Microsoft
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Microsoft Corporation | |
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Branche | Softwareentwicklung |
Hauptsitz | One Microsoft Way, Redmond WA 98052, USA |
Lobbybüro Deutschland | Unter den Linden 17, 10117 Berlin |
Lobbybüro EU | Avenue des Nerviens 85, 1040 Bruxelles |
Webadresse | microsoft.com |
Microsoft ist mit rund 99.000 Mitarbeitern, 113 Niederlassungen und knapp 78 Mrd. US-Dollar Umsatz der größte Softwarehersteller weltweit (Stand 2013).[1] Als Softwaregigant ist Microsoft zum Beispiel an Bestimmungen zu Patenten, Datenschutz und Urheberrechten interessiert und übt sowohl durch eigene Lobbyisten als auch durch Auftragslobbyarbeit und die Mitgliedschaft in zahlreichen Verbänden Einfluss auf die Politik aus. In den letzten Jahren hat Microsoft seine Lobbyarbeit stark ausgeweitet und gab 2013 in den USA so viel für seine Lobbyarbeit aus wie nie zuvor.[2]
Inhaltsverzeichnis
Kurzdarstellung und Geschichte
Microsoft wurde 1975 von Bill Gates und Paul Allen gegründet und ging am 13. März 1986 an die Börse.[3]
Struktur, Geschäftsfelder und Finanzen
Microsoft bietet Betriebssysteme und Anwendungsprogramme sowie Hardware an. Mit seinem Betriebssystem Windows und dem Büropaket Office dominiert Microsoft das klassische PC-Geschäft, spielt allerdings bei dem immer wichtiger werdenden Markt für Smartphones und Tablets eine untergeordnete Rolle.[4] Microsoft Deutschland ist die zweitgrößte Tochtergesellschaft der in den USA ansässigen Microsoft Corporation.[1]
Lobbyarbeit: Struktur und Strategien
Microsoft beschäftigt eigene Lobbyisten in allen für das Unternehmen wichtigen Machtzentren, wie beispielsweise Brüssel, Washington und Berlin. Neben der Lobbyarbeit, die Microsoft direkt betreibt, ist das Unternehmen an zahlreichen Lobby-Koalitionen beteiligt, wie z.B. der AmCham EU, einer Lobbygruppe, die die Interessen von US-Konzernen in der EU vertritt. Außerdem beauftragt Microsoft Anwaltskanzleien und PR-Agenturen mit Lobbyarbeit und beteiligt sich an Denkfabriken wie dem Centre for European Policy Studies (CEPS).
Lobbyarbeit in Deutschland
Im November 2013 wurde in Berlin die neue Hauptstadt-Repräsentanz von Microsoft eröffnet. Cheflobbyist für Microsoft Deutschland ist Henrik Tesch, der zuvor Referatsleiter im Wirtschaftsministerium Sachsen-Anhalt war.[5] Auch Tanja Böhm und Matthias Sachs, die neben Tesch mit der politischen Interessenvertretung betraut sind, sind Seitenwechsler. Angaben über die Höhe der Lobbyausgaben macht Microsoft nicht. In Deutschland gibt es, anders als in den USA, kein Lobbyregister.
Lobbyarbeit auf EU-Ebene
Microsoft ist seit dem 13. Januar 2009 im freiwilligen Transparenzregister der EU registriert. Für Lobbyarbeit gab Microsoft in der EU von 07/2012 bis 06/2013 nach eigenen Angaben zwischen 4.500.000 € und 4.750.000 € aus.[6] Verantwortlicher für die Lobbyarbeit in der EU ist Stephen Collins, der vorher in ähnlichen Positionen bei Skype und Yahoo tätig war. Insgesamt sind 16 Personen mit Lobbyarbeit auf EU-Ebene betraut.[6]
Für Microsoft sind gute Kontakte zu politischen Entscheidungsträgern wichtig, um so die Interessen des Unternehmens in die Entscheidungsabläufe der EU einzubringen. So veranstaltet etwa eine der Lobbyistinnen, Dorothee Belz, den „Salon der Ideen“. Mitglieder in diesem unternehmenseigenen Think Tank sind unter anderem mehrere Abgeordnete des Europäischen Parlamentes und des Deutschen Bundestages.[7] Belz ist neben ihrer Funktion als Vice President von Microsoft Europa auch in der Geschäftsführung des Wirtschaftsrates der CDU tätig, einer Lobbyorganisation von unionsnahen Unternehmern. Im Wirtschaftsrat war sie Vorsitzende der Begleitarbeitsgruppe zur Enquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages.[8]
Indirekt betreibt Microsoft auch über Denkfabriken und Verbände Lobbyarbeit. So unterstützt das Unternehmen die Denkfabriken Centre for European Policy Studies (CEPS) und das Transatlantic Policy Network, das sich insbesondere für das geplante Freihandelsabkommen Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) einsetzt. Microsoft ist unter anderem Mitglied in den Verbänden AmCham EU und der European Privacy Association (EPA).[6]
Außerdem versucht das Unternehmen, Entscheidungen auf EU-Ebene auch über die US-Regierung zu beeinflussen, wie beispielsweise in Kartellverfahren.[9] Die US-Regierung steht vielen US-Konzernen zur Seite, wenn deren Geschäftsinteressen durch politische Entscheidungen eines anderen Nationalstaates oder der EU nachteilig beeinflusst werden.
