Europäische Arzneimittelagentur: Unterschied zwischen den Versionen

(Fallstudien und Kritik)
(Fallstudien und Kritik)
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Hauptsitz London
Gründung 1995
Tätigkeitsbereich Arzneimittel
Mitarbeiter ca. 440
Etat
Webadresse www.ema.de

Die Europäische Arzneimittelagentur (engl. European Medicines Agency, EMA) ist eine in London ansässige EU-Agentur, die für die Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln zuständig ist. Sie entscheidet, ob Arzneimittel auf dem europäischen Markt angeboten werden dürfen.

Kurzdarstellung und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Europäische Arzneimittelagentur wurde 1995 gegründet und hat ihren Sitz in London. Die EU-Agentur soll die Gesundheit von Mensch und Tier fördern und schützen, indem sie die Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln beurteilt.[1] Die EMA prüft Anträge von Unternehmen, die Arzneimittel im Europäischen Wirtschaftsraum (den EU-Staaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen) verkaufen möchten. Erst wenn das Medikament von der EMA für sicher und wirksam befunden, und eine Genehmigung ausgestellt wurde, darf es in Verkehr gebracht werden. Doch auch wenn das Arzneimittel bereits auf dem Markt ist, muss die EMA sich laufend versichern, dass das Produkt allen Standards entspricht und es gegebenenfalls vom Markt nehmen. [1] Dabei fallen aber nicht alle Arzneimittel in den Kompetenzbereich der EMA; ausgenommen sind etwa solche, die durch nationale Behörden genehmigt wurden.[2]

Die Forschung ist ein weiteres Feld, in dem sich die EMA betätig: Die Agentur berät forschende Arzneimittelunternehmen bei der Entwicklung neuer medizinischer Produkte. Außerdem unterstützt sie die EU bei der Zusammenarbeit mit Drittstaaten sowie internationalen Organisationen, zum Beispiel der WHO.[1]

Organisationsstruktur und Personal[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Europäische Arzneimittelagentur wird von ihrem Verwaltungsrat geleitet, der sich aus 35 Personen zusammensetzt: Jeweils ein Mitglied wird von den EU-Mitgliedstaaten entsandt, jeweils zwei Vertreter von EU-Kommission, Parlament und Patientenverbänden sowie jeweils eine Vertreter von Ärzte- und Tierärzteverbänden. Liechtenstein, Norwegen und Island sind im Verwaltungsrat jeweils durch einen Beobachter vertreten.[3] Die Mitglieder des Verwaltungsrats werden auf 3 Jahre ernannt und sollen im öffentlichen Interesse handeln, nicht als Vertreter ihres entsendenden Staates bzw. ihrer Organisation. Der Verwaltungsrat der EMA ist mit Haushaltsangelegenheiten betraut und soll die effiziente Arbeitsweise der Agentur gewährleisten.[4]

Guido Rasi ist seit November 2011 der geschäftsführende Direktor der EMA und damit deren Vertreter. Er ist zuständig für die operativen Angelegenheiten der Agentur, das Personalmanagement und legt jährlichen Arbeitsplan fest. Andreas Pott ist Rasis Stellvertreter sowie Leiter der Verwaltung.[5]

Die wissenschaftliche Bewertung von Arzneimitteln wird von Komitees vorgenommen, die sich aus Wissenschaftlern aus den beteiligten Staaten, Vertretern von Patientenverbänden, Verbraucherschutz und dem Gesundheitswesen zusammensetzen.[2] Insgesamt kann die EMA auf einen Pool von über 4.500 Experten zurückgreifen.[4]


Seitenwechsler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Europäische Arzneimittelagentur wurde wegen ihren Fällen von Seitenwechslern schon mehrfach mit negative Schlagzeilen konfrontiert. Gerade die Häufigkeit, mit der sie auftreten, kratzt am Ansehen der Agentur. Um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen, rügte die EMA ihre Seitenwechsler im Nachhinein und wies auf die Richtlinien hin, insbesondere Titel II, 16(96), die ehemalige Mitarbeiter bei der Wahl eines künftigen Arbeitgebers beachten sollen. Dass deren Durchsetzung in der Praxis aber problematisch ist, räumte selbst Guido Rasi, seit 2011 Direktor der EMA, ein: Die Agentur stünden nur in begrenztem Maße Instrumente zur Verfügung, mit denen die Umsetzung der Richtlinien garantiert werden könnten.[6] Jedoch implementierte die EMA keine verpflichtende Karenzzeit für ihre Mitarbeiter, die die Gefahr eines allgemeinwohlgefährdenden Interessenkonflikts schon minimieren würde.[7] Diese gravierenden Fälle des Drehtür-Effekts ließen selbst das Europäische Parlament an der Unabhängigkeit der Agentur zweifeln.[8]

Im Juni 2012 trat ein neues Verfahren („breach of trust procedure“) in Kraft, welches festlegt, wie in Zukunft mit solchen Fällen umgegangen werden soll.[9]


