Outsourcing von Gesetzen an Kanzleien und Wirtschaftsprüfer: Unterschied zwischen den Versionen

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Mit dem Outsourcing von Gesetzen ist gemeint, dass externe Berater und besonders Anwaltskanzleien im Auftrag von Bundesregierung oder auch Bundestag Gesetzesentwürfe schreiben. Dieses Outsourcing hat in den letzten Jahren stark zugenommen und ist sehr umstritten. Problematisch sind insbesondere mögliche Interessenkonflikte der Externen und deren fehlende Neutralität, z.B. wenn die Kanzleien zugleich auch für Unternehmen aus der betroffenen Branche arbeiten. Die Erarbeitung von Gesetzen ist eine zentrale hoheitliche Aufgabe, die nicht von interessengeleitete Unternehmen ausgeführt werden sollte. Diese sollte alleine demokratisch legitimierten Institutionen vorbehalten bleiben.

Überblick LobbyABC: Lobbyismus von A–Z

Allgemeine Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Immer häufiger wirken externe Berater und Anwaltskanzleien an Gesetzen mit. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion zum Thema Mitarbeit von Privaten an Gesetzentwürfen von Oktober 2009.[1] Demnach arbeiteten Externe allein im Jahr 2009 an 16 Gesetzen mit. Im Zeitraum von 1990 bis 1999 war es im Vergleich gerade mal ein Gesetz. Nach einem an den Haushaltsausschuss gerichteten Bericht des Bundesrechungshofs vom Frühjahr 2011 wurden im Zeitaum von 2005 bis 2009 bei 33 von 537 Normgebungsverfahren Aufträge an Externe vergeben.[2]

Die Praxis des "Gesetzesoutsourcing" begann unter Rot-Grün und wurde von der Großen Koalition fortgesetzt und ausgebaut. Aus der Antwort der Bundesregierung geht hervor, in welchem Ministerium Externe an wie vielen Gesetze mitgewirkt haben. Besonders oft war dies im Bundesministerium für Umwelt der Fall, gefolgt vom Verkehrsministerium und dem Innenministerium. Die Honorare werden ebenfalls aufgelistet. Insgesamt wendeten die Ministerien demnach von 2000 bis 2009 über 6 Millionen Euro für die Mithilfe an Gesetzen durch externe Berater auf. Allerdings sind die Zahlen unvollständig: Nicht öffentlich zugänglich ist, welche Honorare das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesfinanzministerium in den letzten Jahren für das Mitwirken an ihren Gesetzen zahlten.

Nicht immer klar ersichtlich ist außerdem, welchen Anteil die beauftragten Organisationen am endgültigen Gesetz hatten. Ob eine ergänzende Beratung stattfand oder das komplette Gesetz entworfen wurde, bleibt häufig nur vage angeführt. So hat beispielsweise die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer am Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom Oktober 2008 und dessen Ergänzung im Februar 2009 und Juli 2009 mitgewirkt. Wie stark das endgültige Gesetz aber letztlich davon beeinflusst wurde bleibt im Unklaren.

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

LobbyControl hält Outsourcing von Gesetzen diese Entwicklung für hoch problematisch. Gesetze müssen von den Ministerien oder dem Parlament selbst entworfen werden. Problematisch sind insbesondere mögliche Interessenkonflikte der Externen und deren fehlende Neutralität, z.B. wenn die Kanzleien zugleich auch für Unternehmen aus der betroffenen Branche arbeiten. Die Erarbeitung von Gesetzen ist eine zentrale hoheitliche Aufgabe, die nicht von interessengeleiteten Unternehmen ausgeführt werden sollte. Diese sollte allein demokratisch legitimierten Institutionen vorbehalten bleiben. Der Bundesrechnungshof schrieb 2011 in einem Bericht an den HaushaltsausschussKanzleien, die ansonsten für genau die Unternehmen arbeiten, die von den Gesetzen betroffen sind, sind nicht die richtige Adresse, um die verschiedenen gesellschaftlichen Interessen zu berücksichtigen und abzuwägen.