Lobbyarbeit in den USA
In den USA gab Microsoft im Jahr 2013 rund 10,5 Millionen US-Dollar für Lobbyarbeit aus. [2] Damit erhöhte Microsoft sein Budget innerhalb eines Jahres um rund 30 Prozent und gab so viel wie nie zuvor für seine Lobbyarbeit aus. 12 der 18 Lobbyisten, die Microsoft direkt beschäftigt, sind Seitenwechsler. Neben diesen beschäftigt der Konzern allerdings noch etliche PR- und Lobbyagenturen sowie Anwaltskanzleien, die Lobbyarbeit betreiben.[10]
Fallbeispiele und Kritik
2005: Auftragslobbyarbeit
Ein Beispiel für umstrittene Auftragslobbyarbeit ist die Campaign for Creativity (C4C), eine Kampagne, die 2005 für die Einführung von Software-Patenten nach amerikanischem Modell in der EU kämpfte.[11] Die Kampagne war eine sogenannte Astroturf-Initiative. Astroturf bedeutet auf Englisch Kunstrasen. Im Kontext von Interessenpolitik wird der Begriff für vermeintliche Bürgerbewegungen verwendet, die tatsächlich von Unternehmen oder Lobbyorganisationen gesteuert oder finanziert werden.
Die Campaign for Creativity gab vor, Künstlerinnen, Musiker, Designer, Ingenieure und Software-Entwicklerinnen zu vertreten. Sie verschleierte, dass sie tatsächlich eine professionelle politische Kampagne war, die von der Londoner Lobby-Agentur Campbell Gentry organisiert wurde. Finanziert wurde die Kampagne von unter anderem von Microsoft.[12]
2005: Patentstreitigkeiten
Microsoft versuchte über den ehemaligen Kommissar für Binnenmarkt, Charles McCreevy, die Debatte über Patentrecht innerhalb der EU-Institutionen zu beeinflussen. McCreevy kommt aus Irland, wo Microsoft seinen Sitz für Europa hat. Irland ist stark von den Investitionen der dort ansässigen IT-Unternehmen abhängig. Microsoft sponserte hierzu eine Kampagne für die irische Ratspräsidentschaft, während McCreevy noch Finanzminister war.[13]
Ferner lud Paul Allen, einer der Mitbegründer Microsofts und immer noch Großaktionär, im Jahr 2004 den damaligen EU-Handelskommissar, Peter Mandelson, auf eine Silvesterparty auf seinem Boot in der Karibik ein. Mandelson folgte der Einladung.[14]
Machtkampf der großen IT-Konzerne
Im Machtkampf der großen IT-Konzerne (u.a. Google, Microsoft, Apple und Facebook) wird die politische Ebene immer wieder Austragungsort der Auseinandersetzungen.[15]
Der Machtkampf wird auf mehreren Ebenen ausgetragen. Google und Microsoft beispielsweise stehen mit ihren jeweiligen Suchmaschinen in direkter Konkurrenz, weswegen sich gegenseitig mit Patentklagen überziehen, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Auch in der Urheberrechtsdebatte, insbesondere bei den Abkommen SOPA, PIPA und ACTA stehen sich die beiden Konzerne gegenüber.
Die von Microsoft finanzierte Initiative for a Competitive Online Marketplace (ICOMP) versuchte beispielsweise durch Seminare, zu denen EU-Parlamentarier eingeladen wurden, Google zu diskreditieren.[16] Auch auf der Webseite der ICOMP überwiegen die Negativschlagzeilen über Google.[17] Die PR- und Lobbyagentur Burson-Marstellers betreut die ICOMP und fungiert als deren Sekretariat.