Thomas Lönngren: Ehemaliger EMA-Direktor wird Berater der Pharmaindustrie

Thomas Lönngren war zehn Jahre lang, bis zum 31. Dezember 2010, Direktor der Europäischen Arzneimittelagentur. Direkt im Anschluss, am 1. Januar 2011, wechselte er ins Management von NDA, einer Beratungsagentur für Arzneimittelunternehmen.[10] Lönngren wurde außerdem nicht-geschäftsführender Direktor der australischen Biotech-Firma CBio Limited.[11]

Was diesen Seitenwechsel besonders bedenklich macht ist, dass Lönngren nun für Pharmakonzerne arbeitet, deren Produkte er vorher prüfen und gegebenenfalls vom Europäischen Markt nehmen sollte.[12] Dabei beriet er die Unternehmen auch dahingehend, wie ihre neuen Medikamente den Prüfungsprozess der EMA erfolgreich bestehen können – und diesen kennt Lönngren als ehemaliger Direktor wie kein Zweiter.[13] Die EMA genehmigte den Wechsel und vertraut auf die Integrität ihres ehemaligen Direktors. Nachdem NGOs und einzelne Abgeordnete des Europäischen Parlaments aber scharfe Kritik an der Genehmigung äußerten, formulierte die EMA Restriktionen: Lönngren soll sich beruflich etwa nicht mit EMA-Mitarbeitern treffen oder Dritte bei Gesprächen mit der Agentur vertreten.[11] Ob solche Regeln das Problem vollends lösen, ist kaum vorstellbar: Denn Lönngren nimmt sein Netzwerk und die Kontakte, die er während seiner Zeit als Direktor der EMA erwarb, in seinen neuen Job mit - Restriktionen hin oder her. Außerdem fordert die Agentur von ihren ehemaligen Mitarbeitern keine Karenzzeit einzuhalten, bevor sie als Berater zu Pharmakonzernen wechseln.[14][15] Viel effektiver wäre es also gewesen eine Karenzzeit zu implementieren oder - noch besser - einen Wechsel eines EMA-Mitarbeitern zu Pharmakonzernen komplett zu unterbinden.[11]

Im Januar 2012 wurde publik, dass Thomas Lönngren sein eigenes Beratungsunternehmen gründete, Pharma Executive Consulting Ltd., noch während er EMA-Direktor war.[16]


Vincenzo Salvatore: Vom Anwalt der EMA, zum Anwalt der Pharmaindustrie

Der Anwalt Vicenzo Salvatore war von November 2004 bis zum 15. Juni 2012 bei der EMA als Leiter der Rechtsabteilung tätig. Nur eine Woche später trat er seinen Dienst bei Sidley Austin an, einer US-Amerikanischen Anwaltskanzlei, die ihre rund 1700 Anwälte auf 18 Städte über den ganzen Globus verteilt hat.[17] Laut Sidley Austin hat Salvatore in seinem neuen Job die Aufgabe, Life-Science Unternehmen zu beraten, wenn es um EU-Regulationen und gesetzgeberische Prozesse geht.[18]

Die EMA war über den Wechsel ihres ehemaligen Mitarbeiters wenig erfreut - nicht zuletzt, da er ihr heftige Kritik und negative Schlagzeilen bescherte. Ein gemischter Ausschuss der EMA befasste sich deshalb mit dem Fall. Der Ausschuss bewilligte den Wechsel zwar, stellte aber Forderungen: Salvatore darf sich weder mit Fällen befassen, die direkt oder indirekt mit der EMA in Verbindung stehen, noch darf er innerhalb der nächsten zwei Jahre in eine Führungsposition eines Pharmakonzerns wechseln.[19]

Doch sind es natürlich gerade diese Tätigkeiten, die Vicenzo Salvatore für Sidley Austin interessant macht. George Petrow ist auch für Sidley Austin tätig und preißt seinen neuen Kollegen folgerndermaßen:

Vincenzo is internationally recognized for his deep understanding of the EMA and the complex regulatory and enforcement environment in which the life sciences industry operates. He will be a tremendous asset to our clients, particularly those pharmaceutical and biotech companies that currently do business in Europe or are considering entering that market.[20]

Und was sagt Vicenzo Salvatore selbst dazu? Er sieht in seinem Wechsel natürlich kein Problem, denn: "there is nothing to stop people working in their field of expertise."[21]


Xavier Luria: Ehemaliger Leiter des Bereichs Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln

Ein weiteres Beispiel für einen Seitenwechsler aus den Reihen der EMA-Mitarbeiter ist Xavier Luria. Bei der EMA leitete Luria den Bereich Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln, seit März 2012 ist er nun als Berater unter anderem für Trial Form Support, NDA Partners, Oryzon und Kinesys Consulting UK tätig – allesamt Pharmaunternehmen oder deren Beratunungsdienstleister.[22]

Fallstudien und Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

EMA hält am umstrittenen Krebsmedikament Avastin fest

Avastin wird von dem Schweizer Pharmakonzern Roche hergestellt und ist seit 2005 als Mittel gegen Darmkrebs registriert. Im Laufe der Zeit erhielt es Zulassungen als Mittel gegen weitere Krebsarten, schließlich auch gegen Brustkrebs. Heute ist es eines der teuersten und zugleich meistverkauften Medikamente im Kampf gegen den Krebs – nicht zuletzt da Roche es nahezu als 'Wundermittel' anpries.[23] Die Brustkrebsbehandlung mit Avastin kostet pro Jahr etwa 20-mal mehr als eine Chemotherapie.[24]

