Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten
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Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten | |
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Rechtsform | e.V. |
Tätigkeitsbereich | |
Gründungsdatum | 21.9.2016 |
Hauptsitz | Stuttgart |
Lobbybüro | |
Lobbybüro EU | |
Webadresse | rechtundfreiheit.de |
Der Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten organisiert im großen Umfang Wahlwerbung für die AfD, deren Finanzierung intransparent bleibt. Dazu gehören Zeitungen mit Wahlempfehlungen für die AfD („Extrablatt“), Großplakate, Google-Anzeigen und Videos. Die indirekte Wahlwerbung über den Verein umgeht die Transparenzregeln des Parteienrechts. Bis heute bleiben die Finanziers im Dunkeln.
Die verdeckte Wahlwerbung begann bei den Landtagswahlen in Rheinland Pfalz und Baden-Württemberg im Jahr 2016, seitdem war der Verein bei jeder Landtagswahl aktiv. Damals trat als Organisator eine „Vereinigung zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ auf.[1] Im September 2016 wurde dann der Verein in Stuttgart gegründet.[2] Der Verein hat bis heute nur eine Briefkasten-Adresse. Wer den Verein wirklich steuert und die bisherigen Ansprechpartner ausgewählt hat, bleibt dubios.
Für die Parteien gilt das Transparenzgebot des Grundgesetz, dass die Parteien "über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben" müssen (Artikel 21). Im Parteiengesetz ist Wahlwerbung über Dritte aber nicht erfasst. Dadurch bleiben in diesem Fall die Verbindungen zu Großspendern für die Wählerinnen und Wähler nicht sichtbar. LobbyControl fordert, dass Wahlwerbung durch Dritte ähnlichen Transparenzregeln wie direkte Parteispenden unterliegen soll.[3]
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Erstmals in Erscheinung trat der Verein Anfang 2016, als er vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg auf großen Wahlplakaten zur Wahl der AfD aufrief.[4] Zudem ließ er ein sogenanntes „Extrablatt“ verteilen, das für die AfD warb.[1] Das Extrablatt ähnelt der Zeitung „Extrablatt“ der schweizerischen Volkspartei (SVP).[5] Inhalt dieser Zeitung waren Kritik an der Flüchtlingspolitik und der Euro-Rettung. Die Landesverbände gaben jeweils an, von dieser Aktion nicht gewusst zu haben und nicht beteiligt gewesen zu sein, Interviews mit den jeweiligen Spitzenkandidaten Jörg Meuthen (Baden-Württemberg) und Uwe Junge (Rheinland-Pfalz) in den Zeitungen stellen diese Behauptungen jedoch infrage.[1]
Als Vertreter der Vereinigung trat damals Josef Konrad auf, AfD-Mitglied im Bezirksverband Oberfranken und Geschäftsführer der Polifakt Medien GmbH mit Sitz in Leipzig, die für die AfD Publikationen, Werbe- und Wahlkampfmaterialien anbietet.[6] Konrad sagte dem Spiegel, hinter der Vereinigung stünden rund zwölf "besorgte Bürgerinnen und Bürger", die die AfD als "eine konservative Opposition zur herrschenden Politik im Land stärken" wollten.[7] Die Namen hielt er geheim.
Seitdem trat die Vereinigung bei allen Landtagswahlen mit Wahlwerbung zugunsten der AfD in Erscheinung. Diese präsentierte sich öffentlich zeitweise als „e.V.“, ohne tatsächlich im Vereinsregister eingetragen zu sein.[8] Am 21. September 2016 wurde offiziell ein „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ gegründet.[2]
Organisationsstruktur, Personal und Verbindungen
Der Ansprechpartner der Vereinigung bzw. des Vereins nach außen wechselte mehrfach. Dabei bleibt unklar, welche Rolle diese Ansprechpartner tatsächlich hatten und wer tatsächlich die Wahlwerbung organisierte und finanzierte. Immer mehr Puzzlestücke zeigen inzwischen, dass dabei die Schweizer PR-Agentur Goal AG eine wichtige Rolle spielt.
