Neoliberalismus: Unterschied zwischen den Versionen

(Ordoliberalismus)
(US-amerikanische Schule (Neoliberalismus als Marktradikalismus))

Begriff[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Neoliberalismus wird in der Alltagssprache eine Sichtweise von Wirtschaft und Gesellschaft bezeichnet, die den Markt verabsolutiert und den Egoismus zum Motor des Fortschritts verklärt. Die Parolen des Neoliberalismus sind Privatisierung, Deregulierung, Lohnzurückhaltung, Steuersenkung und schlanker Staat. Ihr wirtschaftspolitischer Kompass ist der Shareholder-Value. Diese Definition seiner Kritiker ist nicht identisch mit der ordnungspolitischen Einordnung. Neoliberale Vorstellungen haben sich zuerst und am weitestgehenden in den USA seit der Regierungszeit von Reagan in der Republikanischen Partei und in Großbritannien seit Thatcher bei den Konservativen und New Labour durchgesetzt und sind dann auch in den übrigen westlichen Staaten, in Deutschland seit Schröder, realisiert worden. In den USA wird der Neoliberalismus Neokonservatismus genannt, da das Wort liberal anders besetzt ist.

Neoklassik als wirtschaftstheoretische Grundlage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gemeinsamkeiten und Unterschiede[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Neoliberalismus beruht im Prinzip auf der neoklassischen Wirtschaftstheorie, nach der Märkte effizient sind und sich selbst regulieren. Der Marktmechanismus bewirkt, dass das eigennützige Streben der Marktteilnehmer zu einer optimalen Güterversorgung führt und dadurch dem Gemeinwohl dient. Wirtschaftskrisen und Arbeitslosigkeit kann es im Prinzip nicht geben, da die Preise Angebot und Nachfrage ausgleichen. Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es, die Wettbewerbsprozesse zu institutionalisieren und dafür zu sorgen, dass die Preise ihre Funktion als gesamtgesellschaftliche Knappheitsindikatoren erfüllen[1]. Wo der Wettbewerb versagt, können staatliche Eingriffe erforderlich sein. Der Neoliberalismus unterscheidet sich von der Neoklassik dadurch, dass deren wohlfahrtstheoretische Ansätze ihm fremd sind. Für den Neoliberalismus ist letzten Endes der persönliche Wohlstand und Erfolg entscheidend, nicht das größte Glück der größten Zahl. Der Neoliberalismus hat sich mehr und mehr zu einer Ideologie entwickelt, die – im Gegensatz zur Neoklassik – an der empirischen Überprüfung ihrer Modellvoraussetzungen kein Interesse zeigt. Das Menschenbild der Neoklassik ist technokratisch (der Mensch wir mathematiktauglich gemacht), das des Neoliberalismus sozialdarwinistisch (der Egoismus liegt in den Genen).

Modellvoraussetzungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Homo oeconomicus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die neoklassiche Wirtschaftstheorie geht vom rationalen und eigennützigen Homo oeconomicus aus, der von Leon Walras in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingeführt wurde, um mathematische Gesetzmäßigkeiten auf die Wirtschaft übertragen zu können.[2] An diesem Menschenbild bestehen inzwischen erhebliche Zweifel. Menschliche Entscheidungen werden oft nicht rational getroffen, sondern durch Selbstüberschätzung, Vorurteile sowie Faustregeln und die Art der Darstellung einer Entscheidungssituation massiv beeinflusst.[3] Menschen handeln auch nicht immer eigennützig, sondern suchen primär soziale Akzeptanz und Bindung.[4] Neuere Studien zur Untersuchung des Gehirns haben ergeben, dass Menschen sogar einen neurobiologisch verankerten Sinn für soziale Fairness besitzen.[5] Auch die experimentelle Spieltheorie kommt zum Ergebnis, dass Kooperation sich als die optimale Strategie erweist, wenn sie mit der Fähigkeit und Bereitschaft verbunden ist, im Falle der Nichtkooperation eines Partners Gleiches mit Gleichem zu vergelten.[6]

Weitere Voraussetzungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weitere realtitätsfremde Voraussetzungen der Neoklassik, die zur Vereinfachung des Modells eingeführt wurden, sind vollkommener Wettbewerb, vollständige Information der Marktteilnehmer und Homogenität der produzierten Güter. Das neoklassische Modell ist mehrfach überarbeitet worden, um der komplexen Wirtschaftsrealität besser gerecht zu werden. So legten in den fünfziger Jahren Arrow und Debreu dar, unter welchen Bedingungen das Gleichgewichtsmodell der klassischen Ökonomen Adam Smith und Walras zutreffen. Damit eine Volkswirtschaft in dem Sinne effizient ist, dass niemand bessergestellt werden kann, ohne dass ein anderer schlechter gestellt wird (auch Pareto-Optimum genannt), müssen auf den Märkten nicht nur die oben genannten Voraussetzungen gegeben sein. Vielmehr muss es auch eine Reihe von Versicherungsmärkten geben (man muß sich gegen jedes erdenkliche Risiko versichern), die Kapitalmärkte müssen vollkommen sein (man kann Kredite in beliebiger Höhe zu günstigen, risikobereinigten Zinsen aufnehmen) und es darf keine externen Effekte und keine öffentlichen Güter geben.[7] Stiglitz und Greenwald haben gezeigt, dass Märkte einzig und allein unter den von Arrow/Debreu aufgeführten Bedingungen effizient sind; wenn sie nicht erfüllt sind, gibt es stets staatliche Eingriffe, die alle besserstellen können.[8]

