Einfluss auf die Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung: Unterschied zwischen den Versionen

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Nachhaltigkeitsberichterstattung entstand als Ergänzung zur etablierten finanziellen Berichterstattung. Grund dafür war ein zunehmendes gesellschaftliches Interesse an Nachhaltigkeitsthemen und der Rolle von Unternehmen im ökologischen und sozialen Bereich. Seit dem Ende der 1990er Jahre entwickelte sich eine Vielzahl an freiwilligen Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichtsstandards und Rahmenwerken, die es Unternehmen ermöglichten, über ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft zu berichten. Mit dem Klimaabkommen von 2015 stieg das Engagement von Finanzakteuren im Nachhaltigkeitsbereich, was den Bedarf an verlässlichen und vergleichbaren Umwelt- und Nachhaltigkeitsdaten von Unternehmen erhöhte und den Ruf nach einheitlichen Berichtsstandards und regulatorischen Vorgaben lauter verstärkte.[1]

Als zentrale internationale Akteure haben sich die Global Reporting Initiative (GRI), die bereits seit 1997 Nachhaltigkeitsberichtsstandards entwickelt, das 2021 von der IFRS-Stiftung eingerichtete International Sustainability Standards Board (ISSB) sowie auf europäischer Ebene die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) etabliert. Diese Standardsetzer sind sowohl in ihrer Zusammensetzung als auch in ihren Methoden und Zielsetzungen verschieden.[2]


Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2022 verabschiedete die Europäische Union die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Die Ambition der EU war Nachhaltigkeitsberichterstattung auf eine Ebene mit Finanzberichterstattung zu heben.[3]

Die EU verpflichtet Unternehmen dazu, nach ESG-Kriterien zu berichten. ESG ist die Abkürzung für Environmental, Social und Governance (zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) und steht für die drei Säulen der Nachhaltigkeit. CSRD löst die weitestgehend als zahnlos betrachtete Non-Financial Reporting Directive (NFRD) ab.[4] Eine wichtige Novelle der CSRD sind Standards zu Nachhaltigkeitsberichterstattung, die European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Die Standards entscheiden, welche Informationen Unternehmen offenlegen müssen. Sie setzen einen Rahmen, wie Unternehmen zu ihren Wirkungen, Risiken und Möglichkeiten berichten. Die daraus resultierende Transparenz soll Greenwashing bekämpfen und den Kapitalmarkt befähigen, Finanzströme in nachhaltige Geschäftsmodelle zu leiten. Damit sind die ESRS ein entscheidendes Instrument des European Green Deal.[5]

Die Europäische Kommission übertrug mit der CSRD die Verantwortung für die Ausarbeitung von Vorschlägen zur technischen Ausgestaltung der Standards an die EFRAG. Diese war zuvor bereits für die Finanzberichterstattung zuständig, allerdings mit Fokus auf Engagement in dem International Accounting Standards Board (IASB) und dann der Interpretation dessen Vorschläge.

Aktuelle Entwicklungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Verabschiedung der CSRD und ESRS forderten insbesondere große Wirtschafts- und Branchenverbände „spürbare Entlastungen“ für Unternehmen. Auf nationaler wie europäischer Ebene machten sie sich verstärkt für Deregulierung stark – also für den Abbau vermeintlicher überhöhter bürokratischer Hürden und eine Vereinfachung regulatorischer Vorgaben.[6] Hierbei wird oft das zweifelhafte Narrativ des „Bürokratiemonsters“ bedient.[7] Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.

Ein entscheidender Vorstoß war hier die „Antwerp Declaration for a European Industrial Deal“, die im Februar 2024 von zunächst 73 Wirtschaftsführern aus 17 Sektoren unterzeichnet und später von über 1.300 Organisationen unterstützt wurde. Diese auf dem BASF-Gelände in Antwerpen präsentierte Erklärung forderte einen „European Industrial Deal“ als Ergänzung zum Green Deal und verlangte explizit einen umfassenden Aktionsplan zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, der regulatorische Inkohärenz, widersprüchliche Ziele, unnötige Komplexität in der Gesetzgebung und übermäßige Berichtspflichten beseitigen sollte.[83]

Die Unterzeichner forderten konkret die Entwicklung eines Omnibus-Vorschlags als erstes Gesetzgebungsvorhaben der nächsten EU-Institutionen, um Korrekturmaßnahmen für alle relevanten bestehenden EU-Verordnungen vorzulegen.[94] Der Begriff „Omnibus“ beschreibt ein Gesetzgebungspaket, welches zahlreiche Einzelgesetze überarbeitet und im Anschluss gemeinsam zu Abstimmung stellt.

Die Europäische Kommission griff die Forderungen dieser Lobbykampagne auf und verkündete – mit großen Überschneidungen im Wording – ein umfassendes Omnibus-Paket. Dieses verfolgt das Ziel, bestehende Nachhaltigkeitsvorschriften zu vereinfachen, insbesondere durch die Lockerung und zeitliche Verschiebung zentraler Berichtspflichten der CSRD. Neben der Reduktion des Anwendungsbereichs und einer Verlängerung von Umsetzungsfristen enthält der Omnibus insbesondere auch eine deutliche Reduktion der Berichtspflichten.[10]

Dabei ist bemerkenswert, dass selbst die bisher geforderten Nachhaltigkeitsberichte deutlich schlanker ausfallen als klassische Finanzberichte. Finanzberichterstattung wird einfach als gegeben hingenommen und nicht hinterfragt. Die vermeintlich hohe Bürde der über 1.000 Datenpunkte in den ESRS entpuppt sich jedoch als tendenziös. Aufgrund der in den ESRS vorgesehenen Wesentlichkeitsanalyse muss wohl kein Unternehmen so viele Daten veröffentlichen.

Dies bedeutet, dass Unternehmen in ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung nur über Themen berichten müssen, die entweder für ihr eigenes Geschäft wichtig sind oder mit denen sie wesentliche Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft haben.[11] So hatte beispielsweise der Großkonzern DHL für 2024 nur gegen vier der zehn themenspezifischen ESRS berichtet.[12] Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag. Zudem ist die Prüfung dieser ESG-Daten erfahrungsgemäß kostengünstiger als die längst zum Tagesgeschäft gehörenden Prüfungen im Bereich der Finanzberichterstattung.[13]. Darüber hinaus kann argumentiert werden, dass ESG-Daten die Externalisierung von Kosten verhindern und so indirekt mit in die Finanzdaten einfließen. In dieser Form könnten ESG-Daten so auch als Frühwarnsystem dienen und Unternehmen helfen, bessere Entscheidungen zu treffen. Umwelt- und Sozialverbände kritisieren, dass das erste Omnibuspaket – mit Fokus auf Nachhaltigkeitsberichterstattung, Sorgfaltspflichten und EU-Taxonomie ­– die Zivilgesellschaft ignoriert und damit Allgemeinwohlinteressen vernachlässigt. Dagegen stehe Vertreter:innen von Privatinteressen Tür und Tor offen.[14Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.

Akteure[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e. V. (DRSC)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verein Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e. V. (DRSC) interpretiert Standards der Unternehmensberichterstattung in Deutschland. Außerdem vertritt das DRSC Deutschland international in Fragen der Standards für Unternehmensberichterstattung und hat in dieser Rolle großen Einfluss auf deren technische Ausgestaltung.

Bis 2022 konzentrierte sich die Arbeit des DRSC ausschließlich auf Finanzberichterstattung. Dafür wurde es vom Bundesministerium der Justiz als nationales „privates Rechnungslegungsgremium“ (nach § 342q HGB) anerkannt. Das DRSC ist formal ein privater, als Verein (e.V.) organisierter Verband, kein staatliches Gremium. Die Satzung nennt den Vereinszweck ausdrücklich als „im gesamtwirtschaftlichen Interesse“. Eigene Angaben des DRSC sprechen vage von „selbstloser“ Tätigkeit; faktisch ist das DRSC aber kein gemeinnütziger Verband, sondern nach eigenem Bekunden Interessenvertreter der deutschen Wirtschaft in der Rechnungslegung.[15]

Mitglied kann jedes Unternehmen oder Bündnis werden, das Pflicht zur Rechnungslegung hat oder sich damit befasst. Die Satzung definiert fünf Segmente (A -E) – etwa kapitalmarktorientierte Industrie (A), nicht-börsennotierte Industrie (B), Banken (C), Versicherungen (D) und Wirtschaftsprüfung (E) – die gemeinsam „die unterschiedlichen Belange der an der Rechnungslegung Beteiligten“ repräsentieren sollen.[16] Tatsächlich entstammen alle Segmente der Wirtschaft; Verbände aus Umwelt- oder Sozialbereichen sind nicht vorgesehen.

Die Vereinsorgane nach Satzung (§6) sind die Mitgliederversammlung, ein Verwaltungsrat, ein Nominierungsausschuss und das Präsidium (Vorstand). Zudem gibt es zwei Fachgremien – eines für Finanzberichterstattung und eines für Nachhaltigkeitsberichterstattung – sowie einen Wissenschaftsbeirat.

Der DRSC finanziert sich nahezu vollständig aus Beiträgen seiner Mitgliedsunternehmen. Jahresbericht von 2023 zeigt zum Beispiel, dass rund 2,49 Millionen Euro aus Mitgliedsbeiträgen (gerade kapitalmarktorientierter Konzerne) einnahmen, gegenüber nur etwa 81.000 Euro aus sonstigen Erlösen. Öffentliche Gelder oder NGO-Spenden gibt es nicht. Das bedeutet, dass über 95% der Finanzierung aus der Privatwirtschaft stammen.[17]

Rolle in der Nachhaltigkeitsberichterstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Fachausschuss Nachhaltigkeitsberichterstattung des DRSC ist das zentrale Gremium zur fachlichen Beratung und Koordination von Themen der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland. Er beobachtet und bewertet regulatorische Entwicklungen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene und nimmt insbesondere Stellung zu Entwürfen der EFRAG.

Im Kontext der EFRAG-Struktur nimmt der Ausschuss eine wichtige Schnittstellenfunktion ein. Er begleitet die Arbeiten des Sustainability Reporting Technical Expert Group (SR TEG), in dem fachliche Entwürfe für Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards erarbeitet werden, sowie des Sustainability Reporting Board (SRB), das über deren Freigabe entscheidet. Hier entscheiden sich beispielsweise die Anzahl der verschiedenen Datenpunkte, wer diese Datenpunkte erheben muss (inklusive Ausnahmen), oder wann bestimmte Regeln in Kraft treten. Über das DRSC bringt Deutschland seine Positionen aktiv in diese Gremien ein. Auch in dem Administrative Board der EFRAG, das für Governance und strategische Ausrichtung zuständig ist, fungiert das DRSC als nationaler Ansprechpartner und Mittler. Als Vertreter des wirtschaftlich stärksten Landes der EU hat das DRSC damit erheblichen Einfluss auf die technische Ausgestaltung der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattung.[18]

Darüber hinaus liefert das DRSC Übersetzungen und Kommentare zu den neuen ESRS-Entwürfen und erstellt Studien für das Bundesjustizministerium.[19]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vertreter aus Umwelt- und Entwicklungsverbänden, Wirtschaftswissenschaftlern und Teilen der Presse sehen das DRSC kritisch.[20][21] Sie warnen vor demokratischen Defiziten und inhaltlicher Verzerrung.

Mandat: Ein von unter anderem NABU und Germanwatch in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zweifelt das Mandat des DRSC für dessen Arbeit zur Nachhaltigkeitsberichterstattung an – § 342q HGB ermächtige es nur zur Mitwirkung an der finanziellen Konzernrechnungslegung.[22] Ein Brief des Verwaltungsrats des DRSC bestätigt diese Sichtweise.[23] So schrieb er in einem Brief an das Bundesjustizministerium: „Das DRSC sollte nach Ansicht seines Verwaltungsrates in seiner Funktion als neutrale, dem Gesamtwohl der deutschen Wirtschaft verpflichtete Institution gesetzlich mandatiert werden, neben der Finanzberichterstattung auch im Bereich der Nachhaltigkeit diese Scharnierfunktion zu übernehmen.“[24]

Zudem soll das DRSC in seiner Arbeit das „öffentliche, insbesondere auch das gesamtwirtschaftlichen Interesse“ berücksichtigen. So steht es im Standardisierungsvertrag mit dem BMJ.[25] Doch in der Satzung des DRSC fällt das „öffentliche“ Interesse raus. Dort ist nur noch vom „gesamtwirtschaftlichen Interesse“ die Rede.[26]

NABU, Germanwatch, Südwind und 13 weitere Organisationen sprechen sich deshalb in einem offenen Brief für eine Novelle des HGB-Paragrafen 342q aus. Sie fordern darin einen klaren staatlichen Auftrag für einen nationalen Standardsetzer, der transparent, plural und am Gemeinwohl orientiert ist.[27] Der § 342q des HGB wurde bis heute nicht überarbeitet.

Struktur: Weil nur Unternehmen und Wirtschaftsverbände Mitglied werden können, fehlt ein unabhängiger Vertreter für Umwelt- oder Zivilgesellschaftsinteressen.[28]

Darüber hinaus gibt es ein starkes Ungleichgewicht zugunsten börsennotierter Unternehmen. So gehören etwa 2/3 der Mitglieder des DRSC auch dem Deutschen Aktieninstitut (ein Lobbyverband für an der Börse gelistete Konzerne) an.[29][30]

Dieses Ungleichgewicht setzt sich auch in der Besetzung der Fachausschüsse fort. Diese werden vom Verwaltungsrat gewählt, welcher wiederum nach einem bestimmten Schlüssel von der Mitgliedsversammlung gewählt wird. Dieser Schlüssel sichert zwar ab, dass nicht-börsennotierten Unternehmen ein paar Sitze bekommen; jedoch ist eine Dreiviertelmehrheit nötig, um Ausschussmitglieder zu wählen. Dies führt in der Praxis zu einer Gremienbesetzung im Sinne börsennotierter Konzerne.[31]

Diese Struktur spiegelt sich auch im „Stakeholder-Panel“ des DRSC wider. In diesem sollen Nutzer:innen von Unternehmensinformationen eingebunden werden. Bislang umfasst es vor allem Börsen- und Finanzexperten:innen, nicht aber Fachleute aus NGOs oder Wissenschaft.[32]

Finanzielle Abhängigkeit: Die ausschließliche Finanzierung über Mitgliedsbeiträge macht das DRSC empfindlich gegenüber den Interessen seiner Geldgeber. Aus einer Anfrage über das Informationsfreiheitsgesetz geht hervor, dass kleinere Firmen die Höhe der Gebühren kritisieren. Diese hindere sie an der Teilnahme. Weil große Kapitalgesellschaften den Löwenanteil zahlen, dominiert deshalb faktisch die Perspektive des Finanz- und Industriekapitals.

Die Ausrichtung ist auch in Satzung festgehalten. So ist nach § 10 (3) die Mitglieder- und Beitragsstruktur verantwortlich für die Bevorzugung der großen Konzerne im Verwaltungsrat. Folglich kann angenommen werden, dass ein von der Wirtschaft finanzierter Standardsetzer bei strittigen Punkten tendenziell die weichere Linie vertritt.[33] Dazu passt, dass der BDI den Präsidenten des DRSC in einem Interview als „Stimme der Wirtschaft“ bezeichnete.[34]

Institutionalisierte Beeinflussung – das DRSC als wirtschaftsdominierter Regulierungsakteur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) spielt eine zentrale Rolle bei der Ausgestaltung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland und wirkt aktiv an europäischen Entscheidungsprozessen mit. Obwohl es als Mandatsträgerin der Regierung im öffentlichen Interesse handeln soll, zeigt die Analyse seiner Struktur und Finanzierung eine deutliche Schlagseite zugunsten profit-orientierter Großkonzerne.

Als privater Verein mit fehlender Kompetenz in Nachhaltigkeitsthemen und einer fast vollständigen Finanzierung durch kapitalmarktorientierte Unternehmen agiert das DRSC de facto als verlängerter Arm der Industrie. Umwelt- und Zivilgesellschaftsinteressen sind weder strukturell noch personell eingebunden. Der Einfluss auf technische Details der Berichterstattung erfolgt damit unter starkem Lobbyeinfluss – ein deutliches Beispiel institutionalisierter Beeinflussung durch Großkonzerne. Kritiker fordern daher eine gesetzliche Neuregelung, die Transparenz, Gemeinwohlorientierung und pluralistische Beteiligung sicherstellt.

International Sustainability Standards Board (ISSB)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das International Sustainability Standards Board (ISSB) wurde im November 2021 während der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow als zweites Standardsetzungsgremium neben dem International Accounting Standards Board (IASB) innerhalb der IFRS Foundation gegründet.[35]

Das ISSB Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.

Das ISSB entwickelt laut eigener Aussage globale Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung mit dem Ziel, eine „globale Baseline“ zu schaffen.[365] Schon vor der Gründung des ISSB gab es mit der GRI eine Initiative, die seit 1997 globale Nachhaltigkeitsstandards setzt.[376]

Das ISSB besteht in der Regel aus 14 Mitgliedern, von denen eines als Vorsitzende*r und bis zu zwei als stellvertretende Vorsitzende fungieren. Die geografische Zusammensetzung folgt einem festgelegten Schlüssel: drei Mitglieder aus der Region Asien-Ozeanien, drei aus Europa, drei aus Amerika, eines aus Afrika und vier Mitglieder aus beliebigen Gebieten, wobei die gesamtgeographische Balance gewahrt werden muss.[387]

Die Finanzierung des ISSB erfolgt über die IFRS Foundation. Für das Jahr 2023 erhielt das ISSB Anschubfinanzierungen in Höhe von 18,4 Millionen Pfund jährlich zur Unterstützung seiner Gründung. Die Anschubfinanzierung stammte hauptsächlich aus vier Ländern: Kanada, China, Deutschland und Japan, die zusammen 47 Prozent der gesamten Beitragseinkünfte der Foundation stellten. Die IFRS Foundation arbeitet darauf hin, die Finanzierung des ISSB schrittweise auf Mitgliedsbeiträge durch Unternehmen umzulegen.[398]

Rolle in der Nachhaltigkeitsberichterstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das ISSB hat sich als zentraler Akteur in der globalen Landschaft der Nachhaltigkeitsberichterstattung etabliert.[409] Besonders relevant ist seine Position in der Debatte um einfache gegen doppelte Wesentlichkeit (Single vs. Double Materiality). Hier gilt es als einflussreichster Verfechter der einfachen Wesentlichkeit.