Während die EMA den Einsatz des Medikaments Avastin im Juni 2011 gegen Brustkrebs erweiterte, entzog ihr US-Amerikanisches Pendant, die Food and Drug Administration, Avastin die Genehmigung als Mittel gegen Brustkrebs ganz. In den USA darf Avastin zwar noch als Mittel gegen andere Krebsarten eingesetzt werden; bei Brustkrebspatientinnen sei aber durch das Medikament kein Nutzen entstanden, der die erheblichen Nebenwirkungen aufwöge. Im Speziellen konnte in der Praxis nicht nachgewiesen werden, dass das Medikament das Leben der Patientinnen verlängern oder zu einer verbesserten Lebensqualität führen kann.[23]

Warum sich jedoch die zuständigen Stellen in den USA und der EU bezüglich Avastin uneins sind, wirft Fragen auf. Und ein Blick auf die Zusammensetzung des EMA-Expertengremiums, das über die Zulassung des Medikaments entschied, deutet auf eine skandalöse Erklärung: Sechs der zehn 'unabhängigen Experten' der EMA stehen in direktem oder indirektem Kontakt zum Hersteller Roche. Prof. Lothar Bergmann zum Beispiel stand und steht in einem Beratungsverhältnis zu Roche – unter anderem für den Wirkstoff Bevacizumab, der auch in Avastin steckt.[25] Er selbst sieht darin kein Problem, seine Entscheidung beruhe auf Fakten. Allerdings ist es schwer vorstellbar, dass jemand einen Pharmahersteller erst bei der Produktion eines Medikaments berät, um es dann im entsprechenden Gremium wieder vom Markt zu nehmen. Und die EMA? Sie versucht einzulenken: Diejenigen Mediziner, die mit Roche in Verbindung stehen, seien nur beschränkt an der Entscheidungsfindung beteiligt gewesen. Dann stellt sich jedoch die Frage, warum sie überhaupt in dem Gremium saßen. Die Erklärungen sind also recht unbefriedigend.

Unterm Strich bleibt, dass der Konzern einen Weg gefunden hat, sein überteuertes und offenbar unwirksames Medikament auf den Markt zu bringen - und hat damit bisher rund 7 Milliarden Euro verdient.[24]

Weiterführende Informationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. 1,01,11,2 Agenturen der EU: Europäische Arzneimittel-Agentur, www.europa.eu/agencies, aufgerufen am 12.10.2012
  2. 2,02,1 EMA: What we do, www.ema.europa.eu, aufgerufen am 12.10.2012
  3. Management Board, www.ema.europa.eu, aufgerufen am 12.10.2012
  4. 4,04,1 8http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/about_us/general/general_content_000092.jsp&mid=WC0b01ac0580028a43 Who we are], www.ema.europa.eu, aufgerufen am 12.10.2012
  5. Executive Director, www.ema.europa.eu, aufgerufen am 12.10.2012
  6. Job revives %u2018revolving door%u2019 debate Job revives 'Revolving Door' Debate, www.ft.com, aufgerufen am 10.10.2012
  7. Block the revolving door: why we need to stop EU officials becoming lobbyists, www.alter-eu.org, aufgerufen am 11.10.2012
  8. EMA under Fire from European Parliament, www.pharmafile.com, aufgerufen am 12.10.2012
  9. Management Board Completes Framework for Conflicts of Interest, www.ema.europa.eu, aufgerufen am 12.10.2012
  10. NDA: Our Management, www.ndareg.com, aufgerufen am 10.10.2012
  11. 11,011,111,2 Block the revolving door: Why We Have to Stop EU-Offilials Becoming Lobbyists, www.alter-eu.org, aufgerufen am 11.10.2012
  12. Former EMA Chief Faces Job Scrutiny, www.ft.com, aufgerufen am 11.10.2012
  13. Open Letter to Commissioner Dalli concerning Thomas Lönngren, www.haieurope.org, aufgerufen am 12.10.2012
  14. Activities of former EMA Executive Director Thomas Lönngren, www.ema.europa.eu, aufgerufen am 11.10.2012
  15. Former EMA chief faces job scrutiny, www.ft.com, aufgerufen am 11.10.2012
  16. Ex-head of Europe's drug regulator set up consultancy while still in office, www.alter-eu.org, aufgerufen am 11.10.2012
  17. Vincenzo Salvatore, Head of Legal Service at the European Medicines Agency, Joins Sidley Austin as Senior Counsel, www.prnewswire.com, aufgerufen am 10.10.2012
  18. Our People: Vicenzo Salvatore, www.sidley.com, aufgerufen am 09.10.2012
  19. Revolving Door Watch: Vicenzo Salvatore, www.corporateeurope.org, aufgerufen am 10.10.2012
  20. Vincenzo Salvatore, Head Of Legal Service At The European Medicines Agency, Joins Sidley Austin As Senior Counsel, www.sidley.com, aufgerufen am 10.10.2012
  21. Medicines Agency probes conflict of Interest, www.ft.com, aufgerufen am 05.10.2012
  22. Revolving Door Watch: Xavier Luria, www.corporateeurope.org, aufgerufen am 11.10.2012
  23. 23,023,1 Fragwürdige Expertise: Lobbyarbeit für Krebsmedikament? www.wdr.de, aufgerufen am 02.10.2012
  24. 24,024,1 Krebsmittel Avastin: Die 100.000-Franken-Therapie www.zeit.de, aufgerufen am 02.10.2012
  25. Public Declaration of Interests and Confidentiality Undertaking of European Medicines, Prof. Lothar Bergmann, www.ema.europa.eu/ema, aufgerufen am 02.10.2012
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        Die '''Europäische Arzneimittelagentur''' ''(engl. European Medicines Agency, EMA)'' ist eine in London ansässige [[EU-Agenturen|EU-Agentur]], die für die Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln zuständig ist. Sie entscheidet, ob Arzneimittel auf dem europäischen Markt angeboten werden dürfen.
        

