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Country Branding

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Country Branding

Entstehung und Funktion von Country Branding

Anfang der 1990er Jahre entwickelte sich der das Image einer Marke oder eines Unternehmen als wichtiger Wert, den es zu entwickeln galt. Auf diese Entwicklung baut auch das Country Branding auf. zunächst sollten vor allem Konsumenten von den Produkten "made in ..." überzeugt sowie Touristen und ausländische Investoren angelockt werden. Diese Art, die Außenwahrnehmung zu beeinflussen, erweiterte sich allerdings bald um den politischen Aspekt.

So kann Country Branding darauf abzielen, negative oder falsche Stereotype zu ändern. Hierbei versuchen Länder, die sich beispielsweise in der Transition befinden, sich vom alten politischen und ökonomischen System zu distanzieren uns sich als vertrauenswürdige und verlässliche Mitglieder einer bestimmten Gemeinschaft zu präsentieren.[1] Gerade ehemalige Ostblockstaaten setzten und setzen auf diese Karte, um sich in Richtung EU und/oder NATO zu öffnen. Ein weitere Aspekt der politischen Variante des Country Branding ist das sog. Negative Branding. Hier zielt die PR-Arbeit auf ein anderes Land ab, um dieses beispielsweise über die Medien öffentlich schlecht zu machen.[2] Ein gutes, wenn auch extremes Beispiel für Negative Branding ist der Georgienkonflikt, in dem beide Seiten auf die Medien einwirkten, um so der jeweils anderen Partei die Schuld für die Eskalation und die Menschenrechtsverletzungen in die Schuhe zu schieben.[3][4]

Country Branding und Lobbyismus

Lobbying von Ländern

Gerade, wenn Country Branding über die rein ökonomische oder touristische Außenwerbung hinaus geht und aktiv Lobbying von Ländern betrieben wird, um politische Interessen durchzusetzen, wird es problematisch. Insbesondere in Brüssel werden Entscheidungen getroffen, die für nationale Regierungen, wie auch die Wirtschaft des betreffenden Landes sehr wichtig sein können. Aufgrund der Komplexität der Entscheidungsfindung auf EU-Ebene, einhergehend mit einem steigenden Einfluss des EU-Parlaments, versuchen viele Staaten neben traditionellen Bemühungen - wie Interessen über Botschaften auszudrücken - auch über Lobbying direkten Einfluss auf politische Entscheidungsträger zu nehmen.[5] In diese Kerbe schlägt auch die indirekte Einflussnahme über die Medien. Diese Vorgehensweise benachteiligt wiederum Länder, die dies nicht machen und führt so zu einem Wettbewerb auf diesem Gebiet,[6] der sich schnell in einen Wettlauf um den größten und effektivsten Lobbyeinfluss entwickeln kann.

Mangelnde Transparenz

Michael Mann, der Sprecher für den Vizepräsident der EU-Kommission und verantwortlichen für die European Transparency Initiative, Maroš Šefčovič, sagte:

"The EU institutions have no reason or legal duty to endorse any definition of such a concept. Country branding certainly leads to different forms of lobbying activities in order to promote the image or the reputation of a country"[7]

Gleichzeitig wird von staatlichen Instanzen jedoch ausdrücklich nicht erwartet, dass sie sich in das Brüsseler Lobbyregister eintragen:

"With the exception of local, regional, national and international public authorities3, any entity, irrespective of its legal status, is expected to register if it is engaged in activities meeting the

definition above."[8]

Von Lobbyagenturen wird erwartet, dass diese all ihre Klienten, also auch Regierungen in dem freiwilligen Lobbyregister auflisten. Viele sind allerdings gar nicht eingetragen oder sind Anwaltskanzleien, sodass sie sich auf einen Kodex beziehen können, der es ihnen nicht erlaube, über ihre Klienten zu sprechen. Auch haben sich die Daten des Registers schon mehrfach als nicht vertrauenswürdig herausgestellt, weil von Seiten der Kommission keine Kontrolle ausgeübt wird.[9] Die wenigen, selbst-definierten Verhaltenskodizes von PR-Beratern, bzw. Lobbyagenturen, beziehen sich in der Regel nur auf die Lobbymethode, nicht aber auf die Klienten. So werden beispielsweise, wie unten näher beschrieben, auch autoritäre Regime beraten und vertreten.[10]

Fallbeispiele

Bulgarien

Jersey

Die, sich im britischen Kronbesitz befindende Insel Jersey steht zwar nicht offiziell auf der OECD Liste der "tax havens", zu deutsch Steueroasen, hat aber ein äußerst strenges Bankgeheimnis. Daher ist Jersey einer der Haupttransaktionsrouten für Kapital, das aus der EU oder anderen Ländern gebracht und in Steueroasen angelegt werden soll:

