Bundesinstitut für Risikobewertung
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Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) | |
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Hauptsitz | Berlin |
Gründung | November 2002 |
Tätigkeitsbereich | Risikoerkennung und -bewertung |
Mitarbeiter | 750 |
Etat | 61,6 Mio. €, |
Webadresse | http://www.bfr.bund.de |
Beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) handelt es sich um eine dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) direkt unterstellte wissenschaftliche Einrichtung, die Gutachten und Stellungnahmen zu Fragen der Lebens-und Futtermittelsicherheit sowie zur Sicherheit von Chemikalien und Produkten erarbeitet. In die Kritik geraten ist das Institut unter anderem wegen teils gravierenden Interessenkonflikten von Mitgliedern der beratenden Expertenkommissionen. Als besonders besorgniserregend gelten die engen Kontakte einiger Kommissionsmitglieder zum International Life Science Institute (ILSI), das von Unternehmen der Lebensmittelindustrie und Agrogentechnik finanziert wird.[1]
Inhaltsverzeichnis
Kurzdarstellung und Geschichte
Das BfR wurde im November 2002 eingerichtet, um den gesundheitlichen Verbraucherschutz zu stärken. Zu den zentralen Aufgaben des Instituts zählen die Bewertung bestehender und das Aufspüren neuer gesundheitlicher Risiken sowie die Ausarbeitung von Empfehlungen zur Risikobegrenzung. Die Ergebnisse der Arbeit des BfR dienen als Basis für die wissenschaftliche Beratung beteiligter Ministerien und Behörden, beispielsweise des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Die Unabhängigkeit des BfR von wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Interessen wird von offizieller Seite ausdrücklich hervorgehoben. Auch der wissenschaftliche und forschungsgestützte Arbeitsansatz des Instituts wird explizit betont.[2]
Organisationsstruktur und Personal
Das Bundesinstitut für Risikobewertung arbeitet im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Ausserdem ist das BfR der nationale Partner der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit. Präsident des BfR ist derzeit Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Vizepräsident ist Professor Dr. Reiner Wittkowski.
Das Budget des BfR beträgt aktuell 61,6 Mio. € (Stand 2010). Davon waren 2,68 Mion. € selbst eingeworbene Drittmittel. In insgesamt neun Abteilungen an vier Standorten in Berlin Junfernheide, Berlin Dahlem, Berlin Marienfelde und Berlin Alt-Marienfelde arbeiten rund 750 Mitarbeiter.[3]
Unterstützt wird das BfR in seiner Arbeit von einem wissenschaftlichen Beirat sowie von derzeit 15 Expertenkommissionen, welche die Funktion haben, die wissenschaftlich Qualität der Stellungnahmen des BfR zu erhöhen. Die Mitglieder der Expertenkommissionen werden durch den direkt berufenen wissenschaftlichen Beirat und in Abstimmung mit jeweils einem Vertreter der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Senats der Bundesforschungsinstitute ernannt. Kommissionsmitglieder sollen ehrenamtlich als externe und unabhängige Sachverständige die Arbeit des BfR unterstützen.
Einflussnahme und Lobbystrategien
Ein genauerer Blick auf die Mitglieder der 2008 eingerichteten Expertenkommission für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel legt nahe, dass ihre Einschätzungen kritisch hinterfragt werden müssen, da bei mindestens neun von 13 Mitgliedern ein Verdacht der Voreingenommenheit und übermäßigen Industrienähe begründet ist. Die beim BfR angestellte Geschäftsführerin der Kommission Marianna Schauzu beispielsweise, ist eine bekannte Befürworterin der Agrogentechnik. Auch im unmittelbaren Umfeld der Expertenkommission, bei den Bundesforschungsinstituten des BMELV, die auch an der Auswahl der Experten für die BfR-Kommission beteiligt sind, finden sich Personen mit sehr engen Kontakten zur Industrie. Besonders problematisch ist, dass die meisten der neun als befangen geltenden Experten ihre Interessenkonflikte nicht, wie vom BfR gefordert, öffentlich gemacht haben, sondern diese vielmehr verschwiegen haben. Dadurch ergibt sich insgesamt das Bild einer organisierten und zumindest teilweise verdeckten Einflussnahme der Industrie in zentralen Einrichtungen des Bundes, die im Bereich der Agrogentechnik mit der Risikoabschätzung und der Forschungsförderung befasst sind.
