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Neoliberalismus

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Version vom 16. März 2011, 18:41 Uhr von E. Martin (Diskussion | Beiträge) (Macht und Machtmissbrauch)

Begriff

Als Neoliberalismus wird in der Alltagssprache eine Sichtweise von Wirtschaft und Gesellschaft bezeichnet, die den Markt verabsolutiert und den Egoismus zum Motor des Fortschritts verklärt. Die Parolen des Neoliberalismus sind Privatisierung, Deregulierung, Lohnzurückhaltung, Steuersenkung und schlanker Staat. Ihr wirtschaftspolitischer Kompass ist der Shareholder-Value. Diese Definition seiner Kritiker ist nicht identisch mit der ordnungspolitischen Einordnung. Neoliberale Vorstellungen haben sich zuerst und am weitestgehenden in den USA seit der Regierungszeit von Reagan in der Republikanischen Partei und in Großbritannien seit Thatcher bei den Konservativen und New Labour durchgesetzt und sind dann auch in den übrigen westlichen Staaten, in Deutschland seit Schröder, realisiert worden. In den USA wird der Neoliberalismus Neokonservatismus genannt, da das Wort liberal anders besetzt ist.

Neoklassik als wirtschaftstheoretische Grundlage

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Der Neoliberalismus beruht im Prinzip auf der neoklassischen Wirtschaftstheorie, nach der Märkte effizient sind und sich selbst regulieren. Der Marktmechanismus bewirkt, dass das eigennützige Streben der Marktteilnehmer zu einer optimalen Güterversorgung führt und dadurch dem Gemeinwohl dient. Wirtschaftskrisen und Arbeitslosigkeit kann es im Prinzip nicht geben, da die Preise Angebot und Nachfrage ausgleichen. Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es, die Wettbewerbsprozesse zu institutionalisieren und dafür zu sorgen, dass die Preise ihre Funktion als gesamtgesellschaftliche Knappheitsindikatoren erfüllen[1]. Wo der Wettbewerb versagt, können staatliche Eingriffe erforderlich sein. Der Neoliberalismus unterscheidet sich von der Neoklassik dadurch, dass deren wohlfahrtstheoretische Ansätze ihm fremd sind. Für den Neoliberalismus ist letzten Endes der persönliche Wohlstand und Erfolg entscheidend, nicht das größte Glück der größten Zahl. Der Neoliberalismus hat sich mehr und mehr zu einer Ideologie entwickelt, die – im Gegensatz zur Neoklassik – an der empirischen Überprüfung ihrer Modellvoraussetzungen kein Interesse zeigt. Das Menschenbild der Neoklassik ist technokratisch (der Mensch wir mathematiktauglich gemacht), das des Neoliberalismus sozialdarwinistisch (der Egoismus liegt in den Genen).

Modellvoraussetzungen

Homo oeconomicus

Die neoklassiche Wirtschaftstheorie geht vom rationalen und eigennützigen Homo oeconomicus aus, der von Leon Walras in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingeführt wurde, um mathematische Gesetzmäßigkeiten auf die Wirtschaft übertragen zu können.[2] An diesem Menschenbild bestehen inzwischen erhebliche Zweifel. Menschliche Entscheidungen werden oft nicht rational getroffen, sondern durch Selbstüberschätzung, Vorurteile sowie Faustregeln und die Art der Darstellung einer Entscheidungssituation massiv beeinflusst.[3] Menschen handeln auch nicht immer eigennützig, sondern suchen primär soziale Akzeptanz und Bindung.[4] Neuere Studien zur Untersuchung des Gehirns haben ergeben, dass Menschen sogar einen neurobiologisch verankerten Sinn für soziale Fairness besitzen.[5] Auch die experimentelle Spieltheorie kommt zum Ergebnis, dass Kooperation sich als die optimale Strategie erweist, wenn sie mit der Fähigkeit und Bereitschaft verbunden ist, im Falle der Nichtkooperation eines Partners Gleiches mit Gleichem zu vergelten.[6]