„Eine typische Struktur für Steuerumgehung oder Steuerflucht besteht aus einem in Jersey gegründeten Trust, der eine Firma in Luxemburg besitzt. Die hätte dann ein Konto auf den Kaiman-Inseln, in der Schweiz oder in London. Jedenfalls hat man drei verschiedene Rechtssysteme. ... So wird es praktisch unmöglich festzustellen, wer hinter diesem Trust steht, wem wirklich die Firma gehört und wer wirklich das Bankkonto besitzt.“

Georgien

Während der bewaffneten Auseinandersetzung Anfang August 2008 zwischen Georgien und der de facto unabhängigen Provinz Südossetien, griff Russland in die Kampfhandlungen ein und drang dabei weit ins Kernland Georgiens vor. Parallel zu den Kampfhandlungen starteten beide Seiten über PR-Agenturen eine Propagandaschlacht, in der es darum ging, die jeweils andere Seite in der westlichen Medienberichterstattung als Aggressor darzustellen. Georgien heuerte hierzu die, in Brüssel ansässige PR-Agentur Aspect Consulting an. Deren Strategie war es, Georgien als tapferes, pro-westliches Land darzustellen, das sich gegen den russischen Imperialismus zu verteidigen hätte. Hierzu wurden Journalisten mit E-Mails und Kurznachrichten bombardiert, die russische Kriegsgräuel darstellten. Gleichzeitig wurden Medienvertreter angeblich russische Zerstörungen in Gori vorgeführt. Der Präsident Georgiens, Micheil Saakaschwili trat vermehrt in internationalen Medienbeiträgen auf, in denen er meist vor europäischen Flaggen posierte und schrieb beispielsweise Beiträge für das Wall Street Journal.[11]

Um die georgischen Bemühungen zu einem EU und NATO Beitritt zu flankieren, bezahlte Georgien Aspect Consulting 2007 500.000€. Auch die schwedische Kreab wurde von 2004 bis 2007 angeheuert, deren Vorsitzender Carl Bildt 2006 Schwedens Außenminister wurde.[12]

Russland

Russland heuerte im Vorfeld des G8 Gipfels in Sankt Petersburg 2006 die US-PR-Agentur Ketchum an, um sein Image aufzubessern. Ketchum wiederum nahm hierfür die, in Brüssel sitzende GPlus unter Vertrag, die ihrerseits mit Portland in London zusammenarbeitet.[13] GPlus beriet die russische Führung auch während des Georgienkonflikts in Sachen Öffentlichkeitsarbeit und initiierte Pressebesuche, um ein nicht ganz so negatives Bild der russischen Truppen im Konflikt zu zeigen.[14]

Auch während dem russisch-ukrainischen Gasstreit 2008/2009 war GPlus involviert. Der staatliche Energiekonzern Gazprom nahm GPlus bereits 2007 für Beratungen im Umgang mit Regierungen und Medien unter Vertrag. Während des Gasstreits mit der Ukraine wurden dann Internetnutzer, die auf Google die Begriffe "Gas" und "Ukraine" suchten, auf die pro-Gazprom-Website "GazpromUkraineFacts.com" geleitet.[15]

In Brüssel wirbt die Agentur Hill+Knowlton für den Standpunkt Moskaus, insbesondere für das Ostseepipeline-Projekt, das als rein kommerziell und essentiell für die europäische Energiesicherheit dargestellt wird. Hierzu flog Hill+Knowlton mit einem Privatjet Mitglieder des EU-Parlaments für den teil-staatlichen Energiekonzern Rosneft nach Sibirien.[16]

Kasachstan

Zuvor beriet Hans-Erich Bilges das autoritär regierte Kasachstan[17]

[18]

