Roland Tichy

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Der Journalist Roland Tichy (11. November 1955 in Bad Reichenhall), der die Kommentar- und Analyseplattform Tychis Einblick betreibt, hat sich vom wirtschaftsliberalen zum national-liberalen Publizisten entwickelt und gilt als einer der hartnäckigsten Klimaleugner.[1] Im Interview mit der Lobbyorganisation Kerntechnik Deutschland e.V stellt Tichy als „Experte“ bedauernd fest, dass Unternehmen der Solar- und Windradindustrie nicht als „Geschäftemacher und Subventionsjäger“ gelten, sondern als Innovatoren, Pioniere und Weltverbesserer.[2]

Als langjähriger Vorstandsvorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung, ehem. Vorstandsmitglied der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft, ehem. Kuratoriumsmitglied der Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung und Mitglied der Mont Pelerin Society war er lange Zeit einer der führenden Strippenzieher wirtschaftsliberaler Netzwerke. Seine politischen Vorstellungen bringt er auf seiner Plattform und in einer Vielzahl von Medien zur Geltung. So schreibt er regelmäßig Kommentare in Zeitungen (z. B. in "Bild am Sonntag" die Wirtschaftskolumne) und ist bei vielen Diskussionsrunden und Talkshows in Rundfunk und Fernsehen präsent.[3] Tichy unterhielt enge Beziehungen zur Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), einer Lobbyorganisation der Arbeitgeber. Im Februar 2013 hat die "Wirtschaftswoche" (damaliger Chefredakteur: Roland Tichy) gemeinsam mit der INSM die Sonderausgabe "Wie gerecht ist Deutschland?" herausgegeben. Wolfgang Clement, der Vorsitzende des Kuratoriums der INSM, wurde von Tichy 2014 mit dem "Ludwig-Erhard-Preis" für Wirtschaftspublizistik der Ludwig-Erhard-Stiftung ausgezeichnet[4]

Seit einigen Jahren vertritt Tichy zunehmend rechtskonservative Positionen. So beteiligte er sich im Frühjahr 2017 an einer von der Alternative für Deutschland (AfD) getragenen Kampagne, die Margot Käßmann als Rassistin verleumdete.[5] Dabei wurde ein Zitat von Käßmann durch Weglassen verfälscht. Laut „Handelsblatt“ hat es der frühere CDU-Politiker Friedrich Merz 2018 abgelehnt, den von der Stiftung vergebenen Ludwig-Erhard-Preis anzunehmen, weil er nicht mit dem Stiftungsvorsitzenden Tichy auf einer Bühne auftreten wollte.[6] Vier Mitglieder der Jury seien ausgetreten und hätten Tichy aufgefordert, die Arbeit in der Stiftung besser von seiner publizistischen Tätigkeit zu trennen. Tichy sitzt gemeinsam mit Hans-Georg Maaßen (CDU), dem ehem. Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes, im Vorstand der Stiftung Meinung & Freiheit e.V.,. Gegen Maaßen hat der Bundesvorstand der CDU ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet, weil dieser immer wieder Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen gebrauche.[7]


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Tichys Einblick

Auf der von Tichy betriebenen Kommentar- und Analyseplattform "Tichys Einblick" polarisieren Tichy und seine Gastautoren mit eurokritischen, rechtskonservativen und den Klimaschutz diffamierenden Artikeln.[8] [9] Der „Spiegel“ bezeichnete „Tichys Einblick“ als Plattform für „Salonhetzer“, die mit Verachtung und Hass gegen Kanzlerin Merkel agitieren.[10] Die ZEIT schreibt, Tichy sei ein wirtschaftsliberaler Demokrat, doch begegne man auf seinem Internetforum Menschen, bei denen eine menschenfreundliche Haltung nicht mehr zweifelsfrei zu erkennen sei.[11] Tichy mache sich zum Bauchredner von Menschen, die nur die totale Kapitulation abweichender Meinungen akzeptieren und in der Selbstbewaffnung gegen Migranten eine Problemlösung sehen. Die Süddeutsche Zeitung kommentierte: "Wer in Tichys Einblick liest, dem fällt sehr schnell auf: Auf Präzision wird wenig Wert gelegt, stattdessen dienen - schlampige - Einzelbeobachtungen als Untergrund für pauschalisierende Urteile und zur Pflege von Ressentiments.[12] Laut einem Bericht von MEEDIA vom 23.05.2022 ist Georg Gafron nicht mehr Autor bei „Tichys Einblick“, weil die Redaktion des rechtskonservativen Mediums einen seiner Texte eigenmächtig geändert haben soll.[13] Positive Passagen über Annalena Bärbock seien wohl ins Negative verkehrt worden.

