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ENTSOG

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ENTSOG
Rechtsform AISBL (Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht)
Tätigkeitsbereich Kooperation von Betreibern von Fernleitungsnetzwerken für Erdgas in Europa im Rahmen der EU-Energiepolitik
Gründungsdatum 2009
Hauptsitz Brüssel
Lobbybüro Brüssel
Lobbybüro EU
Webadresse entsog.eu


Der Verband Europäischer Fernleitungsnetzbetreiber für Gas, englische Bezeichnung „European Network of Transmission System Operators for Gas“, (ENTSOG) mit Sitz in Brüssel ist ein Verband, in dem sich die Betreiber von Fernleitungsnetzwerken für Erdgas in Europa zusammengeschlossen haben. Über gesetzliche Mitwirkungsmöglichkeiten kann der ENTSOG das Interesse seiner Mitglieder an der Förderung von Gas bei der Ausgestaltung der EU-Energiepolitik auf legalem Weg einbringen. Im Einklang mit der Industrie hat sich die EU-Kommission jahrelang für Gas als Brückentechnologie eingesetzt.

Aufgaben

Die Aufgaben der ENTSOG sind in der EU-Verordnung Nr. 715/2009 vom 13. Juli 2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen geregelt. Nach Artikel 4 arbeiten alle Fernleitungsnetzbetreiber auf Gemeinschaftsebene im Rahmen des ENTSOG zusammen, um die Vollendung und das Funktionieren des Erdgasbinnenmarkts sowie den grenzüber­schreitenden Handel zu fördern und die optimale Verwaltung, den koordinierten Betrieb und die sachgerechte technische Weiterent­wicklung des Erdgasfernleitungsnetzes zu gewährleisten. Der Verband betätigt sich auf den folgenden Gebieten: Market (Market Codes, Market Development), System Development (Investment, Scenario, Modelling), System Operation sowie Strategy, Policy & Communication (Lobbyarbeit). Zu den Aufgaben gehören die Erstellung von Netzentwicklungsplänen, die Auswahl von Projekten von gemeinsamen Interesse sowie die Standardisierung, Vergabe und Verwaltung von Netzwerk-Codes. Die Aufgaben des ENTSOG sollten unter Einhaltung der Wettbewerbs­vorschriften der Gemeinschaft durchgeführt werden, die für die Entscheidungen des ENTSOG weiter gelten.

Netzentwicklungplan

Um größere Transparenz beim Aufbau des Erdgas­fernleitungsnetzes in der Gemeinschaft zu gewährleisten, sollte der ENTSOG einen nicht bindenden gemeinschaftsweiten zehnjährigen Netzentwicklungsplan („gemeinschaftsweiter Netzentwicklungsplan“) erstellen, veröffentlichen und regelmäßig aktualisieren. Praktikable Erdgasfernleitungsnetze und erforderliche regionale Netz­verbindungen, die aus wirtschaftlicher Sicht oder im Hin­ blick auf die Versorgungssicherheit relevant sind, sollten in diesem Netzentwicklungsplan enthalten sein. Die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) überprüft die nationalen zehnjährigen Netz­entwicklungspläne unter dem Gesichtspunkt ihrer Kohärenz mit dem gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplan.

Im Netzentwicklungsplan (NEP) ermitteln die Fernleitungsnetzbetreiber die Netzausbaumaßnahmen für die Transportinfrastruktur.[1] Dabei legen sie bestimmte Annahmen über die Entwicklung der Produktion, der Versorgung und des Verbrauchs von Gas sowie seinem Austausch mit anderen Ländern in den kommenden zehn Jahren vor.[2] Der Szenariorahmen wird unter anderem von einem anerkannten wissenschaftlichen Gutachter im Auftrag der Fernleitungsnetzbetreiber erarbeitet. Unter diesen Bedingungen haben die Betreiber der Gasnetze einen erheblichen Einfluss darauf, wie viele Pipelines gebaut werden.

Projekte von gemeinsamem Interesse

Nach der EU-Verordnung Nr. 347/2013 zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur (TEN-E-Verordnung) spielt die ENTSOG bei der Auswahl der Projekte von gemeinsamem Interesse (Projects of Common Interest, PCI) eine wichtige Rolle. Es können nur diejenigen Projekte im Gasbereich als PCI ausgewiesen werden, die in die jüngsten Zehnjahresentwicklungspäne der ENTSOG aufgenommen wurden.[3] PCI unterliegen beschleunigten Regulierungsverfahren und können über das EU-Finanzierungsprogramm Connecting Europe Facility (CEF) Fördergelder beziehen. Die EU-Parlamentarier müssen den PCI zwar zustimmen, doch können sie nur über die Liste als ganzes abstimmen und nicht einzelne Gas-Projekte verhindern.[4] Von 2014 - 2019 hat die Kommission der Erdgasindustrie auf diese Weise 1,3 Milliarden Euro Fördermittel für den Ausbau der Erdgasinfrastruktur zur Verfügung gestellt.[5]

Im Dezember 2020 hat die EU-Kommission eine Überarbeitung der TEN-E-Verordnung vorgeschlagen, mit der für künftige PCI-Listen die Förderfähigkeit von Erdöl- und Erdgasinfrastrukturvorhaben beendet und eine Verpflichtung eingeführt würde, dass alle Vorhaben verbindliche Nachhaltigkeitskriterien erfüllen sowie den Grundsatz der „Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen“ im Einklang mit dem Grünen Deal einhalten müssen.[6] Auf dieser Basis hat die EU-Kommission am 19.11.2021 die fünfte Liste der Vorhaben von gemeinsamen Interesse (PCI) im Energiebereich angenommen.

