Kerntechnik Deutschland: Unterschied zwischen den Versionen
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(→Lobbystrategien und Einfluss)
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Kerntechnik Deutschland e.V. | |
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Rechtsform | Eingetragener Verein |
Tätigkeitsbereich | Förderung der friedlichen Nutzung der Kerntechnik |
Gründungsdatum | 26. Mai 1959 |
Hauptsitz | Berliner Str. 80 A |
Lobbybüro | |
Lobbybüro EU | |
Webadresse | kern.de |
Kerntechnik Deutschland e. V. (KernD) wurde 1959 als Deutsches Atomforum e.V. (DAtF) gegründet. 2019 erfolgte eine Verschmelzung mit dem Wirtschaftsverband Kernbrennstoff-Kreislauf und Kerntechnik e.V. (WKK) auf KernD. Zu den Mitgliedern zählen Organisationen aus allen Sektoren und Anwendungsfeldern der Kerntechnik: Energieversorgungsunternehmen, Hersteller, Zulieferer, Dienstleister, Hochschulen und Forschungsinstitute, Wirtschaftsvereinigungen etc.[1] Vereinszweck ist laut Satzung die Förderung der Kompetenz im Bereich der friedlichen Nutzung der Kerntechnik bzw. angrenzender Disziplinen/Technologien in Anwendung, gesellschaftlichem Dialog, regulatorischen Prozessen sowie Forschung und Lehre.
Inhaltsverzeichnis
Aktivitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Verein versteht sich als Kompetenzzentrum für den öffentlichen und regulatorischen Dialog im Bereich der Kerntechnik. Inhaltlich beschäftigt sich KernD unter anderem mit den noch im Betrieb befindlichen Kernkraftwerken, dem Rückbau und der Entsorgung, dem Strahlenschutz, dem kerntechnischen Industrie- und Forschungsstandort, speziell in puncto Reaktorsicherheitsforschung, dem Transportwesen und der Kerntechnik im Alltag. Es gibt die folgenden Fachausschüsse: Radioaktive Abfälle (Fragen des Abfallmanagements sowie der Stilllegung und Endlagerung), Spaltmaterialüberwachung und Strahlenschutz.
Die Aktivitäten zu „Politik und Gesellschaft“ (u. a. Wahlspecials, Umfragen, Positionen, internationale Organisationen, Geschichte der Kernenergie, Fakten zur Kernenergie) sind hier abrufbar. Unter Experten wird neben Experten aus der Branche der Journalist und Leugner/Relativierer des menschengemachten Klimawandels, Roland Tichy aufgeführt, der dort die Solar- und Windenergie diffamiert: „Frühe Kämpfer gegen die Kernenergie genießen Heldenstatus wie Soldaten der Roten Armee, die Deutschland befreit haben; Profiteure der Solar- und Windradindustrie gelten nicht als Geschäftemacher und Subventionsjäger, sondern als Innovatoren, Pioniere und Weltverbesserer“.[2] Ein weiterer Experte ist Frank Henning, Autor des Buches „Dunkelflaute - oder warum Energie sich nicht wenden lässt“, der die Serie „ABC des Energiewende- und Grünsprech“ online auf „Tichys Einblick“ schreibt.[3]
Tochtergesellschaft INFORUM[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die 1987 gegründete INFORUM Verlags- und Verwaltungsgesellschaft mbH ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft von KernD (ehemals DAtF), die u.a. in der beruflichen Weiterbildung tätig ist und gemeinsam mit der Kerntechnischen Gesellschaft (KTG) die KERNTECHNIK organisiert, eine Fachtagung der kerntechnischen Branche. Weiterhin gibt INFORUM das Fachmagazin "atw - International Journal of Nuclear Power" heraus.