Der Bundesrechnungshof schreibt in seinem an den Haushaltsauschuss gerichteten Bericht, es sei "nicht ohne weiteres nachvollziehbar", warum Bundesministerien "Kernaufgaben" auf externe Berater übertrugen.[3] Über das Risiko, dass Lobbyisten Einfluss nehmen könnten, dächten die Auftraggeber wohl kaum nach. Es habe kaum Überlegungen zu möglichen Interessenkonflikten oder der Gefahr der Beeinflussung gegeben. Außerdem seien die Aufträge für die Berater mit Stundensätzen zwischen 260 und 500 Euro nicht ausgeschrieben worden. Hinzu kämen Spesen, für die im Beratervertrag aber oft eine Obergrenze fehle. Die Begründung vieler Ministerien, der Beratungsbedarf bei der Arbeit an Gesetzesentwürfen sei dringend und es gebe zu wenig Sachverstand im eigenen Haus, lassen die Rechungsprüfer nicht gelten: "Dass einige Normsetzungsverfahren immer noch nicht abgeschlossen sind, macht deutlich, dass das Argument Dringlichkeit nicht durchweg sachgerecht war."[14]

Entwicklung

Weitere Daten aus Regierungsdokumenten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Outsourcing von Gesetzen begann in größerem Umfang ab 2000 unter Rot-Grün und wurde von der Großen Koalition ab 2005 noch einmal ausgeweitet. Im Zeitraum von 2000 bis 2009 haben Externe an 60 Gesetzes- und Verordnungsentwürfen mitgewirkt. Im Zeitraum von 1990 bis 1999 war nur ein einziges Gesetzesverfahren betroffen. Allein im Jahr 2009 waren Externe an 16 Gesetzen beteiligt, darunter große Wirtschaftskanzleien wie Freshfields, Linklaters, White &Case oder Hengeler Müller.[2]

Aus einer Antwort der Bundesregierung an die Linksfraktion geht hervor, in welchem Ministerium Externe an wie vielen Gesetze mitgewirkt haben.[2] Besonders oft war dies im Bundesministerium für Umwelt der Fall, gefolgt vom Verkehrsministerium und dem Innenministerium. Die Honorare werden ebenfalls aufgelistet. Insgesamt wendeten die Ministerien demnach von 2000 bis 2009 über 6 Millionen Euro für die Mithilfe an Gesetzen durch externe Berater auf. Allerdings sind die Zahlen unvollständig: Nicht öffentlich zugänglich ist, welche Honorare das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesfinanzministerium in dem Zeitraum für das Mitwirken an ihren Gesetzen zahlten.

Nicht immer klar ersichtlich ist zudem, welchen Anteil die beauftragten Organisationen am endgültigen Gesetz hatten. Ob eine ergänzende Beratung stattfand oder das komplette Gesetz entworfen wurde, bleibt häufig nur vage angeführt. So hat beispielsweise die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer am Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom Oktober 2008 und dessen Ergänzung im Februar 2009 und Juli 2009 mitgewirkt. Wie stark das endgültige Gesetz aber letztlich davon beeinflusst wurde bleibt im Unklaren.

In den letzten Jahren ging das Gesetzesoutsourcing zurück. Unter der schwarz-gelben Bundesregierung (2009–2013) wurden zwölf Gesetzes- und Verordnungsentwürfe der Bundesregierung und der obersten Bundesbehörden unter Mithilfe von Externen.

Weiterführende Informationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Die Antwort auf eine umfangreiche Anfrage der FDP listet die verschiedenen Gesetze und Verordnungen auf, an denen Kanzleien mitgeschrieben haben. Die Aufträge wurden alle freihändig vergeben, es gab offensichtlich von Regierungsseite keinerlei Regeln gegen Interessenkonflikte.

Outsourcing in der Finanzkrise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Besonders dramatisch war die Beteiligung externer Anwaltskanzleien bei zentralen Gesetzen zur Bewältigung der Finanzkrise, siehe u.a. Freshfields Bruckhaus Deringer und das Finanzmarktstabilisierungsgesetz.