Lobbytätigkeit

Bereits aufgrund seiner gesetzlichen Stellung verfügt ENTSOG über vielfältige Möglichkeiten, die Ausrichtung der EU-Energiepolitik im Gasbereich zu beeinflussen. Laut EU-Transparenzregister hat ENTSOG darüber hinaus eine Vielzahl von Beiträgen zu öffentlichen Konsultationen und Roadmaps geleistet sowie an Interfraktionellen Arbeitsgruppen/ inoffiziellen Gruppierungen, Expertengruppen der Kommission und EU-geförderten Foren und Plattformen teilgenommen. Seit 12/2014 hat es vier Sitzungen mit der EU-Kommission gegeben.

Im Geschäftsbereich Strategy, Policy and Communication, der für die Lobbyarbeit zuständig ist, beschäftigt ENTSOG 5 Personen. Laut EU-Transparenzregister liegt die Zahl der Lobbyisten bei 4 (Vollzeitäquivalent: 1). Von diesen hat - neben dem Generaldirektor Jan Ingwersen - Sara Piskor Zugang zu den Räumen des EU-Parlaments. Die G2020 Task Force koordiniert die ENTSOG-Aktivitäten hinsichtlich der Teile des Europäischen New Deal, die für die Gasinfrastruktur relevant sind.[7] Die diesbezüglichen Initiativen werden im Jahresbericht 2202 unter „Aktivitäten“ ausführlich beschrieben. Der Etat für Lobbyausgaben lag 2020 zwischen 25 Tsd. und 50 Tsd. Euro.

ENTSOG kooperiert insbesondere mit den Branchenverbänden Eurogas und Gas Infrastructure Europe (GIE).[8]

Mitgliedschaften

  • Mitglied der 2020 gegründeten Plattform Clean Hydrogen Alliance, die die EU-Wasserstoffstrategie unterstützen soll. Sie soll Industrie, Behörden, die Zivilgesellschaft und andere Interessengruppen zusammenbringen[9] Ihr gehören ganz überwiegend Unternehmen und Verbände der Gaswirtschaft an.
  • Assoziiertes Mitglied des European Energy Forum, einer informellen Gruppe von Abgeordneten des Europäischen Parlaments und europäischen Konzernen der Energiebranche.

Partnerschaften

Laut EU-Transparenzregister ist ENTSOG Partner der Florence School of Regulation (FSR), einer Kooperation zwischen dem European University Institute (EUI), dem Council of the European Energy Regulators (CEER), der Independant Regulators Group (IRG) und den European Platform of Regulatory Authorities (EPRA), die eng mit der EU-Kommission zusammenarbeitet.[10] Die FSR Gas Area fungiert als Plattform für Gespräche und den Austausch von "best practices" zwischen Regulierern, Wissenschaftlern, Vertretern der EU-Institutionen und der Gaswirtschaft.

Kritik am Einfluss bei der Ausgestaltung der EU-Energiepolitik

Die Mitwirkung der ENTSOG bei der Ausgestaltung der EU-Energiepolitik über den Netzentwicklungsplan und die Auswahl der Projekte von gemeinsamem Interesse (PCI) hat zu einer Überschätzung des künftigen Gasbedarfs, zu entsprechend hohen Investitionen in die Gas-Infrastruktur und einer geschönten Einschätzung der Klimabilanz von Erdgas geführt.[11][12] Die EU-Kommission hat jahrelang die interessengeleiteten Positionen der Erdgasindustrie vertreten und sich für Gas als Brückentechnologie eingesetzt. Dagegen kamen unabhängige Wissenschaftler - wie die von Science for Future - zum Ergebnis, dass Erdgas keine Brückentechnologie in die Zukunft ist und die Annahme einer im Vergleich zur Kohle günstigeren Klimabilanz von Erdgas revidiert werden muss.[13] Der geplante Ausbau der Erdgas-Infrastruktur in Deutschland lasse sich nicht klimapolitisch begründen und berge zahlreiche finanzielle Risiken. Rund 18,3 Milliarden Euro seien für Kraftwerke, Gasnetze und Flüssigerdgas-Terminals in Planung. Bei sinkendem Erdgasverbrauch drohten vorzeitige Stilllegungen und Unternehmensklagen auf Basis der Europäischen Energiecharta. Zudem fehlten diese Gelder für den Ausbau Erneuerbarer Energien.

Struktur

ENTSOG residiert in Brüssel in der Avenue de Corthenberg 100, wo auch die Gas Infrastructure Europe (GIE) ihren Sitz hat. Die Befugnisse der Mitgliederversammlung, des Präsidenten und des Generaldirektors sind in der Satzung festgelegt.

