, zuletzt abgerufen am 2. Oktober 2014
- ↑ Landtag macht Nebeneinkünfte von Abgeordneten sichtbar, Die Welt, 15. Juli 2015, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016
- ↑ Übersichtseite Nebentätigkeiten, Website Landtag Rheinland-Pfalz, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016
- ↑ Politiker sollen Einkünfte offenlegen, Saarländischer Rundfunk, 4. März 2016, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016
- ↑ Inside Jobs: When MEPs are lobbyists, Pressemitteilung Transparecy International, 21. März 2016, zuletzt aufgerufen am 23.3.2016
- ↑ Angaben zu Nebeneinkünften lückenhaft und alt, Märkische Allgemeine Zeitung, 2. März 2016, zuletzt aufgerufen am 13. April 2016
{{Lobbyplanet-box}} Bundestagsabgeordnete können unbegrenzt '''Nebentätigkeiten''' aufnehmen und '''Nebeneinkünfte''' erzielen. Das wirft immer wieder die Frage nach möglichen Interessenkonflikten und der Unabhängigkeit der Abgeordneten auf. Laut einer [https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/informationsseiten-zu-studien/aufstocker-im-bundestag-iv/ Studie der Otto-Brenner-Stiftung vom Juli 2021] hat etwas mehr als ein Drittel der Abgeordneten in der 19.aktuellen Legislaturperiode Nebeneinkünfte von insgesamt geschätzt etwa 53 Millionen Euro erzielt.<ref>[https://www.sueddeutsche.de/politik/nebeneinkuenfte-bundestag-abgeordnete-studie-otto-brenner-stiftung-1.5347565?sc_src=email_2535858&sc_lid=208943462&sc_uid=DP7Ap9e2ae&sc_llid=14748&utm_medium=email&utm_source=emarsys&utm_content=www.sueddeutsche.de%2Fpolitik%2Fnebeneinkuenfte-bundestag-abgeordnete-studie-otto-brenner-stiftung-1.5347565&utm_campaign=SZ_am_Morgen_Samstag_100721 Nebeneinkünfte der Abgeordneten stark gestiegen], sueddeutsche.de vom 10.07.2021, abgerufen am 13.07.2021</ref> Danach gehen 62 Prozent der FDP-Abgeordneten einer Nebentätigkeit nach, bei der Union sind es 43 Prozent, es folgen AfD (32 Prozent), Linke (26 Prozent), SPD (22 Prozent) und die Grünen (21 Prozent). Siehe auch: [[Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland]] ==Die Problematik von Nebeneinkünften== Artikel 38 des Grundgesetzes legt fest, dass die Abgeordneten „Vertreter des ganzen Volkes“, „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden“ und „nur ihrem Gewissen unterworfen“ sind. Dies ist nicht so aufzufassen, dass Bundestagsabgeordnete einem objektiv bestimmbaren Gemeinwohl ihre eigene Meinung unterzuordnen hätten. Im Gegenteil sollen in der Anschauung des Grundgesetzes Entscheidungen im Sinne eines umfassenden Gemeinwohls gerade dadurch zustande kommen, dass im Bundestag verschiedene Meinungen und Interessen repräsentiert und in Einklang gebracht werden müssen. Abgeordnete müssen also nicht neutral sein, und ein Eintreten für bestimmte Einzelinteressen ist durchaus legitim. Finanzielle Abhängigkeiten können allerdings das unabhängige Mandat und seine freie Ausübung gefährden. Wie die Richtergruppe Broß in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juli 2007 betont, zielt das Nicht-Gebundensein an Aufträge und Weisungen auch auf die Unabhängigkeit von Interessengruppen, die mit finanziellen oder anderen Anreizen Sonderinteressen durchzusetzen versuchen. Nur unabhängig von solchen (zahlenden) Interessengruppen können Abgeordnete „Vertreter des ganzen Volkes“ sein. Auch eine Berufstätigkeit bietet „vielfältige Möglichkeiten, politischen Einfluss durch ein Bundestagsmandat für die außerhalb des Mandats ausgeübte Berufstätigkeit gewinnbringend zu nutzen, und gerade von dieser Möglichkeit gehen besondere Gefahren für die Unabhängigkeit der Mandatsausübung“ aus.