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Am 26. Mai 1959 wurde das Deutsche Atomforum gegründet. Kurz zuvor war das Atomgesetz der Bundesrepublik beschlossen worden, dass die Rechtsgrundlage für den Bau und Betrieb von Atomkraftwerken schaffte. Präsident des Forums war bis in die siebziger Jahre Karl Winnacker, der während des zweiten Weltkrieges leitende Positionen bei der umstrittenen IG Farben und der Hoechst AG innehatte. Winnacker fasste die Bedeutung des Forums rückblicked so zusammen: „Hauptaufgabe des Deutschen Atomforums war die Förderung der Kernenergie im Bewusstsein der Öffentlichkeit. (…) Ohne sie wäre die gesamte Arbeit für die Kernenergie, besonders auch die Beschaffung der staatlichen Mittel, gar nicht möglich gewesen.“[4] Zu Beginn zählten Vertreter von öffentlichen Behörden zu den Mitgliedern des Forums, was zur Verschmelzung von Atomwirtschaft, öffentlichen Behörden und Politikern führte. Ende der sechziger Jahre kam der Durchbruch für die Kernenergie in Deutschland. Kurze Zeit später wuchs auch der Widerstand gegen die Atomkraft stark. Das Atomforum versuchte dem entgegenzuwirken, indem es Publikationen und Broschüren veröffentlichte und Veranstaltungen abhielt, welche die Atomkraft anpriesen und Sicherheitsrisiken verharmlosten. Ein Jahr nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl wurde die INFORUM Verlags- und Verwaltungsgesellschaft als eine 100-prozentige Tochtergesellschaft des Atomforums gegründet. INFORUM übernahm die Organisation der Veranstaltungen und Publikationen, da nach dem Tschernobyl-Unglück die Werbung für Atomkraft wieder umso wichtiger für die Atomlobby wurde. In den folgenden Jahren konnte sich die Kernenergie in Deutschland bis zum rot-grünen Beschluss aus der Atomkraft auszusteigen im Jahr 2002 etablieren. Ein schneller Ausstieg passierte jedoch nicht, da das Atomforum mit allen möglichen Mitteln versuchte den Ausstieg hinauszuzögern.[5] Unter veränderter Regierungskonstellation erreichte die Atomlobby schließlich den Ausstieg aus dem Ausstieg und die Verlängerung der Laufzeiten um durchschnittlich 12 Jahre. Die Ereignisse in Japan im Jahr 2011 trugen dazu bei, dass nun der stufenweise Ausstieg aus der Atomkraft bis 2020 vollzogen werden soll.[6] 2019 wurde das Deutsche Atomforum mit dem Wirtschaftsverband Kernbrennstoff-Kreislauf und Kerntechnik e.V. auf Kerntechnik Deutschland e.V. verschmolzen.
Vorstand und Geschäftsführung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Mitglieder des Vorstands sind hier abrufbar. Vorstandsvorsitzender ist Thomas Seipolt, Managing Director der NUKEM Technologies GmbH (Tätigkeit: Management von radioaktiven Abfällen, Rückbau kerntechnischer Anlagen)
Geschäftsführer ist Thomas Behringer
Pressesprecher mit Zuständigkeit für die EU ist Nicolas Wendler
Lobbystrategien und Einfluss[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Ziel der Atomlobby ist durch das Deutsche Atomforum auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen sowie die öffentliche Meinung über Kernenergie positiv zu prägen. Das Atomforum repräsentiert eine überaus mächtige Lobby. Alljährlich im Frühjahr veranstaltete das Atomforum die Wintertagung[7], bei dem Politiker, Unternehmensvertreter sowie ausgewählte Gewerkschafter und Wissenschaftler zusammenkommen um in Arbeitsgruppen über ausgewählte Themen zu diskutieren. Mitte des Jahres veranstaltet es dann die Jahrestagung in einem ähnlichen Format.[8]
Die Lobbyarbeit ist inzwischen im Wesentlichen auf die Fachgruppe Nutzen der Kernenergie der befreundeten Kerntechnischen Gesellschaft (KTG) verlagert worden. Berichte über die Aktivitäten der Fachgruppe finden sich in den Jahresberichten der KTG. Auf EU-Ebene vertritt die Atomwirtschaft ihre Interessen durch das europäische Atomforum FORATOM.