        ==Kurzdarstellung und Geschichte==
        
        Die Europäische Arzneimittelagentur wurde 1995 gegründet und hat ihren Sitz in London. Die [[EU-Agenturen|EU-Agentur]] soll die Gesundheit von Mensch und Tier fördern und schützen, indem sie die Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln beurteilt.<ref name=emaeuropa>[http://europa.eu/agencies/regulatory_agencies_bodies/policy_agencies/ema/index_de.htm Agenturen der EU: Europäische Arzneimittel-Agentur], www.europa.eu/agencies, aufgerufen am 12.10.2012</ref> Die EMA prüft Anträge von Unternehmen, die Arzneimittel im Europäischen Wirtschaftsraum (den EU-Staaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen) verkaufen möchten. Erst wenn das Medikament von der EMA für sicher und wirksam befunden, und eine Genehmigung ausgestellt wurde, darf  es in Verkehr gebracht werden. Doch auch wenn das Arzneimittel bereits auf dem Markt ist, muss die EMA sich laufend versichern, dass das Produkt allen Standards entspricht und es gegebenenfalls vom Markt nehmen. <ref name=emaeuropa/> Dabei fallen aber nicht alle Arzneimittel in den Kompetenzbereich der EMA; ausgenommen sind etwa solche, die durch nationale Behörden genehmigt wurden.<ref name=what>[http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/about_us/general/general_content_000091.jsp&mid=WC0b01ac0580028a42 EMA: What we do], www.ema.europa.eu, aufgerufen am 12.10.2012</ref>
        

        Die Forschung ist ein weiteres Feld, in dem sich die EMA betätig: Die Agentur berät forschende Arzneimittelunternehmen bei der Entwicklung neuer medizinischer Produkte. Außerdem unterstützt sie die EU bei der Zusammenarbeit mit Drittstaaten sowie internationalen Organisationen, zum Beispiel der WHO.<ref name=emaeuropa/>
        

        ==Organisationsstruktur und Personal==
        

        Die Europäische Arzneimittelagentur wird von ihrem Verwaltungsrat geleitet, der sich aus 35 Personen zusammensetzt: Jeweils ein Mitglied wird von den EU-Mitgliedstaaten entsandt, jeweils zwei Vertreter von EU-Kommission, Parlament und Patientenverbänden sowie jeweils eine Vertreter von Ärzte- und  Tierärzteverbänden. Liechtenstein, Norwegen und Island sind im Verwaltungsrat jeweils durch einen Beobachter vertreten.<ref>[http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/about_us/general/general_content_000098.jsp&mid=WC0b01ac0580028c2f Management Board], www.ema.europa.eu, aufgerufen am 12.10.2012</ref> Die Mitglieder des Verwaltungsrats werden auf 3 Jahre ernannt und sollen im öffentlichen Interesse handeln, nicht als Vertreter ihres entsendenden Staates bzw. ihrer Organisation. Der Verwaltungsrat der EMA ist mit Haushaltsangelegenheiten betraut und soll die effiziente Arbeitsweise der Agentur gewährleisten.<ref name=who>8http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/about_us/general/general_content_000092.jsp&mid=WC0b01ac0580028a43 Who we are], www.ema.europa.eu, aufgerufen am 12.10.2012</ref>
        

        Guido Rasi ist seit November 2011 der geschäftsführende Direktor der EMA und damit deren Vertreter. Er ist zuständig für die operativen Angelegenheiten der Agentur, das Personalmanagement und legt  jährlichen Arbeitsplan fest. Andreas Pott ist Rasis Stellvertreter sowie Leiter der Verwaltung.<ref>[http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/about_us/general/general_content_000097.jsp&mid=WC0b01ac05805040fa Executive Director], www.ema.europa.eu, aufgerufen am 12.10.2012</ref>
        