Die aktuelle Vereins-Struktur
Die Gründungsmitglieder des Vereins[2]:
- David Bendels (Vorsitzender), Lichtenfels (Oberfranken): ehemaliges CSU-Mitglied; er iniitierte die konservative Gruppe „Konservativer Aufbruch“ in der CSU und trat 2016 aus der CSU aus, nachdem die CSU-Führung ihn dazu gedrängt hatte, einen Termin mit der AfD in Hessen abzusagen.[9]
- Karl Dittel und Barbara Hankel aus Stuttgart, Maria Johannson aus Rheinbreitbach, Jutta Müller aus Konstanz und Hans und Rotraud Strobach, Sonthofen
Bendels vertritt den Verein als einziger nach außen. Die Rolle der anderen Vereinsmitglieder ist unklar.
Als Rechtsberater und Moderator war bei der Gründungsversammlung der Rechtsanwalt Rolf Schlierer dabei. [2]Er saß von 1992-2001 für die (rechtsextremen) Republikaner im Landtag Baden-Württemberg und war von 1994 bis 2014 Bundesvorsitzender der Republikaner. Schlierer war laut der Wochenzeitung Kontext auch bei der ersten Veranstaltung des Vereins gemeinsam mit dem Studienzentrum Weikersheim im März anwesend.[10]
Der Verein gibt eine Adresse in Stuttgart an. Allerdings handelt es sich dabei nur um eine Briefkasten-Adresse, die von einer Office Management-Firma betreut wird. Diese leitet laut Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung alle Post ungeöffnet weiter an „ein Postfach in der Schweiz, in Andelfingen“. Auch die Goal AG hat dort ein Postfach.[11] Es gibt die Vermutung, dass die Korrespondenz des Vereins in Wirklichkeit von der Goal AG betreut wird. Bendels bestreitet dies: die Post und die E-Mails würden an ihn weiter geleitet.[12].
Die Vorläufer-Vereinigung und ihre Vertreter nach außen
1) Josef Konrad
Der erste Ansprechpartner der Vereinigung war Josef Konrad, selbst AfD-Mitglied und Anfang 2016 noch ehemals stellvertretender AfD-Schatzmeister in Oberfranken.[13] Konrad hat insgesamt enge Verbindungen zur AfD in Bayern und in Sachsen. Laut Focus hatte Konrad auch Mail-Kontakt zu Frauke Petry.[14]
Konrad ist Geschäftsführer bei der Polifakt Medien GmbH in Leipzig.[15] Die Firma bietet über die Webseite „meine-alternative.de“ für die AfD Publikationen, Werbe- und Wahlkampfmaterialien an. In einem Rundbrief der AfD-Sachsen wurde „meine-alternative.de“ zu den eigenen Online-Plattformen gezählt („Bitte informieren Sie sich auch auf unseren Online-Plattformen: … www.meine-alternative.de … Impressum: V.i.S.d.P.: Dr. Frauke Petry für den Vorstand der AfD Sachsen“).[16]
Außerdem betreibt Polifakt ein Online-Magazin und gab mehrfach eine Zeitschrift Polifakt als innerparteiliches Medium für die AfD heraus. In der Auseinandersetzung mit Lucke schlug sich Polifakt auf die Seite des Petry-Lagers und machte mit einer Sonderausgabe zum Essener Parteitag 2015 Stimmung gegen Lucke. Konrad war damals auch an der Webseite „Wir halten Kurs“ beteiligt, die Stimmen aus der AfD gegen Lucke sammelte. Daran waren auch der heutige Landesvorsitzende der AfD Bayern, Petr Bystron, und weitere bayerische AfD-Leute beteiligt. Bystron beschrieb im Juni 2016 zudem, dass er mit Konrad zusammen eine Gegen-Anzeige zu einer Anzeige des Autoverleihs Sixt (mit Gauland) erstellt habe: „Die Anzeige wurde bei der AfD inhouse entwickelt. Kreation und Text: Petr Bystron, Art-Direction Josef Konrad.“[17] Die Formulierung „AfD inhouse“ zeigt, dass Bystron Konrad als Teil der AfD und der AfD-Kommunikation sieht.
