Lebensmittelverband Deutschland
Rechtsform | eingetragener Verein |
---|---|
Tätigkeitsbereich | Dachverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft |
Gründungsdatum | 1955 |
Hauptsitz | Berlin, Claire-Waldorff-Straße 7 |
Lobbybüro | |
Lobbybüro EU | 1040 Brüssel, Avenue des Nerviens 85 |
Webadresse | lebensmittelverband.de |
Der Lebensmittelverband Deutschland e.V., bis Juli 2019 Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), ist der Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft und nach eigenen Angaben wichtiger Gesprächspartner von Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Verbraucherorganisationen und Medien im Politikfeld Lebensmittel und Verbraucherschutz. Er repräsentiert die gesamte Lebensmittelkette, beginnend mit der Landwirtschaft, über die Industrie, das Handwerk bis hin zum Handel sowie die Großverbraucher, alle Zulieferbereiche einschließlich des Futtermittelsektors und die Tabakbranche. [1]
Inhaltsverzeichnis
Lobbystrategien und Einfluss
Kontakte zu nationalen und europäischen Institutionen
Der Verband ist Ansprechpartner für Bundesregierung und Bundestag, Länderregierungen und Länderparlamente. Auf europäischer Ebene ist er z. B. im Rahmen des europäischen Verbands FoodDrinkEurope und Kontakte zum Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission aktiv. Zusätzlich beteiligt sich der Verband an den Arbeiten der weltweit tätigen FAO (Food and Agriculture Organization) und der WHO (World Health Organization) im Rahmen des Codex Alimentarius. [2] Für die Lobbyarbeit relevant sind die folgenden Themen: EU-Binnenmarkt; EU-Gesetzgebung; Fischerei/Aquakultur; Land- und Forstwirtschaft; Lebensmittelsicherheit; Lebens- und Genussmittelindustrie; Sonstiges im Bereich „Landwirtschaft und Ernährung“; Öffentliches Recht; Sonstiges im Bereich „Recht“; Artenschutz/Biodiversität; Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz; Tierschutz. [3] Die Jahrestagung ist jährlicher Treffpunkt der deutschen Lebensmittelwirtschaft mit Gästen aus Politik, Wissenschaft und Verwaltung, Lebensmittelbranche und Medien. Weitere Veranstaltungen sind Messen, Tagungen/Konferenzen und Seminare. Ein Beispiel ist die Tagung „Zukunft der Ernährung“ vom 05.12.2022 mit Udo di Fabio, Verfassungsrichter a.D., als Referenten. Zu den Publikationen gehören Broschüren/Flyer, Leitfäden/Leitlinien, Toolboxen, Berichte/Schriften und Schulmaterialien.
Im deutschen Lobbyregister gibt der Verband an (Stand: 14.11.2022 ), im Jahr 2021 860.001 bis 870.000 Euro für Lobbyarbeit auszugeben und 11 bis 20 Lobbyist:innen zu beschäftigen.[4] Laut EU Transparenregister lagen die Lobbyausgaben in Brüssel 2021 zwischen 100.000 und 199.999 Euro.[5] Es wurden 3 Lobbyist:innen beschäftigt.
Wissenschaftlicher Beirat
Der Wissenschaftliche Beirat berät den Verband und vertritt meist Positionen, die den Interessen der Lebensmittelindustrie förderlich sind. So schloss die "Berliner Erklärung zur Lebensmittelsicherheit" des Wissenschaftlichen Beirats vom Juni 2000 mit dem Fazit: "Die Lebensmittelsicherheit war noch nie so hoch wie heute".[6] Der Wissenschaftliche Beirat spielt auch bei den Veranstaltungen des Verbands (Foren, Kolloquien, Symposien) eine wichtige Rolle, die zu Themen wie "Qualitätssicherung in der Lebensmittelindustrie", "Gentechnik im Lebensmittelbereich", "Wie sicher sind unsere Lebensmittel?" und "Lebensmittelkontrollen heute und morgen" abgehalten wurden. Die Veranstaltungen waren sowohl an Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft und die Medien gerichtet. Die Mitglieder sind auf der Webseite des Verbands nicht abrufbar (Stand: Januar 2023).