Claudia Roth (Grüne) hatte im Oktober 2019 in einem Interview mit der "Augsburger Allgemeinen" zu Tichys Einblick folgendes geäußert: „Wir müssen die Stichwortgeber benennen, all diese neurechten Plattformen, deren Geschäftsmodell auf Hetze und Falschbehauptungen beruht - von Roland Tichy über Henryk M. Broder bis hin zu eindeutig rechtsradikalen Blogs“. Die Klage Tichys gegen diese Äußerung wies das Landgericht Stuttgart im Februar 2020 zurück.[14]

Als Print-Magazin erscheint Tichys Einblick bei der Münchner Finanzen Verlag GmbH[15], die mit 12,50 % an der Tichys Einblick GmbH beteiligt ist.[16] Der Finanzen Verlag ist Ende 2022 von der Börsenmedia AG übernommen worden.[17][18] Tichys Einblick soll von den Verkäufern mit den Geschäftsführern Frank-B. Werner und Dieter Fischer fortgeführt werden.

Leugnung einer Bedrohung durch Reichsbürger

In der Razzia gegen Reichsbürger im Dezember 2022 sieht Tichy eine bloße Inszenierung von Innenminsterin Faeser: „Es ist mit Blick auf die vermeintlichen Revolutionäre schwer zu übersehen, dass es sich hier um ein Drehbuch handelt, bei dem eine Ministerin den Staatsapparat einsetzt und Polizisten als Komparsen missbraucht für eine alberne, durchschaubare, allenfalls für ZDF und ARD filmreife Inszenierung. Der Verdacht liegt auf der Hand, dass dies gezielt war auf den Tag, an dem die Ampel vor genau einem Jahr die Regierungsgewalt übernahm und seither in kürzester Zeit eine katastrophale Bilanz vorgelegt hat.“[19] Den Kommentar in der FAZ zur Aktion gegen die Reichsbürger bezeichnet er als eine Form des Akklamationsjournalismus und des Meutenkommentars: „Das Neue Deutschland hätte es nicht hübscher schreiben können, aber nicht einmal die medialen und politischen Machthaber der DDR haben sich eine solche intellektuelle Blöße gegeben und uns in solch einen Abgrund von publizistischem Unrat blicken lassen. Die einstmals klugen Köpfe jedenfalls haben sich einspannen lassen in eine Kindergarten-Inszenierung, die sofort durchschaubar ist.“