Konrad hörte bereits Ende April 2016 auf, die Vereinigung nach außen zu vertreten.[18]
2) Michael Paulwitz
Nach Konrad übernahm Michael Paulwitz die Außenvertretung des Vereins. Paulwitz war Mitglied der Partei „Die Republikaner“[8] und Mitarbeiter von deren ehemaligem Bundesvorstand Rolf Schlierer.[19] Er ist freiberuflicher PR-Berater und schreibt für die rechte „Junge Freiheit“. Früher war er studentische Hilfskraft bei der neu-rechten Zeitschrift Criticon. Daher kennt er wichtige Figuren der neuen Rechten wie Caspar von Schrenck-Notzing und Armin Mohler.[20] Caspar von Schrenck-Notzing gehört zu den Initiatoren der Bibliothek des Konservatismus, die auch von dem AfD-Großspender Folkard Edler unterstützt wird.[21]
Fazit
Die mehrfachen Wechsel der Ansprechpartner werfen Fragen nach deren Rolle auf. Sie sind offensichtlich nicht die eigentlichen Initiatoren der Vereinigung. So sagte Konrad, er fungiere nur als Ansprechpartner. Auch der Name Extrablatt stamme nicht von ihm, sondern sei der Wunsch der auftraggebenden Vereinigung gewesen.[22]
Paulwitz sagte dem Tagesspiegel, er könne zum "Extrablatt" keine Aussagen machen, da er "mit der Redaktion nicht befasst war". Im Impressum der Webseite des Vereins sei er als Kontakt aufgeführt, da er diese "beratend unterstützt habe".[5] Wer wirklich hinter der Gründung der Vereinigung steckt, bleibt unklar. Bemerkenswert ist allerdings die Rolle der Schweizer PR-Agentur Goal AG.
Verbindung zur Agentur Goal AG aus der Schweiz
Die Schweizer PR-Firma Goal AG taucht immer wieder bei den Aktivitäten des Vereins auf. Sie buchte für die Wahlkämpfe in MV und Berlin Plakatwände für den Verein[23] und kaufte Fotos, die für die Extrablätter verwendet wurden.[24] Alexander Segert, Chef des Unternehmens, nahm auch bei der ersten Veranstaltung des Vereins zur Erhaltung der Rechststaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten teil, seine Firma charterte sogar das Boot, mit dem die Gäste über die Spree fuhren und der Rede des ehemaligen tschechischen Ministerpräsidenten Vaclav Klaus folgten. Beide Seiten äußerten sich zu den Mutmaßungen der offensichtlichen Zusammenarbeit jedoch nicht.[23] Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtete jüngst, dass auch bei einem Treffen des Vereins mit dem Studienzentrum Weikersheim wohl ein Vertreter eines Schweizer PR-Büros anwesend gewesen sei.[25] Segert trat auch als (Ersatz-)Referent bei einem Schulungsseminar für AfD-Politiker auf, das Josef Konrad im November 2016 organisierte.[26]
Die Agentur trat bereits durch Kampagnen für die FPÖ in Österreich und die SVP in der Schweiz in Erscheinung. Von der SVP hat die Agentur große Barzahlungen erhalten.[27] Außerdem hat sie Verbindungen zu der Fraktion der rechtspopulistischen Parteien im Europaparlament. Eine Recherche des freien Bloggers Florian Wagner zeigt, dass die Goal AG die Domain »menf.org« angemeldet hat. »MENF« steht für »Movement for a Europe of Nations and Freedom«, die europäische politische Partei, in der sich Front National, FPÖ, Lega Nord und Vlaams Belang zusammengeschlossen haben. Außerdem betreut Segerts Firma die Webseite der Stiftung »FENL - Foundation for a Europe of Nations and Freedom«. Diese gehört zur Fraktion »ENF – Europe of Nations and Freedom« im Europaparlament, der auch Markus Pretzell von der AfD angehört. Beiträge der Seite werden laut Wagners Analyse von einem Autor mit dem Namen »goal-fen1-adm1n« erstellt.
Außerdem liegt eine Subdomain der Stiftung FENL auf dem selben Server wie die Webseite des Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten. Laut Wagner handelt es sich bei dem von der Hetzner Online AG gehosteten Server um einen dedizierten Server, d.h. es ist so gut wie ausgeschlossen, dass die beiden Domains zufällig auf derselben Maschine liegen.[28] Auch die Webseite der Goal AG wird von der Hetzner Online AG gehostet.[29] Diese Verbindungen legen nahe, dass die Webseite von der Goal AG betreut wird. Nachdem am 24. April 2017 die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung über diese Verbindungen berichtete, wurde die Webseite des Vereins auf einen kanadischen Server verlegt.[30] Das wirft die Frage auf, ob damit die Spuren zur Goal AG verwischt werden sollen.