Weitere Beispiele aus jüngerer Zeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Mitarbeit von Linklaters am Insolvenzrecht 2009

Die MaschmeyerRürup AG und die Familien-Pflegezeit 2010


Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus[Quelltext bearbeiten]

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Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

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            Mit dem '''Outsourcing von Gesetzen'''Mit dem Outsourcing von Gesetzen ist gemeint, dass externe Berater und besonders [[Anwaltskanzleien]] im Auftrag von Bundesregierung oder auch Bundestag Gesetzesentwürfe schreiben. Dieses Outsourcing hat in den letzten Jahren stark zugenommen und ist sehr umstritten. Problematisch sind insbesondere mögliche Interessenkonflikte der Externen und deren fehlende Neutralität, z.B. wenn die Kanzleien zugleich auch für Unternehmen aus der betroffenen Branche arbeiten. Die Erarbeitung von Gesetzen ist eine zentrale hoheitliche Aufgabe, die nicht von interessengeleitete Unternehmen ausgeführt werden sollte. Diese sollte alleine demokratisch legitimierten Institutionen vorbehalten bleiben.
            

            ''→ [[Portal LobbyABC|Überblick LobbyABC: Lobbyismus von A–Z]]''
            

            == Kritik ==
            
            LobbyControl hält Outsourcing von Gesetzen für hoch problematisch. Gesetze müssen von den Ministerien oder dem Parlament selbst entworfen werden. Problematisch sind insbesondere mögliche Interessenkonflikte der Externen und deren fehlende Neutralität, z.B. wenn die Kanzleien zugleich auch für Unternehmen aus der betroffenen Branche arbeiten. Die Erarbeitung von Gesetzen ist eine zentrale hoheitliche Aufgabe, die nicht von interessengeleiteten Unternehmen ausgeführt werden sollte. Diese sollte allein demokratisch legitimierten Institutionen vorbehalten bleiben.
            

            Der Bundesrechnungshof schrieb 2011 in einem Bericht an den Haushaltsausschuss
            

            == Allgemeine Entwicklung ==
            
            Immer häufiger wirken externe Berater und [[Anwaltskanzleien]] an Gesetzen mit. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion zum Thema Mitarbeit von Privaten an Gesetzentwürfen von Oktober 2009.<ref name="anfrage-private">[http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/141/1614133.pdf Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Dr. Barbara Höll, Ulla Lötzer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Mitarbeit von Privaten an Gesetzentwürfen und Arbeitsfähigkeit der Bundesministerien]. Bundestag-Drucksache 16/14133 vom 26.10.2009</ref> Demnach arbeiteten Externe allein im Jahr 2009 an 16 Gesetzen mit. Im Zeitraum von 1990 bis 1999 war es im Vergleich gerade mal ein Gesetz.
            
            Nach einem an den Haushaltsausschuss gerichteten Bericht des Bundesrechungshofs vom Frühjahr 2011 wurden im Zeitaum von 2005 bis 2009 bei 33 von 537 Normgebungsverfahren Aufträge an Externe  vergeben.<ref>Süddeutsche Zeitung vom 2./3. April 2011</ref>
            

            Die Praxis des "Gesetzesoutsourcing" begann unter Rot-Grün und wurde von der Großen Koalition fortgesetzt und ausgebaut. Aus der Antwort der Bundesregierung geht hervor, in welchem Ministerium Externe an wie vielen Gesetze mitgewirkt haben. Besonders oft war dies im Bundesministerium für Umwelt der Fall, gefolgt vom Verkehrsministerium und dem Innenministerium. Die Honorare werden ebenfalls aufgelistet. Insgesamt wendeten die Ministerien demnach von 2000 bis 2009 über 6 Millionen Euro für die Mithilfe an Gesetzen durch externe Berater auf. Allerdings sind die Zahlen unvollständig: Nicht öffentlich zugänglich ist, welche Honorare das [[Bundeswirtschaftsministerium]] und das [[Bundesfinanzministerium]] in den letzten Jahren für das Mitwirken an ihren Gesetzen zahlten. 
            