Wichtige Mitarbeiter
Inge Broer is seit 2011 Vorsitzende der Kommission für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel. Sie ist Professorin für Agrobiotechnologie an der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock. Außerdem fungiert sie als Gesellschaftsvorsitzende der biovativ GmbH und Gesellschafterin der BioOK GmbH. Beide Firmen bieten Dienstleistungen für Konzerne wie Monsanto an. Frau Broer ist auch Vorsitzende des Vereins zur Förderung Innovativer und Nachhaltiger AgroBiotechnologien Mecklenburg-Vorpommern (FINAB), Mitglied im Informationskreis Gentechnik des Bundes Deutscher Pflanzenzüchter und (bis 2011) Mitglied im Kuratorium der Kleinwanzlebener Saatzucht (KWS). Frau Broer führt selbst seit mehreren Jahren Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen an mehreren Standorten durch, oft in Mehrfachfunktion über die Universität Rostock, FINAB, BioOK und biovativ. Sie ist Mitautorin einer umstrittenen Broschüre der DFG, in der einseitig die Vorteile der Agrogentechnik hervorgehoben werden. In ihrer Erklärung zu eventuellen Interessenkonflikten auf der Homepage des BfR werden von Frau Broer aber keinerlei Angaben gemacht. In ihrer Funktion beim BfR hat sie unter anderem an der Anmeldung von Patenten der Firma Bayer auf mehrere herbizidtolerante gentechnisch veränderte Pflanzen mitgewirkt.
Gerhard Eisenbrand war bis 2011 Vorsitzender der Expertenkommission für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittelund ist nach wie vor Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des BfR, der die Mitglieder der verschiedenen Kommissionen des BfR ernennt. Zudem ist er Vorsitzender der Senatskommission zur gesundheitlichen Bewertung von Lebensmitteln (SKLM) der DFG. In seiner Erklärung zu möglichen Interesssenkonflikten gibt Eisenbrand an, dass er Geschäftsführer und wissenschaftlicher Direktor bei ILSI Europe, dem europäischen Arm des International Life Science Institue, ist. Gleichzeitig fungiert er bei ILSI Europe als Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats. Darüber hinaus gehört Eisenbrand dem Beirat des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) an, dem wohl einflussreichsten Lobbyverband der Lebensmittelindustrie in Deutschland. Auch mit den Gremien der Kaffeeindustrie (ISIC Scientific Committee, Institute for Scientific Information on Coffee) und dem Food Safety Review Committee der Firma Kellog's arbeitet er zusammen. Zudem hat Eisenbrand sich mehrfach an Veröffentlichungen des Instituts Danone Ernärung für Gesundheit e.V. beteiligt.
Fallstudien und Kritik
Die Frage ob DNA-Bestandteile von gentechnisch veränderten Pflanzen in tierisches Gewebe übergehen können, ist eines der Themen mit dem sich die Kommission für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel bisher am gründlichsten befasst hat. Da die Einschätzung dieser Frage unmittelbare Auswirkungen auf die Kennzeichnungspflicht von mit Gentechnik hergestellten tierischen Produkten hat, ist diese Thema für den Verbraucher von besonderer Relevanz. Bereits 2004 befassten sich drei Experten der Kommission mit diesem Thema und kamen zu dem Ergebniss das "kein Übergang von gentechnisch veränderten Komponenten" nachweisbar ist. Anders lautende Studien, so stellten die Autoren damals fest, lägen nicht vor. Diese Stellungnahme war eine direkte Reaktion auf einen Bericht von Greenpeace aus dem selben Jahr, der sich auf eine Studie der Universität München bezog, welche DNA-Abschnitte aus genetisch veränderten Futterpflanzen in tierischen Gewebe festgestellt hatte.
Trotz
Weiterführende Informationen
In dem Testbiotech-Report "Schlecht beraten: Gentechnik-Lobbyisten dominieren Expertengremium - Schwere Interessenkonflikte beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)" von Dr. Christoph Then und Andreas Bauer-Panskus werden fragwürdige Nebentätigkeit vieler BfR Mitarbeiter, vor allem von Mitgliedern der Kommission für genetisch veränderter Lebens- und Futtermittel, genau analysiert und konkrete Fallbeispiele benannt, in denen Interessenkonflikte direkte Auswirkungen auf die Risikobewertung gentechnisch veränderter Pflanzen hatten.
Einzelnachweise
- ↑ Dieser LobbyPedia Artikel basiert in weiten Teilen auf der Testbiotech Studie "Schlecht beraten: Gentechnik-Lobbyisten dominieren Expertengremium - Schwere Interessenkonflikte beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)" von Dr. Christoph Then und Andreas Bauer-Panskus
- ↑ BfR - Gesetzlicher Auftrag, abgerufen am 24.05.2012
- ↑ BfR - Zahlen und Fakten, abgerufen am 24.05.2012