Keine Berücksichtigung von Macht und Machtmissbrauch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wirtschaftliche Macht und deren Missbrauch sind nach Norbert Häring die entscheidenden fehlenden Elemente der neoklassischen Modelle.[9] Es gehe um die Macht, Informationsvorsprünge zu missbrauchen, die Macht privater Banken, Geld zu schöpfen, die Macht wichtiger Spieler, die Spielregeln zu verändern. Es fehle in den Lehrbüchern auch die Macht der Wirtschaftselite, die Grundsätze für die eigene Bezahlung festzulegen, die Bilanzen zu manipulieren und riskante Geschäfte einzugehen, um die eigene Bezahlung zu manipulieren. Mit dem Ausklammern der Macht suggeriert die Neoklassik gleiche reale Aktionsmöglichkeiten aller Marktteilnehmer, die staatliche Eingriffe zugunsten der Schwachen als ungerechtfertigt und willkürlich erscheinen lassen.

Versagen der Neoklassik in der Weltwirtschaftskrise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Weltwirtschaftskrise mit ihrer weltweiten dauerhaften Arbeitslosigkeit entstanden Zweifel, ob die neoklassische Theorie geeignet ist, den realen Verlauf der Wirtschaftsprozesse zu erklären. Zum radikalsten Kritiker entwickelte sich der Ökonom John M. Keynes, nach dessen Theorie ein wirtschaftliches Gleichgewicht auch bei Unterbeschäftigung (Dauerarbeitslosigkeit) möglich ist. Deshalb müsse in dieser Situation der Staat über die Fiskalpolitik für die zusätzliche Nachfrage sorgen, die erforderlich ist, um die Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Die keynesianische Wirtschaftspolitik war die Basis für die Bekämpfung der Weltwirtschaftskrise in den USA (New Deal von Roosevelt) und diente nach dem 2. Weltkrieg auch vielen Regierungen westeuropäischer Länder als Rechtfertigung für beschäftigungs und sozialpolitische Interventionen des Staates. Auf das offensichtliche Scheitern des Wirtschaftsliberalismus reagierte der neue Liberalismus mit einer Neuauflage der (neo-)klassichen Krisenerklärung, nach der allein äußere Faktoren – und nicht der Marktmechanismus selbst - für die Krise verantwortlich seien.[10] Nicht der Markt habe versagt, sondern der Staat und die Politik.

Ordnungspolitisches Konzept des Neoliberalismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der sich in der Nachkriegszeit auch organisatorisch etablierende Neoliberalismus unterschied sich vom klassischen Laissez-faire-Liberalismus vor allem dadurch, dass ein starker Staat gefordert wurde, um die Funktionsgrundlagen einer Marktwirtschaft zu sichern (Eigentumsgarantie, Wettbewerb). Eine erste Agenda des Neoliberalismus wurde 1947 der neu gegründeten Mont Pèlerin Society (MPS) präsentiert, die sich zum bedeutendsten neoliberalen Eltitenetzwerk der Welt mit an die 1000 Mitgliedern und etwa 100 vernetzten Denkfabriken entwickelte.[11]

Ordoliberalismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine neoliberalen Denkrichtung, der Ordoliberalismus, entfernte sich nach und nach so stark von marktradikalen Ansätzen, dass er jedenfalls in der politischen Umsetzung als „Soziale Marktwirtschaft“ nicht mehr als neoliberal im engeren Sinn bezeichnet werden kann. Zum Ordoliberalismus gehört das wirtschaftswissenschaftliche Zentrum der „Freiburger Schule“ um Walter Eucken, der soziologische Flügel um Alexander Rüstow und Wilhelm Röpke und die Gruppe der Praktiker mit Ludwig Erhard und seinem Staatssekretär Alfred Müller-Armack.[12] Die Ordoliberalen waren sich einig, dass die marktwirtschaftliche Ordnung eine Synthese von staatlich gesicherter Freiheit (nicht zuletzt als wirtschaftliche Dispositionsfreiheit) mit den Idealen der sozialen Sicherheit und sozialen Gerechtigkeit möglich mache.[13] Zwar sei eine Wettbewerbsordnung im Prinzip bereits an sich sozial, doch sei sie dort zu begrenzen, wo sie sozial unerwünschte Ergebnisse zeitige.[14] Was als „sozial wirksam“ zu begründen sei und noch als ordnungskonform gelten könne, sei im Prinzip zu rechtfertigen.[15] Der Markt wird hier nicht als unfehlbarer Automatismus verstanden, sondern als eine Regel mit Ausnahmen. Versagt der Markt ausnahmsweise, sollte der Staat eingreifen, um den „Wohlstand für alle“ zu sichern. Diese Ausnahme wurde dann in der Praxis der „Sozialen Marktwirtschaft“ recht großzügig ausgelegt. So soll der Staat dafür sorgen, dass durch Umverteilung und Korrektur der am Markt entstandenen Einkommen eine als gerecht empfundene Einkommens- und Vermögensverteilung sowie weitgehende Chancengleichheit und soziale Sicherheit breiter Schichten hergestellt wird.[16] Nach Müller-Armack sind sogar „Minimallöhne“ (= Mindestlöhne) einer Sozialen Marktwirtschaft zugehörig.[17] Diese pragmatische Sicht der Marktwirtschaft wird auch als „rheinischer Kapitalismus“ bezeichnet.