Fallstudien und Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Gemeinnützigkeit des Atomforums?[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Gemeinnützigkeit des Vereins und die damit verbundenen Steuererleichterungen ist stark umstritten. Es besteht starker Grund zu zweifeln, ob der Verein das Prädikat "gemeinnützig" verdient. Laut §52 der Abgabenordnung zeichnet sich Gemeinnutz nämlich dadurch aus, dass "Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern."[97] Das Atomforum hingegen wirkt als Lobby für die Energiewirtschaftsunternehmen mit dem eigennützigen Ziel Atomkraft zu fördern ohne Rücksicht auf Risiken.
2008-2009: Kampagne zur Laufzeitverlängerung von AKWs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die taz veröffentlichte im Oktober 2011 interne Dokumente der Kommunikationsagentur Deekeling Arndt Advisors, die 2008 und 2009 für das Deutsche Atomforum tätig war. Diese zeigen, auf wie vielfältige Weise die Atomlobby versuchte, die öffentliche Debatte zu beeinflussen und dabei immer wieder auf die Strategie zurückgriff, vermeintlich unabhängige Instanzen für sich werben zu lassen, damit es glaubwürdiger aussieht. Ein Beispiel war der Verein Women in Nuclear, in dem Frauen für Atomkraft werben. Der Verein veröffentlicht die Herkunft seiner Gelder nicht und bestreitet selbst Teil einer Kampagne zu sein. Aber die Unterlagen von Deekeling Arndt Advisors zeigen, dass die Agentur die Rekrutierung der Mitglieder und die öffentliche Vermarktung des Vereins gezielt unterstützte, um damit die weibliche Zielgruppe anzusprechen und dort Vertrauen in die Atomenergie zu schaffen.
Ein anderes Beispiel: der konservative Historiker Arnulf Baring hielt eine Rede beim 50. Geburtstags des Deutschen Atomforums am 1. Juli 2009 bei einer Feier, an der auch Bundeskanzlerin Angela Merkel teilnahm. Er betont in der Rede, dass er nicht mit den Energiekonzernen verbunden sei und „als unparteiischer, aber leidenschaftlich engagierter Bürger“ rede. Tatsächlich hat die Agentur ihm bei der Rede zugearbeitet und er wurde für den Vortrag bezahlt. Die Agentur sorgt auch dafür, dass Barings Rede als Gastbeitrag in der FAZ abgedruckt wird – auch hier kein Hinweis darauf, dass der Text von der Atomlobby bezahlt und platziert wurde.[108]
Werbekampagnen und Greenwashing[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Kurz nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl erschienen großformatige Zeitungsanzeigen in denen der damalige Präsident der Bundesärztekammer Karsten Vilmar seine Kollegen dazu aufrief ihre Patienten darüber aufzuklären, dass in Deutschland keine gesundheitlichen Schäden durch das Reaktorunglück in Tschernobyl entstanden sind, und somit „unsinnigen Spekulationen, Unsicherheit und Hysterie“ vorzubeugen. Die zehn Millionen DM teure Kampagne bezahlte das Atomforum, gab aber vordergründig an, dass die Vereinigung deutscher Elektrizitätswerke e.V. zahlte, um so die direkte Verbindung zu verschleiern. Der Spiegel deckte damals weitere (versuchte) Einflussnahmen auf die öffentliche Meinung und die Politik auf, u.a. einflussreiche Journalisten zu Konferenzen einzuladen, den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zu überreden eine ähnliche Anzeige zu schalten und die Anliegen der Atomindustrie in einem offenen Brief des BDI-Präsidenten an den Bundespräsidenten vorzutragen.[119]
- Im Zeitraum 1997 bis 2002 ließ sich die Bundesregierung Öffentlichkeitsarbeit für das Atommüllendlager Asse vom Deutschen Atomforum finanzieren. Dadurch wurden die Kosten für Besucherführungen durch das Endlager gedeckt.[1210]
- 2007 "gewann" das Deutsche Atomforum den Worst EU Lobbying Award für die Werbekampagne „Deutschlands ungeliebte Klimaschützer“, in der Atomkraft unverblümt als Klimaschutz dargestellt wird.[1311] Die Webseite Klimaschuetzer.de leitet einen noch immer auf die Seite des Atomforums weiter.