Im Gegensatz zu Ansätzen der doppelten Wesentlichkeit, wie sie die ESRS erfordert, konzentriert sich das ISSB auf ESG-Informationen, die für das Unternehmen in irgendeiner Weise finanziell relevant sind. Solange diese der Fall ist, muss berichtet werden.[4110] Dies hat konkrete Auswirkungen auf die Wirkung der Standards. Ein fiktives Beispiel:

Ein Tierfutterproduzent bezieht Sojabohnen aus Brasilien. Das Unternehmen trägt nachweislich zur Entwaldung bei, indem unberührter Regenwald zugunsten neuer Anbauflächen niedergebrannt wird. Aufgrund der Größe des Konzerns und des Ausmaßes ist das Thema Entwaldung aus der Wirkungsperspektive betrachtet für den Konzern wesentlich. Aus Perspektive der finanziellen Wesentlichkeit ist das nicht zwingend so, dass es davon abhängt, ob der Konzern auch finanziell von der verursachten Entwaldung beeinträchtigt wird. Langfristig ist das natürlich der Fall, zumindest indirekt, denn Klimarisiken nehmen weltweit und für alle Teile der Gesellschaft zu. Aber die finanzielle Wesentlichkeit berücksichtigt nur direkte Folgen, wie beispielsweise Strafzahlungen oder Reputationsschäden. Falls diese nicht erwartbar sind, wäre das Thema Entwaldung für den Konzern nicht „wesentlich“ und somit nicht berichtspflichtig.

Im Gegensatz zu den ESRS gehen die ISSB-Standards auch nicht auf die Frage ein, wie externe Nachhaltigkeitsthemen – zum Beispiel Klimawandel, Wasserknappheit oder soziale Konflikte ­– das Geschäft eines Unternehmens beeinträchtigen können. Diese „Outside-In“ Perspektive kann zum Beispiel mit einer Klimarisiko-Analyse untersucht werden. Dieses oder ähnliche Instrumente sind aber in der aktuellen Ausgestaltung der Standards nicht vorgesehen. Und so fehlt der Nachhaltigkeitsberichterstattung ein entscheidendes Monitoring-Tool um langfristige Risiken wie etwa steigende Rohstoffkosten, Lieferkettenunterbrechungen oder neue Gesetze zu antizipieren.[4211]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Finanzierungsstrukturen und Interessenskonflikte: Die Finanzierungsstrukturen des ISSB werfen grundlegende Fragen zur Unabhängigkeit und Legitimität der Standards auf. Das Corporate Champions Network zeigt, wie sich große Konzerne privilegierten Zugang zu Standardsetzungsprozessen kaufen können. Zu den „Global Leaders“ (250.000 US$ Jahresbeitrag) gehören Unternehmen wie Salesforce und CLP Holdings, während AIA Group und Pfizer als „Global Ambassadors“ (100.000 US$ jährlich) fungieren. Cisco Systems und Banco Santander zahlen als „Global Advocates“ immerhin noch 50.000 US$ pro Jahr.[4312]

Diese gestaffelten Beitragssysteme schaffen explizit unterschiedliche Zugangsniveaus zu ISSB-Veranstaltungen, technischen Briefings und Networking-Formaten. Dadurch haben große Konzerne systematische Vorteile bei der Beeinflussung von Standards. Dies zeigt außerdem einen grundlegenden Interessenkonflikt in der Struktur des ISSB. So setzt das ISSB, welches von profit-orientierten Unternehmen betrieben wird, Standards für profit-orientierte Unternehmen. Kritiker*innen sehen darin einen entscheidenden Konstruktionsfehler, der die Unabhängigkeit, Transparenz und Wirkung der Standards unterminiert.[4413]

Methodik: Die strukturelle Zusammensetzung führt zu einer Ausrichtung der ISSB Standards auf die Bedürfnisse von Kapitalgeber*innen. So argumentieren Kritiker*innen, dass andere wichtige Stakeholder – zum Beispiel aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft – und ihre Perspektiven systematisch ausgeschlossen werden.[4514] Darunter fallen auch zahlreiche Befürworteter umfangreicher Nachhaltigkeitsstandards aus der Wirtschaft.[4615]

Diese engere Ausrichtung kann dazu führen, dass wichtige Aspekte der ESG-Berichterstattung für Stakeholder außer Acht gelassen werden. Themen wie Mitarbeiterwohlbefinden, Vielfalt und Inklusion, Gemeinschaftsbeteiligung und andere nicht-klimabezogene Nachhaltigkeitsthemen werden ausgeklammert. Dies wird von Umweltverbänden wie dem WWF aber auch Wirtschaftsverbänden wie dem Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft kritisiert.[4716][4817]

Die Befürchtungen der Kritiker*innen lassen sich auch anhand erster wissenschaftlicher Erkenntnisse bestätigen. So zeigt eine Studie auf, dass die finanzielle Wesentlichkeitsbetrachtung Unternehmen dazu anreizt, sich auf finanziell relevante Nachhaltigkeitsthemen zu konzentrieren, während sie finanziell nicht relevante Bereiche vernachlässigen.[4918] So verpassen die Standards in ihrer aktuellen Form das Ziel, ein vollumfängliches Rahmenwerk zu setzen.[5019]

Value Balancing Alliance (VBA)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Value Balancing Alliance (VBA) ist ein im Juni 2019 gegründeter Unternehmensverband mit Sitz in Frankfurt am Main. Die VBA entwickelt eine Methodik zur monetären Bewertung der Auswirkungen von Unternehmensaktivitäten auf Umwelt und Gesellschaft mit dem Ziel, diese zu einem globalen Standard zu etablieren. Zu den Gründungsmitgliedern gehören BASF, Bosch, Deutsche Bank, LafargeHolcim, Novartis, Philip Morris International, SAP und SK.[5120]

Als CEO fungiert Christian Heller, der als Vizepräsident bei BASF angestellt ist und zur VBA abgeordnet wurde.[5221] Die VBA ist als gemeinnütziger Verein organisiert und wird von den vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Deloitte, EY, KPMG und PwC pro bono unterstützt. Zusätzlich erhält die VBA strategische Beratung von der OECD, der University of Oxford und dem World Economic Forum. Über das EU-Programm LIFE für Umwelt und Klimaschutz erhält die VBA zudem öffentliche Förderung von der Europäischen Union.[5322]

Die Finanzierung erfolgt primär über Mitgliedsbeiträge der beteiligten Konzerne. Aus dem EU-Transparenzregister geht hervor, dass die VBA für das Geschäftsjahr 2019-2020 Lobbykosten von 750.000 Euro ausgewiesen hat und 600.000 Euro an EU-Fördermitteln erhielt. Zusätzlich unterstützen die Mitgliedsunternehmen die VBA durch die Bereitstellung von Personal.[5423], abgerufen am 30.06.2025</ref> Aktuellere Daten sind nicht verfügbar, da selbsterklärte „nicht-kommerzielle Organisationen“ seit dem 20.09.2021 nicht mehr verpflichtet sind, ein Lobbybudget anzugeben.[5524], abgerufen am 30.06.2025</ref>

Rolle in der Nachhaltigkeitsberichterstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die VBA entwickelt einen Rahmen, um ökologische und soziale Auswirkungen von Unternehmen in Geldwerten auszudrücken und diese in die Unternehmensberichterstattung zu integrieren. Offiziell ist das Ziel, die Vergleichbarkeit und Transparenz von Nachhaltigkeitsinformationen zu erhöhen und diese für Investor*innen und andere Stakeholder leichter verständlich zu machen.

Die VBA-Methodik, das sogenannte Impact Measurement and Valuation (IMV) Framework unterscheidet sich von anderen Nachhaltigkeitsstandards, da sie nicht auf qualitative oder rein mengenbasierte Indikatoren setzt, sondern versucht, sämtliche Effekte – von CO₂-Emissionen über Wasserverbrauch bis zu sozialen Auswirkungen – in Euro- oder Dollarbeträgen zu bewerten. Die Methodik umfasst zwölf Kategorien in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Soziales, für die jeweils positive oder negative Wertbeiträge ausgewiesen werden.[5625]

Die VBA lobbyiert aktiv dafür, ihre Methodik in bestehende Berichtsstandards und regulatorische Rahmen wie die ESRS oder die ISSB-Standards zu integrieren. Dafür unterstützte die VBA unter anderem die offizielle Bewerbung Frankfurts als Sitz des International Sustainability Standards Board (ISSB), das globale Mindeststandards für Nachhaltigkeitsberichterstattung setzen soll.[5726] Über das DRSC fungiert die VBA außerdem als Teil der Anschubfinanzierung für das ISSB.[5827]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Institutionalisierte Unternehmenseinflussnahme und Legitimationsdefizite: Die doppelte Rolle des VBA-CEO Christian Heller, der gleichzeitig als Vizepräsident bei BASF angestellt ist zeigt die strukturelle Verflechtung zwischen den bewerteten Unternehmen und dem bewertenden „Regulierungsakteur“. Als ehemaliger Co-Vorsitzender des Sustainable Finance Committee der Bundesregierung hatte Heller direkten Einfluss auf europäische und internationale Standardsetzungsprozesse, während er gleichzeitig die Interessen des weltgrößten Chemiekonzerns vertritt.[5928]

Auch die Finanzierungsstruktur der VBA ist höchst kritisch. Die Doppelfinanzierung - durch Mitgliedsbeiträge großer Konzerne und öffentliche EU-Gelder - ermöglicht es der VBA, sich als „gemeinnützige Organisation“ zu präsentieren, während sie faktisch als Lobbyist in den Gremien der EU agiert. Kritiker*innen sehen die VBA deshalb als Lobbyinstrument, das darauf abzielt, verschärfte Berichtspflichten anzugreifen und zu verhindern.

Methodik: Umweltverbände wie WWF, NABU oder Germanwatch kritisieren, dass die VBA-Methodik planetare Grenzen – also wissenschaftlich definierte Belastungsgrenzen der Erde – nicht ausreichend berücksichtigt. Im Kern der Kritik steht dabei die Annahme VBA-Methodik, dass sich negative Umwelteffekte und positive soziale oder wirtschaftliche Beiträgen gegeneinander aufrechnen lassen könnten.[6029]

So würde zum Beispiel ein Arbeitsunfall mit einem verlorenen Menschenleben mit vier Millionen US-Dollar minus in der Bilanz auftauchen. Diese könnten dann aber zum Beispiel mit hohen Managementgehältern oder steigenden Unternehmensprofiten wieder ausgeglichen werden.[6130]

Obwohl die VBA empfiehlt, dass eine Aufrechnung positiver und negativer Effekte wegen der Gefahr von Greenwashing vermieden werden sollte, nutzen VBA-Unternehmen diese Verrechnung in ihrer Kommunikation. So schreibt etwa BASF, dass die positiven Effekte die negativen Effekte auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette klar übersteigen.[6231]


Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Standardsetzer für die Nachhaltigkeitsberichterstattung Umweltbundesamt, abgerufen am 13.06.2025
  2. Standardsetzer für die Nachhaltigkeitsberichterstattung Umweltbundesamt, abgerufen am 13.06.2025
  3. Opening remarks by Commissioner McGuinness at the European Parliament plenary debate on the Corporate Sustainability Reporting Directive European Commission, abgerufen am 30.06.2025
  4. Summary Report of the Public Consultation on the Review of the Non-Financial Reporting Directive European Commission, abgerufen am 30.06.2025
  5. https://finance.ec.europa.eu/capital-markets-union-and-financial-markets/company-reporting-and-auditing/company-reporting/corporate-sustainability-reporting_en [Corporate sustainability reporting] European Commission, abgerufen am 30.06.2025
  6. Verbändeabfrage zum Bürokratieabbau Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, abgerufen am 24.06.2025
  7. Nachhaltigkeitspflicht in der EU wird zum Bürokratiemonster Handelsblatt, abgerufen am 30.06.2025
  8. antwerp-declaration.eu Cefic, abgerufen am 13.06.2025
  9. Neue EU-Kommission: Vorfahrt für Konzerne? LobbyControl, abgerufen 13.06.2025
  10. Handbuch European Sustainability Reporting Standards (ESRS) bifa Umweltinstitut, abgerufen am 30.06.2025
  11. GESCHÄFTSBERICHT 2024 DHL Group, abgerufen am 30.06.2025
  12. ESRS sustainability statements: first insights Accountancy Europe., abgerufen am 30.06.2025
  13. Complaint to the European Ombudsman ClientEarth, abgerufen am 30.06.2025
  14. Homepage, Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025
  15. Satzung des Vereins Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025
  16. Jahresbericht 2023 Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025
  17. Satzung des Vereins Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025
  18. CSR-STUDIE Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025
  19. Offener Brief: Standardsetzung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung – Neustart notwendig Germanwatch e.V., abgerufen am 30.06.2025
  20. Kritik am DRSC wird lauter Tagesspiegel Background, abgerufen am 30.06.2025
  21. Gutachtenzur (fehlenden) Legitimation des DRSC im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und den rechtlichen Anforderungen an eine notwendige Anpassung der Rechtsgrundlage in § 342q HGB Rechtsanwälte Günther, abgerufen am 30.06.2025
  22. Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission „Corporate Sustainability Reporting“ Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025
  23. Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission „Corporate Sustainability Reporting“ Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025
  24. Standardisierungsvertrag Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025
  25. Satzung des Vereins Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025
  26. Offener Brief: Standardsetzung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung – Neustart notwendig Germanwatch e.V., abgerufen am 30.06.2025
  27. Weiterhin kein Umweltexperte in DRSC-Ausschuss Tagesspiegel Background, abgerufen am 30.06.2025
  28. Unsere Mitglieder Deutsches Aktieninstitut, abgerufen am 30.06.2025
  29. Mitgliedschaft Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025
  30. Gutachtenzur (fehlenden) Legitimation des DRSC im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und den rechtlichen Anforderungen an eine notwendige Anpassung der Rechtsgrundlage in § 342q HGB Rechtsanwälte Günther, abgerufen am 30.06.2025
  31. Weiterhin kein Umweltexperte in DRSC-Ausschuss Tagesspiegel Background, abgerufen am 30.06.2025
  32. Gutachtenzur (fehlenden) Legitimation des DRSC im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und den rechtlichen Anforderungen an eine notwendige Anpassung der Rechtsgrundlage in § 342q HGB Rechtsanwälte Günther, abgerufen am 30.06.2025
  33. Interview mit Georg Lanfermann Dr. Monika Wünnemann, abgerufen am 30.06.2025
  34. About the International Sustainability Standards Board International Sustainability Standards Board, abgerufen am 30.06.2025
  35. Questions and answers on simplification omnibus I and II European Commission, abgerufen am 30.06.2025
  36. The need for a global baseline for capital markets International Sustainability Standards Board, abgerufen am 30.06.2025
  37. Our mission and history Global Reporting Initiative, abgerufen am 30.06.2025
  38. About the International Sustainability Standards Board International Sustainability Standards Board, abgerufen am 30.06.2025
  39. Annual Report 2023 International Sustainability Standards Board, abgerufen am 30.06.2025
  40. March 2025 – Where does the world stand on ISSB adoption? S&P Global, abgerufen am 30.06.2025
  41. ISSB vs. ESRS: Wesentlichkeitsanalyse Prozess-Analyse Materiality Master, abgerufen am 30.06.2025
  42. ISSB vs. ESRS: Wesentlichkeitsanalyse Prozess-Analyse Materiality Master, abgerufen am 30.06.2025
  43. IFRS Foundation Corporate Champions Network IFRS Foundation Advisory Council, abgerufen am 30.06.2025
  44. Between the Lines of Sustainability: ESG Reporting and IFRS ISSB Prabir Mishra, abgerufen am 30.06.2025
  45. Academics and policy makers at odds: the case of the IFRS Foundation Trustees’ consultation paper on sustainability reporting C. Adams & F.Mueller, abgerufen am 30.06.2025
  46. Almost half of Japanese investors call for double materiality approach in disclosures – survey responsible investor, abgerufen am 30.06.2025
  47. Civil society statement on the International Sustainability Standards Board WWF, abgerufen am 30.06.2025
  48. Sustainable Finance und CSRD: Progressive Wirtschaft zum Maßstab machen Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft & B.A.U.M, abgerufen am 30.06.2025
  49. Striking a balance: The importance of double materiality in sustainability reporting ECGI, abgerufen am 30.06.2025
  50. UN responds to the ISSB consultation on new standards with joint statement United Nations Environment Programme Finance Initiative, abgerufen am 30.06.2025
  51. BASF is founding member of “value balancing alliance e.V.” BASF, abgerufen am 30.06.2025
  52. Executive Committee value balancing alliance, abgerufen am 30.06.2025
  53. Who we are and what we fight for value balancing alliance, abgerufen am 30.06.2025
  54. Value Balancing Alliance e.V. LobbyFacts.eu, abgerufen am 30.06.2025
  55. Value Balancing Alliance e.V. LobbyFacts.eu, abgerufen am 30.06.2025
  56. Kritik am „nachhaltigen“ Rechnungslegungswerkzeug der Unternehmensinitiative VBA WWF, GERMANWATCH, NABU, abgerufen am 30.06.2025
  57. Kritik am „nachhaltigen“ Rechnungslegungswerkzeug der Unternehmensinitiative VBA WWF, GERMANWATCH, NABU, abgerufen am 30.06.2025
  58. Deutscher Funding Mechanismus zur Finanzierung der Beiträge zu europäischen und internationalen Standardisierungsgremien Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V, abgerufen am 30.06.2025
  59. The Sustainable Finance Advisory Committee of the Federal Government in the 20th legislative term Sustainable Finance Advisory Committee, abgerufen am 30.06.2025
  60. Kritik am „nachhaltigen“ Rechnungslegungswerkzeug der Unternehmensinitiative VBA WWF, GERMANWATCH, NABU, abgerufen am 30.06.2025
  61. Kritik am „nachhaltigen“ Rechnungslegungswerkzeug der Unternehmensinitiative VBA WWF, GERMANWATCH, NABU, abgerufen am 30.06.2025
  62. Kritik am „nachhaltigen“ Rechnungslegungswerkzeug der Unternehmensinitiative VBA WWF, GERMANWATCH, NABU, abgerufen am 30.06.2025
Nachhaltigkeitsberichterstattung entstand als Ergänzung zur etablierten finanziellen Berichterstattung. Grund dafür war ein zunehmendes gesellschaftliches Interesse an Nachhaltigkeitsthemen und der Rolle von Unternehmen im ökologischen und sozialen Bereich. Seit dem Ende der 1990er Jahre entwickelte sich eine Vielzahl an freiwilligen Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichtsstandards und Rahmenwerken, die es Unternehmen ermöglichten, über ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft zu berichten. Mit dem Klimaabkommen von 2015 stieg das Engagement von Finanzakteuren im Nachhaltigkeitsbereich, was den Bedarf an verlässlichen und vergleichbaren Umwelt- und Nachhaltigkeitsdaten von Unternehmen erhöhte und den Ruf nach einheitlichen Berichtsstandards und regulatorischen Vorgaben lauter verstärkte.<ref>[https://www.umweltbundesamt.de/standardsetzer-fuer-die#hintergrund-nachhaltigkeit-in-der-unternehmensberichterstattung Standardsetzer für die Nachhaltigkeitsberichterstattung] Umweltbundesamt, abgerufen am 13.06.2025</ref>
        

