Lobbyregister EU
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Ein verpflichtendes, umfassendes und robustes Lobbyregister für die Institutionen der Europäischen Union (EU) gibt es derzeit nicht. Im Juni 2008 führte die EU-Kommission im Rahmen der Europäischen Transparenzinitiative (ETI) das freiwillige Register der Interessenvertreter ein. Daneben führt das EU-Parlament seit 1996 eine Liste der beim Parlament akkreditierten Interessensvertreter. Seit April 2011 sind beide Listen über eine gemeinsame Webseite erreichbar.
Ab Juni 2011 soll ein gemeinsames Register der EU-Kommission und des Parlaments unter dem Titel "Transparenzregister" eingeführt werden. Eintragungen in das Tranparenzregister bleiben zunächst auf freiwilliger Basis. Für den Rat ist bisher kein entsprechendes Register geplant.
Inhaltsverzeichnis
EU-Parlament
Das EU-Parlament ist die einzige EU-Institution, bei der sich LobbyistInnen akkreditieren müssen, um Zugang zum Parlamentsgebäude zu erhalten. Die bei der Akkreditierung anzugebenden Daten beschränken sich jedoch auf den Namen der/des LobbyistIn und den der beauftragenden Organisation. Ersichtlich wird daher nicht, mit welchen Abgeordneten oder Parlamentsmitarbeitenden Gespräche geführt wurden, mit welchem Ziel Lobbyarbeit betrieben wird oder welche finanziellen Ressourcen zu diesem Zweck eingesetzt werden. Bei LobbyistInnen, die nicht für einen Verband oder eine Unternehmen direkt arbeiten, sondern für eine Lobby-Agentur, bleibt auf diese Weise der Kunde der Agentur, d.h. der eigentliche Auftraggeber, ebenfalls unsichtbar.
Derzeit (Stand 17. Mai 2011) sind 3.912 LobbyistInnen beim Parlament akkreditiert, die für 1.762 Auftraggeber arbeiten.
EU-Kommission
Das freiwillige Register der EU-Kommission enthält mehr Angaben als die Liste des EU-Parlaments, dafür fehlen hier wiederum die Namen der für die jeweiligen Lobby-Akteure arbeitenden LobbyistInnen. Eingetragen haben sich in dieses Register aktuell (20. Mai 2011) 3.937 Lobby-Organisationen. Darunter finden sich u.a. 1.023 Wirtschaftsverbände, 503 Unternehmen, 970 Nicht-Regierungsorganisationen sowie 121 Think Tanks. Die Zahlen verdeutlichen bereits, dass bei weitem nicht alle in Brüssel Lobbyarbeit betreibenden Unternehmen, Agenturen, Verbände und Organisationen in dem Register vertreten sind. Mehrere der größten deutschen Konzerne, wie z.B. die Deutsche Bank, tauchen nicht auf, obwohl sie in Brüssel Lobbybüros unterhalten.
Mit der Eintragung ins Register geht eine Verpflichtung einher einen Verhaltenskodex zu befolgen.[1]
Ein weiterer Schwachpunkt des Registers ist die fehlende, systematische und unabhängige Überprüfung der von den Lobby-Akteuren gemachten Angaben z.B. zu Lobbyaufwendungen sowie die konsequente Ahndung von Verstößen gegen die Verhaltensregeln.
Werden Fehlangaben oder Regelverstöße dennoch aufgedeckt, fehlen darüber hinaus ernst zu nehmende Sanktionsmöglichkeiten. Strafen bestehen in der vorübergehenden oder bei besonders schweren Fällen - der permanenten - Streichung aus dem Register. Der Handlungsspielraum für Lobbyisten wird dadurch jedoch nicht eingeschränkt, da die Registrierung ohnehin freiwillig ist und eine Austragung zu keinerlei Nachteilen führt, sieht man es von möglicher negativer medialer Aufmerksamkeit einmal ab. Beschwerden über falsche Angaben im Register oder Verhaltensregelverstöße können über ein Online-Formular bei der EU-Kommission eingereicht werden.[2]
Rat
Der Rat der Europäischen Union als wichtigstes legislatives Organ der EU neben dem EU-Parlament führt derzeit keinerlei Form von Lobbyregister. Lobbyisten versuchen die Ratsentscheidungen zwar bereits über die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten zu beeinflussen. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass der Rat als Institution in Brüssel, insbesondere der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (COREPER, frz. für Comité des représentants permanents) ebenfalls Adressat von Lobbyaktivitäten der Brüsseler Lobby-Akteure ist.
Ausblick: Transparenzregister
Im November 2010 einigten sich EU-Kommission und EU-Parlament auf ein gemeinsames Lobbyregister unter dem offiziellen Titel "Transparenzregister". Das Transparenzregister soll im Juni 2011 eingeführt werden. Wie bisher bei der Liste der Interessenvertreter des EU-Parlaments wird die Eintragun in das Register die Voraussetzung für den Zugang zum Parlament für LobbyistInnen darstellen. Ein Vorteil ist, dass nun wesentlich mehr Daten über Auftraggeber, Budget und Lobbyziele gemacht werden müssen.
Implementierung
Für die Implementierung des Registers wird ein gemeinsames Register-Sekretariat von Parlament und Kommission eingerichtet. Die Kompetenz für die Ausstellung von Lobby-Pässen für das Parlament wird weiterhin bei dieser Institution bleiben.
In einer Übergangszeit von 12 Monaten haben die in den beiden bisherigen Listen registrierten Organisationen die Möglichkeit, sich in das neue Register einzutragen. Zwei Jahre nach der Einführung des Registers soll es eine Evaluation durch Parlament und Kommission geben. Das Parlament hat sich noch im Mai 2011 für eine Erweiterung des Registers ausgesprochen, die Lobby-Akteure zur Eintragung verpflichten würde.
Finanzielle Angaben
Wie im bisherigen Register der EU-Kommission müssen bei einer Eintragung ins Register Angaben über Lobbyaufwendungen abhängig vom Umsatz des Beratungsunternehmens gemacht werden. Beratungsunternehmen, Anwaltskanzleien und selbstständige Berater müssen ihren durch Lobbytätigkeiten erzielten Umsatz nach folgendem Muster offenlegen:
Umsatz in Euro | Stufengröße in Euro | |
---|---|---|
0 - 499.999 | 50.000 | |
500.000 - 1.000.000 | 100.000 | |
>1.000.000 | 250.000 |
Verbände und Unternehmen, die in-house-LobbyistInnen beschäftigen müssen ihre Lobbyausgaben schätzen. NGOs, Think Tanks und Forschungsinstitute sowie Organisationen, die Kirchen und religiöse Gemeinschaften vertreten, müssen ihr Gesamtbudget gemeinsam mit einer Aufschlüsselung ihrer Hauptfinanzierungsquellen angeben.
Kritik am neuen Register
Einzelnachweise
- ↑ Verhaltenskodex für Interessenvertreter (Lobbyisten) der EU-Kommission abgerufen am 20. Mai 2011
- ↑ Beschwerdeformular der EU-Kommission abgerufen am 20. Mai 2011
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