<ref name="BVG-PM">[https://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg07-073.html Bundesverfassungsgericht: Klage der Abgeordneten gegen Offenlegung von Einkünften erfolglos], PM 73/2007 vom 04.07.2007, abgerufen am 21.10.2016</ref> Was daher sinnvolle Transparenzregeln schaffen können, ist berufliche und sonstige Verpflichtungen von Abgeordneten neben dem Mandat sowie Einkünfte, die daraus erzielt werden, sichtbar zu machenwerden. Wählerinnen und Wähler sollen sich ein Urteil über mögliche Interessenverflechtungen und wirtschaftliche Abhängigkeiten bilden können. Siehe zu den geltenden Regeln: [[Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland]] ==Interessenkonflikte== Problematisch an den [[[Entwurf:Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland]] geltenden Regeln] zur Schaffung von Transparenz in Fragen der Tätigkeit von Abgeordneten neben ihrem Mandat Deutschland ist unter anderem, dass im Abgeordnetengesetz in seiner aktuellen Fassung keine Definition davon gegeben ist, was ein Interessenkonflikt nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist, wann ein solcher vorliegt und wie er zu lösen sei. <br/> Gemäß § 49 AbgG müssen Abgeordnete in parlamentarischen Ausschüssen einen Interessenkonflikt anzeigen, wenn sie sich zu Themen äußern, mit denen sie sich auch entgeltlich befassen. Interessenkonflikte müssen von Berichterstatter:innen vor einer Wortmeldung zum Thema konkret (und nicht nur generell) offengelegt werden und werden im Ausschussbericht veröffentlicht. Mangels gesetzlicher Bestimmung Hierbei obliegt die Einordnung einer persönlichen und sachlichen Verstrickung als Interessenskonflikt laut Gesetz aber mangels Definition der Parlamentarier:in selbst. Ein Fall von Befangenheit wird in der deutschen Zivilprozessordnung in § 42 Abs. 2 ZPO dann angenommen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Eine solche klare Definition muss auch in das Abgeordnetengesetz integriert werden. ===Befangenheitsregelung=== Weil allein die Benennung von Interessenskonflikten ohne konkrete Verhaltensregeln für Abgeordnete keinen Gewinn bringt, ===Befangenheitsregelung=== Jenseits der reinen Benennung von Interessenkonflikten ist die Entwicklung einer Befangenheitsregel durch den Bundestag erforderlich. Nach dieser sollten sich Abgeordnete mit gravierenden Interessenkonflikten aus bestimmten Prozessen heraushalten müssen, sofern der Konflikt nicht anderweitig gelöst werden kann. Dabei kann es nicht die Lösung sein, Abgeordnete pauschal von Beratungen oder Abstimmungen auszuschließen, allein weil sie etwa durch ihren Beruf von einem Gesetz oder einer Entscheidung selbst indirekt betroffen sind. Aber für herausragende Positionen, etwa für Berichterstatter:innen, sollte es strengere Regeln geben: So sollte es beispielsweise nicht möglich sein, Berichterstatter:in in einem Vergabeverfahren zu sein, wenn die Betroffene zugleich mit einem der beteiligten Unternehmen direkt verbunden ist und Nebeneinkünfte von dort bezieht.<ref>[https://www.lobbycontrol.de/2021/05/konsequenzen-aus-unions-skandalen-deutlich-strengere-regeln-fuer-abgeordnete/ Konsequenzen aus Unions-Skandalen: Deutlich strengere Regeln für Abgeordnete - Weitere Schritte nötig], LobbyControl-Blog vom 03.05.2021, aufgerufen am 13.12.2021.</ref> Ein Fall von Befangenheit wird in der deutschen Zivilprozessordnung in § 42 Abs. 2 ZPO dann angenommen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Eine solche klare Definition muss auch in das Abgeordnetengesetz integriert werden. ===Möglichkeiten der Regelung und Lösung von Interessenskonflikten - und internationale Vorbilder=== * '''EntscheidungGremienentscheidung von Fall zu Fall''' : Denkbar ist, dass etwa in Ausschusssitzungen die Teilnehmer:innen nach der Anzeige eines klar definierten Interessenskonflikts (dessen Nichtanzeige bei Bekanntwerden auch Sanktionen nach sich ziehen muss) im KollegiumGremium darüber befinden, ob tatsächlich ein Fall der