Gegenüber LobbyControl bestätigte Segert am 10. Mai, dass die Goal AG den Verein beim „Konzept für das Projekt ‚Hoftrompete’“ und „bei der Planung sowie beim Aufbau der Vereinswebsite unterstützt“ habe. Am gleichen Tag war eine Frau bei einer Veranstaltung des Vereins in Kölkn anwesend, die nach LobbyControl-Erkenntnissen bei der Goal AG arbeitete und dort eventuell immer noch beschäftigt ist.
Intransparente Finanzen
Die Vereinigung wurde durch anonyme Großspender angeschoben. Sie konnte aus dem Stand mehrere hunderttausend Euro für Wahlwerbung in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ausgeben, ohne vorher jemals in Erscheinung getreten zu sein. Im März 2016 sagte der damalige Repräsentant der Vereinigung, Josef Konrad, dem Spiegel, dass hinter der Vereinigung rund zwölf "besorgte Bürgerinnen und Bürger" stünden, die die AfD als "eine konservative Opposition zur herrschenden Politik im Land stärken" wollten.[31]
Im Herbst 2016 tat der Verein so, als werbe er Spenden von Unterstützern ein. Dabei verfügte er damals noch nicht einmal über ein Konto, wie Focus-Recherchen zeigten.[32] In ein Spenden-Formular im Internet konnten Name, Email-Adresse und Wunschbetrag eingegeben werden. Wenn man dies tat, wurden aber keine Spenden eingezogen oder Zahlungsaufforderungen verschickt. Zudem versprach die Vereinigung im „Extrablatt“, Spendenbescheinigungen auszustellen, obwohl sie über die dafür notwendige Anerkennung des Finanzamtes gar nicht verfügte. Das war zumindest irreführend. Es legt zudem den Eindruck nahe, dass es für die Vereinigung mehr um die Erweckung des Anscheins einer spendenbasierten Organisation ging als um das reale Einwerben von (kleinen) Spenden.
Ende April/ Anfang Mai 2017 behauptet der Verein, er werde über zahlreiche Spenden von 14.000 Unterstützern finanziert. Das ist in verschiedener Sicht fragwürdig:
1) Den Kern der sogenannten „Unterstützer“ bilden die Unterzeichner des Manifests des Vereins. Wenn man das Manifest unterschreibt, heißt es auf der Webseite aber ausdrücklich, dass sich die Unterstützung nur auf den Aufruf beziehe und nicht auf weitere Aktionen des Vereins.[33] Es ist insofern nicht richtig, wenn der Verein diese Unterzeichner nach außen generell als Unterstützer des Vereins bezeichnet. Es handelt sich erstmal nur um Personen, deren Email-Adressen der Verein hat und die er damit anschreiben kann.
2) Die Zahl von 14.000 angeblichen „Unterstützern“ erscheint fraglich. Es ist auffällig, dass der Verein nach außen rasch steigende „Unterstützer“-Zahlen präsentiert, aber die Zahl der Unterschriften unter das Manifest nur sehr langsam steigt. Mitte März waren es 8095 Unterschriften und der Verein sprach insgesamt von 10.000 „Unterstützern“.[34] Bis zum 24. April stieg die Zahl der Unterschriften nur auf 8.133 (plus 38).[35] Der Verein präsentierte aber nach außen auf einmal 14.000 angebliche „Unterstützer“.[36] Natürlich können sich einzelne „Unterstützer“ auch per E-Mail oder Social Media bei dem Verein melden. Aber die große Differenz im Wachstum von Unterzeichnungen und „Unterstützern“ erscheint nicht plausibel.
3) Außerdem muss man bedenken, dass die Spendenquoten bei E-Mailings sehr niedrig sind. Normalerweise kann man mit einem Rücklauf im Promillebereich rechnen.[37] Natürlich sind dabei Abweichungen möglich. Aber es ist unwahrscheinlich, dass sich aus 8.000 bis 14.000 Mail-Adressen Spenden von mehreren Hunderttausend Euro ergeben, die für die aktuelle Wahlwerbung des Vereins schätzungsweise nötig sind.