Leugnung des menschengemachten Klimawandels

Unter den Journalisten gilt Tichy mit "Tichys Einblick" als einer der hartnäckigsten Leugner des Klimawandels.[20][21] Eine besondere Abneigung hegt er gegen die Windenergienutzung. Vernunftkraft, der Dachverband von Anti-Windkraft-Initiativen, verlinkt mehrfach zur Kolumne von Tichy, der auch als Medienberater für große Unternehmen - wie für die Daimler AG - arbeitete.[22][23][24] Beim Johannisberger Energiegipfel von Vernunftkraft vom 27.02.2016 wirkte er als Moderator mit. Tichy wird auf der Webseite des Kerntechnik Deutschland e.V. unter „Expertenmeinung“ neben Mitarbeitern von Kern- und Kohlekraftwerken aufgeführt.[25] Einer dieser Experten ist Frank Hennig, der viele Jahre in Kohlekraftwerken (VEAG/Vattenfall/LEAG) beschäftigt war. Er ist Autor des Buchs „Dunkelflaute - oder warum die Energie sich nicht wenden lässt“ [26]und schreibt die Serie „ABC des Energiewende- und Grünsprech“ online auf „Tichys Einblick“ sowie im Magazin „Tichys Einblick“. Hennig tritt als Referent bei Vernunftkraft auf.[27] Autor der Kolumne „Klima-Durchblick“ ist der bekannte Klimafaktenleugner Fritz Vahrenholt.[28][29][30]

Nicht belegte Verschwörungsvorwürfe gegen Bundesregierung und Fachzeitschrift W&V

Aus einem Interview mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) geht hervor, dass Tichy an eine Verschwörung von „Linken“ und regierungsnahen Werbeagenturen glaubt, die aus dem Hochhaus der „Süddeutschen Zeitung“ gesteuert werden.[31][32] Die Regierung von Angela Merkel fördere „bestimmte Werbeagenturen, die dann gewissermaßen als Lohn für die fetten Aufträge politische Gegner niederkämpfen“. Koordiniert werde das von der Marketing-Fachzeitschrift W&V, die zum Süddeutschen Verlag gehört. Tichy erklärt oder belegt seine Vorwürfe nicht.

Karriere

  • 09/2015 - 01/2017 Herausgeber der Xing News[33][34]
  • 2014 - 11/2020 Vorstandsvorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung
  • 2007 - 2014 Chefredakteur der "Wirtschaftswoche"
  • 2005 - 2007 Chefkolumnist und später Stellv. Chefredakteur des "Handelsblatts"
  • 2002 - 2004 Chefredakteur des Magazins "Euro"
  • 1999 - 2002 Chefredakteur der Zeitschrift "Die Telebörse"
  • 1996 - 1997 Leiter der Abteilung "Corporate Issues Mangement" bei Daimler
  • 1991 - 1996 Stellv. Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins "Capital", dann Chefredakteur des Unternehmermagazins "Impulse"
  • 1990/91 Mitglied des Beraterstabs des Rundfunkbeauftragten der Neuen Länder (Rudolf Mühlfenzl)
  • 1985 -1990 Bonner Korrespondent für die "Wirtschaftswoche"
  • 1983 - 1985 Mitarbeiter im Planungsstab des Bundeskanzleramtes
  • 1981 - 1983 Wissenschaftlicher Assistent am Volkswirtschaftlichen Institut der Ludwig-Maximilians-Universität in München
  • 1976 - 1981 Studium der Volkswirtschaftslehre, Politik und Kommunikationswirtschaft, Dipl.-Volkswirt
  • 1976 - 1980 Deutsche Journalistenschule München

Quelle: [35][36][37]