Befangenheit vorliegt. Ist ein Fall von Befangenheit festgestellt, entscheidet das Kollegium nach gesetzlichem Rahmen, welche Verhaltenskonsequenz im konkreten Fall angemessen erscheint, der dann eine gesetzlich definierte Konsequenz nach sich zieht. *'''Österreich''' : In Österreich kann der aus dem Parlament heraus gewählte [https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A-UV/A-UV_00001_00347/index.shtml Unvereinbarkeitsausschuss] über die Zulässigkeit der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit entscheiden. *'''Großbritannien''' :* Eses herrschen weitreichende Offenlegungspflichten bezüglich allem, was einen Interessenskonflikt erzeugen könnte :* Einein Register über private finanzielle Interessen wird geführt (150 (2) (a) Standing of the House of Commons) :* Einein Commissioner of Standards wird aus der Mitte des Parlaments berufen (150 Standing of the House of Commons) :* Einein Commitee on Standards überprüft Standardsüberprüft die durch den Commissioner geführte Liste über private Interessen und entscheidet über Sanktionen, die der Commissioner bei Pflichtverletzungen vorschlägt (146 (1) (a) [https://publications.parliament.uk/pa/cm201719/cmstords/1020/body.html Standing Order of the House of Commons]). *'''Kanada''' :* Ein [https://www.ourcommons.ca/About/StandingOrders/appa1-e.htm Conflict of Interest Code for Members of the House of Commons] regelt das Vorliegen von Interessenskonflikten und resultierende Verhaltenspflichten: :** klare Definition von "Vorteil", "Beförderung privater Interessen", "Familienangehörige" (No. 3) :* Demdem Code sind Zwecke vorangestellt (No. 2): :**Auflösung des Konflikts zugunsten des öffentlichen Interesses, sofern dessen Vermeidung nicht möglich (No. 2 2. d) :**Verzicht auf Vorteile zu verzichten, wenn diese den Eindruck von Beeinträchtigung von Urteilsvermögen und Integrität erwecken können (No. 2 2. e) :* Pflicht zur Anzeige des Vorliegens eines Konflikts (No. 12) :* Verbot von: :**Förderung privater Interessen (No. 8) :**Beeinflussung (No. 9) :** Nutzung von Insiderwissen (No. 10) :** :** Pflicht zur Anzeige des Vorliegens eines Konflikts (No. 12) :** Verbot zur Teilnahme an Debatten und Abstimmungen zu Themen, an denen er ein privates Interesse hat (No. 13) ===Regelungen in den Bundesländern=== Am 1. Oktober 2014 hat der Landtag NRW mit den Stimmen von SPD, Grünen, CDU und FDP für eine Offenlegung der Nebeneinkünfte gestimmt.<ref>[http://www.rp-online.de/nrw/landespolitik/abgeordnete-in-nrw-legen-nebeneinkuenfte-offen-aid-1.4567835 Verpflichtung zu mehr Transparenz: Abgeordnete in NRW legen Nebeneinkünfte offen], Rheinische Post, 1.10.2014, zuletzt abgerufen am 2. Oktober 2014</ref> Rheinland-Pfalz führte 2015 eine entsprechende Regelung ein.<ref>[https://www.welt.de/regionales/rheinland-pfalz-saarland/article144032999/Landtag-macht-Nebeneinkuenfte-von-Abgeordneten-sichtbar.html Landtag macht Nebeneinkünfte von Abgeordneten sichtbar], Die Welt, 15. Juli 2015, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016</ref> <ref>[http://www.landtag.rlp.de/Abgeordnete/Nebentaetigkeiten/ Übersichtseite Nebentätigkeiten], Website Landtag Rheinland-Pfalz, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016</ref> Im März 2016 bestätigte der Präsident des saarländischen Landtags entsprechende Pläne für sein Bundesland.