Stakeholder-Kreis Lebensmittel
Informationen über den „Stakeholder-Kreis Lebensmittel“ sind kennwortgeschützt.[7]
Forschungsstelle für Deutsches und Europäisches Lebensmittelrecht
In rechtlichen Fragen arbeitet der Lebensmittelverband Deutschland mit der Forschungsstelle für Deutsches und Europäisches Lebensmittelrecht der Universität Bayreuth zusammen, die auf Initiative des Arbeitskreises der Bayerischen Ernährungswirtschaft (ABEW) mit Unterstützung der Bayerischen Staatsregierung zu Anfang des Jahres 1990 gegründet worden ist.[8]
Plattform Ernährung und Bewegung
Der Verband (frühere Bezeichnung: BLL) ist Mitbegründer der Plattform Ernährung und Bewegung
Talkformat "Küchenkabinett
Das „Küchenkabinett“ ist ein Talkformat des Lebensmittelverbands Deutschland in Kooperation mit dem Magazin Cicero, das vom Verbands-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff moderiert wird.[9] Die Videos erscheinen auf der Webseite und dem YouTube-Kanal von Cicero.
Schulmaterialien
Der BLL bietet kostenfreie Materialien für Schulen und Beratungsinstitutionen an, die sich auch „mit Ängsten vor Zusatzstoffen in Lebensmitteln“ auseinandersetzten.[10]
Mitgliedschaften
Der Verband ist Mitglied in den folgenden Organisationen [11]:
- Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW)
- International Chamber of Commerce (ICC) Germany
Auf der Homepage gibt der Verband weitere Partnerschaften mit den folgenden Organisationen an:
- FoodDrinkEurope
- Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (BVE)
- Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss e.V. (ANG)
Der Arbeitskreis Nahrungsergänzungsmittel (AK NEM) im Lebensmittelverband Deutschland e.V. ist zudem Mitglied im europäischen und internationalen Verband der Nahrungsergänzungsmittelindustrie [12]:
Fallstudien und Kritik
2020: Aktivitäten zur Verwässerung des Nutri-Score
Die Lebensmittel-Ampel Nutri-Score soll in vereinfachter Form zeigen, wie gesund ein Lebensmittel ist. Ökotest berichtete am 16.07. 2020 unter Berufung auf foodwatch darüber, dass der Lebensmittelverband mit Hochdruck daran arbeite, die Berechnungsgrundlagen des Nutri-Score zu verändern, um ungesunde Produkte besser aussehen zu lassen.[13][14] Foodwatch hat außerdem dokumentiert, dass die europäische Ernährungsindustrie über eine Milliarde Euro in eine jahrelange Lobbyschlacht investiert hat, um eine gesetzlich verpflichtende Kennzeichnung von Zucker, Fett und Salz in Ampelfarben zu verhindern und ihre eigenen Vorstellungen durchzusetzen.[15][16]
2016: BLL und Mineralöle in Lebensmitteln
Foodwatch warf dem BLL im März 2016 den Versuch vor, Aldi Süd daran zu hindern, konsequent gegen den Eintrag von gefährlichen Mineralölen in Lebensmitteln vorzugehen.[17] Der BLL wies die Vorwürfe in einer Stellungnahme "mit Nachdruck" zurück.[18]
Organisationsstruktur, Personal und Verbindungen
Geschäftsführung
Hauptgeschäftsführer:
- Christoph Minhoff, Journalist, ist gleichzeitig Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE). Er ist außerdem Moderator des Talkformats „Küchenkabinett“ des Lebensmittelverbands in Kooperation mit dem Magazin Cicero als Medienpartner.[19]
Geschäftsführer und Leiter des Büros Brüssel:
- Peter Loosen
Vorstand
Die Mitglieder des Vorstands sind hier abrufbar.