US-amerikanische Schule (Neoliberalismus als Marktradikalismus)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Gruppe Chicagoer Ökonomen und Soziologen, angeführt von Milton Friedman und Irving Kristol, entwickelten die Grundideen des heutigen Neoliberalismus (der Neoliberalismus sowie die auf ihm basierende angebotsorientierte Wirtschaftspolitik werden in den USA Neokonservatismus genannt). Ihre Vorstellungen entsprechen weitgehend denen der „Österreichischen Schule“ (Repräsentanten: Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek).

Menschenbild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während die Neoklassik von einem rationalen und eigennützigen Menschen ausgeht, ist das Menschenbild des Neoliberalismus vom inzwischen wissenschaftlich widerlegten [Sozialdarwinismus] geprägt. Dieser entspricht dem Selbstverständnis eines Teils der Wirtschaftseliten. Das Marktgeschehen ist aus neoliberaler Sicht ein freies Spiel der Kräfte ohne staatlichen Eingriff, in welchem die Gesündesten und Besten überleben (George J. Stigler: „survival of the fittest“).[18] Für Hayek sind Märkte ein Selektionsmechanismus der Evolution. Märkte sind für ihn überlegen, weil sie die Begrenztheit des Wissens überwinden können, und zugleich alternativlos, weil sie sich als menschengerechter, anonymer Mechanismus im evolutionären Prozess durchgesetzt haben.[19]

Markt als Ideologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut Sachwörterbuch der Politik erheben Ideologien den Anspruch auf objektive Richtigkeit und unbedingte Gültigkeit ihres Gedanken- und Wertsystems.[20] Ideologien dienten der Rechtfertigung bestehender oder herzustellender Verhältnisse im Interesse einer gesellschaftlichen und politischen Gruppe und strebten einen angeblich konfliktlosen geschichtlichen Endzustand an. Für Marktradikale ist der Markt unfehlbar, er kann sich nicht irren. Da es kein Marktversagen gibt, bedarf der Markt auch keiner Korrektur durch eine Beschäftigungs- und Sozialpolitik. Der Markt ist nicht nur für alle Zeiten das optimale Instrument zur Steuerung von Wirtschaft und Gesellschaft, sondern wird zum Selbstzweck: „Wäre die Marktwirtschaft nicht das effizienteste System, ich wollte sie trotzdem – wegen der Werte, die sie repräsentieren: Wahlfreiheit, Herausforderung, Risiko“.[21] Der Absolutheitsanspruch dieser Sicht von Marktwirtschaft zeigt sich auch darin, dass sie auf fast alle gesellschaftlichen Bereiche angewandt wird, etwa im Rational-Choice-Ansatz von Gary S. Becker, wonach selbst private zwischenmenschliche Beziehungen letzten Endes nichts anderes als ein Tauschverhältnis sind.[22] Friedman will den Markt pur und plädiert deshalb für die Abschaffung/Aufhebung des staatlichen Führerscheins, der Ärztezulassung sowie des Drogen- und Abtreibungsverbots. [23] Schon der Ordoliberale Alexander von Rüstow kritisierte die Verabsolutierung des Wettbewerbs als universales Prinzip und stellte fest, dass hinter diesem Konzept der Konkurrenzwirtschaft „die Vorstellung einer von Gott dem Schöpfer selbst gesetzten unsichtbaren Wirtschaftsverfassung steht“.[24]