<ref>[http://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaft/einkuenfte_politiker100.html Politiker sollen Einkünfte offenlegen], Saarländischer Rundfunk, 4. März 2016, zuletzt aufgerufen am 19.10.2016</ref> ==Weiterführende Informationen== *Otto-Brenner-Stiftung: [https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/informationsseiten-zu-studien/aufstocker-im-bundestag- Aufstocker im Bundestag, Bilanz der Nebenverdienste der Abgeordneten in der 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestags. Juli 2021] *LobbyControl: [http://www.lobbycontrol.de/2013/06/schwarz-gelb-versagt-beim-lobbyismus/ Lobbyreport 2013]. Die Lobbyismus-Debatte 2009-2013: Eine Bilanz der schwarz-gelben Regierungszeit. Juni 2013. *Nina Katzemich/ Ulrich Müller: [http://www.lobbycontrol.de/download/nebentaetigkeiten-studie2009.pdf Nebentätigkeiten der Bundestagsabgeordneten: Transparenz ungenügend]. 2009. LobbyControl-Studie zur Umsetzung der neuen Transparenzregeln (pdf). *Christina Deckwirth: [https://www.lobbycontrol.de/2015/10/vw-affaere-fragwuerdiger-interessenkonflikt-im-bundestag/ VW-Affäre: Fragwürdiger Interessenkonflikt im Bundestag], lobbycontrol.de vom 19.10.2015 Auf diesen Webseiten können Sie die Nebeneinkünfte einsehen: *Auswertung der Nebeneinkünfte von Landtagsabgeordneten: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/nebeneinkuenfte-in-den-landtagen-das-sind-die-top-verdiener-a-1136866.html Deutsche Landesparlamente Was Abgeordnete nebenher verdienen], Spiegel Online, 8.März 2017, zuletzt aufgerufen am 8.3.2017 *Open Data City: [http://apps.opendatacity.de/nebeneinkuenfte/ Recherchetool: Nebeneinkünfte Bundestagabgeordnete (18. Wahlperiode)] *Open Data City: [http://apps.opendatacity.de/nebeneinkuenfte-recherche/ Nebeneinkünfte der Abgeordneten im Deutschen Bundestag] *Hessen: Der Landtag veröffentlicht seit Juli 2015 die [https://www.hessen.de/regierung/spitzenpersonal/mandate-mitgliedschaften-und-nebentaetigkeiten Nebeneinkünfte der hessischen Landtagsabgeordneten] *Abgeordnetenwatch veröffentliche im August 2015 eine [https://www.abgeordnetenwatch.de/nebeneinkuenfte2015 Auswertung der Nebeneinkünfte] von Parlamentariern des Deutschen Bundestags. *Transparecy International: 45% der Abgeordneten im Europäischen Parlament haben Nebeneinkünfte <ref>[http://www.transparencyinternational.eu/2016/03/inside-job-when-meps-are-lobbyists/ Inside Jobs: When MEPs are lobbyists], Pressemitteilung Transparecy International, 21. März 2016, zuletzt aufgerufen am 23.3.2016</ref> *Die [http://www.landtag.brandenburg.de/de/parlament/abgeordnete/a-z/395887 Abgeordneten im Brandenburger Landtag] müssen ihre Nebeneinkünfte angeben. Diese scheinen aber teilweise lückenhaft zu sein.<ref>[http://www.maz-online.de/Brandenburg/Angaben-zu-Nebeneinkuenften-lueckenhaft-und-alt Angaben zu Nebeneinkünften lückenhaft und alt], Märkische Allgemeine Zeitung, 2. März 2016, zuletzt aufgerufen am 13. April 2016</ref> {{spendenbanner}} ==Einzelnachweise== <references /> [[Kategorie:Nebeneinkünfte]] [[Kategorie:Sachverhalt+Vorgang]] [[Kategorie:Lobby-Regulierung]]
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Bundestagsabgeordnete können unbegrenzt '''Nebentätigkeiten''' aufnehmen und '''Nebeneinkünfte''' erzielen. Das wirft immer wieder die Frage nach möglichen Interessenkonflikten und der Unabhängigkeit der Abgeordneten auf. |
Bundestagsabgeordnete können unbegrenzt '''Nebentätigkeiten''' aufnehmen und '''Nebeneinkünfte''' erzielen. Das wirft immer wieder die Frage nach möglichen Interessenkonflikten und der Unabhängigkeit der Abgeordneten auf. |
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− | Laut einer [https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/informationsseiten-zu-studien/aufstocker-im-bundestag-iv/ Studie der Otto-Brenner-Stiftung vom Juli 2021] hat etwas mehr als ein Drittel der Abgeordneten in der |