        Als zentrale internationale Akteure haben sich die Global Reporting Initiative (GRI), die bereits seit 1997 Nachhaltigkeitsberichtsstandards entwickelt, das 2021 von der IFRS-Stiftung eingerichtete International Sustainability Standards Board (ISSB) sowie auf europäischer Ebene die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) etabliert. Diese Standardsetzer sind sowohl in ihrer Zusammensetzung als auch in ihren Methoden und Zielsetzungen verschieden.<ref>[https://www.umweltbundesamt.de/standardsetzer-fuer-die#hintergrund-nachhaltigkeit-in-der-unternehmensberichterstattung Standardsetzer für die Nachhaltigkeitsberichterstattung] Umweltbundesamt, abgerufen am 13.06.2025</ref>
        
<br />
            
==Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU==
        
        2022 verabschiedete die Europäische Union die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Die Ambition der EU war Nachhaltigkeitsberichterstattung auf eine Ebene mit Finanzberichterstattung zu heben.<ref>[https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/SPEECH_22_6747 Opening remarks by Commissioner McGuinness at the European Parliament plenary debate on the Corporate Sustainability Reporting Directive] European Commission, abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/>
        

        Die EU verpflichtet Unternehmen dazu, nach ESG-Kriterien zu berichten. ESG ist die Abkürzung für Environmental, Social und Governance (zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) und steht für die drei Säulen der Nachhaltigkeit. CSRD löst die weitestgehend als zahnlos betrachtete Non-Financial Reporting Directive (NFRD) ab.<ref>[https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/PDF/?uri=PI_COM:Ares(2020)3997889 Summary Report of the Public Consultation on the Review of the Non-Financial Reporting Directive] European Commission, abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/>
        
        Eine wichtige Novelle der CSRD sind Standards zu Nachhaltigkeitsberichterstattung, die European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Die Standards entscheiden, welche Informationen Unternehmen offenlegen müssen. Sie setzen einen Rahmen, wie Unternehmen zu ihren Wirkungen, Risiken und Möglichkeiten berichten. Die daraus resultierende Transparenz soll Greenwashing bekämpfen und den Kapitalmarkt befähigen, Finanzströme in nachhaltige Geschäftsmodelle zu leiten. Damit sind die ESRS ein entscheidendes Instrument des European Green Deal.<ref>https://finance.ec.europa.eu/capital-markets-union-and-financial-markets/company-reporting-and-auditing/company-reporting/corporate-sustainability-reporting_en [Corporate sustainability reporting] European Commission, abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/> 
        

        Die Europäische Kommission übertrug mit der CSRD die Verantwortung für die Ausarbeitung von Vorschlägen zur technischen Ausgestaltung der Standards an die EFRAG. Diese war zuvor bereits für die Finanzberichterstattung zuständig, allerdings mit Fokus auf Engagement in dem International Accounting Standards Board (IASB) und dann der Interpretation dessen Vorschläge.
        
            <br />
            
===Aktuelle Entwicklungen===
        
            Nach der Verabschiedung der CSRD und ESRS forderten insbesondere große Wirtschafts- und Branchenverbände „spürbare Entlastungen“ für Unternehmen. Auf nationaler wie europäischer Ebene machten sie sich verstärkt für Deregulierung stark – also für den Abbau vermeintlicher überhöhter bürokratischer Hürden und eine Vereinfachung regulatorischer Vorgaben.<ref>[https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Fachinformationen/Verbaendeabfrage_Buerokratieabbau_Ergebnisdokumentation_Einzelvorschlaege.pdf?__blob=publicationFile&v=3 Verbändeabfrage zum Bürokratieabbau] Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, abgerufen am 24.06.2025</ref><ref/> Hierbei wird oft das zweifelhafte Narrativ des „Bürokratiemonsters“ bedient.<ref>[https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/eu-berichtspflichten-nachhaltigkeitspflicht-in-der-eu-wird-zum-buerokratiemonster/100101346.html Nachhaltigkeitspflicht in der EU wird zum Bürokratiemonster] Handelsblatt, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        Ein entscheidender Vorstoß war hier die „Antwerp Declaration for a European Industrial Deal“, die im Februar 2024 von zunächst 73 Wirtschaftsführern aus 17 Sektoren unterzeichnet und später von über 1.300 Organisationen unterstützt wurde. Diese auf dem BASF-Gelände in Antwerpen präsentierte Erklärung forderte einen „European Industrial Deal“ als Ergänzung zum Green Deal und verlangte explizit einen umfassenden Aktionsplan zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, der regulatorische Inkohärenz, widersprüchliche Ziele, unnötige Komplexität in der Gesetzgebung und übermäßige Berichtspflichten beseitigen sollte.<ref>[https://antwerp-declaration.eu/ antwerp-declaration.eu] Cefic, abgerufen am 13.06.2025</ref>
        

        Die Unterzeichner forderten konkret die Entwicklung eines Omnibus-Vorschlags als erstes Gesetzgebungsvorhaben der nächsten EU-Institutionen, um Korrekturmaßnahmen für alle relevanten bestehenden EU-Verordnungen vorzulegen.<ref>[https://www.lobbycontrol.de/lobbyismus-in-der-eu/neue-eu-kommission-vorfahrt-fuer-konzerne-116259/ Neue EU-Kommission: Vorfahrt für Konzerne?] LobbyControl, abgerufen 13.06.2025</ref> Der Begriff „Omnibus“ beschreibt ein Gesetzgebungspaket, welches zahlreiche Einzelgesetze überarbeitet und im Anschluss gemeinsam zu Abstimmung stellt.
        

        Die Europäische Kommission griff die Forderungen dieser Lobbykampagne auf und verkündete – mit großen Überschneidungen im Wording – ein umfassendes Omnibus-Paket. Dieses verfolgt das Ziel, bestehende Nachhaltigkeitsvorschriften zu vereinfachen, insbesondere durch die Lockerung und zeitliche Verschiebung zentraler Berichtspflichten der CSRD. Neben der Reduktion des Anwendungsbereichs und einer Verlängerung von Umsetzungsfristen enthält der Omnibus insbesondere auch eine deutliche Reduktion der Berichtspflichten.<ref>[https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/bg/qanda_25_615 Questions and answers on simplification omnibus I and II] European Commission, abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/>
        

        Dabei ist bemerkenswert, dass selbst die bisher geforderten Nachhaltigkeitsberichte deutlich schlanker ausfallen als klassische Finanzberichte. Finanzberichterstattung wird einfach als gegeben hingenommen und nicht hinterfragt. Die vermeintlich hohe Bürde der über 1.000 Datenpunkte in den ESRS entpuppt sich jedoch als tendenziös. Aufgrund der in den ESRS vorgesehenen Wesentlichkeitsanalyse muss wohl kein Unternehmen so viele Daten veröffentlichen. 
        

        Dies bedeutet, dass Unternehmen in ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung nur über Themen berichten müssen, die entweder für ihr eigenes Geschäft wichtig sind oder mit denen sie wesentliche Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft haben.<ref>[https://www.bifa.de/fileadmin/_migrated/pics/bifa-Texte/bifa-Text_Nr.74_ESRS_online.pdf Handbuch European Sustainability Reporting Standards (ESRS)] bifa Umweltinstitut, abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/> So hatte beispielsweise der Großkonzern DHL für 2024 nur gegen vier der zehn themenspezifischen ESRS berichtet.<ref>[https://group.dhl.com/content/dam/deutschepostdhl/de/media-center/investors/documents/geschaeftsberichte/DHL-Group-Geschaeftsbericht-2024.pdf GESCHÄFTSBERICHT 2024] DHL Group, abgerufen am 30.06.2025</ref> Zudem ist die Prüfung dieser ESG-Daten erfahrungsgemäß kostengünstiger als die längst zum Tagesgeschäft gehörenden Prüfungen im Bereich der Finanzberichterstattung.<ref>[https://accountancyeurope.eu/wp-content/uploads/2025/05/250404-CSRD-practice-forum-ESRS-sustainability-statements-first-insights.pdf?v1 ESRS sustainability statements: first insights] Accountancy Europe., abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/>. Darüber hinaus kann argumentiert werden, dass ESG-Daten die Externalisierung von Kosten verhindern und so indirekt mit in die Finanzdaten einfließen. In dieser Form könnten ESG-Daten so auch als Frühwarnsystem dienen und Unternehmen helfen, bessere Entscheidungen zu treffen.
        

        Umwelt- und Sozialverbände kritisieren, dass das erste Omnibuspaket – mit Fokus auf Nachhaltigkeitsberichterstattung, Sorgfaltspflichten und EU-Taxonomie ­– die Zivilgesellschaft ignoriert und damit Allgemeinwohlinteressen vernachlässigt. Dagegen stehe Vertreter:innen von Privatinteressen Tür und Tor offen.<ref>[https://www.clientearth.org/media/ymfjdfkc/20250418-complaint-omnibus.pdf Complaint to the European Ombudsman] ClientEarth, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        
            

            ==<br />
            

            ==Akteure==
            
            ===Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e. V. (DRSC)==
            
=
            Der Verein Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e. V. (DRSC) interpretiert Standards der Unternehmensberichterstattung in Deutschland. Außerdem vertritt das DRSC Deutschland international in Fragen der Standards für Unternehmensberichterstattung und hat in dieser Rolle großen Einfluss auf deren technische Ausgestaltung.
        

        Bis 2022 konzentrierte sich die Arbeit des DRSC ausschließlich auf Finanzberichterstattung. Dafür wurde es vom Bundesministerium der Justiz als nationales „privates Rechnungslegungsgremium“ (nach § 342q HGB) anerkannt.
        
        Das DRSC ist formal ein privater, als Verein (e.V.) organisierter Verband, kein staatliches Gremium. Die Satzung nennt den Vereinszweck ausdrücklich als „im gesamtwirtschaftlichen Interesse“. Eigene Angaben des DRSC sprechen vage von „selbstloser“ Tätigkeit; faktisch ist das DRSC aber kein gemeinnütziger Verband, sondern nach eigenem Bekunden Interessenvertreter der deutschen Wirtschaft in der Rechnungslegung.<ref>[https://www.drsc.de/ Homepage], Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/>
        

        Mitglied kann jedes Unternehmen oder Bündnis werden, das Pflicht zur Rechnungslegung hat oder sich damit befasst. Die Satzung definiert fünf Segmente (A -E) – etwa kapitalmarktorientierte Industrie (A), nicht-börsennotierte Industrie (B), Banken (C), Versicherungen (D) und Wirtschaftsprüfung (E) – die gemeinsam „die unterschiedlichen Belange der an der Rechnungslegung Beteiligten“ repräsentieren sollen.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/07/210630_Satzung.pdf#:~:text=Mitgliedschaft%20,Segment%20%E2%80%9EA%E2%80%9C Satzung des Vereins] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/> Tatsächlich entstammen alle Segmente der Wirtschaft; Verbände aus Umwelt- oder Sozialbereichen sind nicht vorgesehen.
        

        Die Vereinsorgane nach Satzung (§6) sind die Mitgliederversammlung, ein Verwaltungsrat, ein Nominierungsausschuss und das Präsidium (Vorstand). Zudem gibt es zwei Fachgremien – eines für Finanzberichterstattung und eines für Nachhaltigkeitsberichterstattung – sowie einen Wissenschaftsbeirat.
        

        Der DRSC finanziert sich nahezu vollständig aus Beiträgen seiner Mitgliedsunternehmen. Jahresbericht von 2023 zeigt zum Beispiel, dass rund 2,49 Millionen Euro aus Mitgliedsbeiträgen (gerade kapitalmarktorientierter Konzerne) einnahmen, gegenüber nur etwa 81.000 Euro aus sonstigen Erlösen. Öffentliche Gelder oder NGO-Spenden gibt es nicht. Das bedeutet, dass über 95% der Finanzierung aus der Privatwirtschaft stammen.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2024/08/DRSC-Jahresbericht2023_final_D_update.pdf Jahresbericht 2023] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref>
            

            ===<ref/>
            

            ====Rolle in der Nachhaltigkeitsberichterstattung===
            
=
            Der Fachausschuss Nachhaltigkeitsberichterstattung des DRSC ist das zentrale Gremium zur fachlichen Beratung und Koordination von Themen der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland. Er beobachtet und bewertet regulatorische Entwicklungen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene und nimmt insbesondere Stellung zu Entwürfen der EFRAG.
        

        Im Kontext der EFRAG-Struktur nimmt der Ausschuss eine wichtige Schnittstellenfunktion ein. Er begleitet die Arbeiten des Sustainability Reporting Technical Expert Group (SR TEG), in dem fachliche Entwürfe für Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards erarbeitet werden, sowie des Sustainability Reporting Board (SRB), das über deren Freigabe entscheidet. Hier entscheiden sich beispielsweise die Anzahl der verschiedenen Datenpunkte, wer diese Datenpunkte erheben muss (inklusive Ausnahmen), oder wann bestimmte Regeln in Kraft treten. Über das DRSC bringt Deutschland seine Positionen aktiv in diese Gremien ein. Auch in dem Administrative Board der EFRAG, das für Governance und strategische Ausrichtung zuständig ist, fungiert das DRSC als nationaler Ansprechpartner und Mittler. Als Vertreter des wirtschaftlich stärksten Landes der EU hat das DRSC damit erheblichen Einfluss auf die technische Ausgestaltung der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattung.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/07/210630_Satzung.pdf#:~:text=Mitgliedschaft%20,Segment%20%E2%80%9EA%E2%80%9C Satzung des Vereins] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/>
        

        Darüber hinaus liefert das DRSC Übersetzungen und Kommentare zu den neuen ESRS-Entwürfen und erstellt Studien für das Bundesjustizministerium.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/06/210128_CSR-Studie_final.pdf CSR-STUDIE] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref>
            

            ===Kritik===
            
<ref/>
            

            ====Kritik====
            Vertreter aus Umwelt- und Entwicklungsverbänden, Wirtschaftswissenschaftlern und Teilen der Presse sehen das DRSC kritisch.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/offener_brief_standardsetzung_nachhaltigkeitsberichterstattung.pdf#:~:text=Nachhaltigkeitsberichterstattung%20ist%20unerl%C3%A4sslich%20f%C3%BCr%20die,f%C3%BCr%20die%20Sicherung%20von%20Arbeitspl%C3%A4tzehttps://www.germanwatch.org/de/90628 Offener Brief: Standardsetzung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung – Neustart notwendig] Germanwatch e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/><ref>[https://background.tagesspiegel.de/finance/briefing/kritik-am-drsc-wird-lauter Kritik am DRSC wird lauter] Tagesspiegel Background, abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/> Sie warnen vor demokratischen Defiziten und inhaltlicher Verzerrung.
        