Der Verein sagt selbst, dass es Großspenden gibt.[38] Er verweigert aber die Antwort auf die Frage, welchen prozentualen Anteil Großspenden über 10.000 Euro an der Finanzierung haben.[39] So bleibt die Zusammensetzung der Finanzierung bis heute intransparent. Es ist nur klar, dass Großspender bei der Finanzierung der Wahlwerbung für die AfD eine wichtige Rolle gespielt haben. Um wen es sich dabei handelt, bleibt im Verborgenen.
Fallbeispiele und Kritik
Umgehung der Transparenzregeln für Parteien
Die kostenintensiven Plakat- und Zeitungsaktionen, die klar dem Ziel der Wahlhilfe für die AfD verschrieben sind, werfen parteienrechtliche Fragen auf.[40] So lagen die Kosten für Druck und Versand allein der Extrablätter für Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg bei über einer Million Euro, schätzt der Nordkurier.[41] Hinzu kommt die große Anzahl an Großflächenplakaten, deren Kosten die Bild-Zeitung auf bis zu 1200 Euro pro Stück schätzte.[1] Insgesamt dürfte sich der Geldwert der Maßnahmen in inzwischen sieben Wahlkämpfen auf mehrere Millionen Euro belaufen.
Summen in dieser Größenordnung sind – zumal bei einer ganz neuen Organisation ohne Massenbasis – nicht ohne Großspender zusammen zu bekommen. Parteien sind verpflichtet, die Herkunft von Großspenden offenzulegen. Sie dürfen laut Parteiengesetz anonyme Spenden nur bis maximal 500 Euro annehmen. Großspenden über 50.000 Euro müssen umgehend mit Namen der Spender veröffentlicht werden, Spenden über 10.000 Euro im jährlichen Rechenschaftsbericht der Partei (siehe Parteispenden). Im Unterschied zu Parteien müssen Vereine ihre Spender nicht offen legen.
Mit der Finanzierung von Wahlkampfmaterial über den Verein nutzen die Gönner der AfD eine juristische Grauzone, in der sie anonym bleiben können. Diese Form der Wahlkampfunterstützung wird von den Transparenzvorschriften des Parteiengesetzes nicht eindeutig geregelt.
Bendels bestätigte in der Jungen Freiheit ausdrücklich, der Verein sei „Adressat für Finanziers“, die die AfD „fördern, aber aus geschäftlichen Gründen nicht namentlich mit ihr in Verbindung gebracht werden wollen“.[42] Der Verein räumt damit selbst ein, dass er Großspendern die Möglichkeit bietet, die Transparenzregeln des Parteiengesetzes zu umgehen.
Nach der derzeitigen Fassung des Parteiengesetzes wären die Wahlkampfhilfen nur dann als Parteispende an die AfD zu werten, wenn die AfD bei der Planung oder Organisation der Maßnahmen involviert war, d. h. Absprachen mit dem Verein getroffen hat etwa darüber, welche Plakate veröffentlicht werden oder wann das „Extrablatt“ verbreitet wird. Sowohl die AfD als auch der Verein leugnen solche Absprachen. Würden Absprachen zwischen dem Verein und der AfD nachgewiesen, müsste die AfD eine hohe Geldstrafe zahlen. Die Bundestagsverwaltung als aufsichtführende Behörde hat jedoch bislang keine rechtliche Befugnis für echte Ermittlungen.[3]
Verbindungen zur AfD
Der Verein und die AfD behaupten, voneinander unabhängig zu sein; jegliche PR-Kampagnen zugunsten der AfD seien ohne Absprache mit der Partei entstanden. Die vorgebliche Parteiunabhängigkeit ermöglicht dem Verein, die AfD indirekt zu finanzieren, ohne die Identität der Geldgeber offenzulegen. Doch die Verflechtung ist immens.