Freiheitsbegriff[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neoliberale Wirtschaftspolitik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Angebotsorientierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Arbeitsmarkt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monetarismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rolle des Staates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Scheitern in der Finanzkrise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neoliberale Netzwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stiftung Marktwirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Lexikon der Volkswirtschaft, 6. Auflage, Landsberg 1994, S. 633
  2. Karlheinz Ruckriegel: Der Homo oeconomicus – ein realtitätsfernes Konstrukt, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 120 (2/2009), S. 49 ff.
  3. Ruckriegel, S. 52
  4. Joachim Bauer: Das kooperative Gen, Hamburg 2008, S. 153 f.
  5. Joachim Bauer: Das kooperative Gen, S. 154 f.
  6. Joachim Bauer: Prinzip Menschlichkeit, Hamburg 2006, S. 178 f.
  7. Joseph Stiglitz: Im freien Fall, München 2010, S. 306
  8. Stiglitz: Im freien Fall, S.308
  9. Norbert Häring: Markt und Macht, Stuttgart 2010, zitiert nach Süddeutsche Zeitung vom 12. März 2011
  10. Butterwege, Lösch, Ptak: Kritik des Neoliberalismus, 2. Aufl., Wiesbaden 2008, S. 19
  11. Butterwege, Kritik des Neoliberalismus, S. 22
  12. Ralf Ptaks: Ordoliberalismus, in: ABC zum Neoliberalismus, Hamburg 2006, S. 171
  13. Norbert Kloten: Der Staat in der Sozialen Marktwirtschaft, Walter Eucken Institut, Vorträge und Aufsätze, Tübingen 1986, S.24
  14. Kloten: Der Staat in der Sozialen Marktwirtschaft, S.25
  15. Kloten: Der Staat in der Sozialen Marktwirtschaft, S. 26
  16. Bunte, in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 10. Aufl., Einführung Rdnr. 44
  17. Kloten: Der Staat in der Sozialen Marktwirtschaft S. 26, Fußnote 58
  18. Ingo Schmidt: Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, 8. Aufl., Stuttgart 2005, S. 19
  19. Butterwiese: Kritik des Neoliberalismus, S. 33
  20. Reinard Beck: Sachwörterbuch der Politik, 2. Aufl., Stuttgart 1986, S. 411
  21. Friedman, zitiert in: Nachruf: Die unterschätzte Macht der Ökonomen, Die Zeit vom 23. November 2006, Website Zeit, abgerufen am 3.3.2011
  22. Butterwege: Kritik des Neoliberalismus, S. 30
  23. Nachruf: Die unterschätzte Macht der Ökonomen, Die Zeit vom 23. November 2006
  24. Nachwort von Sibylle Tönnies: Die liberale Kritik des Liberalismus, in: Alexander Rüstow, Die Religion als Marktwirtschaft, 3. Aufl., Berlin 2009, S. 183
==Begriff==
        
        Als Neoliberalismus wird in der Alltagssprache eine Sichtweise von Wirtschaft und Gesellschaft bezeichnet, die den Markt verabsolutiert und den Egoismus zum Motor des Fortschritts verklärt. Die Parolen des Neoliberalismus sind Privatisierung, Deregulierung, Lohnzurückhaltung, Steuersenkung und schlanker Staat. Ihr wirtschaftspolitischer Kompass ist der Shareholder-Value. Diese Definition seiner Kritiker  ist nicht identisch mit der ordnungspolitischen  Einordnung. Neoliberale Vorstellungen haben sich zuerst und am weitestgehenden in den USA seit der Regierungszeit von Reagan in der Republikanischen Partei und in  Großbritannien seit Thatcher bei den Konservativen und New Labour durchgesetzt und sind dann auch in den übrigen westlichen Staaten, in Deutschland seit Schröder, realisiert worden. In den USA wird der Neoliberalismus Neokonservatismus genannt, da das Wort liberal anders besetzt ist.
        
        ==Neoklassik als wirtschaftstheoretische Grundlage==
        
        ===Gemeinsamkeiten und Unterschiede===
        
        Der Neoliberalismus beruht im Prinzip auf der neoklassischen Wirtschaftstheorie,  nach der Märkte effizient sind und sich selbst regulieren. Der Marktmechanismus bewirkt, dass das eigennützige Streben der Marktteilnehmer zu einer optimalen Güterversorgung führt und dadurch dem Gemeinwohl dient. Wirtschaftskrisen und Arbeitslosigkeit kann es im Prinzip nicht geben, da die Preise  Angebot und Nachfrage ausgleichen. Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es, die Wettbewerbsprozesse zu institutionalisieren und dafür zu sorgen, dass die Preise ihre Funktion als gesamtgesellschaftliche Knappheitsindikatoren erfüllen<ref>Lexikon der Volkswirtschaft, 6. Auflage, Landsberg 1994, S. 633</ref>. Wo der Wettbewerb versagt, können staatliche Eingriffe erforderlich sein. Der Neoliberalismus unterscheidet sich von der Neoklassik dadurch, dass deren wohlfahrtstheoretische Ansätze ihm fremd sind. Für den Neoliberalismus ist letzten Endes der persönliche Wohlstand und Erfolg entscheidend, nicht das größte Glück der größten Zahl. Der Neoliberalismus hat sich mehr und mehr zu einer Ideologie entwickelt, die – im Gegensatz zur Neoklassik – an der empirischen Überprüfung ihrer Modellvoraussetzungen kein Interesse zeigt. Das Menschenbild der Neoklassik ist technokratisch (der Mensch wir mathematiktauglich gemacht), das des Neoliberalismus sozialdarwinistisch (der Egoismus liegt in den Genen).
        