        '''Mandat:''' Ein von unter anderem NABU und Germanwatch in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zweifelt das Mandat des DRSC für dessen Arbeit zur Nachhaltigkeitsberichterstattung an – § 342q HGB ermächtige es nur zur Mitwirkung an der finanziellen Konzernrechnungslegung.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/20240416_gutachten_ss_342q_hgb.pdf Gutachtenzur (fehlenden) Legitimation des DRSC im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und den rechtlichen Anforderungen an eine notwendige Anpassung der Rechtsgrundlage in § 342q HGB] Rechtsanwälte Günther, abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/> Ein Brief des Verwaltungsrats des DRSC bestätigt diese Sichtweise.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/05/210526_DRSC_SN_BMJV_CSRD.pdf Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission „Corporate Sustainability Reporting“] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/> So schrieb er in einem Brief an das Bundesjustizministerium: „Das DRSC sollte nach Ansicht seines Verwaltungsrates in seiner Funktion als neutrale, dem Gesamtwohl der deutschen Wirtschaft verpflichtete Institution gesetzlich mandatiert werden, neben der Finanzberichterstattung auch im Bereich der Nachhaltigkeit diese Scharnierfunktion zu übernehmen.“<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/05/210526_DRSC_SN_BMJV_CSRD.pdf Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission „Corporate Sustainability Reporting“] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/>
        

        Zudem soll das DRSC in seiner Arbeit das „öffentliche, insbesondere auch das gesamtwirtschaftlichen Interesse“ berücksichtigen. So steht es im Standardisierungsvertrag mit dem BMJ.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2017/03/111202_SV_BMJ-DRSC.pdf Standardisierungsvertrag] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/> Doch in der Satzung des DRSC fällt das „öffentliche“ Interesse raus. Dort ist nur noch vom „gesamtwirtschaftlichen Interesse“ die Rede.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/07/210630_Satzung.pdf#:~:text=Mitgliedschaft%20,Segment%20%E2%80%9EA%E2%80%9C Satzung des Vereins] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/>
        

        NABU, Germanwatch, Südwind und 13 weitere Organisationen sprechen sich deshalb in einem offenen Brief für eine Novelle des HGB-Paragrafen 342q aus. Sie fordern darin einen klaren staatlichen Auftrag für einen nationalen Standardsetzer, der transparent, plural und am Gemeinwohl orientiert ist.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/offener_brief_standardsetzung_nachhaltigkeitsberichterstattung.pdf#:~:text=Nachhaltigkeitsberichterstattung%20ist%20unerl%C3%A4sslich%20f%C3%BCr%20die,f%C3%BCr%20die%20Sicherung%20von%20Arbeitspl%C3%A4tzehttps://www.germanwatch.org/de/90628 Offener Brief: Standardsetzung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung – Neustart notwendig] Germanwatch e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/> Der § 342q des HGB wurde bis heute nicht überarbeitet.
        

        '''Struktur:''' Weil nur Unternehmen und Wirtschaftsverbände Mitglied werden können, fehlt ein unabhängiger Vertreter für Umwelt- oder Zivilgesellschaftsinteressen.<ref>[https://background.tagesspiegel.de/finance/briefing/weiterhin-kein-umweltexperte-in-drsc-ausschuss Weiterhin kein Umweltexperte in DRSC-Ausschuss] Tagesspiegel Background, abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/>
        

        Darüber hinaus gibt es ein starkes Ungleichgewicht zugunsten börsennotierter Unternehmen. So gehören etwa 2/3 der Mitglieder des DRSC auch dem Deutschen Aktieninstitut (ein Lobbyverband für an der Börse gelistete Konzerne) an.<ref>[https://www.dai.de/unsere-mitglieder Unsere Mitglieder] Deutsches Aktieninstitut, abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/><ref>[https://www.drsc.de/mitgliedschaft/ Mitgliedschaft] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/>
        

        Dieses Ungleichgewicht setzt sich auch in der Besetzung der Fachausschüsse fort. Diese werden vom Verwaltungsrat gewählt, welcher wiederum nach einem bestimmten Schlüssel von der Mitgliedsversammlung gewählt wird. Dieser Schlüssel sichert zwar ab, dass nicht-börsennotierten Unternehmen ein paar Sitze bekommen; jedoch ist eine Dreiviertelmehrheit nötig, um Ausschussmitglieder zu wählen. Dies führt in der Praxis zu einer Gremienbesetzung im Sinne börsennotierter Konzerne.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/20240416_gutachten_ss_342q_hgb.pdf Gutachtenzur (fehlenden) Legitimation des DRSC im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und den rechtlichen Anforderungen an eine notwendige Anpassung der Rechtsgrundlage in § 342q HGB] Rechtsanwälte Günther, abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/>
        

        Diese Struktur spiegelt sich auch im „Stakeholder-Panel“ des DRSC wider. In diesem sollen Nutzer:innen von Unternehmensinformationen eingebunden werden. Bislang umfasst es vor allem Börsen- und Finanzexperten:innen, nicht aber Fachleute aus NGOs oder Wissenschaft.<ref>[https://background.tagesspiegel.de/finance/briefing/weiterhin-kein-umweltexperte-in-drsc-ausschuss Weiterhin kein Umweltexperte in DRSC-Ausschuss] Tagesspiegel Background, abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/>
        

        '''Finanzielle Abhängigkeit:''' Die ausschließliche Finanzierung über Mitgliedsbeiträge macht das DRSC empfindlich gegenüber den Interessen seiner Geldgeber. Aus einer Anfrage über das Informationsfreiheitsgesetz geht hervor, dass kleinere Firmen die Höhe der Gebühren kritisieren. Diese hindere sie an der Teilnahme. Weil große Kapitalgesellschaften den Löwenanteil zahlen, dominiert deshalb faktisch die Perspektive des Finanz- und Industriekapitals. 
        

        Die Ausrichtung ist auch in Satzung festgehalten. So ist nach § 10 (3) die Mitglieder- und Beitragsstruktur verantwortlich für die Bevorzugung der großen Konzerne im Verwaltungsrat. Folglich kann angenommen werden, dass ein von der Wirtschaft finanzierter Standardsetzer bei strittigen Punkten tendenziell die weichere Linie vertritt.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/20240416_gutachten_ss_342q_hgb.pdf Gutachtenzur (fehlenden) Legitimation des DRSC im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und den rechtlichen Anforderungen an eine notwendige Anpassung der Rechtsgrundlage in § 342q HGB] Rechtsanwälte Günther, abgerufen am 30.06.2025</ref><ref/> Dazu passt, dass der BDI den Präsidenten des DRSC in einem Interview als „Stimme der Wirtschaft“ bezeichnete.<ref>[https://www.linkedin.com/feed/update/urn:li:activity:6948523100623802368/ Interview mit Georg Lanfermann] Dr. Monika Wünnemann, abgerufen am 30.06.2025</ref>
            

            ===<ref/>
            

            ====Institutionalisierte Beeinflussung – das DRSC als wirtschaftsdominierter Regulierungsakteur===
            
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            Das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) spielt eine zentrale Rolle bei der Ausgestaltung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland und wirkt aktiv an europäischen Entscheidungsprozessen mit. Obwohl es als Mandatsträgerin der Regierung im öffentlichen Interesse handeln soll, zeigt die Analyse seiner Struktur und Finanzierung eine deutliche Schlagseite zugunsten profit-orientierter Großkonzerne.
        

        Als privater Verein mit fehlender Kompetenz in Nachhaltigkeitsthemen und einer fast vollständigen Finanzierung durch kapitalmarktorientierte Unternehmen agiert das DRSC de facto als verlängerter Arm der Industrie. Umwelt- und Zivilgesellschaftsinteressen sind weder strukturell noch personell eingebunden. Der Einfluss auf technische Details der Berichterstattung erfolgt damit unter starkem Lobbyeinfluss – ein deutliches Beispiel institutionalisierter Beeinflussung durch Großkonzerne. Kritiker fordern daher eine gesetzliche Neuregelung, die Transparenz, Gemeinwohlorientierung und pluralistische Beteiligung sicherstellt.
        

        ===International Sustainability Standards Board (ISSB)==
            
=
            Das International Sustainability Standards Board (ISSB) wurde im November 2021 während der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow als zweites Standardsetzungsgremium neben dem International Accounting Standards Board (IASB) innerhalb der IFRS Foundation gegründet.<ref>[https://www.ifrs.org/groups/international-sustainability-standards-board/ About the International Sustainability Standards Board] International Sustainability Standards Board, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        Das ISSB entwickelt laut eigener Aussage globale Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung mit dem Ziel, eine „globale Baseline“ zu schaffen.<ref>[https://www.ifrs.org/use-around-the-world/why-a-global-baseline-for-capital-markets/ The need for a global baseline for capital markets] International Sustainability Standards Board, abgerufen am 30.06.2025</ref> Schon vor der Gründung des ISSB gab es mit der GRI eine Initiative, die seit 1997 globale Nachhaltigkeitsstandards setzt.<ref>[https://www.globalreporting.org/about-gri/mission-history/ Our mission and history] Global Reporting Initiative, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        Das ISSB besteht in der Regel aus 14 Mitgliedern, von denen eines als Vorsitzende*r und bis zu zwei als stellvertretende Vorsitzende fungieren. Die geografische Zusammensetzung folgt einem festgelegten Schlüssel: drei Mitglieder aus der Region Asien-Ozeanien, drei aus Europa, drei aus Amerika, eines aus Afrika und vier Mitglieder aus beliebigen Gebieten, wobei die gesamtgeographische Balance gewahrt werden muss.<ref>[https://www.ifrs.org/groups/international-sustainability-standards-board/ About the International Sustainability Standards Board] International Sustainability Standards Board, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        Die Finanzierung des ISSB erfolgt über die IFRS Foundation. Für das Jahr 2023 erhielt das ISSB Anschubfinanzierungen in Höhe von 18,4 Millionen Pfund jährlich zur Unterstützung seiner Gründung. Die Anschubfinanzierung stammte hauptsächlich aus vier Ländern: Kanada, China, Deutschland und Japan, die zusammen 47 Prozent der gesamten Beitragseinkünfte der Foundation stellten. Die IFRS Foundation arbeitet darauf hin, die Finanzierung des ISSB schrittweise auf Mitgliedsbeiträge durch Unternehmen umzulegen.<ref>[https://www.ifrs.org/content/dam/ifrs/about-us/funding/2023/ifrs-foundation-annual-report-2023.pdf Annual Report 2023] International Sustainability Standards Board, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        ====Rolle in der Nachhaltigkeitsberichterstattung===
            
=
            Das ISSB hat sich als zentraler Akteur in der globalen Landschaft der Nachhaltigkeitsberichterstattung etabliert.<ref>[https://www.spglobal.com/esg/insights/march-2025-where-does-the-world-stand-on-issb-adoption March 2025 – Where does the world stand on ISSB adoption?] S&P Global, abgerufen am 30.06.2025</ref> Besonders relevant ist seine Position in der Debatte um einfache gegen doppelte Wesentlichkeit (Single vs. Double Materiality). Hier gilt es als einflussreichster Verfechter der einfachen Wesentlichkeit.
        

        Im Gegensatz zu Ansätzen der doppelten Wesentlichkeit, wie sie die ESRS erfordert, konzentriert sich das ISSB auf ESG-Informationen, die für das Unternehmen in irgendeiner Weise finanziell relevant sind. Solange diese der Fall ist, muss berichtet werden.<ref>[https://materialitymaster.com/de/blog-de/issb-vs-esrs-wesentlichkeitsanalyse-prozess-analyse/ ISSB vs. ESRS: Wesentlichkeitsanalyse Prozess-Analyse] Materiality Master, abgerufen am 30.06.2025</ref> Dies hat konkrete Auswirkungen auf die Wirkung der Standards. Ein fiktives Beispiel:
        

        Ein Tierfutterproduzent bezieht Sojabohnen aus Brasilien. Das Unternehmen trägt nachweislich zur Entwaldung bei, indem unberührter Regenwald zugunsten neuer Anbauflächen niedergebrannt wird. Aufgrund der Größe des Konzerns und des Ausmaßes ist das Thema Entwaldung aus der Wirkungsperspektive betrachtet für den Konzern wesentlich. Aus Perspektive der finanziellen Wesentlichkeit ist das nicht zwingend so, dass es davon abhängt, ob der Konzern auch finanziell von der verursachten Entwaldung beeinträchtigt wird. Langfristig ist das natürlich der Fall, zumindest indirekt, denn Klimarisiken nehmen weltweit und für alle Teile der Gesellschaft zu. Aber die finanzielle Wesentlichkeit berücksichtigt nur direkte Folgen, wie beispielsweise Strafzahlungen oder Reputationsschäden. Falls diese nicht erwartbar sind, wäre das Thema Entwaldung für den Konzern nicht „wesentlich“ und somit nicht berichtspflichtig.
        

        Im Gegensatz zu den ESRS gehen die ISSB-Standards auch nicht auf die Frage ein, wie externe Nachhaltigkeitsthemen – zum Beispiel Klimawandel, Wasserknappheit oder soziale Konflikte ­– das Geschäft eines Unternehmens beeinträchtigen können. Diese „Outside-In“ Perspektive kann zum Beispiel mit einer Klimarisiko-Analyse untersucht werden. Dieses oder ähnliche Instrumente sind aber in der aktuellen Ausgestaltung der Standards nicht vorgesehen. Und so fehlt der Nachhaltigkeitsberichterstattung ein entscheidendes Monitoring-Tool um langfristige Risiken wie etwa steigende Rohstoffkosten, Lieferkettenunterbrechungen oder neue Gesetze zu antizipieren.<ref>[https://materialitymaster.com/de/blog-de/issb-vs-esrs-wesentlichkeitsanalyse-prozess-analyse/ ISSB vs. ESRS: Wesentlichkeitsanalyse Prozess-Analyse] Materiality Master, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        ====Kritik===
            
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            '''Finanzierungsstrukturen und Interessenskonflikte:''' Die Finanzierungsstrukturen des ISSB werfen grundlegende Fragen zur Unabhängigkeit und Legitimität der Standards auf. Das Corporate Champions Network zeigt, wie sich große Konzerne privilegierten Zugang zu Standardsetzungsprozessen kaufen können. Zu den „Global Leaders“ (250.000 US$ Jahresbeitrag) gehören Unternehmen wie Salesforce und CLP Holdings, während AIA Group und Pfizer als „Global Ambassadors“ (100.000 US$ jährlich) fungieren. Cisco Systems und Banco Santander zahlen als „Global Advocates“ immerhin noch 50.000 US$ pro Jahr.<ref>[https://www.ifrs.org/content/dam/ifrs/meetings/2024/april/ac/ap3-corporate-champions-overview.pdf IFRS Foundation Corporate Champions Network] IFRS Foundation Advisory Council, abgerufen am 30.06.2025</ref> 
        

        Diese gestaffelten Beitragssysteme schaffen explizit unterschiedliche Zugangsniveaus zu ISSB-Veranstaltungen, technischen Briefings und Networking-Formaten. Dadurch haben große Konzerne systematische Vorteile bei der Beeinflussung von Standards.
        
        Dies zeigt außerdem einen grundlegenden Interessenkonflikt in der Struktur des ISSB. So setzt das ISSB, welches von profit-orientierten Unternehmen betrieben wird, Standards für profit-orientierte Unternehmen. Kritiker*innen sehen darin einen entscheidenden Konstruktionsfehler, der die Unabhängigkeit, Transparenz und Wirkung der Standards unterminiert.<ref>[https://www.linkedin.com/pulse/between-lines-sustainability-esg-reporting-ifrs-issb-prabir/ Between the Lines of Sustainability: ESG Reporting and IFRS ISSB] Prabir Mishra, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        '''Methodik:''' Die strukturelle Zusammensetzung führt zu einer Ausrichtung der ISSB Standards auf die Bedürfnisse von Kapitalgeber*innen. So argumentieren Kritiker*innen, dass andere wichtige Stakeholder – zum Beispiel aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft – und ihre Perspektiven systematisch ausgeschlossen werden.<ref>[https://drcaroladams.net/academics-and-policy-makers-at-odds-the-case-of-the-ifrs-foundation-trustees-consultation-paper-on-sustainability-reporting/ Academics and policy makers at odds: the case of the IFRS Foundation Trustees’ consultation paper on sustainability reporting] C. Adams & F.Mueller, abgerufen am 30.06.2025</ref> Darunter fallen auch zahlreiche Befürworteter umfangreicher Nachhaltigkeitsstandards aus der Wirtschaft.<ref>[https://www.responsible-investor.com/almost-half-of-japanese-investors-call-for-double-materiality-approach-in-disclosures-survey/ Almost half of Japanese investors call for double materiality approach in disclosures – survey] responsible investor, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        Diese engere Ausrichtung kann dazu führen, dass wichtige Aspekte der ESG-Berichterstattung für Stakeholder außer Acht gelassen werden. Themen wie Mitarbeiterwohlbefinden, Vielfalt und Inklusion, Gemeinschaftsbeteiligung und andere nicht-klimabezogene Nachhaltigkeitsthemen werden ausgeklammert. Dies wird von Umweltverbänden wie dem WWF aber auch Wirtschaftsverbänden wie dem Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft kritisiert.<ref>[https://wwfeu.awsassets.panda.org/downloads/civil_society_statement___issb_.pdf  Civil society statement on the International Sustainability Standards Board] WWF, abgerufen am 30.06.2025</ref><ref>[https://www.baumev.de/News/10467/MotivationzurTransformationfrdernstatterschweren.html Sustainable Finance und CSRD: Progressive Wirtschaft zum Maßstab machen] Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft & B.A.U.M, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        Die Befürchtungen der Kritiker*innen lassen sich auch anhand erster wissenschaftlicher Erkenntnisse bestätigen. So zeigt eine Studie auf, dass die finanzielle Wesentlichkeitsbetrachtung Unternehmen dazu anreizt, sich auf finanziell relevante Nachhaltigkeitsthemen zu konzentrieren, während sie finanziell nicht relevante Bereiche vernachlässigen.<ref>[https://www.ecgi.global/publications/blog/striking-a-balance-the-importance-of-double-materiality-in-sustainability Striking a balance: The importance of double materiality in sustainability reporting] ECGI, abgerufen am 30.06.2025</ref> So verpassen die Standards in ihrer aktuellen Form das Ziel, ein vollumfängliches Rahmenwerk zu setzen.<ref>[https://www.unepfi.org/news/un-responds-to-the-issb-consultation-on-new-standards-with-joint-statement/ UN responds to the ISSB consultation on new standards with joint statement] United Nations Environment Programme Finance Initiative, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        ===Value Balancing Alliance (VBA)==
            
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            Die Value Balancing Alliance (VBA) ist ein im Juni 2019 gegründeter Unternehmensverband mit Sitz in Frankfurt am Main. Die VBA entwickelt eine Methodik zur monetären Bewertung der Auswirkungen von Unternehmensaktivitäten auf Umwelt und Gesellschaft mit dem Ziel, diese zu einem globalen Standard zu etablieren. Zu den Gründungsmitgliedern gehören BASF, Bosch, Deutsche Bank, LafargeHolcim, Novartis, Philip Morris International, SAP und SK.<ref>[https://www.basf.com/global/en/media/news-releases/2019/08/p-19-304 BASF is founding member of “value balancing alliance e.V.”] BASF, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        Als CEO fungiert Christian Heller, der als Vizepräsident bei BASF angestellt ist und zur VBA abgeordnet wurde.<ref>[https://www.value-balancing.com/en/our-team/christian-heller.html Executive Committee] value balancing alliance, abgerufen am 30.06.2025</ref> Die VBA ist als gemeinnütziger Verein organisiert und wird von den vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Deloitte, EY, KPMG und PwC pro bono unterstützt. Zusätzlich erhält die VBA strategische Beratung von der OECD, der University of Oxford und dem World Economic Forum. Über das EU-Programm LIFE für Umwelt und Klimaschutz erhält die VBA zudem öffentliche Förderung von der Europäischen Union.<ref>[https://www.value-balancing.com/en/about-us.html Who we are and what we fight for] value balancing alliance, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        Die Finanzierung erfolgt primär über Mitgliedsbeiträge der beteiligten Konzerne. Aus dem EU-Transparenzregister geht hervor, dass die VBA für das Geschäftsjahr 2019-2020 Lobbykosten von 750.000 Euro ausgewiesen hat und 600.000 Euro an EU-Fördermitteln erhielt. Zusätzlich unterstützen die Mitgliedsunternehmen die VBA durch die Bereitstellung von Personal.<ref>[https://www.lobbyfacts.eu/datacard/value-balancing-alliance-ev?rid=058733639758-41 Value Balancing Alliance e.V.] LobbyFacts.eu, abgerufen am 30.06.2025</ref>, abgerufen am 30.06.2025</ref> Aktuellere Daten sind nicht verfügbar, da selbsterklärte „nicht-kommerzielle Organisationen“ seit dem 20.09.2021 nicht mehr verpflichtet sind, ein Lobbybudget anzugeben.<ref>[https://www.lobbyfacts.eu/datacard/value-balancing-alliance-ev?rid=913994647994-76 Value Balancing Alliance e.V.] LobbyFacts.eu, abgerufen am 30.06.2025</ref>, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        ====Rolle in der Nachhaltigkeitsberichterstattung===
            
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            Die VBA entwickelt einen Rahmen, um ökologische und soziale Auswirkungen von Unternehmen in Geldwerten auszudrücken und diese in die Unternehmensberichterstattung zu integrieren. Offiziell ist das Ziel, die Vergleichbarkeit und Transparenz von Nachhaltigkeitsinformationen zu erhöhen und diese für Investor*innen und andere Stakeholder leichter verständlich zu machen.
        