- Eine weitere Werbekampagne startete das Deutsche Atomforum Ende 2010. Per Fotomontage wurden Windkraftanlagen zusammen mit Kernkraftwerken auf Werbeplakaten und in Zeitungsanzeigen dargestellt. Der irreführende Slogan dazu hieß „Klimaschützer unter sich“ und „Kernkraftwerk und Windenergie: CO2-Ausstoß = Null.“ Im Dezember 2010 erreichte die Betreiberin der abgebildeten Windkraftanlagen eine einstweilige Verfügung gegen die Nutzung von Bildmaterial ihrer Windräder für Werbekampagnen des Deutschen Atomforums. Die Begründung des Gerichts, das am 5. Mai 2011 die einstweilige Verfügung bestätigte, lautete folgendermaßen: „Die Werbung ist irreführend, weil sie durch ihre Gesamtgestaltung (...) den unzutreffenden Eindruck erweckt, Kernkraftwerke stünden in Zusammenhang mit Windkraftanlagen und hätten ähnliche gute Umwelteigenschaften.“[1412] Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da das Atomforum Berufung eingelegt hat.
Weiterführende Informationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus[Quelltext bearbeiten]
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Über uns, kernd.de, abgerufen am 19.01.20202
- ↑ Roland Tichy im Interview, kernd.de, abgerufen am 19.01.2022
- ↑ Frank Hennig, tichyseinblick.de, abgerufen am 19.01.2022
- ↑ Winnacker, K. & Wirtz, K. (1988). Das unverstandene Wunder. Kernenergie in Deutschland, München: Econ Verlag
- ↑ Simmert, C. (2002). Die Lobby regiert das Land, Argon Verlag
- ↑ Eine starke Lobby - Das deutsche Atomforum und die Entwicklung der Kernenergie Deutschlandradio vom 16. März 2011, abgerufen am 10.04.2017
- ↑ Website Deutsches Atomforum: Suche Wintertagung abgerufen am 10.04.2017
- ↑ Website Deutsches Atomforum: Veranstaltungen abgerufen am 10.04.2017 ↑
- §52 AO Gemeinnützige Zwecke abgerufen am 07.04.2017
- ↑ Ausgedacht und vorgeführt taz vom 29.10.2011, abgerufen am 07.04.2017
- ↑ Atomlobby - Ohne einen Pfennig Spiegel Ausgabe 29/1986, Seite 77, abgerufen am 07.04.2017
- ↑ Atomlobby zahlt für Asse Spiegel Ausgabe 21/2009, Seite 18, abgerufen am 07.04.2017
- ↑ Die Gewinner der Worst EU Lobbying Awards 2007 sind.. LobbyControl-Blog vom 4. Dezember 2007, abgerufen am 07.04.2017
- ↑ Urteil Landgericht Berlin 91 O 35/11 vom 5. Mai 2011, abgerufen am 07.04.2017
{{BoxOrganisation | Name = Kerntechnik Deutschland e.V. | Rechtsform = Eingetragener Verein | Tätigkeitsbereich = Förderung der friedlichen Nutzung der Kerntechnik | Gründungsdatum = 26. Mai 1959 | Hauptsitz = Berliner Str. 80 A | Lobbybüro Deutschland = (siehe Hauptsitz) | Lobbybüro EU = | Homepage = [https://www.kernd.de/kernd/ kern.de] }} '''Kerntechnik Deutschland''' e. V. (KernD) wurde 1959 als '''Deutsches Atomforum''' e.V. (DAtF) gegründet. 2019 erfolgte eine Verschmelzung mit dem Wirtschaftsverband Kernbrennstoff-Kreislauf und Kerntechnik e.V. (WKK) auf KernD. Zu den Mitgliedern zählen Organisationen aus allen Sektoren und Anwendungsfeldern der Kerntechnik: Energieversorgungsunternehmen, Hersteller, Zulieferer, Dienstleister, Hochschulen und Forschungsinstitute, Wirtschaftsvereinigungen etc.