            Nicht immer klar ersichtlich ist außerdem, welchen Anteil die beauftragten Organisationen am endgültigen Gesetz hatten. Ob eine ergänzende Beratung stattfand oder das komplette Gesetz entworfen wurde, bleibt häufig nur vage angeführt. So hat beispielsweise die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer am Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom Oktober 2008 und dessen Ergänzung im Februar 2009 und Juli 2009 mitgewirkt. Wie stark das endgültige Gesetz aber letztlich davon beeinflusst wurde bleibt im Unklaren.
            

            == Kritik ==
            
            LobbyControl hält diese Entwicklung für hoch problematisch. Gesetze müssen von den Ministerien oder dem Parlament selbst entworfen werden. Kanzleien, die ansonsten für genau die Unternehmen arbeiten, die von den Gesetzen betroffen sind, sind nicht die richtige Adresse, um die verschiedenen gesellschaftlichen Interessen zu berücksichtigen und abzuwägen.
            

            Der Bundesrechnungshof schreibt in seinem an den Haushaltsauschuss gerichteten Bericht, es sei "nicht ohne weiteres nachvollziehbar", warum Bundesministerien "Kernaufgaben" auf externe Berater übertrugen. <ref>Süddeutsche Zeitung vom 2./3. April 2011</ref> Über das Risiko, dass Lobbyisten Einfluss nehmen könnten, dächten die Auftraggeber wohl kaum nach. Es habe kaum Überlegungen zu möglichen Interessenkonflikten oder der Gefahr der Beeinflussung gegeben. Außerdem seien die Aufträge für die Berater mit Stundensätzen zwischen 260 und 500 Euro nicht ausgeschrieben worden. Hinzu kämen Spesen, für die im Beratervertrag aber oft eine Obergrenze fehle. Die Begründung vieler Ministerien, der Beratungsbedarf bei der Arbeit an Gesetzesentwürfen sei dringend und es gebe zu wenig Sachverstand im eigenen Haus, lassen die Rechungsprüfer nicht gelten: "Dass einige Normsetzungsverfahren immer noch nicht abgeschlossen sind, macht deutlich, dass das Argument Dringlichkeit nicht durchweg sachgerecht war."<ref>[http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,754181,00.html Externe Berater Rechnungsprüfer kritisieren Leichtferigkeit der Ministerien,Spiegel vom 31. März 2011], Website Spiegel, abgerufen am 2.4.2011</ref>
        

        == Entwicklung ==
            
            Das Outsourcing von Gesetzen begann in größerem Umfang ab 2000 unter Rot-Grün und wurde von der Großen Koalition ab 2005 noch einmal ausgeweitet. Im Zeitraum von 2000 bis 2009 haben Externe an 60 Gesetzes- und Verordnungsentwürfen mitgewirkt. Im Zeitraum von 1990 bis 1999 war nur ein einziges Gesetzesverfahren betroffen. Allein im Jahr 2009 waren Externe an 16 Gesetzen beteiligt, darunter große Wirtschaftskanzleien wie [[Freshfields Bruckhaus Deringer|Freshfields]], [[Linklaters]], [[White &Case]] oder [[Hengeler Müller]].<ref name="anfrage-private">[http://dip21Weitere Daten aus Regierungsdokumenten=
            
            * Die [http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/125/1612547.pdf Antwort] auf eine [http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/121/1612172.pdf umfangreiche Anfrage der FDP] listet die verschiedenen Gesetze und Verordnungen auf, an denen Kanzleien mitgeschrieben haben. Die Aufträge wurden alle freihändig vergeben, es gab offensichtlich von Regierungsseite keinerlei Regeln gegen Interessenkonflikte. 
            