        Die VBA-Methodik, das sogenannte Impact Measurement and Valuation (IMV) Framework unterscheidet sich von anderen Nachhaltigkeitsstandards, da sie nicht auf qualitative oder rein mengenbasierte Indikatoren setzt, sondern versucht, sämtliche Effekte – von CO₂-Emissionen über Wasserverbrauch bis zu sozialen Auswirkungen – in Euro- oder Dollarbeträgen zu bewerten. Die Methodik umfasst zwölf Kategorien in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Soziales, für die jeweils positive oder negative Wertbeiträge ausgewiesen werden.<ref>[https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/sustainablefinance/220519_vba-kritik_nabu_wwf.pdf Kritik am „nachhaltigen“ Rechnungslegungswerkzeug der Unternehmensinitiative VBA] WWF, GERMANWATCH, NABU, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        Die VBA lobbyiert aktiv dafür, ihre Methodik in bestehende Berichtsstandards und regulatorische Rahmen wie die ESRS oder die ISSB-Standards zu integrieren. Dafür unterstützte die VBA unter anderem die offizielle Bewerbung Frankfurts als Sitz des International Sustainability Standards Board (ISSB), das globale Mindeststandards für Nachhaltigkeitsberichterstattung setzen soll.<ref>[https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/sustainablefinance/220519_vba-kritik_nabu_wwf.pdf Kritik am „nachhaltigen“ Rechnungslegungswerkzeug der Unternehmensinitiative VBA] WWF, GERMANWATCH, NABU, abgerufen am 30.06.2025</ref> Über das DRSC fungiert die VBA außerdem als Teil der Anschubfinanzierung für das ISSB.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2022/03/220217_Deutscher_Funding_Mechanismus-1.pdf  Deutscher Funding Mechanismus zur Finanzierung der Beiträge zu europäischen und internationalen Standardisierungsgremien] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        ====Kritik===
            
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            '''Institutionalisierte Unternehmenseinflussnahme und Legitimationsdefizite:''' Die doppelte Rolle des VBA-CEO Christian Heller, der gleichzeitig als Vizepräsident bei BASF angestellt ist zeigt die strukturelle Verflechtung zwischen den bewerteten Unternehmen und dem bewertenden „Regulierungsakteur“. Als ehemaliger Co-Vorsitzender des Sustainable Finance Committee der Bundesregierung hatte Heller direkten Einfluss auf europäische und internationale Standardsetzungsprozesse, während er gleichzeitig die Interessen des weltgrößten Chemiekonzerns vertritt.<ref>[https://sustainable-finance-beirat.de/en/members/  The Sustainable Finance Advisory Committee of the Federal Government in the 20th legislative term] Sustainable Finance Advisory Committee, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        Auch die Finanzierungsstruktur der VBA ist höchst kritisch. Die Doppelfinanzierung - durch Mitgliedsbeiträge großer Konzerne und öffentliche EU-Gelder - ermöglicht es der VBA, sich als „gemeinnützige Organisation“ zu präsentieren, während sie faktisch als Lobbyist in den Gremien der EU agiert. Kritiker*innen sehen die VBA deshalb als Lobbyinstrument, das darauf abzielt, verschärfte Berichtspflichten anzugreifen und zu verhindern.
        

        '''Methodik:''' Umweltverbände wie WWF, NABU oder Germanwatch kritisieren, dass die VBA-Methodik planetare Grenzen – also wissenschaftlich definierte Belastungsgrenzen der Erde – nicht ausreichend berücksichtigt. Im Kern der Kritik steht dabei die Annahme VBA-Methodik, dass sich negative Umwelteffekte und positive soziale oder wirtschaftliche Beiträgen gegeneinander aufrechnen lassen könnten.<ref>[https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/sustainablefinance/220519_vba-kritik_nabu_wwf.pdf Kritik am „nachhaltigen“ Rechnungslegungswerkzeug der Unternehmensinitiative VBA] WWF, GERMANWATCH, NABU, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        So würde zum Beispiel ein Arbeitsunfall mit einem verlorenen Menschenleben mit vier Millionen US-Dollar minus in der Bilanz auftauchen. Diese könnten dann aber zum Beispiel mit hohen Managementgehältern oder steigenden Unternehmensprofiten wieder ausgeglichen werden.<ref>[https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/sustainablefinance/220519_vba-kritik_nabu_wwf.pdf Kritik am „nachhaltigen“ Rechnungslegungswerkzeug der Unternehmensinitiative VBA] WWF, GERMANWATCH, NABU, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        Obwohl die VBA empfiehlt, dass eine Aufrechnung positiver und negativer Effekte wegen der Gefahr von Greenwashing vermieden werden sollte, nutzen VBA-Unternehmen diese Verrechnung in ihrer Kommunikation. So schreibt etwa BASF, dass die positiven Effekte die negativen Effekte auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette klar übersteigen.<ref>[https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/sustainablefinance/220519_vba-kritik_nabu_wwf.pdf Kritik am „nachhaltigen“ Rechnungslegungswerkzeug der Unternehmensinitiative VBA] WWF, GERMANWATCH, NABU, abgerufen am 30.06.2025</ref>
        

        ==Einzelnachweise==
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Als zentrale internationale Akteure haben sich die Global Reporting Initiative (GRI), die bereits seit 1997 Nachhaltigkeitsberichtsstandards entwickelt, das 2021 von der IFRS-Stiftung eingerichtete International Sustainability Standards Board (ISSB) sowie auf europäischer Ebene die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) etabliert. Diese Standardsetzer sind sowohl in ihrer Zusammensetzung als auch in ihren Methoden und Zielsetzungen verschieden.<ref>[https://www.umweltbundesamt.de/standardsetzer-fuer-die#hintergrund-nachhaltigkeit-in-der-unternehmensberichterstattung Standardsetzer für die Nachhaltigkeitsberichterstattung] Umweltbundesamt, abgerufen am 13.06.2025</ref>
 
Als zentrale internationale Akteure haben sich die Global Reporting Initiative (GRI), die bereits seit 1997 Nachhaltigkeitsberichtsstandards entwickelt, das 2021 von der IFRS-Stiftung eingerichtete International Sustainability Standards Board (ISSB) sowie auf europäischer Ebene die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) etabliert. Diese Standardsetzer sind sowohl in ihrer Zusammensetzung als auch in ihren Methoden und Zielsetzungen verschieden.<ref>[https://www.umweltbundesamt.de/standardsetzer-fuer-die#hintergrund-nachhaltigkeit-in-der-unternehmensberichterstattung Standardsetzer für die Nachhaltigkeitsberichterstattung] Umweltbundesamt, abgerufen am 13.06.2025</ref>
 
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==Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU==
 
==Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU==
2022 verabschiedete die Europäische Union die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Die Ambition der EU war Nachhaltigkeitsberichterstattung auf eine Ebene mit Finanzberichterstattung zu heben.<ref>[https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/SPEECH_22_6747 Opening remarks by Commissioner McGuinness at the European Parliament plenary debate on the Corporate Sustainability Reporting Directive] European Commission, abgerufen am 30.06.2025<ref/>
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2022 verabschiedete die Europäische Union die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Die Ambition der EU war Nachhaltigkeitsberichterstattung auf eine Ebene mit Finanzberichterstattung zu heben.<ref>[https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/SPEECH_22_6747 Opening remarks by Commissioner McGuinness at the European Parliament plenary debate on the Corporate Sustainability Reporting Directive] European Commission, abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
Die EU verpflichtet Unternehmen dazu, nach ESG-Kriterien zu berichten. ESG ist die Abkürzung für Environmental, Social und Governance (zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) und steht für die drei Säulen der Nachhaltigkeit. CSRD löst die weitestgehend als zahnlos betrachtete Non-Financial Reporting Directive (NFRD) ab.<ref>[https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/PDF/?uri=PI_COM:Ares(2020)3997889 Summary Report of the Public Consultation on the Review of the Non-Financial Reporting Directive] European Commission, abgerufen am 30.06.2025<ref/>
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Die EU verpflichtet Unternehmen dazu, nach ESG-Kriterien zu berichten. ESG ist die Abkürzung für Environmental, Social und Governance (zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) und steht für die drei Säulen der Nachhaltigkeit. CSRD löst die weitestgehend als zahnlos betrachtete Non-Financial Reporting Directive (NFRD) ab.<ref>[https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/PDF/?uri=PI_COM:Ares(2020)3997889 Summary Report of the Public Consultation on the Review of the Non-Financial Reporting Directive] European Commission, abgerufen am 30.06.2025</ref>
Eine wichtige Novelle der CSRD sind Standards zu Nachhaltigkeitsberichterstattung, die European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Die Standards entscheiden, welche Informationen Unternehmen offenlegen müssen. Sie setzen einen Rahmen, wie Unternehmen zu ihren Wirkungen, Risiken und Möglichkeiten berichten. Die daraus resultierende Transparenz soll Greenwashing bekämpfen und den Kapitalmarkt befähigen, Finanzströme in nachhaltige Geschäftsmodelle zu leiten. Damit sind die ESRS ein entscheidendes Instrument des European Green Deal.<ref>https://finance.ec.europa.eu/capital-markets-union-and-financial-markets/company-reporting-and-auditing/company-reporting/corporate-sustainability-reporting_en [Corporate sustainability reporting] European Commission, abgerufen am 30.06.2025<ref/>  
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Eine wichtige Novelle der CSRD sind Standards zu Nachhaltigkeitsberichterstattung, die European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Die Standards entscheiden, welche Informationen Unternehmen offenlegen müssen. Sie setzen einen Rahmen, wie Unternehmen zu ihren Wirkungen, Risiken und Möglichkeiten berichten. Die daraus resultierende Transparenz soll Greenwashing bekämpfen und den Kapitalmarkt befähigen, Finanzströme in nachhaltige Geschäftsmodelle zu leiten. Damit sind die ESRS ein entscheidendes Instrument des European Green Deal.<ref>https://finance.ec.europa.eu/capital-markets-union-and-financial-markets/company-reporting-and-auditing/company-reporting/corporate-sustainability-reporting_en [Corporate sustainability reporting] European Commission, abgerufen am 30.06.2025</ref>  
   
 
Die Europäische Kommission übertrug mit der CSRD die Verantwortung für die Ausarbeitung von Vorschlägen zur technischen Ausgestaltung der Standards an die EFRAG. Diese war zuvor bereits für die Finanzberichterstattung zuständig, allerdings mit Fokus auf Engagement in dem International Accounting Standards Board (IASB) und dann der Interpretation dessen Vorschläge.
 
Die Europäische Kommission übertrug mit der CSRD die Verantwortung für die Ausarbeitung von Vorschlägen zur technischen Ausgestaltung der Standards an die EFRAG. Diese war zuvor bereits für die Finanzberichterstattung zuständig, allerdings mit Fokus auf Engagement in dem International Accounting Standards Board (IASB) und dann der Interpretation dessen Vorschläge.
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===Aktuelle Entwicklungen===
 
===Aktuelle Entwicklungen===
Nach der Verabschiedung der CSRD und ESRS forderten insbesondere große Wirtschafts- und Branchenverbände „spürbare Entlastungen“ für Unternehmen. Auf nationaler wie europäischer Ebene machten sie sich verstärkt für Deregulierung stark – also für den Abbau vermeintlicher überhöhter bürokratischer Hürden und eine Vereinfachung regulatorischer Vorgaben.<ref>[https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Fachinformationen/Verbaendeabfrage_Buerokratieabbau_Ergebnisdokumentation_Einzelvorschlaege.pdf?__blob=publicationFile&v=3 Verbändeabfrage zum Bürokratieabbau] Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, abgerufen am 24.06.2025<ref/> Hierbei wird oft das zweifelhafte Narrativ des „Bürokratiemonsters“ bedient.<ref>[https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/eu-berichtspflichten-nachhaltigkeitspflicht-in-der-eu-wird-zum-buerokratiemonster/100101346.html Nachhaltigkeitspflicht in der EU wird zum Bürokratiemonster] Handelsblatt, abgerufen am 30.06.2025</ref>
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Nach der Verabschiedung der CSRD und ESRS forderten insbesondere große Wirtschafts- und Branchenverbände „spürbare Entlastungen“ für Unternehmen. Auf nationaler wie europäischer Ebene machten sie sich verstärkt für Deregulierung stark – also für den Abbau vermeintlicher überhöhter bürokratischer Hürden und eine Vereinfachung regulatorischer Vorgaben.<ref>[https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Fachinformationen/Verbaendeabfrage_Buerokratieabbau_Ergebnisdokumentation_Einzelvorschlaege.pdf?__blob=publicationFile&v=3 Verbändeabfrage zum Bürokratieabbau] Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, abgerufen am 24.06.2025</ref> Hierbei wird oft das zweifelhafte Narrativ des „Bürokratiemonsters“ bedient.<ref>[https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/eu-berichtspflichten-nachhaltigkeitspflicht-in-der-eu-wird-zum-buerokratiemonster/100101346.html Nachhaltigkeitspflicht in der EU wird zum Bürokratiemonster] Handelsblatt, abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
 
Ein entscheidender Vorstoß war hier die „Antwerp Declaration for a European Industrial Deal“, die im Februar 2024 von zunächst 73 Wirtschaftsführern aus 17 Sektoren unterzeichnet und später von über 1.300 Organisationen unterstützt wurde. Diese auf dem BASF-Gelände in Antwerpen präsentierte Erklärung forderte einen „European Industrial Deal“ als Ergänzung zum Green Deal und verlangte explizit einen umfassenden Aktionsplan zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, der regulatorische Inkohärenz, widersprüchliche Ziele, unnötige Komplexität in der Gesetzgebung und übermäßige Berichtspflichten beseitigen sollte.<ref>[https://antwerp-declaration.eu/ antwerp-declaration.eu] Cefic, abgerufen am 13.06.2025</ref>
 
Ein entscheidender Vorstoß war hier die „Antwerp Declaration for a European Industrial Deal“, die im Februar 2024 von zunächst 73 Wirtschaftsführern aus 17 Sektoren unterzeichnet und später von über 1.300 Organisationen unterstützt wurde. Diese auf dem BASF-Gelände in Antwerpen präsentierte Erklärung forderte einen „European Industrial Deal“ als Ergänzung zum Green Deal und verlangte explizit einen umfassenden Aktionsplan zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, der regulatorische Inkohärenz, widersprüchliche Ziele, unnötige Komplexität in der Gesetzgebung und übermäßige Berichtspflichten beseitigen sollte.<ref>[https://antwerp-declaration.eu/ antwerp-declaration.eu] Cefic, abgerufen am 13.06.2025</ref>
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Die Unterzeichner forderten konkret die Entwicklung eines Omnibus-Vorschlags als erstes Gesetzgebungsvorhaben der nächsten EU-Institutionen, um Korrekturmaßnahmen für alle relevanten bestehenden EU-Verordnungen vorzulegen.<ref>[https://www.lobbycontrol.de/lobbyismus-in-der-eu/neue-eu-kommission-vorfahrt-fuer-konzerne-116259/ Neue EU-Kommission: Vorfahrt für Konzerne?] LobbyControl, abgerufen 13.06.2025</ref> Der Begriff „Omnibus“ beschreibt ein Gesetzgebungspaket, welches zahlreiche Einzelgesetze überarbeitet und im Anschluss gemeinsam zu Abstimmung stellt.
 