2013 erreichte die Rivalität zwischen Microsoft und Google ihren vorläufigen Höhepunkt in den USA. Microsoft verkaufte dort T-Shirts und Tassen mit Anti-Google-Aufdrücken, die Google den Vorwurf machten, Nutzerdaten zu sammeln und auszuwerten. Für diese Aktion erntete Microsoft allerdings Spott, da das Unternehmen selbst wegen seines Umgangs mit Benutzerdaten in der Kritik steht.[18] Scharfe Kritik erntete Microsoft auch 2014, als bekannt wurde, dass es ohne richterlichen Beschluss das private Email-Postfach eines Bloggers durchsucht hat.[19]
Unterstützung von Bildungsprojekten
Microsoft unterstützt zahlreiche Projekte, bei denen Kindergärten, Schulen, Auszubildende, Studierende, Lehrerinnen usw. mit Soft- und Hardware des Unternehmens ausgestattet werden und ihre IT-Kompetenzen gefördert werden sollen. Mit der Microsoft-Bildungsinitiative „Schlaumäuse – Kinder entdecken Sprache“ soll zum Beispiel die frühkindliche Sprachförderung gefördert werden. Initiativen wie diese werden dann als gesellschaftliche Verantwortung verkauft. [20]
Allerdings ist die Förderung von Bildungsprojekten keineswegs uneigennützig. Denn die Projekte setzen auf Microsoft-Produkte und stärken die Marktmacht von Microsoft. Sie sind auch politisch hilfreich: Sie verbessern das aufgrund seiner Geschäftspraktiken angekratzte Image des Software-Riesen und nutzen der politischen Kontaktpflege, indem Politikerinnen als Schirmherren für Projekte gewonnen oder zu Projektpräsentationen geladen werden.[21]
Weiterführende Informationen
Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Fast Facts Microsoft, aufgerufen am 22.07.2014
- ↑ 2,0 2,1 Microsoft Corporation Summary OpenSecrets, aufgerufen am 22.07.2014
- ↑ Important Dates Microsoft, aufgerufen am 22.07.2014
- ↑ Microsoft streicht 18.000 Stellen weltweit Die Welt vom 17.07.2014, aufgerufen am 22.07.2014
- ↑ Tesch leitet Government Affairs bei Microsoft Politik und Kommunikation, aufgerufen am 22.07.2014
- ↑ 6,0 6,1 6,2 Microsoft Corporation Transparency Register, aufgerufen am 22.07.2014
- ↑ Mitglieder Microsoft: Ideen für Europa, aufgerufen am 23.07.2014
- ↑ Die Gastgeberin Microsoft: Ideen für Europa, aufgerufen am 23.07.2014
- ↑ US-Regierung leistet Lobbyarbeit für Microsoft gegen EU Der Standard vom 16.10.2006, aufgerufen am 30.07.2014
- ↑ Lobbyists representing Microsoft Corp OpenSecrets, aufgerufen am 22.07.2014
- ↑ Campaign for Creativity Kopie der Campaign for Creativity Website (die Originalwebsite ist nicht mehr online). Aufgerufen am 30.07.2014
- ↑ “Campaign for Creativity” erhält “Worst EU Lobbying Award” LobbyControl, 16.12.2005, abgerufen am 23.07.2014 und Grassrootscampaigning und Chancen durch neue Medien Aus Politik und Zeitgeschichte 19/2010, aufgerufen am 23.07.2014
- ↑ The lobbying battle over the EU software patents directive Corporate Europe Observatory vom 28.06.2005, aufgerufen am 30.07.2014
- ↑ The lobbying battle over the EU software patents directive Corporate Europe Observatory vom 28.06.2005, aufgerufen am 30.07.2014
- ↑ Patent Wahnsinn eskaliert weiter - Microsoft beklagt sich in Brüssel Telekom Presse, aufgerufen am 30.07.2014
- ↑ How Microsoft Pays Big Money to Smear Google in European Parliament falkvinge.net, aufgerufen am 30.07.2014
- ↑ Home ICOMP, aufgerufen am 30.07.2014
- ↑ Anti-Google-Kampagne bringt Microsoft Spott Die Welt vom 21.11.2013, aufgerufen am 23.07.2014
- ↑ Vertrauensbruch: Microsoft filzt privates Hotmail-Postfach Spiegel Online vom 21.03.2014, aufgerufen am 23.07.2014
- ↑ Die Schlaumäuse-Initiative Microsoft: Schlaumäuse, aufgerufen am 23.07.2014
- ↑ Große Deutschland-Tour Microsoft: Schlaumäuse, aufgerufen am 23.07.2014