            * Aufstellung der externen Berater in der 16. Wahlperiode in zwei Bundestags-Drucksachen:
            
            ** [http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/141/1614133133/1613332.pdf Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Mitarbeit von Privaten an Gesetzentwürfen und Arbeitsfähigkeit der Bundesministerien]. Bundestag-Drucksache 16/14133 vom 26.10.2009</ref>
            

            Aus einer Antwort der Bundesregierung an die Linksfraktion geht hervor, in welchem Ministerium Externe an wie vielen Gesetze mitgewirkt haben.<ref name="anfrage-private"/> Besonders oft war dies im Bundesministerium für Umwelt der Fall, gefolgt vom Verkehrsministerium und dem Innenministerium. Die Honorare werden ebenfalls aufgelistet. Insgesamt wendeten die Ministerien demnach von 2000 bis 2009 über 6 Millionen Euro für die Mithilfe an Gesetzen durch externe Berater auf. Allerdings sind die Zahlen unvollständig: Nicht öffentlich zugänglich ist, welche Honorare das [[Bundeswirtschaftsministerium]] und das [[Bundesfinanzministerium]] in dem Zeitraum für das Mitwirken an ihren Gesetzen zahlten. 
            

            Nicht immer klar ersichtlich ist zudem, welchen Anteil die beauftragten Organisationen am endgültigen Gesetz hatten. Ob eine ergänzende Beratung stattfand oder das komplette Gesetz entworfen wurde, bleibt häufig nur vage angeführt. So hat beispielsweise die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer am Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom Oktober 2008 und dessen Ergänzung im Februar 2009 und Juli 2009 mitgewirkt. Wie stark das endgültige Gesetz aber letztlich davon beeinflusst wurde bleibt im Unklaren.
            

            In den letzten Jahren ging das Gesetzesoutsourcing zurück. Unter der schwarz-gelben Bundesregierung (2009–2013) wurden zwölf Gesetzes- und Verordnungsentwürfe der Bundesregierung und der obersten Bundesbehörden unter Mithilfe von Externen.
            

            == Weiterführende Informationen ==
            
            * [[Portal LobbyABC|Überblick LobbyABC: Lobbyismus von A–Z]] 
            
Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 8. Juni 2009 eingegangenen Antworten der Bundesregierung], ab S. 15. Frage von Rainer Brüderle (FDP): Beteiligte Beratungsinstitutionen an der Gesetzgebung in der 16. Wahlperiode, Vergabebedingungen sowie jeweils erbrachte Leistungen
            
            **[http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/121/1612182.pdf Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 2. März 2009 eingegangenen Antworten der Bundesregierung], ab S.17. Frage von Neskovic, Wolfgang (DIE LINKE): Beteiligung externer Mitarbeiter oberster Bundesbehörden in der 16. Legislaturperiode an der Erarbeitung von Gesetzentwürfen und gezahlte Honorare  
            
            *[http://dip.bundestag.de/btd/17/062/1706216.pdf Antwort der Bundesregierung (pdf)] auf kleine Anfrage der Linke-Fraktion, u.a. zum Einsatz externer Berater im BMZ vom 10.06.2011, S. 3f.
            

            == Outsourcing in der Finanzkrise ==
            

            Besonders dramatisch war die Beteiligung externer [[Anwaltskanzleien]] bei zentralen Gesetzen zur Bewältigung der Finanzkrise, siehe u.a. [[Freshfields Bruckhaus Deringer]] und das [[Finanzmarktstabilisierungsgesetz]]. 
            

            == Weitere Beispiele aus jüngerer Zeit ==
            

            Die Mitarbeit von Linklaters am Insolvenzrecht 2009
            

            Die MaschmeyerRürup AG und die Familien-Pflegezeit 2010
            
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        ==Einzelnachweise==
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        [[Kategorie:Finanzlobby]]
        
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Mit dem Outsourcing von Gesetzen ist gemeint, dass externe Berater und besonders [[Anwaltskanzleien]] im Auftrag von Bundesregierung oder auch Bundestag Gesetzesentwürfe schreiben. Dieses Outsourcing hat in den letzten Jahren stark zugenommen und ist sehr umstritten. Problematisch sind insbesondere mögliche Interessenkonflikte der Externen und deren fehlende Neutralität, z.B. wenn die Kanzleien zugleich auch für Unternehmen aus der betroffenen Branche arbeiten.  
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[[Datei:LobbyABC.png|right|alt=Banner LobbyABC|link=https://lobbypedia.de/wiki/Portal_LobbyABC|180px]]
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Mit dem '''Outsourcing von Gesetzen''' ist gemeint, dass externe Berater und besonders [[Anwaltskanzleien]] im Auftrag von Bundesregierung oder auch Bundestag Gesetzesentwürfe schreiben. Problematisch sind insbesondere mögliche Interessenkonflikte der Externen und deren fehlende Neutralität, z.B. wenn die Kanzleien zugleich auch für Unternehmen aus der betroffenen Branche arbeiten. Die Erarbeitung von Gesetzen ist eine zentrale hoheitliche Aufgabe, die nicht von interessengeleitete Unternehmen ausgeführt werden sollte. Diese sollte alleine demokratisch legitimierten Institutionen vorbehalten bleiben.
   