+ | Laut einer [https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/informationsseiten-zu-studien/aufstocker-im-bundestag-iv/ Studie der Otto-Brenner-Stiftung vom Juli 2021] hat etwas mehr als ein Drittel der Abgeordneten in der 19. Legislaturperiode Nebeneinkünfte von insgesamt geschätzt etwa 53 Millionen Euro erzielt.<ref>[https://www.sueddeutsche.de/politik/nebeneinkuenfte-bundestag-abgeordnete-studie-otto-brenner-stiftung-1.5347565?sc_src=email_2535858&sc_lid=208943462&sc_uid=DP7Ap9e2ae&sc_llid=14748&utm_medium=email&utm_source=emarsys&utm_content=www.sueddeutsche.de%2Fpolitik%2Fnebeneinkuenfte-bundestag-abgeordnete-studie-otto-brenner-stiftung-1.5347565&utm_campaign=SZ_am_Morgen_Samstag_100721 Nebeneinkünfte der Abgeordneten stark gestiegen], sueddeutsche.de vom 10.07.2021, abgerufen am 13.07.2021</ref> Danach gehen 62 Prozent der FDP-Abgeordneten einer Nebentätigkeit nach, bei der Union sind es 43 Prozent, es folgen AfD (32 Prozent), Linke (26 Prozent), SPD (22 Prozent) und die Grünen (21 Prozent). |
Siehe auch: [[Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland]] |
Siehe auch: [[Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland]] |
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Abgeordnete müssen also nicht neutral sein, und ein Eintreten für bestimmte Einzelinteressen ist durchaus legitim. Finanzielle Abhängigkeiten können allerdings das unabhängige Mandat und seine freie Ausübung gefährden. Wie die Richtergruppe Broß in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juli 2007 betont, zielt das Nicht-Gebundensein an Aufträge und Weisungen auch auf die Unabhängigkeit von Interessengruppen, die mit finanziellen oder anderen Anreizen Sonderinteressen durchzusetzen versuchen. Nur unabhängig von solchen (zahlenden) Interessengruppen können Abgeordnete „Vertreter des ganzen Volkes“ sein. Auch eine Berufstätigkeit bietet „vielfältige Möglichkeiten, politischen Einfluss durch ein Bundestagsmandat für die außerhalb des Mandats ausgeübte Berufstätigkeit gewinnbringend zu nutzen, und gerade von dieser Möglichkeit gehen besondere Gefahren für die Unabhängigkeit der Mandatsausübung“ aus.<ref name="BVG-PM">[https://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg07-073.html Bundesverfassungsgericht: Klage der Abgeordneten gegen Offenlegung von Einkünften erfolglos], PM 73/2007 vom 04.07.2007, abgerufen am 21.10.2016</ref> |
Abgeordnete müssen also nicht neutral sein, und ein Eintreten für bestimmte Einzelinteressen ist durchaus legitim. Finanzielle Abhängigkeiten können allerdings das unabhängige Mandat und seine freie Ausübung gefährden. Wie die Richtergruppe Broß in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juli 2007 betont, zielt das Nicht-Gebundensein an Aufträge und Weisungen auch auf die Unabhängigkeit von Interessengruppen, die mit finanziellen oder anderen Anreizen Sonderinteressen durchzusetzen versuchen. Nur unabhängig von solchen (zahlenden) Interessengruppen können Abgeordnete „Vertreter des ganzen Volkes“ sein. Auch eine Berufstätigkeit bietet „vielfältige Möglichkeiten, politischen Einfluss durch ein Bundestagsmandat für die außerhalb des Mandats ausgeübte Berufstätigkeit gewinnbringend zu nutzen, und gerade von dieser Möglichkeit gehen besondere Gefahren für die Unabhängigkeit der Mandatsausübung“ aus.<ref name="BVG-PM">[https://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg07-073.html Bundesverfassungsgericht: Klage der Abgeordneten gegen Offenlegung von Einkünften erfolglos], PM 73/2007 vom 04.07.2007, abgerufen am 21.10.2016</ref> |
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− | Siehe zu den geltenden Regeln: [[Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland |
+ | Siehe zu den geltenden Regeln: [[Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten in Deutschland]]
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− | Gemäß § 49 AbgG müssen Abgeordnete in parlamentarischen Ausschüssen einen Interessenkonflikt anzeigen, wenn sie sich zu Themen äußern, mit denen sie sich auch entgeltlich befassen. Interessenkonflikte müssen von Berichterstatter:innen vor einer Wortmeldung zum Thema konkret (und nicht nur generell) offengelegt werden und werden im Ausschussbericht veröffentlicht. |