Kuratorium
Die Mitglieder des Kuratoriums sind hier abrufbar.
Wissenschaftlicher Beirat
Der Wissenschaftliche Beirat besteht aus über 40 Vertretern der Naturwissenschaften und Rechtswissenschaften. Sie sind auf der Webseite des BLL nicht abrufbar.[20] Vorsitzender ist Jörg Hartung, ehem. Direktor des Instituts für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie, langjähriger Vorsitzender der Tierschutzkommission beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
Mitglieder
Bei den insgesamt 464 Mitgliedern (Stand: 11.11. 2022) handelt es sich um Verbände, Unternehmen sowie Kooperativ- und Einzelmitglieder aus den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie, Lebensmittelhandel, Zulieferbereiche, Verpackungsindustrie, Chemische Industrie, private Untersuchungslabors, Anwaltskanzleien und Verlage.[21]
Finanzen
Die gesamten Einnahmen (Mitgliedsbeiträge, Sondereinnahmen, Nahrungsergänzungsmittel-Hersteller, Auflösungen aus Rücklagen) wurden für 2021 mit 4.331.701 Euro angegeben.[22] Der Lobbyanteil liegt bei 23 %.
Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag im Lobbyregister, lobbyregister.bundestag.de, abgerufen am 30.01.2023
- ↑ Partner, lebensmittelverband.de, abgerufen am 30.01.2023
- ↑ Eintrag im Lobbyregister, lobbyregister.bundestag.de, abgerufen am 30.01.2023
- ↑ Eintrag im Lobbyregister, lobbyregister.de, abgerufen am 30.01.2023
- ↑ Eintrag, ec.europa.eu, abgerufen am 30.01.2023
- ↑ Geschichte Erklärung des Wissenschaftlichen Beirats, bll.de, abgerufen am 19.03.2016
- ↑ Log in in den geschützten Bereich, lebensmittelverband.de, abgerufen am 30.01.2023
- ↑ Partner, lebensmittelverband.de, abgerufen am 30.01.2023
- ↑ „Küchenkabinett“, presseportal.de vom 11.11.2018, abgerufen am 30.01.2023
- ↑ Schulmaterialien, bll.de, abgerufen am 09.09.2018
- ↑ Registereintrag "Lebensmittelverband Deutschland" - Lobbyregister beim Deutschen Bundestag, lobbyregister.bundestag.de, abgerufen am 09.04.2023
- ↑ Arbeitskreis Nahrungsergänzungsmittel (AK NEM) im Lebensmittelverband Deutschland, lebensmittelverband.de, abgerufen am 09.04.2023
- ↑ Lebensmittel-Lobby will Nutri-Score verwässern, oekotest.de vom 16.07.2020, abgerufen am 31.01.2023
- ↑ Kampf um Nutriscore, Pressemitteilung vom 16.07.2020, foodwatch.org, abgerufen am 31.01.2023
- ↑ Lobby-Aktivitäten gegen die Ampel, foodwatch.org, abgerufen am 31.01.2023
- ↑ A red light for consumer information, corporateeurope.org vom 10.06.2010, abgerufen am 31.01.2023
- ↑ Mineralöl in Lebensmitteln: Lobbyverband will Initiative von Aldi Süd für mehr Verbraucherschutz verhindern, , foodwatch.de vom 05.03.2016, abgerufen am 20.03.2016
- ↑ Foodwatch führt Verbraucher und Medien in die Irre!, Webseite BLL vom 06.03.2016], abgerufen am 20.03.2016
- ↑ „Küchenkabinett“, presseportal.de vom 11.11.2018, abgerufen am 30.01.2023
- ↑ Wissenschaftlicher Beirat, bll.de, abgerufen am 30.01.2023
- ↑ Mitglieder, lebensmittelverband.de, abgerufen am 30.01.2023
- ↑ Haiushaltsrechnung 2021, lobbyregister.de, abgerufen am 30-01-2023