== Allgemeine Entwicklung ==
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''→ [[Portal LobbyABC|Überblick LobbyABC: Lobbyismus von A–Z]]''
Immer häufiger wirken externe Berater und [[Anwaltskanzleien]] an Gesetzen mit. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion zum Thema Mitarbeit von Privaten an Gesetzentwürfen von Oktober 2009.<ref name="anfrage-private">[http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/141/1614133.pdf Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Dr. Barbara Höll, Ulla Lötzer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Mitarbeit von Privaten an Gesetzentwürfen und Arbeitsfähigkeit der Bundesministerien]. Bundestag-Drucksache 16/14133 vom 26.10.2009</ref> Demnach arbeiteten Externe allein im Jahr 2009 an 16 Gesetzen mit. Im Zeitraum von 1990 bis 1999 war es im Vergleich gerade mal ein Gesetz.
 
Nach einem an den Haushaltsausschuss gerichteten Bericht des Bundesrechungshofs vom Frühjahr 2011 wurden im Zeitaum von 2005 bis 2009 bei 33 von 537 Normgebungsverfahren Aufträge an Externe  vergeben.<ref>Süddeutsche Zeitung vom 2./3. April 2011</ref>
 
 
 
Die Praxis des "Gesetzesoutsourcing" begann unter Rot-Grün und wurde von der Großen Koalition fortgesetzt und ausgebaut. Aus der Antwort der Bundesregierung geht hervor, in welchem Ministerium Externe an wie vielen Gesetze mitgewirkt haben. Besonders oft war dies im Bundesministerium für Umwelt der Fall, gefolgt vom Verkehrsministerium und dem Innenministerium. Die Honorare werden ebenfalls aufgelistet. Insgesamt wendeten die Ministerien demnach von 2000 bis 2009 über 6 Millionen Euro für die Mithilfe an Gesetzen durch externe Berater auf. Allerdings sind die Zahlen unvollständig: Nicht öffentlich zugänglich ist, welche Honorare das [[Bundeswirtschaftsministerium]] und das [[Bundesfinanzministerium]] in den letzten Jahren für das Mitwirken an ihren Gesetzen zahlten.
 
 
 
Nicht immer klar ersichtlich ist außerdem, welchen Anteil die beauftragten Organisationen am endgültigen Gesetz hatten. Ob eine ergänzende Beratung stattfand oder das komplette Gesetz entworfen wurde, bleibt häufig nur vage angeführt. So hat beispielsweise die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer am Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom Oktober 2008 und dessen Ergänzung im Februar 2009 und Juli 2009 mitgewirkt. Wie stark das endgültige Gesetz aber letztlich davon beeinflusst wurde bleibt im Unklaren.
 
   
 
== Kritik ==
 
== Kritik ==
LobbyControl hält diese Entwicklung für hoch problematisch. Gesetze müssen von den Ministerien oder dem Parlament selbst entworfen werden. Kanzleien, die ansonsten für genau die Unternehmen arbeiten, die von den Gesetzen betroffen sind, sind nicht die richtige Adresse, um die verschiedenen gesellschaftlichen Interessen zu berücksichtigen und abzuwägen.
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LobbyControl hält Outsourcing von Gesetzen für hoch problematisch. Gesetze müssen von den Ministerien oder dem Parlament selbst entworfen werden. Problematisch sind insbesondere mögliche Interessenkonflikte der Externen und deren fehlende Neutralität, z.B. wenn die Kanzleien zugleich auch für Unternehmen aus der betroffenen Branche arbeiten. Die Erarbeitung von Gesetzen ist eine zentrale hoheitliche Aufgabe, die nicht von interessengeleiteten Unternehmen ausgeführt werden sollte. Diese sollte allein demokratisch legitimierten Institutionen vorbehalten bleiben.
 