Die Unterzeichner forderten konkret die Entwicklung eines Omnibus-Vorschlags als erstes Gesetzgebungsvorhaben der nächsten EU-Institutionen, um Korrekturmaßnahmen für alle relevanten bestehenden EU-Verordnungen vorzulegen.<ref>[https://www.lobbycontrol.de/lobbyismus-in-der-eu/neue-eu-kommission-vorfahrt-fuer-konzerne-116259/ Neue EU-Kommission: Vorfahrt für Konzerne?] LobbyControl, abgerufen 13.06.2025</ref> Der Begriff „Omnibus“ beschreibt ein Gesetzgebungspaket, welches zahlreiche Einzelgesetze überarbeitet und im Anschluss gemeinsam zu Abstimmung stellt.
   
Die Europäische Kommission griff die Forderungen dieser Lobbykampagne auf und verkündete – mit großen Überschneidungen im Wording – ein umfassendes Omnibus-Paket. Dieses verfolgt das Ziel, bestehende Nachhaltigkeitsvorschriften zu vereinfachen, insbesondere durch die Lockerung und zeitliche Verschiebung zentraler Berichtspflichten der CSRD. Neben der Reduktion des Anwendungsbereichs und einer Verlängerung von Umsetzungsfristen enthält der Omnibus insbesondere auch eine deutliche Reduktion der Berichtspflichten.<ref>[https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/bg/qanda_25_615 Questions and answers on simplification omnibus I and II] European Commission, abgerufen am 30.06.2025<ref/>
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Die Europäische Kommission griff die Forderungen dieser Lobbykampagne auf und verkündete – mit großen Überschneidungen im Wording – ein umfassendes Omnibus-Paket. Dieses verfolgt das Ziel, bestehende Nachhaltigkeitsvorschriften zu vereinfachen, insbesondere durch die Lockerung und zeitliche Verschiebung zentraler Berichtspflichten der CSRD. Neben der Reduktion des Anwendungsbereichs und einer Verlängerung von Umsetzungsfristen enthält der Omnibus insbesondere auch eine deutliche Reduktion der Berichtspflichten.<ref>[https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/bg/qanda_25_615 Questions and answers on simplification omnibus I and II] European Commission, abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
 
Dabei ist bemerkenswert, dass selbst die bisher geforderten Nachhaltigkeitsberichte deutlich schlanker ausfallen als klassische Finanzberichte. Finanzberichterstattung wird einfach als gegeben hingenommen und nicht hinterfragt. Die vermeintlich hohe Bürde der über 1.000 Datenpunkte in den ESRS entpuppt sich jedoch als tendenziös. Aufgrund der in den ESRS vorgesehenen Wesentlichkeitsanalyse muss wohl kein Unternehmen so viele Daten veröffentlichen.  
 
Dabei ist bemerkenswert, dass selbst die bisher geforderten Nachhaltigkeitsberichte deutlich schlanker ausfallen als klassische Finanzberichte. Finanzberichterstattung wird einfach als gegeben hingenommen und nicht hinterfragt. Die vermeintlich hohe Bürde der über 1.000 Datenpunkte in den ESRS entpuppt sich jedoch als tendenziös. Aufgrund der in den ESRS vorgesehenen Wesentlichkeitsanalyse muss wohl kein Unternehmen so viele Daten veröffentlichen.  
   
Dies bedeutet, dass Unternehmen in ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung nur über Themen berichten müssen, die entweder für ihr eigenes Geschäft wichtig sind oder mit denen sie wesentliche Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft haben.<ref>[https://www.bifa.de/fileadmin/_migrated/pics/bifa-Texte/bifa-Text_Nr.74_ESRS_online.pdf Handbuch European Sustainability Reporting Standards (ESRS)] bifa Umweltinstitut, abgerufen am 30.06.2025<ref/> So hatte beispielsweise der Großkonzern DHL für 2024 nur gegen vier der zehn themenspezifischen ESRS berichtet.<ref>[https://group.dhl.com/content/dam/deutschepostdhl/de/media-center/investors/documents/geschaeftsberichte/DHL-Group-Geschaeftsbericht-2024.pdf GESCHÄFTSBERICHT 2024] DHL Group, abgerufen am 30.06.2025</ref> Zudem ist die Prüfung dieser ESG-Daten erfahrungsgemäß kostengünstiger als die längst zum Tagesgeschäft gehörenden Prüfungen im Bereich der Finanzberichterstattung.<ref>[https://accountancyeurope.eu/wp-content/uploads/2025/05/250404-CSRD-practice-forum-ESRS-sustainability-statements-first-insights.pdf?v1 ESRS sustainability statements: first insights] Accountancy Europe., abgerufen am 30.06.2025<ref/>. Darüber hinaus kann argumentiert werden, dass ESG-Daten die Externalisierung von Kosten verhindern und so indirekt mit in die Finanzdaten einfließen. In dieser Form könnten ESG-Daten so auch als Frühwarnsystem dienen und Unternehmen helfen, bessere Entscheidungen zu treffen.
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Dies bedeutet, dass Unternehmen in ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung nur über Themen berichten müssen, die entweder für ihr eigenes Geschäft wichtig sind oder mit denen sie wesentliche Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft haben.<ref>[https://www.bifa.de/fileadmin/_migrated/pics/bifa-Texte/bifa-Text_Nr.74_ESRS_online.pdf Handbuch European Sustainability Reporting Standards (ESRS)] bifa Umweltinstitut, abgerufen am 30.06.2025</ref> So hatte beispielsweise der Großkonzern DHL für 2024 nur gegen vier der zehn themenspezifischen ESRS berichtet.<ref>[https://group.dhl.com/content/dam/deutschepostdhl/de/media-center/investors/documents/geschaeftsberichte/DHL-Group-Geschaeftsbericht-2024.pdf GESCHÄFTSBERICHT 2024] DHL Group, abgerufen am 30.06.2025</ref> Zudem ist die Prüfung dieser ESG-Daten erfahrungsgemäß kostengünstiger als die längst zum Tagesgeschäft gehörenden Prüfungen im Bereich der Finanzberichterstattung.<ref>[https://accountancyeurope.eu/wp-content/uploads/2025/05/250404-CSRD-practice-forum-ESRS-sustainability-statements-first-insights.pdf?v1 ESRS sustainability statements: first insights] Accountancy Europe., abgerufen am 30.06.2025</ref>. Darüber hinaus kann argumentiert werden, dass ESG-Daten die Externalisierung von Kosten verhindern und so indirekt mit in die Finanzdaten einfließen. In dieser Form könnten ESG-Daten so auch als Frühwarnsystem dienen und Unternehmen helfen, bessere Entscheidungen zu treffen.
   
 
Umwelt- und Sozialverbände kritisieren, dass das erste Omnibuspaket – mit Fokus auf Nachhaltigkeitsberichterstattung, Sorgfaltspflichten und EU-Taxonomie ­– die Zivilgesellschaft ignoriert und damit Allgemeinwohlinteressen vernachlässigt. Dagegen stehe Vertreter:innen von Privatinteressen Tür und Tor offen.<ref>[https://www.clientearth.org/media/ymfjdfkc/20250418-complaint-omnibus.pdf Complaint to the European Ombudsman] ClientEarth, abgerufen am 30.06.2025</ref>
 
Umwelt- und Sozialverbände kritisieren, dass das erste Omnibuspaket – mit Fokus auf Nachhaltigkeitsberichterstattung, Sorgfaltspflichten und EU-Taxonomie ­– die Zivilgesellschaft ignoriert und damit Allgemeinwohlinteressen vernachlässigt. Dagegen stehe Vertreter:innen von Privatinteressen Tür und Tor offen.<ref>[https://www.clientearth.org/media/ymfjdfkc/20250418-complaint-omnibus.pdf Complaint to the European Ombudsman] ClientEarth, abgerufen am 30.06.2025</ref>
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==Akteure==
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===Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e. V. (DRSC)===
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==Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e. V. (DRSC)==
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Der Verein Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e. V. (DRSC) interpretiert Standards der Unternehmensberichterstattung in Deutschland. Außerdem vertritt das DRSC Deutschland international in Fragen der Standards für Unternehmensberichterstattung und hat in dieser Rolle großen Einfluss auf deren technische Ausgestaltung.
 
Der Verein Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e. V. (DRSC) interpretiert Standards der Unternehmensberichterstattung in Deutschland. Außerdem vertritt das DRSC Deutschland international in Fragen der Standards für Unternehmensberichterstattung und hat in dieser Rolle großen Einfluss auf deren technische Ausgestaltung.
   
 
Bis 2022 konzentrierte sich die Arbeit des DRSC ausschließlich auf Finanzberichterstattung. Dafür wurde es vom Bundesministerium der Justiz als nationales „privates Rechnungslegungsgremium“ (nach § 342q HGB) anerkannt.
 
Bis 2022 konzentrierte sich die Arbeit des DRSC ausschließlich auf Finanzberichterstattung. Dafür wurde es vom Bundesministerium der Justiz als nationales „privates Rechnungslegungsgremium“ (nach § 342q HGB) anerkannt.
Das DRSC ist formal ein privater, als Verein (e.V.) organisierter Verband, kein staatliches Gremium. Die Satzung nennt den Vereinszweck ausdrücklich als „im gesamtwirtschaftlichen Interesse“. Eigene Angaben des DRSC sprechen vage von „selbstloser“ Tätigkeit; faktisch ist das DRSC aber kein gemeinnütziger Verband, sondern nach eigenem Bekunden Interessenvertreter der deutschen Wirtschaft in der Rechnungslegung.<ref>[https://www.drsc.de/ Homepage], Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025<ref/>
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Das DRSC ist formal ein privater, als Verein (e.V.) organisierter Verband, kein staatliches Gremium. Die Satzung nennt den Vereinszweck ausdrücklich als „im gesamtwirtschaftlichen Interesse“. Eigene Angaben des DRSC sprechen vage von „selbstloser“ Tätigkeit; faktisch ist das DRSC aber kein gemeinnütziger Verband, sondern nach eigenem Bekunden Interessenvertreter der deutschen Wirtschaft in der Rechnungslegung.<ref>[https://www.drsc.de/ Homepage], Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
Mitglied kann jedes Unternehmen oder Bündnis werden, das Pflicht zur Rechnungslegung hat oder sich damit befasst. Die Satzung definiert fünf Segmente (A -E) – etwa kapitalmarktorientierte Industrie (A), nicht-börsennotierte Industrie (B), Banken (C), Versicherungen (D) und Wirtschaftsprüfung (E) – die gemeinsam „die unterschiedlichen Belange der an der Rechnungslegung Beteiligten“ repräsentieren sollen.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/07/210630_Satzung.pdf#:~:text=Mitgliedschaft%20,Segment%20%E2%80%9EA%E2%80%9C Satzung des Vereins] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025<ref/> Tatsächlich entstammen alle Segmente der Wirtschaft; Verbände aus Umwelt- oder Sozialbereichen sind nicht vorgesehen.
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Mitglied kann jedes Unternehmen oder Bündnis werden, das Pflicht zur Rechnungslegung hat oder sich damit befasst. Die Satzung definiert fünf Segmente (A -E) – etwa kapitalmarktorientierte Industrie (A), nicht-börsennotierte Industrie (B), Banken (C), Versicherungen (D) und Wirtschaftsprüfung (E) – die gemeinsam „die unterschiedlichen Belange der an der Rechnungslegung Beteiligten“ repräsentieren sollen.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/07/210630_Satzung.pdf#:~:text=Mitgliedschaft%20,Segment%20%E2%80%9EA%E2%80%9C Satzung des Vereins] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref> Tatsächlich entstammen alle Segmente der Wirtschaft; Verbände aus Umwelt- oder Sozialbereichen sind nicht vorgesehen.
   
 
Die Vereinsorgane nach Satzung (§6) sind die Mitgliederversammlung, ein Verwaltungsrat, ein Nominierungsausschuss und das Präsidium (Vorstand). Zudem gibt es zwei Fachgremien – eines für Finanzberichterstattung und eines für Nachhaltigkeitsberichterstattung – sowie einen Wissenschaftsbeirat.
 
Die Vereinsorgane nach Satzung (§6) sind die Mitgliederversammlung, ein Verwaltungsrat, ein Nominierungsausschuss und das Präsidium (Vorstand). Zudem gibt es zwei Fachgremien – eines für Finanzberichterstattung und eines für Nachhaltigkeitsberichterstattung – sowie einen Wissenschaftsbeirat.
   
Der DRSC finanziert sich nahezu vollständig aus Beiträgen seiner Mitgliedsunternehmen. Jahresbericht von 2023 zeigt zum Beispiel, dass rund 2,49 Millionen Euro aus Mitgliedsbeiträgen (gerade kapitalmarktorientierter Konzerne) einnahmen, gegenüber nur etwa 81.000 Euro aus sonstigen Erlösen. Öffentliche Gelder oder NGO-Spenden gibt es nicht. Das bedeutet, dass über 95% der Finanzierung aus der Privatwirtschaft stammen.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2024/08/DRSC-Jahresbericht2023_final_D_update.pdf Jahresbericht 2023] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025<ref/>
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Der DRSC finanziert sich nahezu vollständig aus Beiträgen seiner Mitgliedsunternehmen. Jahresbericht von 2023 zeigt zum Beispiel, dass rund 2,49 Millionen Euro aus Mitgliedsbeiträgen (gerade kapitalmarktorientierter Konzerne) einnahmen, gegenüber nur etwa 81.000 Euro aus sonstigen Erlösen. Öffentliche Gelder oder NGO-Spenden gibt es nicht. Das bedeutet, dass über 95% der Finanzierung aus der Privatwirtschaft stammen.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2024/08/DRSC-Jahresbericht2023_final_D_update.pdf Jahresbericht 2023] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref>
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===Rolle in der Nachhaltigkeitsberichterstattung===
   
====Rolle in der Nachhaltigkeitsberichterstattung====
 
 
Der Fachausschuss Nachhaltigkeitsberichterstattung des DRSC ist das zentrale Gremium zur fachlichen Beratung und Koordination von Themen der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland. Er beobachtet und bewertet regulatorische Entwicklungen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene und nimmt insbesondere Stellung zu Entwürfen der EFRAG.
 
Der Fachausschuss Nachhaltigkeitsberichterstattung des DRSC ist das zentrale Gremium zur fachlichen Beratung und Koordination von Themen der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland. Er beobachtet und bewertet regulatorische Entwicklungen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene und nimmt insbesondere Stellung zu Entwürfen der EFRAG.
   
Im Kontext der EFRAG-Struktur nimmt der Ausschuss eine wichtige Schnittstellenfunktion ein. Er begleitet die Arbeiten des Sustainability Reporting Technical Expert Group (SR TEG), in dem fachliche Entwürfe für Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards erarbeitet werden, sowie des Sustainability Reporting Board (SRB), das über deren Freigabe entscheidet. Hier entscheiden sich beispielsweise die Anzahl der verschiedenen Datenpunkte, wer diese Datenpunkte erheben muss (inklusive Ausnahmen), oder wann bestimmte Regeln in Kraft treten. Über das DRSC bringt Deutschland seine Positionen aktiv in diese Gremien ein. Auch in dem Administrative Board der EFRAG, das für Governance und strategische Ausrichtung zuständig ist, fungiert das DRSC als nationaler Ansprechpartner und Mittler. Als Vertreter des wirtschaftlich stärksten Landes der EU hat das DRSC damit erheblichen Einfluss auf die technische Ausgestaltung der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattung.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/07/210630_Satzung.pdf#:~:text=Mitgliedschaft%20,Segment%20%E2%80%9EA%E2%80%9C Satzung des Vereins] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025<ref/>
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Im Kontext der EFRAG-Struktur nimmt der Ausschuss eine wichtige Schnittstellenfunktion ein. Er begleitet die Arbeiten des Sustainability Reporting Technical Expert Group (SR TEG), in dem fachliche Entwürfe für Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards erarbeitet werden, sowie des Sustainability Reporting Board (SRB), das über deren Freigabe entscheidet. Hier entscheiden sich beispielsweise die Anzahl der verschiedenen Datenpunkte, wer diese Datenpunkte erheben muss (inklusive Ausnahmen), oder wann bestimmte Regeln in Kraft treten. Über das DRSC bringt Deutschland seine Positionen aktiv in diese Gremien ein. Auch in dem Administrative Board der EFRAG, das für Governance und strategische Ausrichtung zuständig ist, fungiert das DRSC als nationaler Ansprechpartner und Mittler. Als Vertreter des wirtschaftlich stärksten Landes der EU hat das DRSC damit erheblichen Einfluss auf die technische Ausgestaltung der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattung.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/07/210630_Satzung.pdf#:~:text=Mitgliedschaft%20,Segment%20%E2%80%9EA%E2%80%9C Satzung des Vereins] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
Darüber hinaus liefert das DRSC Übersetzungen und Kommentare zu den neuen ESRS-Entwürfen und erstellt Studien für das Bundesjustizministerium.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/06/210128_CSR-Studie_final.pdf CSR-STUDIE] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025<ref/>
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Darüber hinaus liefert das DRSC Übersetzungen und Kommentare zu den neuen ESRS-Entwürfen und erstellt Studien für das Bundesjustizministerium.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/06/210128_CSR-Studie_final.pdf CSR-STUDIE] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
====Kritik====
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===Kritik===
Vertreter aus Umwelt- und Entwicklungsverbänden, Wirtschaftswissenschaftlern und Teilen der Presse sehen das DRSC kritisch.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/offener_brief_standardsetzung_nachhaltigkeitsberichterstattung.pdf#:~:text=Nachhaltigkeitsberichterstattung%20ist%20unerl%C3%A4sslich%20f%C3%BCr%20die,f%C3%BCr%20die%20Sicherung%20von%20Arbeitspl%C3%A4tzehttps://www.germanwatch.org/de/90628 Offener Brief: Standardsetzung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung – Neustart notwendig] Germanwatch e.V., abgerufen am 30.06.2025<ref/><ref>[https://background.tagesspiegel.de/finance/briefing/kritik-am-drsc-wird-lauter Kritik am DRSC wird lauter] Tagesspiegel Background, abgerufen am 30.06.2025<ref/> Sie warnen vor demokratischen Defiziten und inhaltlicher Verzerrung.
 