<ref>[https://www.kernd.de/kernd/ueber-uns/datf/01_index.php Über uns], kernd.de, abgerufen am 19.01.20202</ref> Vereinszweck ist laut [https://www.kernd.de/kernd-wAssets/docs/datf/Satzung-KernD.pdf Satzung] die Förderung der Kompetenz im Bereich der friedlichen Nutzung der Kerntechnik bzw. angrenzender Disziplinen/Technologien in Anwendung, gesellschaftlichem Dialog, regulatorischen Prozessen sowie Forschung und Lehre. ==Aktivitäten== Der Verein versteht sich als Kompetenzzentrum für den öffentlichen und regulatorischen Dialog im Bereich der Kerntechnik. Inhaltlich beschäftigt sich KernD unter anderem mit den noch im Betrieb befindlichen Kernkraftwerken, dem Rückbau und der Entsorgung, dem Strahlenschutz, dem kerntechnischen Industrie- und Forschungsstandort, speziell in puncto Reaktorsicherheitsforschung, dem Transportwesen und der Kerntechnik im Alltag. Es gibt die folgenden Fachausschüsse: Radioaktive Abfälle (Fragen des Abfallmanagements sowie der Stilllegung und Endlagerung), Spaltmaterialüberwachung und Strahlenschutz. Die Aktivitäten zu „Politik und Gesellschaft“ (u. a. Wahlspecials, Umfragen, Positionen, internationale Organisationen, Geschichte der Kernenergie, Fakten zur Kernenergie) sind [https://www.kernd.de/kernd/Politik-und-Gesellschaft/04_index.php hier] abrufbar. Unter Experten wird neben Experten aus der Branche der Journalist und Leugner/Relativierer des menschengemachten Klimawandels, [[Roland Tichy]] aufgeführt, der dort die Solar- und Windenergie diffamiert: „Frühe Kämpfer gegen die Kernenergie genießen Heldenstatus wie Soldaten der Roten Armee, die Deutschland befreit haben; Profiteure der Solar- und Windradindustrie gelten nicht als Geschäftemacher und Subventionsjäger, sondern als Innovatoren, Pioniere und Weltverbesserer“.<ref>[https://www.kernd.de/kernd/Politik-und-Gesellschaft/expertenmeinung/08_tichy.php Roland Tichy im Interview], kernd.de, abgerufen am 19.01.2022</ref> Ein weiterer Experte ist Frank Henning, Autor des Buches „Dunkelflaute - oder warum Energie sich nicht wenden lässt“, der die Serie „ABC des Energiewende- und Grünsprech“ online auf „Tichys Einblick“ schreibt.<ref>[https://www.tichyseinblick.de/autoren/frank-hennig/ Frank Hennig], tichyseinblick.de, abgerufen am 19.01.2022</ref> ==Tochtergesellschaft INFORUM== Die 1987 gegründete INFORUM Verlags- und Verwaltungsgesellschaft mbH ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft von KernD (ehemals DAtF), die u.a. in der beruflichen Weiterbildung tätig ist und gemeinsam mit der [https://www.ktg.org/ktg/ Kerntechnischen Gesellschaft] (KTG) die KERNTECHNIK organisiert, eine Fachtagung der kerntechnischen Branche. Weiterhin gibt INFORUM das Fachmagazin "atw - International Journal of Nuclear Power" heraus. ==Geschichte== Am 26. Mai 1959 wurde das Deutsche Atomforum gegründet. Kurz zuvor war das Atomgesetz der Bundesrepublik beschlossen worden, dass die Rechtsgrundlage für den Bau und Betrieb von Atomkraftwerken schaffte. Präsident des Forums war bis in die siebziger Jahre Karl Winnacker, der während des zweiten Weltkrieges leitende Positionen bei der umstrittenen IG Farben und der Hoechst AG innehatte. Winnacker fasste die Bedeutung des Forums rückblicked so zusammen: ''„Hauptaufgabe des Deutschen Atomforums war die Förderung der Kernenergie im Bewusstsein der Öffentlichkeit. (…) Ohne sie wäre die gesamte Arbeit für die Kernenergie, besonders auch die Beschaffung der staatlichen Mittel, gar nicht möglich gewesen.