Verhaltenskodex für EU-Abgeordnete
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- Keine Statusinformation
Verhaltenskodex für die Mitglieder des Europäischen Parlaments | |
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Abkürzung | |
Verabschiedet am | 21. November 2011 |
Mit Stimmen von | allen Parteien |
In Kraft getreten | 1. Januar 2012 |
Gesetzestext im Netz | Verhaltenskodex für Abgeordnete |
Seit Januar 2012 gilt im Europäischen Parlament ein neuer Verhaltenskodex für Abgeordnete. Den Verhaltenskodex geben sich die Abgeordneten selber, er ist in der Geschäftsordnung des EU-Parlaments niedergelegt. Er formuliert Regeln im Umgang mit Nebentätigkeiten und Lobbyisten mit dem Ziel, Interessenkonflikte zu vermeiden.
Inhaltsverzeichnis
Hintergrund
Im März 2011 löste die britische Zeitung SundayTimes einen Skandal im Europäischen Parlament aus, indem sie drei Mitglieder mittels Undercover-Reportage und heimlicher Videoaufnahmen der Bestechlichkeit überführte. Die drei Abgeordneten hatten sich bereitgezeigt, auf ein Angebot von den undercover auftretenden Reportern einzugehen und gegen Bezahlung oder Jobangabote auf Gesetzesänderungen im EU-Parlament hinzuwirken. Die Journalisten waren an insgesamt 60 EU-Parlamentarier verdeckt herangetreten und hatten versucht diese mit einem Honorar von bis zu 100.000 Euro und weiteren Gefälligkeiten zu ködern. 14 der Abgeordneten zeigten sich interessiert und drei von ihnen unternahmen letzen Endes konkrete Schritte. Bei den Abgeordneten handelte es sich um den österreichischen Europaabgeordneten und einstmaligen Innenminister Ernst Strasser, den ehemaligen rumänischen Außenminister und Vize-Ministerpräsidenten Adrian Severin und den ehemaligen slowenischen Außenminister Zoran Thaler.
Die Enthüllungen führten zu einer umfangreichen medialen Berichterstattung und stießen eine intensive Diskussion über unethisches Verhalten von EU-Parlamentariern, Kontakte zu Lobbyisten, die Transparenz ihrer Nebeneinkünfte und Nebentätigkeiten sowie den bisherigen, viel zu weichen Verhaltenskodex („Vorgaben des Europäischen Parlaments zu Transparenz und finanziellen Interessen der Mitglieder“) an.[1] Ihm zufolge war jede Nebentätigkeit erlaubt, auch wenn es eindeutig eine Lobbytätigkeit war. Die Einnahmen von Nebentätigkeiten mussten nicht angegeben werden. Unter der Führung des polischen Parlamentspräsidenten Jerzy Buzek entschied sich das Europäische Parlament daraufhin für die Erarbeitung neuer Verhaltensvorschriften für Abgeordnete.
Kerninhalte
- Nebentätigkeiten, die Lobbyarbeit beinhalten, werden verboten.
- Abgeordnete des EU-Parlaments müssen jede berufliche Tätigkeit, der sie in den drei Jahren vor ihrer Wahl nachgegangen sind, in einer Erklärung über finanzielle Interessen darlegen. Dasselbe gilt für Vorstandsmitgliedschaften in Unternehmen, NGOs oder sonstigen Interessenverbänden. Derartige Tätigkeiten müssen auch für ihre Zeit als Abgeordnete bekanntgegeben werden. Die Interessenerklärung kann im Internet abgerufen werden.
- Die MdEP müssen detailliertere Informationen über externe Einkommensquellen abgeben als bisher. Die Höhe der Nebeneinkünfte muss in Stufen angegeben werden, zusätzlich müsen relevante Beteiligungen an Unternehmen offengelegt werden.
- Es dürfen keine Geschenke oder ähnliche Zuwendungen über 150 Euro angenommen werden - Geschenke, die sie als offizielle Parlamentsvertreter erhalten, müssen dem Parlamentspräsidenten übergeben werden.
- Es wurden Sanktionsmaßnahmen verankert, um ein Nicht-Einhalten der Regeln durch EU-Parlamentarier zu bestrafen. So kann ein Verweis erteilt werden, Diäten von 2 bis zu 10 Tagen gestrichen werden, die vorübergehende Aussetzung der parlamentarischen Aktivitäten (jedoch nicht des Abstimmungsrechtes) für maximal zehn Tage erfolgen, oder Abgeordnete können die Rolle des Berichterstatters oder andere gewählte Posten innerhalb des EU-Parlaments verlieren.
- Aus dem Parlament ausgeschiedene Abgeordnete, die als Lobbyisten in einem Bereich zu arbeiten anfangen, der in direkter Verbindung mit EU-Angelegenheiten steht, dürfen Einrichtungen, die normalerweise ehemaligen Abgeordneten zur Verfügung stehen, während der Zeit einer solchen Lobby-Tätigkeit nicht nutzen.