So veröffentlichte das „Extrablatt“ in Baden Württemberg und Rheinland-Pfalz Interviews mit den jeweiligen Spitzenkandidaten der AfD-Landesverbände – die spätere Behauptung der Politiker, den Verein und dessen Aktivitäten nicht zu kennen, kann kaum als glaubwürdig gelten.[1] Der Vereinsvorsitzende David Bendels teilte sich beim politischen Aschermittwoch der AfD in Sindelfingen das Podium mit AfD-Bundesvorstand Alice Weidel. Beim Neujahrsempfang der hessischen AfD war Bendels sogar Hauptredner, zugleich lagen Überweisungsträger des Vereins aus. [43]Am 4. Mai 2017 ist Bendels zusammen mit dem AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland zu einer Wahlkampfveranstaltung der AfD in Hessen eingeladen.[44]
Zudem stammt der erste Ansprechpartner der Vereinigung, Josef Konrad, aus der AfD und ist dort stark in die Kommunikation sowie die Produktion von Werbe- und Wahlkampfmaterialien involviert (siehe Organisationsstruktur).
Rüge vom Deutschen PR-Rat
Der Deutsche Rat für Public Relations sprach im Dezember 2016 eine Rüge aus, da bei dieser Wahlwerbung "der wahre Absender der politischen Kommunikation nicht hinreichend eindeutig benannt ist und die Quelle der Finanzierung der Kommunikation nicht hinreichend offen gelegt wird". Die Rüge richtet sich an die unbekannten wahren Auftraggeber hinter dem Verein und die (bis dahin) beteiligten Personen. Der PR-Rat spricht dabei von einer "offensichtlich beabsichtigten Verschleierungstaktik".[45]
Übersicht über die Wahlwerbung seit März 2016
Seit dem ersten Auftreten hat die Vereinigung mehrere Tausend Großplakate zugunsten der AfD gebucht und die Werbezeitung „Extrablatt“ in Millionenauflage verteilen lassen. Die Kosten dürften sich auf mehrere Millionen Euro belaufen. Die Aufwendungen für Internetwerbung sind nicht seriös schätzbar, da diese Kosten von der effektiv erzielten Reichweite abhängen.[46]
Wahlkampf Rheinland-Pfalz
- Hunderte Großflächenplakate (geschätzte Kosten: bis zu 1200€ pro Stück)[1]
- 1,54 Millionen Exemplare „Extrablatt“ - geschätzte Kosten: 39.380€ Druckkosten + 230.640€ Versandkosten = 270.020€ [47]
Wahlkampf Baden-Württemberg
- Zwei Millionen Exemplare „Extrablatt“ laut BILD, die mindestens 10 Cent pro Stück als Kosten veranschlagt[1]
- Nordkurier gibt auf Basis der Angaben des Vereins, 80 Prozent aller Haushalte wären beliefert worden, 4,13 Millionen Exemplare an. Geschätzte Kosten laut Nordkurier: 104.120€ Druckkosten + 524.680€ Versandkosten = 628.800€[47]
Anzeige in der NZZ, April 2016
Im April 2016 veröffentlichte die Vereinigung Anzeige in der Neuen Züricher Zeitung für Aufregung, die Angela Merkel als Hütchenspielerin unter der Überschrift „Merkel mogelt weiter“ zeigt.[48]
Wahlkampf Mecklenburg-Vorpommern
- 753.300 Exemplare „Extrablatt“ - geschätzte Kosten: 19.550€ Druckkosten + 128.670€ Versandkosten = 148.220€[47]
- Außerdem Plakate und ein eigener Wahlometer, das allerdings lediglich Aussagen der AfD präsentiert. [49]
Wahlkampf Berlin
- Keine Angaben zu Anzahl der Exemplare, es ist allerdings bekannt, dass das Extrablatt verteilt wurde.