“''<ref>Winnacker, K. & Wirtz, K. (1988). Das unverstandene Wunder. Kernenergie in Deutschland, München: Econ Verlag</ref> Zu Beginn zählten Vertreter von öffentlichen Behörden zu den Mitgliedern des Forums, was zur Verschmelzung von Atomwirtschaft, öffentlichen Behörden und Politikern führte. Ende der sechziger Jahre kam der Durchbruch für die Kernenergie in Deutschland. Kurze Zeit später wuchs auch der Widerstand gegen die Atomkraft stark. Das Atomforum versuchte dem entgegenzuwirken, indem es Publikationen und Broschüren veröffentlichte und Veranstaltungen abhielt, welche die Atomkraft anpriesen und Sicherheitsrisiken verharmlosten. Ein Jahr nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl wurde die INFORUM Verlags- und Verwaltungsgesellschaft als eine 100-prozentige Tochtergesellschaft des Atomforums gegründet. INFORUM übernahm die Organisation der Veranstaltungen und Publikationen, da nach dem Tschernobyl-Unglück die Werbung für Atomkraft wieder umso wichtiger für die Atomlobby wurde. In den folgenden Jahren konnte sich die Kernenergie in Deutschland bis zum rot-grünen Beschluss aus der Atomkraft auszusteigen im Jahr 2002 etablieren. Ein schneller Ausstieg passierte jedoch nicht, da das Atomforum mit allen möglichen Mitteln versuchte den Ausstieg hinauszuzögern.<ref>Simmert, C. (2002). Die Lobby regiert das Land, Argon Verlag</ref> Unter veränderter Regierungskonstellation erreichte die Atomlobby schließlich den Ausstieg aus dem Ausstieg und die Verlängerung der Laufzeiten um durchschnittlich 12 Jahre. Die Ereignisse in Japan im Jahr 2011 trugen dazu bei, dass nun der stufenweise Ausstieg aus der Atomkraft bis 2020 vollzogen werden soll.<ref>[http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/zeitreisen/1411483/ Eine starke Lobby - Das deutsche Atomforum und die Entwicklung der Kernenergie] Deutschlandradio vom 16. März 2011, abgerufen am 10.04.2017</ref> 2019 wurde das Deutsche Atomforum mit dem Wirtschaftsverband Kernbrennstoff-Kreislauf und Kerntechnik e.V. auf Kerntechnik Deutschland e.V. verschmolzen. == Vorstand und Geschäftsführung== Die Mitglieder des Vorstands sind [https://www.kernd.de/kernd/ueber-uns/datf/01_index.php#anchor_e8641560_Accordion-Vorstand--i.-S.-d.----26-BGB- hier] abrufbar. Vorstandsvorsitzender ist Thomas Seipolt, Managing Director der NUKEM Technologies GmbH (Tätigkeit: Management von radioaktiven Abfällen, Rückbau kerntechnischer Anlagen) Geschäftsführer ist Thomas Behringer Pressesprecher mit Zuständigkeit für die EU ist Nicolas Wendler == Lobbystrategien und Einfluss== Das Ziel der Atomlobby ist durch das Deutsche Atomforum auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen sowie die öffentliche Meinung über Kernenergie positiv zu prägen. Das Atomforum repräsentiert eine überaus mächtige Lobby. Alljährlich im Frühjahr veranstaltete das Atomforum die Wintertagung<ref>[http://www.kernenergie.de/kernenergie/suche/index.php?cx=006010108570866599151%3An7a-nofypsa&cof=FORID%3A10&ie=UTF-8&q=wintertagung&sa.x=0&sa.y=0 Website Deutsches Atomforum: Suche Wintertagung] abgerufen am 10.04.2017</ref>, bei dem Politiker, Unternehmensvertreter sowie ausgewählte Gewerkschafter und Wissenschaftler zusammenkommen um in Arbeitsgruppen über ausgewählte Themen zu diskutieren. Mitte des Jahres veranstaltet es dann die Jahrestagung in einem ähnlichen Format.