        ===Modellvoraussetzungen===
        
        ====Homo oeconomicus====
        
        Die neoklassiche Wirtschaftstheorie geht vom rationalen und eigennützigen Homo oeconomicus aus, der von Leon Walras in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingeführt wurde, um mathematische Gesetzmäßigkeiten auf die Wirtschaft übertragen zu können.<ref>Karlheinz Ruckriegel: Der Homo oeconomicus – ein realtitätsfernes Konstrukt, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 120 (2/2009), S. 49 ff.</ref> An diesem Menschenbild bestehen inzwischen erhebliche Zweifel. Menschliche Entscheidungen werden oft nicht rational getroffen, sondern durch Selbstüberschätzung, Vorurteile sowie Faustregeln und die Art der Darstellung einer Entscheidungssituation massiv beeinflusst.<ref>Ruckriegel, S. 52</ref> Menschen handeln auch nicht immer eigennützig, sondern suchen primär soziale Akzeptanz und Bindung.<ref>Joachim Bauer: Das kooperative Gen, Hamburg 2008, S. 153 f.</ref> Neuere Studien zur Untersuchung des Gehirns haben ergeben, dass  Menschen sogar einen neurobiologisch verankerten Sinn für soziale Fairness besitzen.<ref>Joachim Bauer: Das kooperative Gen, S. 154 f.</ref> Auch die experimentelle Spieltheorie kommt zum Ergebnis, dass Kooperation sich als die optimale Strategie erweist, wenn sie mit der Fähigkeit und Bereitschaft verbunden ist, im Falle der Nichtkooperation eines Partners Gleiches mit Gleichem zu vergelten.<ref> Joachim Bauer: Prinzip Menschlichkeit, Hamburg 2006, S. 178 f.</ref>
        

        ====Weitere Voraussetzungen====
        
        Weitere realtitätsfremde Voraussetzungen der Neoklassik, die zur Vereinfachung des Modells eingeführt wurden, sind vollkommener Wettbewerb, vollständige Information der Marktteilnehmer und Homogenität der produzierten Güter. Das neoklassische Modell ist mehrfach überarbeitet worden, um der komplexen Wirtschaftsrealität besser gerecht zu werden. So legten in den fünfziger Jahren  Arrow und Debreu dar, unter welchen Bedingungen das Gleichgewichtsmodell der klassischen Ökonomen Adam Smith und Walras zutreffen. Damit eine Volkswirtschaft in dem Sinne effizient ist, dass niemand bessergestellt werden kann, ohne dass ein anderer schlechter gestellt wird (auch Pareto-Optimum genannt), müssen auf den Märkten nicht nur die oben genannten Voraussetzungen gegeben sein. Vielmehr muss es auch eine Reihe von Versicherungsmärkten geben (man muß sich gegen jedes erdenkliche Risiko versichern), die Kapitalmärkte müssen vollkommen sein (man kann Kredite in beliebiger Höhe zu günstigen, risikobereinigten Zinsen aufnehmen) und es darf keine externen Effekte und keine öffentlichen Güter geben.<ref>Joseph Stiglitz: Im freien Fall, München 2010, S. 306</ref> Stiglitz und Greenwald haben gezeigt, dass Märkte einzig und allein unter den von Arrow/Debreu aufgeführten Bedingungen effizient sind; wenn sie nicht erfüllt sind, gibt es stets staatliche Eingriffe, die alle besserstellen können.<ref>Stiglitz: Im freien Fall, S.308</ref>
        

        ====Keine Berücksichtigung von Macht und Machtmissbrauch====
        
        Wirtschaftliche Macht und deren Missbrauch sind nach Norbert Häring die entscheidenden fehlenden Elemente der neoklassischen Modelle.<ref>Norbert Häring: Markt und Macht, Stuttgart 2010, zitiert nach Süddeutsche Zeitung vom 12. März 2011</ref> Es gehe um die Macht, Informationsvorsprünge zu missbrauchen, die Macht privater Banken, Geld zu schöpfen, die Macht wichtiger Spieler, die Spielregeln zu verändern. Es fehle in den Lehrbüchern auch die Macht der Wirtschaftselite, die Grundsätze für die eigene Bezahlung festzulegen, die Bilanzen zu manipulieren und riskante Geschäfte einzugehen, um die eigene Bezahlung zu manipulieren. Mit dem Ausklammern der Macht suggeriert die Neoklassik gleiche reale Aktionsmöglichkeiten aller Marktteilnehmer, die staatliche Eingriffe zugunsten der Schwachen als ungerechtfertigt und willkürlich erscheinen lassen.
        