 
Der Bundesrechnungshof schreibt in seinem an den Haushaltsauschuss gerichteten Bericht, es sei "nicht ohne weiteres nachvollziehbar", warum Bundesministerien "Kernaufgaben" auf externe Berater übertrugen.<ref>Süddeutsche Zeitung vom 2./3. April 2011</ref> Über das Risiko, dass Lobbyisten Einfluss nehmen könnten, dächten die Auftraggeber wohl kaum nach. Es habe kaum Überlegungen zu möglichen Interessenkonflikten oder der Gefahr der Beeinflussung gegeben. Außerdem seien die Aufträge für die Berater mit Stundensätzen zwischen 260 und 500 Euro nicht ausgeschrieben worden. Hinzu kämen Spesen, für die im Beratervertrag aber oft eine Obergrenze fehle. Die Begründung vieler Ministerien, der Beratungsbedarf bei der Arbeit an Gesetzesentwürfen sei dringend und es gebe zu wenig Sachverstand im eigenen Haus, lassen die Rechungsprüfer nicht gelten: "Dass einige Normsetzungsverfahren immer noch nicht abgeschlossen sind, macht deutlich, dass das Argument Dringlichkeit nicht durchweg sachgerecht war."<ref>[http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,754181,00.html Externe Berater Rechnungsprüfer kritisieren Leichtferigkeit der Ministerien,Spiegel vom 31. März 2011], Website Spiegel, abgerufen am 2.4.2011</ref>
 
 
 
=Weitere Daten aus Regierungsdokumenten=
 
* Die [http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/125/1612547.pdf Antwort] auf eine [http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/121/1612172.pdf umfangreiche Anfrage der FDP] listet die verschiedenen Gesetze und Verordnungen auf, an denen Kanzleien mitgeschrieben haben. Die Aufträge wurden alle freihändig vergeben, es gab offensichtlich von Regierungsseite keinerlei Regeln gegen Interessenkonflikte.
 
 
 
* Aufstellung der externen Berater in der 16. Wahlperiode in zwei Bundestags-Drucksachen:
 
** [http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/133/1613332.pdf Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 8. Juni 2009 eingegangenen Antworten der Bundesregierung], ab S. 15. Frage von Rainer Brüderle (FDP): Beteiligte Beratungsinstitutionen an der Gesetzgebung in der 16. Wahlperiode, Vergabebedingungen sowie jeweils erbrachte Leistungen
 
**[http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/121/1612182.pdf Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 2. März 2009 eingegangenen Antworten der Bundesregierung], ab S.17. Frage von Neskovic, Wolfgang (DIE LINKE): Beteiligung externer Mitarbeiter oberster Bundesbehörden in der 16. Legislaturperiode an der Erarbeitung von Gesetzentwürfen und gezahlte Honorare 
 
*[http://dip.bundestag.de/btd/17/062/1706216.pdf Antwort der Bundesregierung (pdf)] auf kleine Anfrage der Linke-Fraktion, u.a. zum Einsatz externer Berater im BMZ vom 10.06.2011, S. 3f.
 