        Die wissenschaftliche Bewertung von Arzneimitteln wird von Komitees vorgenommen, die sich aus Wissenschaftlern aus den beteiligten Staaten, Vertretern von Patientenverbänden, Verbraucherschutz und dem Gesundheitswesen zusammensetzen.<ref name=what/> Insgesamt kann die EMA auf einen Pool von über 4.500 Experten zurückgreifen.<ref name=who/>
        

        ===Seitenwechsler===
        

        Die Europäische Arzneimittelagentur wurde wegen ihren Fällen von [[Seitenwechsler_im_Überblick|Seitenwechslern]] schon mehrfach mit negative Schlagzeilen konfrontiert. Gerade die Häufigkeit, mit der sie auftreten, kratzt am Ansehen der [[EU-Agenturen|Agentur]]. Um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen, rügte die EMA ihre Seitenwechsler im Nachhinein und wies auf die [http://ec.europa.eu/civil_service/docs/toc100_en.pdf Richtlinien] hin, insbesondere Titel II, 16(96), die ehemalige Mitarbeiter bei der Wahl eines künftigen Arbeitgebers beachten sollen. Dass deren Durchsetzung in der Praxis aber problematisch ist, räumte selbst Guido Rasi, seit 2011 Direktor der EMA, ein: Die [[EU-Agenturen|Agentur]] stünden nur in begrenztem Maße Instrumente zur Verfügung, mit denen die Umsetzung der Richtlinien garantiert werden könnten.<ref>[http://www.ft.com/intl/cms/s/0/3ad36b6c-df07-11e1-97ea-00144feab49a.html#axzz28sfHqFnS Job revives %u2018revolving door%u2019 debate Job revives 'Revolving Door' Debate], www.ft.com, aufgerufen am 10.10.2012</ref> Jedoch implementierte die EMA keine verpflichtende [[Karenzzeit]] für ihre Mitarbeiter, die die Gefahr eines allgemeinwohlgefährdenden Interessenkonflikts schon minimieren würde.<ref>[http://www.alter-eu.org/sites/default/files/AlterEU_revolving_doors_report.pdf Block the revolving door: why we need to stop EU officials becoming lobbyists], www.alter-eu.org, aufgerufen am 11.10.2012</ref> Diese gravierenden Fälle des [[Drehtür-Effekt|Drehtür-Effekts]] ließen selbst das Europäische Parlament an der Unabhängigkeit der Agentur zweifeln.<ref>[http://www.pharmafile.com/news/156464/ema-under-fire-european-parliament EMA under Fire from European Parliament], www.pharmafile.com, aufgerufen am 12.10.2012</ref>
        

        Im Juni 2012 trat ein neues Verfahren („breach of trust procedure“) in Kraft, welches festlegt, wie in Zukunft mit solchen Fällen umgegangen werden soll.<ref>[http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/news_and_events/news/2012/06/news_detail_001525.jsp&mid=WC0b01ac058004d5c1  Management Board Completes Framework for Conflicts of Interest], www.ema.europa.eu, aufgerufen am 12.10.2012</ref>
        

        '''Thomas Lönngren: Ehemaliger EMA-Direktor wird Berater der Pharmaindustrie'''
        

        Thomas Lönngren war zehn Jahre lang, bis zum 31. Dezember 2010, Direktor der Europäischen Arzneimittelagentur. Direkt im Anschluss, am 1. Januar 2011, wechselte er ins Management von NDA, einer Beratungsagentur für Arzneimittelunternehmen.<ref>[http://www.ndareg.com/index.php?our-management NDA: Our Management], www.ndareg.com, aufgerufen am 10.10.2012</ref> Lönngren wurde außerdem nicht-geschäftsführender Direktor der australischen Biotech-Firma CBio Limited.<ref name="eu">[http://www.alter-eu.org/sites/default/files/AlterEU_revolving_doors_report.pdf Block the revolving door: Why We Have to Stop EU-Offilials Becoming Lobbyists], www.alter-eu.org, aufgerufen am 11.10.2012</ref>
        