   
'''Mandat:''' Ein von unter anderem NABU und Germanwatch in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zweifelt das Mandat des DRSC für dessen Arbeit zur Nachhaltigkeitsberichterstattung an – § 342q HGB ermächtige es nur zur Mitwirkung an der finanziellen Konzernrechnungslegung.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/20240416_gutachten_ss_342q_hgb.pdf Gutachtenzur (fehlenden) Legitimation des DRSC im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und den rechtlichen Anforderungen an eine notwendige Anpassung der Rechtsgrundlage in § 342q HGB] Rechtsanwälte Günther, abgerufen am 30.06.2025<ref/> Ein Brief des Verwaltungsrats des DRSC bestätigt diese Sichtweise.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/05/210526_DRSC_SN_BMJV_CSRD.pdf Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission „Corporate Sustainability Reporting“] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025<ref/> So schrieb er in einem Brief an das Bundesjustizministerium: „Das DRSC sollte nach Ansicht seines Verwaltungsrates in seiner Funktion als neutrale, dem Gesamtwohl der deutschen Wirtschaft verpflichtete Institution gesetzlich mandatiert werden, neben der Finanzberichterstattung auch im Bereich der Nachhaltigkeit diese Scharnierfunktion zu übernehmen.“<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/05/210526_DRSC_SN_BMJV_CSRD.pdf Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission „Corporate Sustainability Reporting“] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025<ref/>
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Vertreter aus Umwelt- und Entwicklungsverbänden, Wirtschaftswissenschaftlern und Teilen der Presse sehen das DRSC kritisch.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/offener_brief_standardsetzung_nachhaltigkeitsberichterstattung.pdf#:~:text=Nachhaltigkeitsberichterstattung%20ist%20unerl%C3%A4sslich%20f%C3%BCr%20die,f%C3%BCr%20die%20Sicherung%20von%20Arbeitspl%C3%A4tzehttps://www.germanwatch.org/de/90628 Offener Brief: Standardsetzung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung – Neustart notwendig] Germanwatch e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref><ref>[https://background.tagesspiegel.de/finance/briefing/kritik-am-drsc-wird-lauter Kritik am DRSC wird lauter] Tagesspiegel Background, abgerufen am 30.06.2025</ref> Sie warnen vor demokratischen Defiziten und inhaltlicher Verzerrung.
   
Zudem soll das DRSC in seiner Arbeit das „öffentliche, insbesondere auch das gesamtwirtschaftlichen Interesse“ berücksichtigen. So steht es im Standardisierungsvertrag mit dem BMJ.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2017/03/111202_SV_BMJ-DRSC.pdf Standardisierungsvertrag] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025<ref/> Doch in der Satzung des DRSC fällt das „öffentliche“ Interesse raus. Dort ist nur noch vom „gesamtwirtschaftlichen Interesse“ die Rede.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/07/210630_Satzung.pdf#:~:text=Mitgliedschaft%20,Segment%20%E2%80%9EA%E2%80%9C Satzung des Vereins] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025<ref/>
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'''Mandat:''' Ein von unter anderem NABU und Germanwatch in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zweifelt das Mandat des DRSC für dessen Arbeit zur Nachhaltigkeitsberichterstattung an – § 342q HGB ermächtige es nur zur Mitwirkung an der finanziellen Konzernrechnungslegung.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/20240416_gutachten_ss_342q_hgb.pdf Gutachtenzur (fehlenden) Legitimation des DRSC im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und den rechtlichen Anforderungen an eine notwendige Anpassung der Rechtsgrundlage in § 342q HGB] Rechtsanwälte Günther, abgerufen am 30.06.2025</ref> Ein Brief des Verwaltungsrats des DRSC bestätigt diese Sichtweise.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/05/210526_DRSC_SN_BMJV_CSRD.pdf Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission „Corporate Sustainability Reporting“] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref> So schrieb er in einem Brief an das Bundesjustizministerium: „Das DRSC sollte nach Ansicht seines Verwaltungsrates in seiner Funktion als neutrale, dem Gesamtwohl der deutschen Wirtschaft verpflichtete Institution gesetzlich mandatiert werden, neben der Finanzberichterstattung auch im Bereich der Nachhaltigkeit diese Scharnierfunktion zu übernehmen.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/05/210526_DRSC_SN_BMJV_CSRD.pdf Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission „Corporate Sustainability Reporting“] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
NABU, Germanwatch, Südwind und 13 weitere Organisationen sprechen sich deshalb in einem offenen Brief für eine Novelle des HGB-Paragrafen 342q aus. Sie fordern darin einen klaren staatlichen Auftrag für einen nationalen Standardsetzer, der transparent, plural und am Gemeinwohl orientiert ist.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/offener_brief_standardsetzung_nachhaltigkeitsberichterstattung.pdf#:~:text=Nachhaltigkeitsberichterstattung%20ist%20unerl%C3%A4sslich%20f%C3%BCr%20die,f%C3%BCr%20die%20Sicherung%20von%20Arbeitspl%C3%A4tzehttps://www.germanwatch.org/de/90628 Offener Brief: Standardsetzung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung – Neustart notwendig] Germanwatch e.V., abgerufen am 30.06.2025<ref/> Der § 342q des HGB wurde bis heute nicht überarbeitet.
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Zudem soll das DRSC in seiner Arbeit das „öffentliche, insbesondere auch das gesamtwirtschaftlichen Interesse“ berücksichtigen. So steht es im Standardisierungsvertrag mit dem BMJ.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2017/03/111202_SV_BMJ-DRSC.pdf Standardisierungsvertrag] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref> Doch in der Satzung des DRSC fällt das „öffentliche“ Interesse raus. Dort ist nur noch vom „gesamtwirtschaftlichen Interesse“ die Rede.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2021/07/210630_Satzung.pdf#:~:text=Mitgliedschaft%20,Segment%20%E2%80%9EA%E2%80%9C Satzung des Vereins] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
'''Struktur:''' Weil nur Unternehmen und Wirtschaftsverbände Mitglied werden können, fehlt ein unabhängiger Vertreter für Umwelt- oder Zivilgesellschaftsinteressen.<ref>[https://background.tagesspiegel.de/finance/briefing/weiterhin-kein-umweltexperte-in-drsc-ausschuss Weiterhin kein Umweltexperte in DRSC-Ausschuss] Tagesspiegel Background, abgerufen am 30.06.2025<ref/>
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NABU, Germanwatch, Südwind und 13 weitere Organisationen sprechen sich deshalb in einem offenen Brief für eine Novelle des HGB-Paragrafen 342q aus. Sie fordern darin einen klaren staatlichen Auftrag für einen nationalen Standardsetzer, der transparent, plural und am Gemeinwohl orientiert ist.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/offener_brief_standardsetzung_nachhaltigkeitsberichterstattung.pdf#:~:text=Nachhaltigkeitsberichterstattung%20ist%20unerl%C3%A4sslich%20f%C3%BCr%20die,f%C3%BCr%20die%20Sicherung%20von%20Arbeitspl%C3%A4tzehttps://www.germanwatch.org/de/90628 Offener Brief: Standardsetzung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung – Neustart notwendig] Germanwatch e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref> Der § 342q des HGB wurde bis heute nicht überarbeitet.
   
Darüber hinaus gibt es ein starkes Ungleichgewicht zugunsten börsennotierter Unternehmen. So gehören etwa 2/3 der Mitglieder des DRSC auch dem Deutschen Aktieninstitut (ein Lobbyverband für an der Börse gelistete Konzerne) an.<ref>[https://www.dai.de/unsere-mitglieder Unsere Mitglieder] Deutsches Aktieninstitut, abgerufen am 30.06.2025<ref/><ref>[https://www.drsc.de/mitgliedschaft/ Mitgliedschaft] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025<ref/>
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'''Struktur:''' Weil nur Unternehmen und Wirtschaftsverbände Mitglied werden können, fehlt ein unabhängiger Vertreter für Umwelt- oder Zivilgesellschaftsinteressen.<ref>[https://background.tagesspiegel.de/finance/briefing/weiterhin-kein-umweltexperte-in-drsc-ausschuss Weiterhin kein Umweltexperte in DRSC-Ausschuss] Tagesspiegel Background, abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
Dieses Ungleichgewicht setzt sich auch in der Besetzung der Fachausschüsse fort. Diese werden vom Verwaltungsrat gewählt, welcher wiederum nach einem bestimmten Schlüssel von der Mitgliedsversammlung gewählt wird. Dieser Schlüssel sichert zwar ab, dass nicht-börsennotierten Unternehmen ein paar Sitze bekommen; jedoch ist eine Dreiviertelmehrheit nötig, um Ausschussmitglieder zu wählen. Dies führt in der Praxis zu einer Gremienbesetzung im Sinne börsennotierter Konzerne.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/20240416_gutachten_ss_342q_hgb.pdf Gutachtenzur (fehlenden) Legitimation des DRSC im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und den rechtlichen Anforderungen an eine notwendige Anpassung der Rechtsgrundlage in § 342q HGB] Rechtsanwälte Günther, abgerufen am 30.06.2025<ref/>
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Darüber hinaus gibt es ein starkes Ungleichgewicht zugunsten börsennotierter Unternehmen. So gehören etwa 2/3 der Mitglieder des DRSC auch dem Deutschen Aktieninstitut (ein Lobbyverband für an der Börse gelistete Konzerne) an.<ref>[https://www.dai.de/unsere-mitglieder Unsere Mitglieder] Deutsches Aktieninstitut, abgerufen am 30.06.2025</ref><ref>[https://www.drsc.de/mitgliedschaft/ Mitgliedschaft] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
Diese Struktur spiegelt sich auch im „Stakeholder-Panel“ des DRSC wider. In diesem sollen Nutzer:innen von Unternehmensinformationen eingebunden werden. Bislang umfasst es vor allem Börsen- und Finanzexperten:innen, nicht aber Fachleute aus NGOs oder Wissenschaft.<ref>[https://background.tagesspiegel.de/finance/briefing/weiterhin-kein-umweltexperte-in-drsc-ausschuss Weiterhin kein Umweltexperte in DRSC-Ausschuss] Tagesspiegel Background, abgerufen am 30.06.2025<ref/>
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Dieses Ungleichgewicht setzt sich auch in der Besetzung der Fachausschüsse fort. Diese werden vom Verwaltungsrat gewählt, welcher wiederum nach einem bestimmten Schlüssel von der Mitgliedsversammlung gewählt wird. Dieser Schlüssel sichert zwar ab, dass nicht-börsennotierten Unternehmen ein paar Sitze bekommen; jedoch ist eine Dreiviertelmehrheit nötig, um Ausschussmitglieder zu wählen. Dies führt in der Praxis zu einer Gremienbesetzung im Sinne börsennotierter Konzerne.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/20240416_gutachten_ss_342q_hgb.pdf Gutachtenzur (fehlenden) Legitimation des DRSC im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und den rechtlichen Anforderungen an eine notwendige Anpassung der Rechtsgrundlage in § 342q HGB] Rechtsanwälte Günther, abgerufen am 30.06.2025</ref>
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Diese Struktur spiegelt sich auch im „Stakeholder-Panel“ des DRSC wider. In diesem sollen Nutzer:innen von Unternehmensinformationen eingebunden werden. Bislang umfasst es vor allem Börsen- und Finanzexperten:innen, nicht aber Fachleute aus NGOs oder Wissenschaft.<ref>[https://background.tagesspiegel.de/finance/briefing/weiterhin-kein-umweltexperte-in-drsc-ausschuss Weiterhin kein Umweltexperte in DRSC-Ausschuss] Tagesspiegel Background, abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
 
'''Finanzielle Abhängigkeit:''' Die ausschließliche Finanzierung über Mitgliedsbeiträge macht das DRSC empfindlich gegenüber den Interessen seiner Geldgeber. Aus einer Anfrage über das Informationsfreiheitsgesetz geht hervor, dass kleinere Firmen die Höhe der Gebühren kritisieren. Diese hindere sie an der Teilnahme. Weil große Kapitalgesellschaften den Löwenanteil zahlen, dominiert deshalb faktisch die Perspektive des Finanz- und Industriekapitals.  
 
'''Finanzielle Abhängigkeit:''' Die ausschließliche Finanzierung über Mitgliedsbeiträge macht das DRSC empfindlich gegenüber den Interessen seiner Geldgeber. Aus einer Anfrage über das Informationsfreiheitsgesetz geht hervor, dass kleinere Firmen die Höhe der Gebühren kritisieren. Diese hindere sie an der Teilnahme. Weil große Kapitalgesellschaften den Löwenanteil zahlen, dominiert deshalb faktisch die Perspektive des Finanz- und Industriekapitals.  
   
Die Ausrichtung ist auch in Satzung festgehalten. So ist nach § 10 (3) die Mitglieder- und Beitragsstruktur verantwortlich für die Bevorzugung der großen Konzerne im Verwaltungsrat. Folglich kann angenommen werden, dass ein von der Wirtschaft finanzierter Standardsetzer bei strittigen Punkten tendenziell die weichere Linie vertritt.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/20240416_gutachten_ss_342q_hgb.pdf Gutachtenzur (fehlenden) Legitimation des DRSC im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und den rechtlichen Anforderungen an eine notwendige Anpassung der Rechtsgrundlage in § 342q HGB] Rechtsanwälte Günther, abgerufen am 30.06.2025<ref/> Dazu passt, dass der BDI den Präsidenten des DRSC in einem Interview als „Stimme der Wirtschaft“ bezeichnete.<ref>[https://www.linkedin.com/feed/update/urn:li:activity:6948523100623802368/ Interview mit Georg Lanfermann] Dr. Monika Wünnemann, abgerufen am 30.06.2025<ref/>
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Die Ausrichtung ist auch in Satzung festgehalten. So ist nach § 10 (3) die Mitglieder- und Beitragsstruktur verantwortlich für die Bevorzugung der großen Konzerne im Verwaltungsrat. Folglich kann angenommen werden, dass ein von der Wirtschaft finanzierter Standardsetzer bei strittigen Punkten tendenziell die weichere Linie vertritt.<ref>[https://www.germanwatch.org/sites/default/files/20240416_gutachten_ss_342q_hgb.pdf Gutachtenzur (fehlenden) Legitimation des DRSC im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und den rechtlichen Anforderungen an eine notwendige Anpassung der Rechtsgrundlage in § 342q HGB] Rechtsanwälte Günther, abgerufen am 30.06.2025</ref> Dazu passt, dass der BDI den Präsidenten des DRSC in einem Interview als „Stimme der Wirtschaft“ bezeichnete.<ref>[https://www.linkedin.com/feed/update/urn:li:activity:6948523100623802368/ Interview mit Georg Lanfermann] Dr. Monika Wünnemann, abgerufen am 30.06.2025</ref>
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===Institutionalisierte Beeinflussung – das DRSC als wirtschaftsdominierter Regulierungsakteur===
   
====Institutionalisierte Beeinflussung – das DRSC als wirtschaftsdominierter Regulierungsakteur====
 
 
Das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) spielt eine zentrale Rolle bei der Ausgestaltung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland und wirkt aktiv an europäischen Entscheidungsprozessen mit. Obwohl es als Mandatsträgerin der Regierung im öffentlichen Interesse handeln soll, zeigt die Analyse seiner Struktur und Finanzierung eine deutliche Schlagseite zugunsten profit-orientierter Großkonzerne.
 
Das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) spielt eine zentrale Rolle bei der Ausgestaltung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland und wirkt aktiv an europäischen Entscheidungsprozessen mit. Obwohl es als Mandatsträgerin der Regierung im öffentlichen Interesse handeln soll, zeigt die Analyse seiner Struktur und Finanzierung eine deutliche Schlagseite zugunsten profit-orientierter Großkonzerne.
   
 
Als privater Verein mit fehlender Kompetenz in Nachhaltigkeitsthemen und einer fast vollständigen Finanzierung durch kapitalmarktorientierte Unternehmen agiert das DRSC de facto als verlängerter Arm der Industrie. Umwelt- und Zivilgesellschaftsinteressen sind weder strukturell noch personell eingebunden. Der Einfluss auf technische Details der Berichterstattung erfolgt damit unter starkem Lobbyeinfluss – ein deutliches Beispiel institutionalisierter Beeinflussung durch Großkonzerne. Kritiker fordern daher eine gesetzliche Neuregelung, die Transparenz, Gemeinwohlorientierung und pluralistische Beteiligung sicherstellt.
 
Als privater Verein mit fehlender Kompetenz in Nachhaltigkeitsthemen und einer fast vollständigen Finanzierung durch kapitalmarktorientierte Unternehmen agiert das DRSC de facto als verlängerter Arm der Industrie. Umwelt- und Zivilgesellschaftsinteressen sind weder strukturell noch personell eingebunden. Der Einfluss auf technische Details der Berichterstattung erfolgt damit unter starkem Lobbyeinfluss – ein deutliches Beispiel institutionalisierter Beeinflussung durch Großkonzerne. Kritiker fordern daher eine gesetzliche Neuregelung, die Transparenz, Gemeinwohlorientierung und pluralistische Beteiligung sicherstellt.
   