+ | Gemäß § 49 AbgG müssen Abgeordnete in parlamentarischen Ausschüssen einen Interessenkonflikt anzeigen, wenn sie sich zu Themen äußern, mit denen sie sich auch entgeltlich befassen. Interessenkonflikte müssen von Berichterstatter:innen vor einer Wortmeldung zum Thema konkret (und nicht nur generell) offengelegt werden und werden im Ausschussbericht veröffentlicht. Mangels gesetzlicher Bestimmung obliegt die Einordnung einer persönlichen und sachlichen Verstrickung als Interessenskonflikt laut Gesetz der Parlamentarier:in selbst.
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+ | Ein Fall von Befangenheit wird in der deutschen Zivilprozessordnung in § 42 Abs. 2 ZPO dann angenommen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. |
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Eine solche klare Definition muss auch in das Abgeordnetengesetz integriert werden. |
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===Befangenheitsregelung=== |
===Befangenheitsregelung=== |
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Weil allein die Benennung von Interessenskonflikten ohne konkrete Verhaltensregeln für Abgeordnete keinen Gewinn bringt, ist die Entwicklung einer Befangenheitsregel durch den Bundestag erforderlich. Nach dieser sollten sich Abgeordnete mit gravierenden Interessenkonflikten aus bestimmten Prozessen heraushalten müssen, sofern der Konflikt nicht anderweitig gelöst werden kann. |
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Dabei kann es nicht die Lösung sein, Abgeordnete pauschal von Beratungen oder Abstimmungen auszuschließen, allein weil sie etwa durch ihren Beruf von einem Gesetz oder einer Entscheidung selbst indirekt betroffen sind. Aber für herausragende Positionen, etwa für Berichterstatter:innen, sollte es strengere Regeln geben: So sollte es beispielsweise nicht möglich sein, Berichterstatter:in in einem Vergabeverfahren zu sein, wenn die Betroffene zugleich mit einem der beteiligten Unternehmen direkt verbunden ist und Nebeneinkünfte von dort bezieht.<ref>[https://www.lobbycontrol.de/2021/05/konsequenzen-aus-unions-skandalen-deutlich-strengere-regeln-fuer-abgeordnete/ Konsequenzen aus Unions-Skandalen: Deutlich strengere Regeln für Abgeordnete - Weitere Schritte nötig], LobbyControl-Blog vom 03.05.2021, aufgerufen am 13.12.2021.</ref> |
Dabei kann es nicht die Lösung sein, Abgeordnete pauschal von Beratungen oder Abstimmungen auszuschließen, allein weil sie etwa durch ihren Beruf von einem Gesetz oder einer Entscheidung selbst indirekt betroffen sind. Aber für herausragende Positionen, etwa für Berichterstatter:innen, sollte es strengere Regeln geben: So sollte es beispielsweise nicht möglich sein, Berichterstatter:in in einem Vergabeverfahren zu sein, wenn die Betroffene zugleich mit einem der beteiligten Unternehmen direkt verbunden ist und Nebeneinkünfte von dort bezieht.<ref>[https://www.lobbycontrol.de/2021/05/konsequenzen-aus-unions-skandalen-deutlich-strengere-regeln-fuer-abgeordnete/ Konsequenzen aus Unions-Skandalen: Deutlich strengere Regeln für Abgeordnete - Weitere Schritte nötig], LobbyControl-Blog vom 03.05.2021, aufgerufen am 13.12.2021.</ref> |
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===Möglichkeiten der Regelung und Lösung von Interessenskonflikten - und internationale Vorbilder=== |
===Möglichkeiten der Regelung und Lösung von Interessenskonflikten - und internationale Vorbilder=== |
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− | * ''' |
+ | * '''Entscheidung von Fall zu Fall''' |
− | : Denkbar ist, dass etwa in Ausschusssitzungen die Teilnehmer:innen nach der Anzeige eines klar definierten Interessenskonflikts (dessen Nichtanzeige bei Bekanntwerden auch Sanktionen nach sich ziehen muss) im |