        ==Versagen der Neoklassik in der Weltwirtschaftskrise==
        
        In der Weltwirtschaftskrise mit ihrer weltweiten dauerhaften Arbeitslosigkeit entstanden Zweifel, ob die neoklassische Theorie geeignet ist, den realen Verlauf der Wirtschaftsprozesse zu erklären. Zum radikalsten Kritiker entwickelte sich der Ökonom John M. Keynes, nach dessen Theorie ein wirtschaftliches Gleichgewicht auch bei Unterbeschäftigung (Dauerarbeitslosigkeit) möglich ist.  Deshalb müsse in dieser Situation der Staat über die Fiskalpolitik für die zusätzliche Nachfrage sorgen, die erforderlich ist, um die Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Die keynesianische  Wirtschaftspolitik war die Basis für die Bekämpfung der Weltwirtschaftskrise in den USA (New Deal von Roosevelt) und diente  nach dem 2. Weltkrieg auch vielen Regierungen westeuropäischer Länder als Rechtfertigung für beschäftigungs und sozialpolitische Interventionen des Staates. Auf das offensichtliche Scheitern des Wirtschaftsliberalismus reagierte der neue Liberalismus mit einer Neuauflage der (neo-)klassichen  Krisenerklärung, nach der allein äußere Faktoren – und nicht der Marktmechanismus selbst -  für die Krise verantwortlich seien.<ref>Butterwege, Lösch, Ptak: Kritik des Neoliberalismus, 2. Aufl., Wiesbaden 2008, S. 19</ref> Nicht der Markt habe versagt, sondern der Staat und die Politik.
        

        ==Ordnungspolitisches Konzept des Neoliberalismus==
        
        Der sich in der Nachkriegszeit auch organisatorisch etablierende Neoliberalismus unterschied sich vom klassischen Laissez-faire-Liberalismus vor allem dadurch, dass ein starker Staat gefordert wurde, um die Funktionsgrundlagen einer Marktwirtschaft zu sichern (Eigentumsgarantie, Wettbewerb). Eine erste Agenda des Neoliberalismus wurde 1947 der neu gegründeten Mont Pèlerin Society (MPS) präsentiert, die sich zum bedeutendsten neoliberalen Eltitenetzwerk der Welt mit an die 1000 Mitgliedern und etwa 100 vernetzten Denkfabriken entwickelte.<ref>Butterwege, Kritik des Neoliberalismus, S. 22</ref>
        

        ==Ordoliberalismus==
        
        Eine neoliberalen Denkrichtung, der Ordoliberalismus, entfernte sich nach und nach so stark von marktradikalen Ansätzen, dass er jedenfalls in der politischen Umsetzung als „Soziale Marktwirtschaft“ nicht mehr als neoliberal im engeren Sinn bezeichnet werden kann. Zum Ordoliberalismus gehört das wirtschaftswissenschaftliche Zentrum der „Freiburger Schule“ um Walter Eucken, der soziologische Flügel um Alexander Rüstow und Wilhelm Röpke und die Gruppe der Praktiker mit Ludwig Erhard und seinem Staatssekretär Alfred Müller-Armack.<ref>Ralf Ptaks: Ordoliberalismus, in: ABC zum Neoliberalismus, Hamburg 2006, S. 171</ref> Die Ordoliberalen waren sich einig, dass die marktwirtschaftliche Ordnung eine Synthese von staatlich gesicherter Freiheit (nicht zuletzt als wirtschaftliche Dispositionsfreiheit) mit den Idealen der sozialen Sicherheit und sozialen Gerechtigkeit möglich mache.<ref>Norbert Kloten: Der Staat in der Sozialen Marktwirtschaft, Walter Eucken Institut, Vorträge und Aufsätze, Tübingen 1986, S.24</ref> Zwar sei eine Wettbewerbsordnung im Prinzip bereits an sich sozial, doch sei sie dort zu begrenzen, wo sie sozial unerwünschte Ergebnisse zeitige.<ref>Kloten: Der Staat in der Sozialen Marktwirtschaft, S.25</ref> Was als „sozial wirksam“ zu begründen sei und noch als ordnungskonform gelten könne, sei im Prinzip zu rechtfertigen.<ref>Kloten: Der Staat in der Sozialen Marktwirtschaft, S. 26</ref> Der Markt wird hier nicht als unfehlbarer Automatismus verstanden, sondern als eine Regel mit Ausnahmen. Versagt der Markt ausnahmsweise, sollte der Staat eingreifen, um den „Wohlstand für alle“ zu sichern. Diese Ausnahme wurde dann in der Praxis der „Sozialen Marktwirtschaft“ recht großzügig ausgelegt. So soll der Staat dafür sorgen, dass durch Umverteilung und Korrektur der am Markt entstandenen Einkommen eine als gerecht empfundene Einkommens- und Vermögensverteilung sowie weitgehende Chancengleichheit und soziale Sicherheit breiter Schichten hergestellt wird.<ref>Bunte, in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 10. Aufl., Einführung Rdnr. 44</ref> Nach Müller-Armack sind sogar „Minimallöhne“ (= Mindestlöhne) einer Sozialen Marktwirtschaft zugehörig.<ref>Kloten: Der Staat in der Sozialen Marktwirtschaft S. 26, Fußnote 58</ref> Diese pragmatische Sicht der Marktwirtschaft wird auch als „rheinischer Kapitalismus“ bezeichnet.
        