===International Sustainability Standards Board (ISSB)===
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==International Sustainability Standards Board (ISSB)==
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Das International Sustainability Standards Board (ISSB) wurde im November 2021 während der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow als zweites Standardsetzungsgremium neben dem International Accounting Standards Board (IASB) innerhalb der IFRS Foundation gegründet.<ref>[https://www.ifrs.org/groups/international-sustainability-standards-board/ About the International Sustainability Standards Board] International Sustainability Standards Board, abgerufen am 30.06.2025</ref>
 
Das International Sustainability Standards Board (ISSB) wurde im November 2021 während der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow als zweites Standardsetzungsgremium neben dem International Accounting Standards Board (IASB) innerhalb der IFRS Foundation gegründet.<ref>[https://www.ifrs.org/groups/international-sustainability-standards-board/ About the International Sustainability Standards Board] International Sustainability Standards Board, abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
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Die Finanzierung des ISSB erfolgt über die IFRS Foundation. Für das Jahr 2023 erhielt das ISSB Anschubfinanzierungen in Höhe von 18,4 Millionen Pfund jährlich zur Unterstützung seiner Gründung. Die Anschubfinanzierung stammte hauptsächlich aus vier Ländern: Kanada, China, Deutschland und Japan, die zusammen 47 Prozent der gesamten Beitragseinkünfte der Foundation stellten. Die IFRS Foundation arbeitet darauf hin, die Finanzierung des ISSB schrittweise auf Mitgliedsbeiträge durch Unternehmen umzulegen.<ref>[https://www.ifrs.org/content/dam/ifrs/about-us/funding/2023/ifrs-foundation-annual-report-2023.pdf Annual Report 2023] International Sustainability Standards Board, abgerufen am 30.06.2025</ref>
 
Die Finanzierung des ISSB erfolgt über die IFRS Foundation. Für das Jahr 2023 erhielt das ISSB Anschubfinanzierungen in Höhe von 18,4 Millionen Pfund jährlich zur Unterstützung seiner Gründung. Die Anschubfinanzierung stammte hauptsächlich aus vier Ländern: Kanada, China, Deutschland und Japan, die zusammen 47 Prozent der gesamten Beitragseinkünfte der Foundation stellten. Die IFRS Foundation arbeitet darauf hin, die Finanzierung des ISSB schrittweise auf Mitgliedsbeiträge durch Unternehmen umzulegen.<ref>[https://www.ifrs.org/content/dam/ifrs/about-us/funding/2023/ifrs-foundation-annual-report-2023.pdf Annual Report 2023] International Sustainability Standards Board, abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
====Rolle in der Nachhaltigkeitsberichterstattung====
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===Rolle in der Nachhaltigkeitsberichterstattung===
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Das ISSB hat sich als zentraler Akteur in der globalen Landschaft der Nachhaltigkeitsberichterstattung etabliert.<ref>[https://www.spglobal.com/esg/insights/march-2025-where-does-the-world-stand-on-issb-adoption March 2025 – Where does the world stand on ISSB adoption?] S&P Global, abgerufen am 30.06.2025</ref> Besonders relevant ist seine Position in der Debatte um einfache gegen doppelte Wesentlichkeit (Single vs. Double Materiality). Hier gilt es als einflussreichster Verfechter der einfachen Wesentlichkeit.
 
Das ISSB hat sich als zentraler Akteur in der globalen Landschaft der Nachhaltigkeitsberichterstattung etabliert.<ref>[https://www.spglobal.com/esg/insights/march-2025-where-does-the-world-stand-on-issb-adoption March 2025 – Where does the world stand on ISSB adoption?] S&P Global, abgerufen am 30.06.2025</ref> Besonders relevant ist seine Position in der Debatte um einfache gegen doppelte Wesentlichkeit (Single vs. Double Materiality). Hier gilt es als einflussreichster Verfechter der einfachen Wesentlichkeit.
   
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Im Gegensatz zu den ESRS gehen die ISSB-Standards auch nicht auf die Frage ein, wie externe Nachhaltigkeitsthemen – zum Beispiel Klimawandel, Wasserknappheit oder soziale Konflikte ­– das Geschäft eines Unternehmens beeinträchtigen können. Diese „Outside-In“ Perspektive kann zum Beispiel mit einer Klimarisiko-Analyse untersucht werden. Dieses oder ähnliche Instrumente sind aber in der aktuellen Ausgestaltung der Standards nicht vorgesehen. Und so fehlt der Nachhaltigkeitsberichterstattung ein entscheidendes Monitoring-Tool um langfristige Risiken wie etwa steigende Rohstoffkosten, Lieferkettenunterbrechungen oder neue Gesetze zu antizipieren.<ref>[https://materialitymaster.com/de/blog-de/issb-vs-esrs-wesentlichkeitsanalyse-prozess-analyse/ ISSB vs. ESRS: Wesentlichkeitsanalyse Prozess-Analyse] Materiality Master, abgerufen am 30.06.2025</ref>
 
Im Gegensatz zu den ESRS gehen die ISSB-Standards auch nicht auf die Frage ein, wie externe Nachhaltigkeitsthemen – zum Beispiel Klimawandel, Wasserknappheit oder soziale Konflikte ­– das Geschäft eines Unternehmens beeinträchtigen können. Diese „Outside-In“ Perspektive kann zum Beispiel mit einer Klimarisiko-Analyse untersucht werden. Dieses oder ähnliche Instrumente sind aber in der aktuellen Ausgestaltung der Standards nicht vorgesehen. Und so fehlt der Nachhaltigkeitsberichterstattung ein entscheidendes Monitoring-Tool um langfristige Risiken wie etwa steigende Rohstoffkosten, Lieferkettenunterbrechungen oder neue Gesetze zu antizipieren.<ref>[https://materialitymaster.com/de/blog-de/issb-vs-esrs-wesentlichkeitsanalyse-prozess-analyse/ ISSB vs. ESRS: Wesentlichkeitsanalyse Prozess-Analyse] Materiality Master, abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
====Kritik====
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===Kritik===
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'''Finanzierungsstrukturen und Interessenskonflikte:''' Die Finanzierungsstrukturen des ISSB werfen grundlegende Fragen zur Unabhängigkeit und Legitimität der Standards auf. Das Corporate Champions Network zeigt, wie sich große Konzerne privilegierten Zugang zu Standardsetzungsprozessen kaufen können. Zu den „Global Leaders“ (250.000 US$ Jahresbeitrag) gehören Unternehmen wie Salesforce und CLP Holdings, während AIA Group und Pfizer als „Global Ambassadors“ (100.000 US$ jährlich) fungieren. Cisco Systems und Banco Santander zahlen als „Global Advocates“ immerhin noch 50.000 US$ pro Jahr.<ref>[https://www.ifrs.org/content/dam/ifrs/meetings/2024/april/ac/ap3-corporate-champions-overview.pdf IFRS Foundation Corporate Champions Network] IFRS Foundation Advisory Council, abgerufen am 30.06.2025</ref>  
 
'''Finanzierungsstrukturen und Interessenskonflikte:''' Die Finanzierungsstrukturen des ISSB werfen grundlegende Fragen zur Unabhängigkeit und Legitimität der Standards auf. Das Corporate Champions Network zeigt, wie sich große Konzerne privilegierten Zugang zu Standardsetzungsprozessen kaufen können. Zu den „Global Leaders“ (250.000 US$ Jahresbeitrag) gehören Unternehmen wie Salesforce und CLP Holdings, während AIA Group und Pfizer als „Global Ambassadors“ (100.000 US$ jährlich) fungieren. Cisco Systems und Banco Santander zahlen als „Global Advocates“ immerhin noch 50.000 US$ pro Jahr.<ref>[https://www.ifrs.org/content/dam/ifrs/meetings/2024/april/ac/ap3-corporate-champions-overview.pdf IFRS Foundation Corporate Champions Network] IFRS Foundation Advisory Council, abgerufen am 30.06.2025</ref>  
   
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Die Befürchtungen der Kritiker*innen lassen sich auch anhand erster wissenschaftlicher Erkenntnisse bestätigen. So zeigt eine Studie auf, dass die finanzielle Wesentlichkeitsbetrachtung Unternehmen dazu anreizt, sich auf finanziell relevante Nachhaltigkeitsthemen zu konzentrieren, während sie finanziell nicht relevante Bereiche vernachlässigen.<ref>[https://www.ecgi.global/publications/blog/striking-a-balance-the-importance-of-double-materiality-in-sustainability Striking a balance: The importance of double materiality in sustainability reporting] ECGI, abgerufen am 30.06.2025</ref> So verpassen die Standards in ihrer aktuellen Form das Ziel, ein vollumfängliches Rahmenwerk zu setzen.<ref>[https://www.unepfi.org/news/un-responds-to-the-issb-consultation-on-new-standards-with-joint-statement/ UN responds to the ISSB consultation on new standards with joint statement] United Nations Environment Programme Finance Initiative, abgerufen am 30.06.2025</ref>
 
Die Befürchtungen der Kritiker*innen lassen sich auch anhand erster wissenschaftlicher Erkenntnisse bestätigen. So zeigt eine Studie auf, dass die finanzielle Wesentlichkeitsbetrachtung Unternehmen dazu anreizt, sich auf finanziell relevante Nachhaltigkeitsthemen zu konzentrieren, während sie finanziell nicht relevante Bereiche vernachlässigen.<ref>[https://www.ecgi.global/publications/blog/striking-a-balance-the-importance-of-double-materiality-in-sustainability Striking a balance: The importance of double materiality in sustainability reporting] ECGI, abgerufen am 30.06.2025</ref> So verpassen die Standards in ihrer aktuellen Form das Ziel, ein vollumfängliches Rahmenwerk zu setzen.<ref>[https://www.unepfi.org/news/un-responds-to-the-issb-consultation-on-new-standards-with-joint-statement/ UN responds to the ISSB consultation on new standards with joint statement] United Nations Environment Programme Finance Initiative, abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
===Value Balancing Alliance (VBA)===
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==Value Balancing Alliance (VBA)==
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Die Value Balancing Alliance (VBA) ist ein im Juni 2019 gegründeter Unternehmensverband mit Sitz in Frankfurt am Main. Die VBA entwickelt eine Methodik zur monetären Bewertung der Auswirkungen von Unternehmensaktivitäten auf Umwelt und Gesellschaft mit dem Ziel, diese zu einem globalen Standard zu etablieren. Zu den Gründungsmitgliedern gehören BASF, Bosch, Deutsche Bank, LafargeHolcim, Novartis, Philip Morris International, SAP und SK.<ref>[https://www.basf.com/global/en/media/news-releases/2019/08/p-19-304 BASF is founding member of “value balancing alliance e.V.”] BASF, abgerufen am 30.06.2025</ref>
 
Die Value Balancing Alliance (VBA) ist ein im Juni 2019 gegründeter Unternehmensverband mit Sitz in Frankfurt am Main. Die VBA entwickelt eine Methodik zur monetären Bewertung der Auswirkungen von Unternehmensaktivitäten auf Umwelt und Gesellschaft mit dem Ziel, diese zu einem globalen Standard zu etablieren. Zu den Gründungsmitgliedern gehören BASF, Bosch, Deutsche Bank, LafargeHolcim, Novartis, Philip Morris International, SAP und SK.<ref>[https://www.basf.com/global/en/media/news-releases/2019/08/p-19-304 BASF is founding member of “value balancing alliance e.V.”] BASF, abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
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Die Finanzierung erfolgt primär über Mitgliedsbeiträge der beteiligten Konzerne. Aus dem EU-Transparenzregister geht hervor, dass die VBA für das Geschäftsjahr 2019-2020 Lobbykosten von 750.000 Euro ausgewiesen hat und 600.000 Euro an EU-Fördermitteln erhielt. Zusätzlich unterstützen die Mitgliedsunternehmen die VBA durch die Bereitstellung von Personal.<ref>[https://www.lobbyfacts.eu/datacard/value-balancing-alliance-ev?rid=058733639758-41 Value Balancing Alliance e.V.] LobbyFacts.eu, abgerufen am 30.06.2025</ref>, abgerufen am 30.06.2025</ref> Aktuellere Daten sind nicht verfügbar, da selbsterklärte „nicht-kommerzielle Organisationen“ seit dem 20.09.2021 nicht mehr verpflichtet sind, ein Lobbybudget anzugeben.<ref>[https://www.lobbyfacts.eu/datacard/value-balancing-alliance-ev?rid=913994647994-76 Value Balancing Alliance e.V.] LobbyFacts.eu, abgerufen am 30.06.2025</ref>, abgerufen am 30.06.2025</ref>
 
Die Finanzierung erfolgt primär über Mitgliedsbeiträge der beteiligten Konzerne. Aus dem EU-Transparenzregister geht hervor, dass die VBA für das Geschäftsjahr 2019-2020 Lobbykosten von 750.000 Euro ausgewiesen hat und 600.000 Euro an EU-Fördermitteln erhielt. Zusätzlich unterstützen die Mitgliedsunternehmen die VBA durch die Bereitstellung von Personal.<ref>[https://www.lobbyfacts.eu/datacard/value-balancing-alliance-ev?rid=058733639758-41 Value Balancing Alliance e.V.] LobbyFacts.eu, abgerufen am 30.06.2025</ref>, abgerufen am 30.06.2025</ref> Aktuellere Daten sind nicht verfügbar, da selbsterklärte „nicht-kommerzielle Organisationen“ seit dem 20.09.2021 nicht mehr verpflichtet sind, ein Lobbybudget anzugeben.<ref>[https://www.lobbyfacts.eu/datacard/value-balancing-alliance-ev?rid=913994647994-76 Value Balancing Alliance e.V.] LobbyFacts.eu, abgerufen am 30.06.2025</ref>, abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
====Rolle in der Nachhaltigkeitsberichterstattung====
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===Rolle in der Nachhaltigkeitsberichterstattung===
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Die VBA entwickelt einen Rahmen, um ökologische und soziale Auswirkungen von Unternehmen in Geldwerten auszudrücken und diese in die Unternehmensberichterstattung zu integrieren. Offiziell ist das Ziel, die Vergleichbarkeit und Transparenz von Nachhaltigkeitsinformationen zu erhöhen und diese für Investor*innen und andere Stakeholder leichter verständlich zu machen.
 
Die VBA entwickelt einen Rahmen, um ökologische und soziale Auswirkungen von Unternehmen in Geldwerten auszudrücken und diese in die Unternehmensberichterstattung zu integrieren. Offiziell ist das Ziel, die Vergleichbarkeit und Transparenz von Nachhaltigkeitsinformationen zu erhöhen und diese für Investor*innen und andere Stakeholder leichter verständlich zu machen.
   
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Die VBA lobbyiert aktiv dafür, ihre Methodik in bestehende Berichtsstandards und regulatorische Rahmen wie die ESRS oder die ISSB-Standards zu integrieren. Dafür unterstützte die VBA unter anderem die offizielle Bewerbung Frankfurts als Sitz des International Sustainability Standards Board (ISSB), das globale Mindeststandards für Nachhaltigkeitsberichterstattung setzen soll.<ref>[https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/sustainablefinance/220519_vba-kritik_nabu_wwf.pdf Kritik am „nachhaltigen“ Rechnungslegungswerkzeug der Unternehmensinitiative VBA] WWF, GERMANWATCH, NABU, abgerufen am 30.06.2025</ref> Über das DRSC fungiert die VBA außerdem als Teil der Anschubfinanzierung für das ISSB.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2022/03/220217_Deutscher_Funding_Mechanismus-1.pdf  Deutscher Funding Mechanismus zur Finanzierung der Beiträge zu europäischen und internationalen Standardisierungsgremien] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V, abgerufen am 30.06.2025</ref>
 
Die VBA lobbyiert aktiv dafür, ihre Methodik in bestehende Berichtsstandards und regulatorische Rahmen wie die ESRS oder die ISSB-Standards zu integrieren. Dafür unterstützte die VBA unter anderem die offizielle Bewerbung Frankfurts als Sitz des International Sustainability Standards Board (ISSB), das globale Mindeststandards für Nachhaltigkeitsberichterstattung setzen soll.<ref>[https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/sustainablefinance/220519_vba-kritik_nabu_wwf.pdf Kritik am „nachhaltigen“ Rechnungslegungswerkzeug der Unternehmensinitiative VBA] WWF, GERMANWATCH, NABU, abgerufen am 30.06.2025</ref> Über das DRSC fungiert die VBA außerdem als Teil der Anschubfinanzierung für das ISSB.<ref>[https://www.drsc.de/app/uploads/2022/03/220217_Deutscher_Funding_Mechanismus-1.pdf  Deutscher Funding Mechanismus zur Finanzierung der Beiträge zu europäischen und internationalen Standardisierungsgremien] Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V, abgerufen am 30.06.2025</ref>
   
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'''Institutionalisierte Unternehmenseinflussnahme und Legitimationsdefizite:''' Die doppelte Rolle des VBA-CEO Christian Heller, der gleichzeitig als Vizepräsident bei BASF angestellt ist zeigt die strukturelle Verflechtung zwischen den bewerteten Unternehmen und dem bewertenden „Regulierungsakteur“. Als ehemaliger Co-Vorsitzender des Sustainable Finance Committee der Bundesregierung hatte Heller direkten Einfluss auf europäische und internationale Standardsetzungsprozesse, während er gleichzeitig die Interessen des weltgrößten Chemiekonzerns vertritt.<ref>[https://sustainable-finance-beirat.de/en/members/  The Sustainable Finance Advisory Committee of the Federal Government in the 20th legislative term] Sustainable Finance Advisory Committee, abgerufen am 30.06.2025</ref>
 
'''Institutionalisierte Unternehmenseinflussnahme und Legitimationsdefizite:''' Die doppelte Rolle des VBA-CEO Christian Heller, der gleichzeitig als Vizepräsident bei BASF angestellt ist zeigt die strukturelle Verflechtung zwischen den bewerteten Unternehmen und dem bewertenden „Regulierungsakteur“. Als ehemaliger Co-Vorsitzender des Sustainable Finance Committee der Bundesregierung hatte Heller direkten Einfluss auf europäische und internationale Standardsetzungsprozesse, während er gleichzeitig die Interessen des weltgrößten Chemiekonzerns vertritt.<ref>[https://sustainable-finance-beirat.de/en/members/  The Sustainable Finance Advisory Committee of the Federal Government in the 20th legislative term] Sustainable Finance Advisory Committee, abgerufen am 30.06.2025</ref>
   

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