Gesetzgebungsprozess
Der Text der Verordnung wurde vom Ausschuss für konstitutionelle Fragen des Europaparlaments erarbeitet.
Der Verhaltenskodex wurde mit 619 Ja-Stimmen bei 2 Gegenstimmen und 6 Enthaltungen im EU-Parlament angenommen. Insgesamt sitzen 754 Abgeordnete im EU-Parlament. 127 Abgeordnete waren am Abstimmungstag nicht anwesend.Immer noch im Gange ist der konkrete Implementationsprozess. So ist nach wie vor in der Debatte, Flugtickets und Hotelübernachtungen bis 300 Euro aus der Gastgeschenkeregelung auszunehmen. Damit könnten Abgeordnete nach wie vor in einem gewissen Rahmen von Lobbyisten auf Flugreisen und zu Hotelübernachtungen eingeladen werden. Nach derzeitigem Stand allerdings soll es bei den 150 Euro für jede Zuwendung bleiben.
Kritik
- Weiterhin sehen Kritiker Nachbesserungsbedarf an dem Verhaltenskodex: So gibt es keine Karenzzeit für Abgeordnete, die nach Ende des Mandats in eine Lobbytätigkeit wechseln wollen. Bei den finanziellen Offenlegungspflichten endet die oberste Stufe bei 10.000 Euro im Monat oder 120.000 Euro jährlich. Die Öffentlichkeit erfährt nichts über die Höhe der Verdienste, die darüber hinaus gehen. Auch die Batatellgrenze für einzelne Aufträge in Höhe von 6.000 Euro erscheint zu hoch. Nicht eingeführt wurden wirksame Transparenzregeln für alle Intergroups/Cross-Party-Groups. Die nicht registrierten Gruppen müssen derzeit keinerlei Angaben über ihre Einkommensquellen machen.[2]
- Weiterhin wird kritisiert, dass der Beratende Ausschuss, der zusammen mit dem Präsidium des EU-Parlaments für die Einhaltung des Verhaltenskodex zuständig ist, nicht von sich aus die Angaben der Parlamentarier überprüfen kann, sondern stets der Anfrage des Präsidenten oder einzelner Parlamentarier bedarf. Damit ist eine effektive Kontrolle der Richtigkeit der gemachten Angaben und die Einhaltung des Verhaltenskodex, insbesondere in Hinblick auf eventuell vorliegende Interessenkonflikte einzelner Abgeordnete, nur unzureichend gegeben.[3]
- Ein weiterer Kritikpunkt lautet, dass die finanziellen Erklärungen der Abgeordneten nicht in eine der Verfahrenssprachen der EU (Englisch, Französisch oder Deutsch) übersetzt werden, was die Überprüfung der Angaben erschwert. Viele Abgeordnete füllen die Formulare handschriftlich aus. Unleserliche Schrift und schlechte Qualität beim Einscannen verhindern dann teilweise das Auswerten einiger Dokumente.[4]
- Die Nichtregierungsorganisation Friends of the Earth Europe (FoEE) hat die nach den Vorgaben des Verhaltenskodexes gemachten Angaben aller EU-Parlamentarier analysiert und festgestellt, dass die Erklärungen vieler Parlamentarier erhebliche Lücken aufweisen. 12 Prozent der Abgeordneten schrieben lediglich ihre Namen, das Datum und ihre Unterschrift auf die finanzielle Erklärung - womit die Erklärung Gültigkeit erhält. Ein Viertel der Abgeordneten gab an, in den drei Jahren bevor sie ins Europäische Parlament einzogen, keine Tätigkeit gehabt zu haben und dementsprechend arbeitslos gewesen zu sein - was von FoEE in der Masse bezweifelt wird.[5]
Lobby-Einflüsse
Weiterführende Informationen
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Einzelnachweise
- ↑ Lobby-Skandal im EU-Parlament, presseurope vom 21.03.2011, abgerufen am 31.07.2012
- ↑ [http://www.lobbycontrol.de/blog/wp-content/uploads/110704_verhaltensregeln-mdep-lobbycontrol-ampel-final.pdf LobbyControl und ALTER-EU: Bewertung des Entwurfs der neuen Verhaltensregeln für Abgeordnete des Europäischen Parlaments], lobbycontrol.de vom 5.07.2011, abgerufen am 31.07.2012
- ↑ [http://www.foeeurope.org/sites/default/files/transparency_in_the_european_parliament_july2012.pdf Transparency in the European Parliament], Friends of the Earth Europe - Studie vom Juli 2012, abgerufen am 31.07.2012
- ↑ [http://www.foeeurope.org/sites/default/files/transparency_in_the_european_parliament_july2012.pdf Transparency in the European Parliament], Friends of the Earth Europe - Studie vom Juli 2012, abgerufen am 31.07.2012
- ↑ [http://www.foeeurope.org/sites/default/files/transparency_in_the_european_parliament_july2012.pdf Transparency in the European Parliament], Friends of the Earth Europe - Studie vom Juli 2012, abgerufen am 31.07.2012