<ref>[http://www.kernenergie.de/kernenergie/service/veranstaltungen/tagungen/index.php Website Deutsches Atomforum: Veranstaltungen] abgerufen am 10.04.2017</ref> Die Lobbyarbeit ist inzwischen im Wesentlichen auf die [https://www.ktg.org/ktg/organisation/fachgruppen/#anchor_073ec7dd_Accordion-Nutzen-der-Kerntechnik-und-Energiesysteme Fachgruppe Nutzen der Kernenergie] der befreundeten [https://www.ktg.org/ktg/ Kerntechnischen Gesellschaft] (KTG) verlagert worden. Berichte über die Aktivitäten der Fachgruppe finden sich in den [https://www.ktg.org/ktg/aktivitaeten/jahresberichte/ Jahresberichten] der KTG. Auf EU-Ebene vertritt die Atomwirtschaft ihre Interessen durch das europäische Atomforum [[FORATOM]]. == Fallstudien und Kritik == ===Gemeinnützigkeit des Atomforums?=== Die Gemeinnützigkeit des Vereins und die damit verbundenen Steuererleichterungen ist stark umstritten. Es besteht starker Grund zu zweifeln, ob der Verein das Prädikat "gemeinnützig" verdient. Laut §52 der Abgabenordnung zeichnet sich Gemeinnutz nämlich dadurch aus, dass "Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern."<ref>[http://dejure.org/gesetze/AO/52.html §52 AO Gemeinnützige Zwecke] abgerufen am 07.04.2017</ref> Das Atomforum hingegen wirkt als Lobby für die Energiewirtschaftsunternehmen mit dem eigennützigen Ziel Atomkraft zu fördern ohne Rücksicht auf Risiken. ===2008-2009: Kampagne zur Laufzeitverlängerung von AKWs === Die taz veröffentlichte im Oktober 2011 interne Dokumente der Kommunikationsagentur [[Deekeling Arndt Advisors]], die 2008 und 2009 für das Deutsche Atomforum tätig war. Diese zeigen, auf wie vielfältige Weise die Atomlobby versuchte, die öffentliche Debatte zu beeinflussen und dabei immer wieder auf die Strategie zurückgriff, vermeintlich unabhängige Instanzen für sich werben zu lassen, damit es glaubwürdiger aussieht. Ein Beispiel war der Verein Women in Nuclear, in dem Frauen für Atomkraft werben. Der Verein veröffentlicht die Herkunft seiner Gelder nicht und bestreitet selbst Teil einer Kampagne zu sein. Aber die Unterlagen von Deekeling Arndt Advisors zeigen, dass die Agentur die Rekrutierung der Mitglieder und die öffentliche Vermarktung des Vereins gezielt unterstützte, um damit die weibliche Zielgruppe anzusprechen und dort Vertrauen in die Atomenergie zu schaffen. Ein anderes Beispiel: der konservative Historiker Arnulf Baring hielt eine Rede beim 50. Geburtstags des Deutschen Atomforums am 1. Juli 2009 bei einer Feier, an der auch Bundeskanzlerin Angela Merkel teilnahm. Er betont in der Rede, dass er nicht mit den Energiekonzernen verbunden sei und „als unparteiischer, aber leidenschaftlich engagierter Bürger“ rede. Tatsächlich hat die Agentur ihm bei der Rede zugearbeitet und er wurde für den Vortrag bezahlt. Die Agentur sorgt auch dafür, dass Barings Rede als Gastbeitrag in der FAZ abgedruckt wird – auch hier kein Hinweis darauf, dass der Text von der Atomlobby bezahlt und platziert wurde.