        ==US-amerikanische Schule (Neoliberalismus als Marktradikalismus)==
        ===Menschenbild===
            
            ===Markt als Ideologie===
            
            ===Freiheitsbegriff===
            Eine Gruppe Chicagoer Ökonomen und Soziologen, angeführt von Milton Friedman und Irving Kristol, entwickelten die Grundideen des heutigen Neoliberalismus (der Neoliberalismus sowie die auf ihm basierende angebotsorientierte Wirtschaftspolitik werden in den USA Neokonservatismus genannt). Ihre Vorstellungen entsprechen weitgehend denen der „Österreichischen Schule“ (Repräsentanten: Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek).
            
            ===Menschenbild===
            
            Während die Neoklassik von einem rationalen und eigennützigen Menschen ausgeht, ist das Menschenbild des Neoliberalismus vom inzwischen wissenschaftlich widerlegten [Sozialdarwinismus] geprägt. Dieser entspricht dem Selbstverständnis eines Teils der Wirtschaftseliten. Das Marktgeschehen ist  aus neoliberaler Sicht ein freies Spiel der Kräfte ohne staatlichen Eingriff, in welchem die Gesündesten und Besten überleben (George J. Stigler: „survival of the fittest“).<ref>Ingo Schmidt: Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, 8. Aufl., Stuttgart 2005, S. 19</ref> Für Hayek sind Märkte ein Selektionsmechanismus der Evolution. Märkte sind für ihn überlegen, weil sie die Begrenztheit des Wissens überwinden können, und zugleich alternativlos, weil sie sich als menschengerechter, anonymer Mechanismus im evolutionären Prozess durchgesetzt haben.<ref>Butterwiese: Kritik des Neoliberalismus, S. 33</ref>
            

            ===Markt als Ideologie===
            
            Laut Sachwörterbuch der Politik erheben Ideologien den Anspruch auf objektive Richtigkeit und unbedingte Gültigkeit ihres Gedanken- und Wertsystems.<ref>Reinard Beck: Sachwörterbuch der Politik, 2. Aufl., Stuttgart 1986, S. 411</ref> Ideologien dienten der Rechtfertigung bestehender oder herzustellender Verhältnisse im Interesse einer gesellschaftlichen und politischen Gruppe und strebten einen angeblich konfliktlosen geschichtlichen Endzustand an.
            
            Für Marktradikale ist der Markt unfehlbar, er kann sich nicht irren. Da es kein Marktversagen gibt, bedarf der Markt auch keiner Korrektur durch eine Beschäftigungs- und Sozialpolitik. Der Markt ist nicht nur für alle Zeiten das optimale Instrument zur Steuerung von Wirtschaft und Gesellschaft, sondern wird zum Selbstzweck: „Wäre die Marktwirtschaft nicht das effizienteste System, ich wollte sie trotzdem – wegen der Werte, die sie repräsentieren: Wahlfreiheit, Herausforderung, Risiko“.<ref>[http://www.zeit.de/2006/48/Nachruf-Friedman?page=all Friedman, zitiert in: Nachruf: Die unterschätzte Macht der Ökonomen, Die Zeit vom 23. November 2006], Website Zeit, abgerufen am 3.3.2011</ref> Der Absolutheitsanspruch dieser Sicht von Marktwirtschaft zeigt sich auch darin, dass sie auf fast alle gesellschaftlichen Bereiche angewandt wird, etwa im Rational-Choice-Ansatz von Gary S. Becker, wonach selbst private zwischenmenschliche Beziehungen letzten Endes nichts anderes als ein Tauschverhältnis sind.<ref>Butterwege: Kritik des Neoliberalismus, S. 30</ref>  Friedman will den Markt pur und plädiert deshalb für die Abschaffung/Aufhebung des staatlichen Führerscheins, der Ärztezulassung sowie des Drogen- und Abtreibungsverbots. <ref>Nachruf: Die unterschätzte Macht der Ökonomen, Die Zeit vom 23. November 2006</ref> Schon der Ordoliberale Alexander von Rüstow kritisierte die Verabsolutierung des Wettbewerbs als universales Prinzip und stellte fest, dass hinter diesem Konzept der Konkurrenzwirtschaft „die Vorstellung einer von Gott dem Schöpfer selbst gesetzten unsichtbaren Wirtschaftsverfassung steht“.<ref>Nachwort von Sibylle Tönnies: Die liberale Kritik des Liberalismus, in: Alexander Rüstow, Die Religion als Marktwirtschaft, 3. Aufl., Berlin 2009, S. 183</ref> 
            