- Es gab auch Großflächenplakate (eigene Sichtung) und Internet-Werbung [50]
Wahlkampf Saarland
- Laut Verein: 500 000 Exemplare „Extrablatt“ und im Großraum Saarbrücken 100 Großplakate [51]
Landtagswahlen NRW und Schleswig-Holstein
- Extrablätter in NRW: ca. 2.600.000; SH: ca. 500.000 [52]
- Großflächen: 2500, evtl. werden noch weitere dazu gebucht[53]
Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 12 Millionäre spendieren der AfD Wahlwerbung, Bild.de vom 03.03.2016, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 Protokoll über die Gründung des Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten vom 21.9. 2016 samt Anwesenheitsliste im Vereinsregister Stuttgart, VR 722737
- ↑ 3,0 3,1 Warum die dubiose AfD-Wahlkampfhilfe unaufgeklärt bleibt – und was sich ändern muss, LobbyControl-Blog vom 5.9.2016, zuletzt abgerufen am 4.5.2017
- ↑ Bundestagsverwaltung nimmt AfD-Wahlkampfhilfe ins Visier, Handelsblatt Online vom 7.3.2016, abgerufen am 2.5.2017
- ↑ 5,0 5,1 Schweizer "Weltwoche" prüft rechtliche Schritte gegen "Extrablatt", Tagesspiegel.de vom 07.09.2016, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ Extrablatt zur Wahl – Millionenfache Werbung für die AfD, Stuttgarter Nachrichten vom 01.03.2016, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ Hetz-Flyer schüren Verdacht auf illegale Parteispende Spiegel.de vom 06.03.2016, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ 8,0 8,1 Die geheimen Helfer der AfD, FAZ vom 21.08.2016, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ CSU-Rebell Bendels tritt aus der Partei aus, Süddeutsche.de vom 02.06.2016, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ Geschichte klittern mit Günther Oettinger, Kontext Wochenzeitung vom 29.03.2017, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ Machen ausländische Nationalisten Werbung für die AfD? FAZ vom 24.04.2017, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ Telefonat von LobbyControl mit dem Vereinsvorsitzenden David Bendels am 26.4.2017]
- ↑ Kreisverband Oberfranken, AfD-Bayern.de vom 13.01.2016, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ Das Phantom von Himmelkron, Focus vom 08.10.2016, abgerufen am 04.05.2016
- ↑ Siehe www.polifakt.de/impressum/
- ↑ AfD—Sachsen aktuell 01/2016 von Januar 2016, S. 10, zuletzt abgerufen am 4.5.2017
- ↑ AfD kontert Sixt-Anzeige mit Gauland AfD-Webseite vom 09.06.2016, abgerufen am 27.4.2017
- ↑ AfD-Unterstützer machen Stimmung in der Schweiz, Blick.ch vom 30.05.2016, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ Rechter Aktivist aus Stuttgart als Strohmann für die Unterstützung des AfD-Wahlkampfs in MV?, Keinealternative Blog vom 19.08.2016, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ Was mich antreibt. Gerhard-Löwenthal-Preis für Journalisten: Auszüge aus der Dankesrede des diesjährigen Preisträgers Michael Paulwitz. In: Junge Freiheit vom 25.11.2011
- ↑ Die wollen nicht nur lesen. Spiegel 5/2017, S.44-46
- ↑ Alles nur geklaut? Das AfD-«Extrablatt» sieht dem SVP-Original verdächtig ähnlich, Aargauer Zeitung.de vom 16.03.2016, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ 23,0 23,1 Die anonymen Gönner der AfD, Spiegel.de vom 09.09.2016, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ AfD will nach Terroranschlägen Stimmung gegen Angela Merkel machen, GMX.net vom 17.09.2016, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ machen ausländische Nationalisten Werbung für die AfD?, FAZ vom 24.04.2017, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ AfD: Hilfe aus der Schweiz. Spiegel vom 25.03.2017 und Schweizer Schützenhilfe. Wirtschaftswoche vom 21.4.2017, S.34-35. In der Wirtschaftswoche findet sich die Aussage, Segert sei nur als Ersatz eingesprungen.
- ↑ Die Partei, die am liebsten bar zahlt, Neue Züricher Zeitung.de vom 10.03.2012, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ AfD-nahe Vereinigung mit Verbindung zur FENL, Crumbling Walls Blog vom 14.09.2016, abgerufen am 04.05.2017
- ↑ Goal AG IP-Adresse utrace.de vom 04.05.2017, abgerufen am 04.05. 2017
- ↑ RechtundFreiheit.de IP-Adresse utrace.de vom 04.05.2017, abgerufen am 04.05. 2017
- ↑ Hetz-Flyer schüren Verdacht auf illegale Parteispende, Spiegel Online vom 5.3.2016, zuletzt abgerufen am 4.5.2017
- ↑ Das Phantom von Himmelkron. Focus Online vom 8.10.2016 (und Focus 40/2016), zuletzt abgerufen am 4.5.2017
- ↑ Webseite des Vereins, www.rechtundfreiheit.de/unterstuetzer-werden/, zuletzt abgerufen am 3.5.2017.