Weißrussland

Das, wegen der zahlreichen Verletzungen gegen Menschenrechte und dem autoritären Führungsstils Alexander Lukashenkos, als „letzte Diktatur Europas“[19], bezeichnete Weißrussland, wurde in Sachen Imagepflege u.a. von dem deutschen Hans-Erich Bilges beraten.[20] Auch die PR- und Lobbyagentur Bell Pottinger arbeitete für das autoritäre Regime, um diesem zu erklären, wie die Entscheidungsfindung innerhalb der EU funktioniere und "to ensure an accurate flow of information" zu "key European figures" innerhalb der Institutionen der EU.[21] Bell Pottinger organisierte beispielsweise 2008, im Vorfeld des ersten Belarusian Investment Forum in London, Pressetouren in Weißrussland. Bell Pottinger lancierte ferner Interviews in europäischen Leitmedien, wie der Financial Times, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und dem Wall Street Journal, was zu einer sichtlichen Entspannung des Verhältnisses zwischen der EU und Weißrussland mündete. Infolge der Wiederbelebung der Beziehungen zwischen der EU und Weißrussland, wurden im Mai 2009 erstmals wieder Regierungsvertreter zu einem offiziellen Treffen des Östliche Partnerschaft-Programms der EU eingeladen, was das Moratorium von Treffen zwischen der EU und Weißrussland beendete.[22] Auch das Einreiseverbot des Machthabers Weißrusslands, Alexander Lukashenko, wurde aufgehoben.[23]

Aserbaidschan

Anfang 2012 berichtete der Spiegel, dass der deutsche Hans-Erich Bilges und seine Consultum Comunications das Image von Aserbaidschan verbessern soll,[24] wo 2012 der Eurovision Song Contest stattfindet.

Das, an Bodenschätzen reiche Land versucht seit geraumer Zeit seine wirtschaftlichen Standbeine auszubauen, um nicht mehr allein vom Öl- und Gasexport abhängig zu sein. Hierzu müssen jedoch u.a. westliche Investoren angelockt werden. Negativschlagzeilen über Menschenrechtsverletzungen des autoritären Regimes oder der Platz 162 von 179 Ländern auf der Rangliste der Pressefreiheit[25] passen hierbei natürlich nicht ins Bild. Das Regime und einflussreiche Oligarchen finanzieren daher die, von Bilges geleitete Imagekampagne.[26]

Um das Image des Klienten zu verbessern müssen die PR-Berater Auftritte auf wichtigen internationalen Veranstaltungen, wie beispielsweise dem Weltwirtschaftsforum in Davos professionell planen. In diesem Zusammenhang werden Werbeveranstaltungen, wie die "aserbaidschanische Nacht" organisiert, die den eingeladenen Investoren und Politikern ein positives Bild Aserbaidschans vermitteln sollen.[27] Auch im Vorfeld des Eurovision Song Contests 2012, der dieses Jahr in Aserbaidschan stattfindet und eine äußerst große Medienresonanz verspricht, versuchen Hans-Erich Bilges und seine Consultum Communications das Image des Landes in der öffentlichen Wahrnehmung zu polieren. Hierzu werden Veranstaltungen, wie eine Feier zum 20. Jahrestag der Unabhängigkeit Aserbaidschans in Berlin genutzt um mittels prominenter Gäste ein positives Bild des autoritären Regimes zu zeichnen. Auf der besagten Veranstaltung in Berlin waren beispielsweise Bettina Wulff, Hans-Dietrich Genscher (ehemaliger Außenminister und Vorstandsmitglied von Bilges ehemaligem Arbeitgeber, der WMP EuroCom) und Ex-Wirtschaftsminister Michael Glos (jetzt im Beirat der Consultum Communications) anzutreffen, die mit ihrem Bekanntheitsgrad bei der Medienwirksamkeit der Inszenierung halfen.[28] Glos flog schon im September – auf Kosten des Regimes – zu einer Unabhängigkeitsfeier nach Baku, um dort mit seiner Anwesenheit für das Regime zu werben.[29] Consultum Communications Mitarbeiter Michael-Andreas Butz, der für das operative Aserbaidschan-Geschäft verantwortlich ist, antwortete auf Fragen, warum die Consultum Communications Imagekampagnen für ein autoritäres Regime initiiert, das immer wieder durch Menschenrechtsverletzungen in die Schlagzeilen gerät folgendermaßen: „Politische Gefangene gibt es genau genommen auch in Deutschland [...] Auf eine Art ist Horst Mahler ja auch ein politischer Gefangener.“[30]

Unterstützt wurde das Regime Aserbaidschans auch vom CSU Politiker Eduard Lintner, der von 2002 bis 2005 Vorsitzender des Rechtsausschusses in der Parlamentarischen Versammlung und im sogenannten Monitoringausschuss war, wo er für die Berichte des Europarats über die Menschenrechtslage in Aserbaidschan verantwortlich war. Noch vor der Niederlegung seines Mandats wurde er Geschäftsführer der Gesellschaft zur Förderung der deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen mbH in Berlin, einer von Aserbaidschan bezahlten Lobbygruppe. Dem Spiegel sagte Lintner hierzu, er habe Aserbaidschan eher "unterstützend begleiten" wollen.[31]