Weitere Voraussetzungen

Weitere realtitätsfremde Voraussetzungen der Neoklassik, die zur Vereinfachung des Modells eingeführt wurden, sind vollkommener Wettbewerb, vollständige Information der Marktteilnehmer und Homogenität der produzierten Güter. Das neoklassische Modell ist mehrfach überarbeitet worden, um der komplexen Wirtschaftsrealität besser gerecht zu werden. So legten in den fünfziger Jahren Arrow und Debreu dar, unter welchen Bedingungen das Gleichgewichtsmodell der klassischen Ökonomen Adam Smith und Walras zutreffen. Damit eine Volkswirtschaft in dem Sinne effizient ist, dass niemand bessergestellt werden kann, ohne dass ein anderer schlechter gestellt wird (auch Pareto-Optimum genannt), müssen auf den Märkten nicht nur die oben genannten Voraussetzungen gegeben sein. Vielmehr muss es auch eine Reihe von Versicherungsmärkten geben (man muß sich gegen jedes erdenkliche Risiko versichern), die Kapitalmärkte müssen vollkommen sein (man kann Kredite in beliebiger Höhe zu günstigen, risikobereinigten Zinsen aufnehmen) und es darf keine externen Effekte und keine öffentlichen Güter geben.[7] Stiglitz und Greenwald haben gezeigt, dass Märkte einzig und allein unter den von Arrow/Debreu aufgeführten Bedingungen effizient sind; wenn sie nicht erfüllt sind, gibt es stets staatliche Eingriffe, die alle besserstellen können.[8]

Keine Berücksichtigung von Macht und Machtmissbrauch

Wirtschaftliche Macht und deren Missbrauch sind nach Norbert Häring die entscheidenden fehlenden Elemente der neoklassischen Modelle.[9] Es gehe um die Macht, Informationsvorsprünge zu missbrauchen, die Macht privater Banken, Geld zu schöpfen, die Macht wichtiger Spieler, die Spielregeln zu verändern. Es fehle in den Lehrbüchern auch die Macht der Wirtschaftselite, die Grundsätze für die eigene Bezahlung festzulegen, die Bilanzen zu manipulieren und riskante Geschäfte einzugehen, um die eigene Bezahlung zu manipulieren. Mit dem Ausklammern der Macht suggeriert die Neoklassik gleiche reale Aktionsmöglichkeiten aller Marktteilnehmer, die staatliche Eingriffe zugunsten der Schwachen als ungerechtfertigt und willkürlich erscheinen lassen.

Versagen der Neoklassik in der Weltwirtschaftskrise

Ordnungspolitisches Konzept des Neoliberalismus

Ordoliberalismus

US-amerikanische Schule (Neoliberalismus als Marktradikalismus)

Menschenbild

Markt als Ideologie

Freiheitsbegriff

Neoliberale Wirtschaftspolitik

Angebotsorientierung

Arbeitsmarkt

Monetarismus

Rolle des Staates

Scheitern in der Finanzkrise

Neoliberale Netzwerke

Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)

Stiftung Marktwirtschaft

  1. Lexikon der Volkswirtschaft, 6. Auflage, Landsberg 1994, S. 633
  2. Karlheinz Ruckriegel: Der Homo oeconomicus – ein realtitätsfernes Konstrukt, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 120 (2/2009), S. 49 ff.
  3. Ruckriegel, S. 52
  4. Joachim Bauer: Das kooperative Gen, Hamburg 2008, S. 153 f.
  5. Joachim Bauer: Das kooperative Gen, S. 154 f.
  6. Joachim Bauer: Prinzip Menschlichkeit, Hamburg 2006, S. 178 f.
  7. Joseph Stiglitz: Im freien Fall, München 2010, S. 306
  8. Stiglitz: Im freien Fall, S.308
  9. Norbert Häring: Markt und Macht, Stuttgart 2010, zitiert nach Süddeutsche Zeitung vom 12. März 2011

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