+ | : Denkbar ist, dass etwa in Ausschusssitzungen die Teilnehmer:innen nach der Anzeige eines klar definierten Interessenskonflikts (dessen Nichtanzeige bei Bekanntwerden auch Sanktionen nach sich ziehen muss) im Kollegium darüber befinden, ob tatsächlich ein Fall der Befangenheit vorliegt. Ist ein Fall von Befangenheit festgestellt, entscheidet das Kollegium nach gesetzlichem Rahmen, welche Verhaltenskonsequenz im konkreten Fall angemessen erscheint. |
*'''Österreich''' |
*'''Österreich''' |
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*'''Großbritannien''' |
*'''Großbritannien''' |
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+ | :* Es herrschen weitreichende Offenlegungspflichten bezüglich allem, was einen Interessenskonflikt erzeugen könnte |
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+ | :* Ein Register über private finanzielle Interessen wird geführt (150 (2) (a) Standing of the House of Commons) |
− | :* |
+ | :* Ein Commissioner of Standards wird aus der Mitte des Parlaments berufen (150 Standing of the House of Commons) |
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+ | :* Ein Commitee on Standards überprüft die durch den Commissioner geführte Liste über private Interessen und entscheidet über Sanktionen, die der Commissioner bei Pflichtverletzungen vorschlägt (146 (1) (a) [https://publications.parliament.uk/pa/cm201719/cmstords/1020/body.html Standing Order of the House of Commons]). |
*'''Kanada''' |
*'''Kanada''' |
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:* Ein [https://www.ourcommons.ca/About/StandingOrders/appa1-e.htm Conflict of Interest Code for Members of the House of Commons] regelt das Vorliegen von Interessenskonflikten und resultierende Verhaltenspflichten: |
:* Ein [https://www.ourcommons.ca/About/StandingOrders/appa1-e.htm Conflict of Interest Code for Members of the House of Commons] regelt das Vorliegen von Interessenskonflikten und resultierende Verhaltenspflichten: |
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:** klare Definition von "Vorteil", "Beförderung privater Interessen", "Familienangehörige" (No. 3) |
:** klare Definition von "Vorteil", "Beförderung privater Interessen", "Familienangehörige" (No. 3) |
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− | :* |
+ | :* Dem Code sind Zwecke vorangestellt (No. 2): |
− | :**Auflösung des Konflikts zugunsten des öffentlichen Interesses, sofern dessen Vermeidung nicht möglich (2 |
+ | :**Auflösung des Konflikts zugunsten des öffentlichen Interesses, sofern dessen Vermeidung nicht möglich (No. 2 d) |
− | :**Verzicht auf Vorteile |
+ | :**Verzicht auf Vorteile, wenn diese den Eindruck von Beeinträchtigung von Urteilsvermögen und Integrität erwecken können (No. 2 e)
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:* Pflicht zur Anzeige des Vorliegens eines Konflikts (No. 12) |
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:* Verbot von: |
:* Verbot von: |
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:**Förderung privater Interessen (No. 8) |
:**Förderung privater Interessen (No. 8) |
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:**Beeinflussung (No. 9) |
:**Beeinflussung (No. 9) |
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− | :** Nutzung von Insiderwissen (No. 10 |
+ | :** Nutzung von Insiderwissen (No. 10) |
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:** Verbot zur Teilnahme an Debatten und Abstimmungen zu Themen, an denen er ein privates Interesse hat (No. 13) |
:** Verbot zur Teilnahme an Debatten und Abstimmungen zu Themen, an denen er ein privates Interesse hat (No. 13) |
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