            ===Freiheitsbegriff===
            
==Neoliberale Wirtschaftspolitik==
        
        ===Angebotsorientierung===
        
        ===Arbeitsmarkt===
        
        ===Monetarismus===
        
        ===Rolle des Staates===
        
        ==Scheitern in der Finanzkrise==
        
        ==Neoliberale Netzwerke==
        
        ===Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)===
        
        ===Stiftung Marktwirtschaft===
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==US-amerikanische Schule (Neoliberalismus als Marktradikalismus)==
 
==US-amerikanische Schule (Neoliberalismus als Marktradikalismus)==
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Eine Gruppe Chicagoer Ökonomen und Soziologen, angeführt von Milton Friedman und Irving Kristol, entwickelten die Grundideen des heutigen Neoliberalismus (der Neoliberalismus sowie die auf ihm basierende angebotsorientierte Wirtschaftspolitik werden in den USA Neokonservatismus genannt). Ihre Vorstellungen entsprechen weitgehend denen der „Österreichischen Schule“ (Repräsentanten: Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek).
 
===Menschenbild===
 
===Menschenbild===
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Während die Neoklassik von einem rationalen und eigennützigen Menschen ausgeht, ist das Menschenbild des Neoliberalismus vom inzwischen wissenschaftlich widerlegten [Sozialdarwinismus] geprägt. Dieser entspricht dem Selbstverständnis eines Teils der Wirtschaftseliten. Das Marktgeschehen ist  aus neoliberaler Sicht ein freies Spiel der Kräfte ohne staatlichen Eingriff, in welchem die Gesündesten und Besten überleben (George J. Stigler: „survival of the fittest“).<ref>Ingo Schmidt: Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, 8. Aufl., Stuttgart 2005, S. 19</ref> Für Hayek sind Märkte ein Selektionsmechanismus der Evolution. Märkte sind für ihn überlegen, weil sie die Begrenztheit des Wissens überwinden können, und zugleich alternativlos, weil sie sich als menschengerechter, anonymer Mechanismus im evolutionären Prozess durchgesetzt haben.<ref>Butterwiese: Kritik des Neoliberalismus, S. 33</ref>
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===Markt als Ideologie===
 
===Markt als Ideologie===
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Laut Sachwörterbuch der Politik erheben Ideologien den Anspruch auf objektive Richtigkeit und unbedingte Gültigkeit ihres Gedanken- und Wertsystems.<ref>Reinard Beck: Sachwörterbuch der Politik, 2. Aufl., Stuttgart 1986, S. 411</ref> Ideologien dienten der Rechtfertigung bestehender oder herzustellender Verhältnisse im Interesse einer gesellschaftlichen und politischen Gruppe und strebten einen angeblich konfliktlosen geschichtlichen Endzustand an.
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Für Marktradikale ist der Markt unfehlbar, er kann sich nicht irren. Da es kein Marktversagen gibt, bedarf der Markt auch keiner Korrektur durch eine Beschäftigungs- und Sozialpolitik. Der Markt ist nicht nur für alle Zeiten das optimale Instrument zur Steuerung von Wirtschaft und Gesellschaft, sondern wird zum Selbstzweck: „Wäre die Marktwirtschaft nicht das effizienteste System, ich wollte sie trotzdem – wegen der Werte, die sie repräsentieren: Wahlfreiheit, Herausforderung, Risiko“.<ref>[http://www.zeit.de/2006/48/Nachruf-Friedman?page=all Friedman, zitiert in: Nachruf: Die unterschätzte Macht der Ökonomen, Die Zeit vom 23. November 2006], Website Zeit, abgerufen am 3.3.2011</ref> Der Absolutheitsanspruch dieser Sicht von Marktwirtschaft zeigt sich auch darin, dass sie auf fast alle gesellschaftlichen Bereiche angewandt wird, etwa im Rational-Choice-Ansatz von Gary S. Becker, wonach selbst private zwischenmenschliche Beziehungen letzten Endes nichts anderes als ein Tauschverhältnis sind.<ref>Butterwege: Kritik des Neoliberalismus, S. 30</ref>  Friedman will den Markt pur und plädiert deshalb für die Abschaffung/Aufhebung des staatlichen Führerscheins, der Ärztezulassung sowie des Drogen- und Abtreibungsverbots. <ref>Nachruf: Die unterschätzte Macht der Ökonomen, Die Zeit vom 23. November 2006</ref> Schon der Ordoliberale Alexander von Rüstow kritisierte die Verabsolutierung des Wettbewerbs als universales Prinzip und stellte fest, dass hinter diesem Konzept der Konkurrenzwirtschaft „die Vorstellung einer von Gott dem Schöpfer selbst gesetzten unsichtbaren Wirtschaftsverfassung steht“.<ref>Nachwort von Sibylle Tönnies: Die liberale Kritik des Liberalismus, in: Alexander Rüstow, Die Religion als Marktwirtschaft, 3. Aufl., Berlin 2009, S. 183</ref>
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===Freiheitsbegriff===
 
===Freiheitsbegriff===
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==Neoliberale Wirtschaftspolitik==
 
==Neoliberale Wirtschaftspolitik==
 
===Angebotsorientierung===
 
===Angebotsorientierung===

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