Einzelnachweise

  1. The role and challenges of country branding in transition countries: The Central and Eastern European experience György Szondi, vom 4. September 2006, abgerufen am 27. Februar 2012.
  2. The role and challenges of country branding in transition countries: The Central and Eastern European experience György Szondi, vom 4. September 2006, abgerufen am 27. Februar 2012.
  3. PR groups cash in on Russian conflict The Guardian, vom 24. August 2009, abgerufen am 27. Februar 2012.
  4. Lobbying for governments in Brussels: A lucrative business still under the radar, S. 19 und S. 24, Corporate Europe Observatory, vom Mai 2010, abgerufen am 27. Februar 2012.
  5. Lobbying for governments in Brussels: A lucrative business still under the radar, S. 4, Corporate Europe Observatory, vom Mai 2010, abgerufen am 27. Februar 2012.
  6. Place branding: Evolution, meaning and implications, Nicolas Papadopoulos, vom Mai 1. November 2004, abgerufen am 27. Februar 2012.
  7. Michael Mann, zit. nach: Lobbying for governments in Brussels: A lucrative business still under the radar, S. 5, Corporate Europe Observatory, vom Mai 2010, abgerufen am 27. Februar 2012.
  8. Communication on "A Framework for relations with interest representatives", COM(2008)323 final Europäische Kommission, S. 3, vom 27. Mai 2008, abgerufen am 27. Februar 2012.
  9. Lobbying for governments in Brussels: A lucrative business still under the radar, S. 5-6, Corporate Europe Observatory, vom Mai 2010, abgerufen am 27. Februar 2012.
  10. Lobbying for governments in Brussels: A lucrative business still under the radar, S. 8, Corporate Europe Observatory, vom Mai 2010, abgerufen am 27. Februar 2012.
  11. PR groups cash in on Russian conflict The Guardian vom 24. August 2009, abgerufen am 28. Februar 2012.
  12. Lobbying for governments in Brussels: A lucrative business still under the radar, S. 19, Corporate Europe Observatory, vom Mai 2010, abgerufen am 28. Februar 2012.
  13. PR groups cash in on Russian conflict The Guardian vom 24. August 2009, abgerufen am 28. Februar 2012.
  14. Russia hones new image among EU elite EUobserver vom 9. Februar 2009, abgerufen am 28. Februar 2012.
  15. Lobbying for governments in Brussels: A lucrative business still under the radar, S. 24, Corporate Europe Observatory, vom Mai 2010, abgerufen am 27. Februar 2012.
  16. Lobbying for governments in Brussels: A lucrative business still under the radar, S. 24, Corporate Europe Observatory, vom Mai 2010, abgerufen am 27. Februar 2012.
  17. Diktators Traum Der Spiegel vom 02.01.2012, abgerufen am 13. Februar 2012.
  18. Kazakhstan Pays for Academic Reports abc News vom 29. September 2008, abgerufen am 28. Februar 2012.
  19. Weißrussland: Europas letzte Diktatur Die Zeit vom 24.10.2008, abgerufen am 13. Februar 2012.
  20. Diktators Traum Der Spiegel vom 02.01.2012, abgerufen am 13. Februar 2012.
  21. Lukashenko's PR man sheds light on EU campaign EU Observer, vom 10. Oktober 2008, abgerufen am 27. Februar 2012.
  22. Lobbying for governments in Brussels: A lucrative business still under the radar, S. 10, Corporate Europe Observatory, vom Mai 2010, abgerufen am 27. Februar 2012.
  23. Prague Summit to launch "Eastern Partnership", European Dialogue, vom Mai 2009, abgerufen am 27. Februar 2012.
  24. Diktators Traum Der Spiegel vom 02.01.2012, abgerufen am 13. Februar 2012.
  25. Rangliste der Pressefreiheit 2011 Reporter ohne Grenzen, abgerufen am 13. Februar 2012.
  26. Diktators Traum Der Spiegel vom 02.01.2012, abgerufen am 13. Februar 2012.
  27. Auf Investorensuche: Oh, wie schön ist Aserbaidschan Handelsblatt vom 29.01.2012, abgerufen am 13. Februar 2012.
  28. Diktators Traum Der Spiegel vom 02.01.2012, abgerufen am 13. Februar 2012.
  29. Diktators Traum Der Spiegel vom 02.01.2012, abgerufen am 13. Februar 2012.
  30. Diktators Traum Der Spiegel vom 02.01.2012, abgerufen am 13. Februar 2012.
  31. Diktators Traum Der Spiegel vom 02.01.2012, abgerufen am 13. Februar 2012.

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