        Was diesen [[Seitenwechsler_im_Überblick|Seitenwechsel]] besonders bedenklich macht ist, dass Lönngren nun für Pharmakonzerne arbeitet, deren Produkte er vorher prüfen und gegebenenfalls vom Europäischen Markt nehmen sollte.<ref>[http://www.ft.com/intl/cms/s/0/8412aed0-425c-11e0-8b34-00144feabdc0.html#axzz28ypMnZcd Former EMA Chief Faces Job Scrutiny], www.ft.com, aufgerufen am 11.10.2012</ref> Dabei beriet er die Unternehmen auch dahingehend, wie ihre neuen Medikamente den Prüfungsprozess der EMA erfolgreich bestehen können – und diesen kennt Lönngren als ehemaliger Direktor wie kein Zweiter.<ref>[http://www.haieurope.org/wp-content/uploads/2011/02/25-Feb-2011-Joint-Open-Letter-to-European-Commission.pdf Open Letter to Commissioner Dalli concerning Thomas Lönngren], www.haieurope.org, aufgerufen am 12.10.2012</ref> Die EMA genehmigte den Wechsel und vertraut auf die Integrität ihres ehemaligen Direktors. Nachdem NGOs und einzelne Abgeordnete des Europäischen Parlaments aber scharfe Kritik an der Genehmigung äußerten, formulierte die EMA Restriktionen: Lönngren soll sich beruflich etwa nicht mit EMA-Mitarbeitern treffen oder Dritte bei Gesprächen mit der Agentur vertreten.<ref name="eu"/> Ob solche Regeln das Problem vollends lösen, ist kaum vorstellbar: Denn Lönngren nimmt sein Netzwerk und die Kontakte, die er während seiner Zeit als Direktor der EMA erwarb, in seinen neuen Job mit - Restriktionen hin oder her. Außerdem fordert die Agentur von ihren ehemaligen Mitarbeitern keine Karenzzeit einzuhalten, bevor sie als Berater zu Pharmakonzernen wechseln.<ref>[http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Press_release/2011/03/WC500103919.pdf Activities of former EMA Executive Director Thomas Lönngren], www.ema.europa.eu, aufgerufen am 11.10.2012</ref> <ref>[http://www.ft.com/intl/cms/s/0/8412aed0-425c-11e0-8b34-00144feabdc0.html#axzz28ypMnZcd Former EMA chief faces job scrutiny], www.ft.com, aufgerufen am 11.10.2012</ref> Viel effektiver wäre es also gewesen eine Karenzzeit zu implementieren oder - noch besser - einen Wechsel eines EMA-Mitarbeitern zu Pharmakonzernen komplett zu unterbinden.<ref name="eu"/>
        

        Im Januar 2012 wurde publik, dass Thomas Lönngren sein eigenes Beratungsunternehmen gründete, Pharma Executive Consulting Ltd., noch während er EMA-Direktor war.<ref>[http://www.alter-eu.org/press-releases/2012/01/27/ex-ema-director-set-up-consultancy-while-still-in-office Ex-head of Europe's drug regulator set up consultancy while still in office], www.alter-eu.org, aufgerufen am 11.10.2012</ref>
        

        '''Vincenzo Salvatore: Vom Anwalt der EMA, zum Anwalt der Pharmaindustrie'''
        

        Der Anwalt Vicenzo Salvatore war von November 2004 bis zum 15. Juni 2012 bei der EMA als Leiter der Rechtsabteilung tätig. Nur eine Woche später trat er seinen Dienst bei Sidley Austin an, einer US-Amerikanischen Anwaltskanzlei, die ihre rund 1700 Anwälte auf 18 Städte über den ganzen Globus verteilt hat.<ref>[http://www.prnewswire.com/news-releases/vincenzo-salvatore-head-of-legal-service-at-the-european-medicines-agency-joins-sidley-austin-as-senior-counsel-159497245.html Vincenzo Salvatore, Head of Legal Service at the European Medicines Agency, Joins Sidley Austin as Senior Counsel], www.prnewswire.com, aufgerufen am 10.10.2012</ref> Laut Sidley Austin hat Salvatore in seinem neuen Job die Aufgabe, Life-Science Unternehmen zu beraten, wenn es um EU-Regulationen und gesetzgeberische Prozesse geht.<ref>[http://www.sidley.com/vincenzo-salvatore Our People: Vicenzo Salvatore], www.sidley.com, aufgerufen am 09.10.2012</ref>
        

        Die EMA war über den Wechsel ihres ehemaligen Mitarbeiters wenig erfreut - nicht zuletzt, da er ihr heftige Kritik und negative Schlagzeilen bescherte. Ein gemischter Ausschuss der EMA befasste sich deshalb mit dem Fall. Der Ausschuss bewilligte den Wechsel zwar, stellte aber Forderungen: Salvatore darf sich weder mit Fällen befassen, die direkt oder indirekt mit der EMA in Verbindung stehen, noch darf er innerhalb der nächsten zwei Jahre in eine Führungsposition eines Pharmakonzerns wechseln.<ref>[http://corporateeurope.org/revolvingdoorwatch/case/vincenzo-salvatore Revolving Door Watch: Vicenzo Salvatore], www.corporateeurope.org, aufgerufen am 10.10.2012</ref>
        

        Doch sind es natürlich gerade diese Tätigkeiten, die Vicenzo Salvatore für Sidley Austin interessant macht. George Petrow ist auch für Sidley Austin tätig und preißt seinen neuen Kollegen folgerndermaßen:
        

        ''Vincenzo is internationally recognized for his deep understanding of the EMA and the complex regulatory and enforcement environment in which the life sciences industry operates. He will be a tremendous asset to our clients, particularly those pharmaceutical and biotech companies that currently do business in Europe or are considering entering that market.''<ref>[http://www.sidley.com/newsresources/newsandpress/detail.aspx?news=7079c4ae-830b-4e82-b9ab-f21b00b50e19 Vincenzo Salvatore, Head Of Legal Service At The European Medicines Agency, Joins Sidley Austin As Senior Counsel], www.sidley.com, aufgerufen am 10.10.2012</ref>
        