- ↑ 8095 Unterzeichner am 14.3.2017 laut www.rechtundfreiheit.de/unterstuetzer/. Die Zahl von 10.000 Unterstützern stammt aus einer Mail von David Bendels an LobbyControl vom 16.3.2017.
- ↑ Laut Vereins-Webseite am 24.4.2017.
- ↑ Siehe der Ankündigung der Wahlwerbung auf www.metropolico.org/2017/04/24/extrablatt-zur-landtagswahl/, 24.4.2017. Siehe auch Rechtspopulistischer Verein wirbt mit Gratis-Zeitungen für die AfD, WDR online vom 2.5.2017, zuletzt abgerufen am 4.5.2017
- ↑ Vgl. etwa Peta-Präsentation beim Fundraisingkongress 2014 oder die Erfahrungswerte der Werbeagentur Kindermann, zuletzt abgerufen am 3.5.2017
- ↑ U.a. in Teure Wahlkampfhilfe für die AfD, NDR online vom 19.4.2017, zuletzt abgerufen am 4.5.2017
- ↑ Telefonat von LobbyControl mit dem Vereinsvorsitzenden David Bendels am 14.3.2017
- ↑ Vgl. auch "Parteispendenrecht müsste geändert werden", Interview mit der Staatsrechtlerin Sophie Schönberger auf NDR online vom 19.4.2017, zuletzt abgerufen am 4.5.2017
- ↑ Verheimlicht die AfD die größte Parteispende der letzten Jahre?, Nordkurier vom 1.9.2016, zuletzt abgerufen am 4.5.2017
- ↑ Kleine, feine Denkfabrik, Junge Freiheit vom 13.1.2017, online unter www.rechtundfreiheit.de/2017/01/12/kleine-feine-denkfabrik, abgerufen am 2.2.2017
- ↑ Geheime Spender, Spiegel 12/2017 vom 18.3.2017, S.33
- ↑ AfD holt Gauland nach Büdingen, Kreis-Anzeiger (Zeitungsgruppe Zentralhessen) vom 28.4.2017, zuletzt abgerufen am 4.5.2017
- ↑ DRPR Ratsbeschluss im Verfahren 02/2016: „Extrablatt“ und Großplakate im Landtagswahlkampf 2016 (pdf), zuletzt abgerufen am 4.5.2017
- ↑ So stellt beispielsweise Youtube die Schaltung eines Werbespots nur in Rechnung, soweit dieser von Besuchern tatsächlich vollständig angeschaut wurde.
- ↑ 47,0 47,1 47,2 Verheimlicht die AfD eine Millionen-Spende? Nordkurier vom 2.9. 2016, S.7. Es gibt eine kürzere Online-Ausgabe des Artikels, die aber die Zahlen für die verschiedenen Wahlkämpfe nur als Summe nennt: Verheimlicht die AfD die größte Parteispende der letzten Jahre?, Nordkurier Online vom 1.9.2016, zuletzt abgerufen am 4.5.2017
- ↑ AfD-Unterstützer machen Stimmung in der Schweiz, Blick vom 25.4.2016, zuletzt abgerufen am 4.5.2017
- ↑ Versteckte AfD-Werbung: Dieser Wahlometer ist alles andere als neutral, Stern Online vom 29.4.2017, zuletzt abgerufen vom 4.5.2017
- ↑ SPD-Chef Gabriel meidet den Berlin-Wahlkampf, BZ-Berlin vom 19.8.2016, zuletzt abgerufen am 3.5.2017. Es geht um den letzten Abschnitt zur Werbung auf der Facebook-Seite der SPD-Politikerin Franziska Giffey. In der (vergrößerten) Grafik ist der Link auf rechtundfreiheit.de zu erkennen.
- ↑ AfD-Freunde planen massive Werbung vor der Landtagswahl, Saarbrücker Zeitung vom 10.3.2017, zuletzt abgerufen am 4.5.2017
- ↑ Antwort des Vereins auf eine LobbyControl-Anfrage am 25.4.2017
- ↑ Telefonat von LobbyControl mit David Bendels, 26.4.2017