<ref>[http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=hi&dig=2011%2F10%2F29%2Fa0027&cHash=8328887d03 Ausgedacht und vorgeführt] taz vom 29.10.2011, abgerufen am 07.04.2017</ref> ===Werbekampagnen und Greenwashing=== * Kurz nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl erschienen großformatige Zeitungsanzeigen in denen der damalige Präsident der Bundesärztekammer Karsten Vilmar seine Kollegen dazu aufrief ihre Patienten darüber aufzuklären, dass in Deutschland keine gesundheitlichen Schäden durch das Reaktorunglück in Tschernobyl entstanden sind, und somit „unsinnigen Spekulationen, Unsicherheit und Hysterie“ vorzubeugen. Die zehn Millionen DM teure Kampagne bezahlte das Atomforum, gab aber vordergründig an, dass die Vereinigung deutscher Elektrizitätswerke e.V. zahlte, um so die direkte Verbindung zu verschleiern. Der Spiegel deckte damals weitere (versuchte) Einflussnahmen auf die öffentliche Meinung und die Politik auf, u.a. einflussreiche Journalisten zu Konferenzen einzuladen, den [[Bundesverband der Deutschen Industrie]] (BDI) zu überreden eine ähnliche Anzeige zu schalten und die Anliegen der Atomindustrie in einem offenen Brief des BDI-Präsidenten an den Bundespräsidenten vorzutragen.<ref>[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13518253.html Atomlobby - Ohne einen Pfennig] Spiegel Ausgabe 29/1986, Seite 77, abgerufen am 07.04.2017</ref> * Im Zeitraum 1997 bis 2002 ließ sich die Bundesregierung Öffentlichkeitsarbeit für das Atommüllendlager Asse vom Deutschen Atomforum finanzieren. Dadurch wurden die Kosten für Besucherführungen durch das Endlager gedeckt.<ref>[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-65414103.html Atomlobby zahlt für Asse] Spiegel Ausgabe 21/2009, Seite 18, abgerufen am 07.04.2017</ref> *2007 "gewann" das Deutsche Atomforum den [[Worst EU Lobbying Award]] für die Werbekampagne „Deutschlands ungeliebte Klimaschützer“, in der Atomkraft unverblümt als Klimaschutz dargestellt wird.<ref>[http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2007/12/die-gewinner-der-worst-eu-lobbying-awards-2007-sind/ Die Gewinner der Worst EU Lobbying Awards 2007 sind..] LobbyControl-Blog vom 4. Dezember 2007, abgerufen am 07.04.2017</ref> Die Webseite [http://www.klimaschuetzer.de Klimaschuetzer.de] leitet einen noch immer auf die Seite des Atomforums weiter. * Eine weitere Werbekampagne startete das Deutsche Atomforum Ende 2010. Per Fotomontage wurden Windkraftanlagen zusammen mit Kernkraftwerken auf Werbeplakaten und in Zeitungsanzeigen dargestellt. Der irreführende Slogan dazu hieß „Klimaschützer unter sich“ und „Kernkraftwerk und Windenergie: CO2-Ausstoß = Null.“ Im Dezember 2010 erreichte die Betreiberin der abgebildeten Windkraftanlagen eine einstweilige Verfügung gegen die Nutzung von Bildmaterial ihrer Windräder für Werbekampagnen des Deutschen Atomforums. Die Begründung des Gerichts, das am 5. Mai 2011 die einstweilige Verfügung bestätigte, lautete folgendermaßen: „Die Werbung ist irreführend, weil sie durch ihre Gesamtgestaltung (...) den unzutreffenden Eindruck erweckt, Kernkraftwerke stünden in Zusammenhang mit Windkraftanlagen und hätten ähnliche gute Umwelteigenschaften.“<ref>[http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/kg/presse/archiv/20110718.1740.351591.html Urteil Landgericht Berlin 91 O 35/11] vom 5. Mai 2011, abgerufen am 07.04.2017</ref> Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da das Atomforum Berufung eingelegt hat. == Weiterführende Informationen == {{spendenbanner}} == Einzelnachweise == <references/> [[Kategorie:Wirtschaftsverband]] [[Kategorie:Energie]] [[Kategorie:Atom]] [[Kategorie:Greenwashing]] [[Category:Klima]]
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