        Und was sagt Vicenzo Salvatore selbst dazu? Er sieht in seinem Wechsel natürlich kein Problem, denn: "''there is nothing to stop people working in their field of expertise.''"<ref>[http://www.ft.com/cms/s/0/c597b412-c6b4-11e1-95ea-00144feabdc0.html#axzz28K1AGos7 Medicines Agency probes conflict of Interest], www.ft.com, aufgerufen am 05.10.2012</ref>
        

        '''Xavier Luria: Ehemaliger Leiter des Bereichs Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln'''
        

        Ein weiteres Beispiel für einen [[Seitenwechsler_im_Überblick|Seitenwechsler]] aus den Reihen der EMA-Mitarbeiter ist Xavier Luria. Bei der EMA leitete Luria den Bereich Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln, seit März 2012 ist er nun als Berater unter anderem für Trial Form Support, NDA Partners, Oryzon und Kinesys Consulting UK tätig – allesamt  Pharmaunternehmen oder deren  Beratunungsdienstleister.<ref>[http://corporateeurope.org/revolvingdoorwatch/case/xavier-luria Revolving Door Watch: Xavier Luria], www.corporateeurope.org, aufgerufen am 11.10.2012</ref>
        

        ==Fallstudien und Kritik==
        

        '''EMA hält am umstrittenen Krebsmedikament Avastin fest'''
        

        Avastin wird von dem Schweizer Pharmakonzern Roche hergestellt und ist seit 2005 als Mittel gegen Darmkrebs registriert. Im Laufe der Zeit erhielt es Zulassungen als Mittel gegen weitere Krebsarten, schließlich auch gegen Brustkrebs. Heute ist es eines der teuersten und zugleich meistverkauften Medikamente im Kampf gegen den Krebs – nicht zuletzt da Roche es nahezu als 'Wundermittel' anpries.<ref name=wdr>[http://www.wdr.de/tv/monitor//sendungen/2012/0426/avastin.php5 Fragwürdige Expertise: Lobbyarbeit für Krebsmedikament?] www.wdr.de, aufgerufen am 02.10.2012</ref>
        
        Die Brustkrebsbehandlung mit Avastin kostet pro Jahr etwa 20-mal mehr als eine Chemotherapie.<ref name=zeit>[http://www.zeit.de/2012/12/CH-Avastin Krebsmittel Avastin: Die 100.000-Franken-Therapie] www.zeit.de, aufgerufen am 02.10.2012</ref>
        

        Während die EMA den Einsatz des Medikaments Avastin im Juni 2011 gegen Brustkrebs erweiterte, entzog ihr US-Amerikanisches Pendant, die Food and Drug Administration, Avastin die Genehmigung als Mittel gegen Brustkrebs ganz. In den USA darf Avastin zwar noch als Mittel gegen andere Krebsarten eingesetzt werden; bei Brustkrebspatientinnen sei aber durch das Medikament kein Nutzen entstanden, der die erheblichen Nebenwirkungen aufwöge. Im Speziellen konnte in der Praxis nicht nachgewiesen werden, dass das Medikament das Leben der Patientinnen verlängern oder zu einer verbesserten Lebensqualität führen kann.<ref name=wdr/>
        

        Warum sich jedoch die zuständigen Stellen in den USA und der EU bezüglich Avastin uneins sind, wirft Fragen auf. Und ein Blick auf die Zusammensetzung des EMA-Expertengremiums, das über die Zulassung des Medikaments entschied, deutet auf eine skandalöse Erklärung: Sechs der zehn 'unabhängigen Experten' der EMA stehen in direktem oder indirektem Kontakt zum Hersteller Roche. Prof. Lothar Bergmann zum Beispiel stand und steht in einem Beratungsverhältnis zu Roche – unter anderem für den Wirkstoff Bevacizumab, der auch in Avastin steckt.<ref>[file:///tmp/lbergmann_DI.pdf Public Declaration of Interests and Confidentiality Undertaking of European Medicines, Prof. Lothar Bergmann], www.ema.europa.eu/ema, aufgerufen am 02.10.2012</ref> Er selbst sieht darin kein Problem, seine Entscheidung beruhe auf Fakten. Allerdings ist es schwer vorstellbar, dass jemand einen Pharmahersteller erst bei der Produktion eines Medikaments berät, um es dann im entsprechenden Gremium wieder vom Markt zu nehmen. 
            
Und die EMA? Sie versucht einzulenken: Diejenigen Mediziner, die mit Roche in Verbindung stehen, seien nur beschränkt an der Entscheidungsfindung beteiligt gewesen. Dann stellt sich jedoch die Frage, warum sie überhaupt in dem Gremium saßen. Die Erklärungen sind also recht unbefriedigend.
        