   
== Outsourcing in der Finanzkrise ==
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Der Bundesrechnungshof schrieb 2011 in einem Bericht an den Haushaltsausschuss, es sei "nicht ohne weiteres nachvollziehbar", warum Bundesministerien "Kernaufgaben" auf externe Berater übertrugen. Über das Risiko, dass Lobbyisten Einfluss nehmen könnten, dächten die Auftraggeber wohl kaum nach. Es habe kaum Überlegungen zu möglichen Interessenkonflikten oder der Gefahr der Beeinflussung gegeben. Außerdem seien die Aufträge für die Berater mit Stundensätzen zwischen 260 und 500 Euro nicht ausgeschrieben worden. Hinzu kämen Spesen, für die im Beratervertrag aber oft eine Obergrenze fehle. Die Begründung vieler Ministerien, der Beratungsbedarf bei der Arbeit an Gesetzesentwürfen sei dringend und es gebe zu wenig Sachverstand im eigenen Haus, lassen die Rechungsprüfer nicht gelten: "Dass einige Normsetzungsverfahren immer noch nicht abgeschlossen sind, macht deutlich, dass das Argument Dringlichkeit nicht durchweg sachgerecht war."<ref>[http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,754181,00.html Externe Berater Rechnungsprüfer kritisieren Leichtferigkeit der Ministerien,Spiegel vom 31. März 2011], Website Spiegel, abgerufen am 2.4.2011</ref>
   
Besonders dramatisch war die Beteiligung externer [[Anwaltskanzleien]] bei zentralen Gesetzen zur Bewältigung der Finanzkrise, siehe u.a. [[Freshfields Bruckhaus Deringer]] und das [[Finanzmarktstabilisierungsgesetz]].  
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== Entwicklung ==
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Das Outsourcing von Gesetzen begann in größerem Umfang ab 2000 unter Rot-Grün und wurde von der Großen Koalition ab 2005 noch einmal ausgeweitet. Im Zeitraum von 2000 bis 2009 haben Externe an 60 Gesetzes- und Verordnungsentwürfen mitgewirkt. Im Zeitraum von 1990 bis 1999 war nur ein einziges Gesetzesverfahren betroffen. Allein im Jahr 2009 waren Externe an 16 Gesetzen beteiligt, darunter große Wirtschaftskanzleien wie [[Freshfields Bruckhaus Deringer|Freshfields]], [[Linklaters]], [[White &Case]] oder [[Hengeler Müller]].<ref name="anfrage-private">[http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/141/1614133.pdf Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Mitarbeit von Privaten an Gesetzentwürfen und Arbeitsfähigkeit der Bundesministerien]. Bundestag-Drucksache 16/14133 vom 26.10.2009</ref>
   
== Weitere Beispiele aus jüngerer Zeit ==
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Aus einer Antwort der Bundesregierung an die Linksfraktion geht hervor, in welchem Ministerium Externe an wie vielen Gesetze mitgewirkt haben.<ref name="anfrage-private"/> Besonders oft war dies im Bundesministerium für Umwelt der Fall, gefolgt vom Verkehrsministerium und dem Innenministerium. Die Honorare werden ebenfalls aufgelistet. Insgesamt wendeten die Ministerien demnach von 2000 bis 2009 über 6 Millionen Euro für die Mithilfe an Gesetzen durch externe Berater auf. Allerdings sind die Zahlen unvollständig: Nicht öffentlich zugänglich ist, welche Honorare das [[Bundeswirtschaftsministerium]] und das [[Bundesfinanzministerium]] in dem Zeitraum für das Mitwirken an ihren Gesetzen zahlten.
   
Die Mitarbeit von Linklaters am Insolvenzrecht 2009
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Nicht immer klar ersichtlich ist zudem, welchen Anteil die beauftragten Organisationen am endgültigen Gesetz hatten. Ob eine ergänzende Beratung stattfand oder das komplette Gesetz entworfen wurde, bleibt häufig nur vage angeführt. So hat beispielsweise die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer am Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom Oktober 2008 und dessen Ergänzung im Februar 2009 und Juli 2009 mitgewirkt. Wie stark das endgültige Gesetz aber letztlich davon beeinflusst wurde bleibt im Unklaren.
   
Die MaschmeyerRürup AG und die Familien-Pflegezeit 2010
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In den letzten Jahren ging das Gesetzesoutsourcing zurück. Unter der schwarz-gelben Bundesregierung (2009–2013) wurden zwölf Gesetzes- und Verordnungsentwürfe der Bundesregierung und der obersten Bundesbehörden unter Mithilfe von Externen.
   
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== Weiterführende Informationen ==
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* [[Portal LobbyABC|Überblick LobbyABC: Lobbyismus von A–Z]]
   
 
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