Verbindungen und Netzwerke

Weiterführende Informationen


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Einzelnachweise

  1. Klimaschutz Es könnte ungemütlich werden, cicero.de vom 09.07.2019, abgerufen am 18.04.2020
  2. Politik und Gesellschaft, kern.de vom Mai 2015, abgerufen am 18.04.2020
  3. Auszug auf der Webseite der Ludwig-Erhard-Stiftung, abgerufen am 18.04.2020
  4. Ludwig-Erhard-Preis, Pressemeldung der INSM vom 17.10.2014, Website INSM, abgerufen am 18.04.2020
  5. AfD, Broder und Tichy verleumden Margot Käßmann als Rassistin, uebermedien.de vom 29.05.2017, abgerufen am 18.04.2020
  6. Eklat in der Ludwig-Erhard-Stiftung, handelsblatt.com vom 16.07.2018, abgerufen am 24.08.2020
  7. Umstrittener Ex-Verfassungsschutzpräsident, spiegel.de vom 13.02.2023, abgerufen am 04.05.2023
  8. Was Xing über Tichys Einblicke sagt, wuv.de vom 26.02.2017 abgerufen am 18.04.2020
  9. Klimaschutz: Heuchelei entlarvt im Spiegel des Narren, tichyseinblick.de vom 07.06.2017, abgerufen am 18.04.2020
  10. Was Xing über Tichys Einblicke sagt, wuv.de vom 26.02.2017, abgerufen am 18.04.2020
  11. Der Bauchredner, ZEIT ONLINE vom 16.02.2017, abgerufen am 18.04.2020
  12. Eklat um Preisvergabe, sueddeutsche.de vom 16.06.2018, abgerufen am 13.10.2022
  13. Vorwurf der Manipulation gegen „Tichys Einblick“, meedia.de vom 23.05.2022, abgerufen am 21.02.2024
  14. Roland Tichy scheitert mit Klage gegen Claudia Roth, zeit.de vom 21.02.2020, abgerufen am 21.05.2020
  15. Schande für den Journalismus, sueddeutsche.de vom 01.10.2020, abgerufen am 17.01.2023
  16. Eintrag von Tichys Einblick GmbH beim Amtsgericht Frankfurt am Main vom 20.02.2020
  17. Übernahme bei Finanztiteln: Börsenmedia AG kauft Verlag, merkur.de vom 29.11.2021, abgerufen am 17.01.2023
  18. [Verschmelzungsvertrag vom 08.08.2022
  19. „Staatsstreich“, tichyseinblick.de vom 08.12.2022, abgerufen am 17.01.2023
  20. Es könnte ungemütlich werden, cicero.de vom 09.07.2019, abgerufen am 18.04.2020
  21. Konservatives Zerwürfnis, djv.de vom 16.07.2018. abgerufen am 18.04.2020
  22. Roland Tichy, premium-speakers.com, abgerufen am 18.04.2020
  23. Der deutsche Don Quijote gewinnt meist, tagesspiegel.de vom 14.06.2019, abgerufen am 18.04.2020
  24. Profil, ludwig-erhard.de, abgerufen am 18.04.2020
  25. Expertenmeinung, kern.de, abgerufen am 18.04.2020
  26. Frank Hennig – Dunkelflaute, abgerufen am 13.07.2023
  27. Seelenschänder vor Gericht, vernunftkraft.de vom 04.11.2017, abgerufen am 18.04.2020
  28. Klima-Durchblick, tichyseinblick.de, abgerufen am 21.02.2024
  29. Klimafaktenleugner, deutschlandfunk.de vom 11.10.2020
  30. Vahrenholt im Faktencheck, energiewende.de vom 15.10.2023, abgerufen am 20.02.2024
  31. Frank Zimmer: Tichys Durchblick, 23.01.2017, schmalbart.de, LInk funktioniert nicht! abgerufen am 29.04.2020
  32. Wörtliches Transkript des Interviews mit dem RBB-Mitarbeiter Jörg Wagner, 21.01.2017, wwwagner.tv, abgerufen am 18.04.2020
  33. https://www.pressebox.de/pressemitteilung/xing-ag/XING-baut-eigene-News-Redaktion-auf-Roland-Tichy-wird-Herausgeber-Jennifer-Lachman-Chefredakteurin/boxid/758378, pressebox.de vom 30.09.2015, abgerufen am 18.04.2020
  34. Roland Tichy arbeitet nicht mehr für Xing, 09.01.2017, gruenderszene.de, abgerufen am 18.04.2020
  35. https://www.tichyseinblick.de/autoren/roland-tichy/, tichyseinblick.de, abgerufen am 18.04.2020
  36. Profil auf Tichys Einblick, abgerufen am 18.04.2020
  37. Profil bei London Speaker Bureau, abgerufen am 18.04.2020
  38. Wissenschaftlicher Beirat, deutsche-post-stiftung.org, abgerufen am 23.03.2019

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