        Unterm Strich bleibt, dass der Konzern einen Weg gefunden hat, sein überteuertes und offenbar unwirksames Medikament auf den Markt zu bringen - und hat damit bisher rund 7 Milliarden Euro verdient.<ref name=zeit/>
        

        ==Weiterführende Informationen==
        

        * [http://www.wdr.de/tv/monitor//sendungen/2012/0426/avastin.php5 Reportage von Monitor: Fragwürdige Expertise - Lobbyarbeit für Krebsmedikamente?], www.wdr.de, aufgerufen am 02.10.2012
        

        ==Einzelnachweise==
        <references />
        

        [[Kategorie:Institution]]
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Während die EMA den Einsatz des Medikaments Avastin im Juni 2011 gegen Brustkrebs erweiterte, entzog ihr US-Amerikanisches Pendant, die Food and Drug Administration, Avastin die Genehmigung als Mittel gegen Brustkrebs ganz. In den USA darf Avastin zwar noch als Mittel gegen andere Krebsarten eingesetzt werden; bei Brustkrebspatientinnen sei aber durch das Medikament kein Nutzen entstanden, der die erheblichen Nebenwirkungen aufwöge. Im Speziellen konnte in der Praxis nicht nachgewiesen werden, dass das Medikament das Leben der Patientinnen verlängern oder zu einer verbesserten Lebensqualität führen kann.<ref name=wdr/>
 
Während die EMA den Einsatz des Medikaments Avastin im Juni 2011 gegen Brustkrebs erweiterte, entzog ihr US-Amerikanisches Pendant, die Food and Drug Administration, Avastin die Genehmigung als Mittel gegen Brustkrebs ganz. In den USA darf Avastin zwar noch als Mittel gegen andere Krebsarten eingesetzt werden; bei Brustkrebspatientinnen sei aber durch das Medikament kein Nutzen entstanden, der die erheblichen Nebenwirkungen aufwöge. Im Speziellen konnte in der Praxis nicht nachgewiesen werden, dass das Medikament das Leben der Patientinnen verlängern oder zu einer verbesserten Lebensqualität führen kann.<ref name=wdr/>
   
Warum sich jedoch die zuständigen Stellen in den USA und der EU bezüglich Avastin uneins sind, wirft Fragen auf. Und ein Blick auf die Zusammensetzung des EMA-Expertengremiums, das über die Zulassung des Medikaments entschied, deutet auf eine skandalöse Erklärung: Sechs der zehn 'unabhängigen Experten' der EMA stehen in direktem oder indirektem Kontakt zum Hersteller Roche. Prof. Lothar Bergmann zum Beispiel stand und steht in einem Beratungsverhältnis zu Roche – unter anderem für den Wirkstoff Bevacizumab, der auch in Avastin steckt.<ref>[file:///tmp/lbergmann_DI.pdf Public Declaration of Interests and Confidentiality Undertaking of European Medicines, Prof. Lothar Bergmann], www.ema.europa.eu/ema, aufgerufen am 02.10.2012</ref> Er selbst sieht darin kein Problem, seine Entscheidung beruhe auf Fakten. Allerdings ist es schwer vorstellbar, dass jemand einen Pharmahersteller erst bei der Produktion eines Medikaments berät, um es dann im entsprechenden Gremium wieder vom Markt zu nehmen. Und die EMA? Sie versucht einzulenken: Diejenigen Mediziner, die mit Roche in Verbindung stehen, seien nur beschränkt an der Entscheidungsfindung beteiligt gewesen. Dann stellt sich jedoch die Frage, warum sie überhaupt in dem Gremium saßen. Die Erklärungen sind also recht unbefriedigend.
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Warum sich jedoch die zuständigen Stellen in den USA und der EU bezüglich Avastin uneins sind, wirft Fragen auf. Und ein Blick auf die Zusammensetzung des EMA-Expertengremiums, das über die Zulassung des Medikaments entschied, deutet auf eine skandalöse Erklärung: Sechs der zehn 'unabhängigen Experten' der EMA stehen in direktem oder indirektem Kontakt zum Hersteller Roche. Prof. Lothar Bergmann zum Beispiel stand und steht in einem Beratungsverhältnis zu Roche – unter anderem für den Wirkstoff Bevacizumab, der auch in Avastin steckt.<ref>[file:///tmp/lbergmann_DI.pdf Public Declaration of Interests and Confidentiality Undertaking of European Medicines, Prof. Lothar Bergmann], www.ema.europa.eu/ema, aufgerufen am 02.10.2012</ref> Er selbst sieht darin kein Problem, seine Entscheidung beruhe auf Fakten. Allerdings ist es schwer vorstellbar, dass jemand einen Pharmahersteller erst bei der Produktion eines Medikaments berät, um es dann im entsprechenden Gremium wieder vom Markt zu nehmen.  
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Und die EMA? Sie versucht einzulenken: Diejenigen Mediziner, die mit Roche in Verbindung stehen, seien nur beschränkt an der Entscheidungsfindung beteiligt gewesen. Dann stellt sich jedoch die Frage, warum sie überhaupt in dem Gremium saßen. Die Erklärungen sind also recht unbefriedigend.
   
 
Unterm Strich bleibt, dass der Konzern einen Weg gefunden hat, sein überteuertes und offenbar unwirksames Medikament auf den Markt zu bringen - und hat damit bisher rund 7 Milliarden Euro verdient.<ref name=zeit/>
 
Unterm Strich bleibt, dass der Konzern einen Weg gefunden hat, sein überteuertes und offenbar unwirksames Medikament auf den Markt zu bringen - und hat damit bisher rund 7 Milliarden Euro verdient.<ref name=zeit/>

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