Mitglieder

ENTSOG hat 45 Mitglieder , 2 assoziierte Partner und 9 Beobachter. Zu den Mitgliedern gehören die folgenden 12 deutschen Unternehmen: bayernets GmbH, München, Fluxys TENP GmbH, Düsseldorf, GASCADE Gastransport GmbH, Kassel, Gastransport Nord GmbH, Oldenburg, Gasunie Deutschland Transport Services GmbH, Hannover, GRTgaz Deutschland GmbH, Berlin, terranets bw GmbH, Stuttgart, Thyssengas GmbH, Dortmund, NEL Gastransport GmbH, Kassel, Nowega GmbH, Münster, Ontras Gastransport GmbH, Leipzig, und Open Grid Europe GmbH, Essen. Die Mitgliederversammlung ist das Leitungsorgan der ENTSOG.

Geschäftsführung (Management Board)

Die 13 Mitglieder sind hier abrufbar. Präsident und damit gesetzlicher Vertreter der ENTSOG ist Bart Jan Hoevers, Vorstandsvorsitzender von Gasunie Transport Services (GTS). Zu den weiteren Mitgliedern gehören: Francisco Pablo de la Flor Garcia, Direktor von Enagas, Board Member von Gas Infrastructure Europe (GIE), MARCOGAZ und The Natural & bio Gas Vehicle Association (NGVA Europe) sowie Torben Brabo, Vorstandsvorsitzender der dänischen Gas TDO in Energinet und Präsident von Gas Infrastructure Europe (GIE).

Generaldirektor

Ab 1. Januar 2022 ist Piotr Kus Generaldirektor (sein Vorgänger war Jan Ingwersen)

Mitarbeiter

Die 41 Beschäftigten sind in den folgenden Bereichen tätig: Strategy, Policy and Communication: 5 Personen, Marketing Business Area: 10 Personen, System Development Business Area: 11 Personen, System Operation Business Area: 9 Personen, Management Support: 6 Personen.

Gesetzesinitiativen

Am 15.12.2021 hat die EU-Kommisssion Gesetzesentwürfe (Verordnung und Richtlinie) zum Gasmarkt präsentiert, in denen der Ersatz von klimschädlichem Erdgas durch erneuerbare und kohlenstoffarme Gase geregelt wird.[14] Erneuerbare Gase sind Gase, die aus Biomasse, u a. Biomethan, sowie aus Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. CO2-arme Gase verursachen während ihres gesamten Lebenszyklus mindestens 70 % weniger Treibhausgasemissionen als fossiles Erdgas.[15] Eines der Hauptziele ist es, einen Markt für Wasserstoff zu etablieren und die Entwicklung einer entsprechenden Infrastruktur zu ermöglichen. Eine neue Verwaltungsstruktur in Form des Europäischen Netzes der Wasserstoff-Netzbetreiber (ENNOH) soll geschaffen werden, um eine neue Wasserstoffinfrastruktur, die grenzüberschreitende Koordinierung und den Aufbau von Verbindungsnetzen zu fördern und spezifische technische Vorschriften auszuarbeiten. Dabei ist eine Trennung von Wasserstofferzeugung und -transport vorgesehen. Die nationalen Netzentwicklungspläne sollen auf einem gemeinsamen Szenario für Strom, Gas und Wasserstoff basieren und auf den EU-Zehnjahresplan zur Netzentwicklung abgestimmt werden. Die Betreiber von Gasnetzen müssen Informationen über Infrastrukturen einbeziehen, die stillgelegt oder anders genutzt werden können, und es wird eine separate Berichterstattung über die Entwicklung des Wasserstoffnetzes geben, um sicherzustellen, dass der Aufbau des Wasserstoffsystems auf einer realistischen Nachfrageprognose beruht. Außerdem wird ein Zertifizierungssystem für kohlenstoffarme Gase geschaffen. Um Europa nicht an fossiles Erdgas zu binden und mehr Platz für saubere Gase auf dem europäischen Gasmarkt zu schaffen, schlägt die Kommission vor, dass langfristige Erdgas-Lieferverträge nicht über 2049 hinaus verlängert werden sollten.

Verbände, Initiativen und Plattformen der Gaswirtschaft

Weiterführende Informationen

Einzelnachweise

  1. Netzentwicklungsplan Gas 2020 - 2030 Entwurf, bundesnetzagentur.de, abgerufen am 17.12.2021
  2. Konsultation Szenariorahmen, fnb-gas,de, abgerufen am 17.12.2021
  3. Fragen und Antworten zur fünften Liste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse im Energiebereich, ec.europa.eu vom 19.11.2021, abgerufen am 16.12.2021
  4. Milliarden für eine Infrastruktur, die so nicht gebraucht wird, tagesspiegel.de vom 05.10.2020, abgerufen am 18.12.2021
  5. CEP FUNDING PER INFRASTRUTURE TYPE, Investing in European Networks, ec.europa.eu, abgerufen am 15.12.2021
  6. Kommission schlägt neue Liste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse für einen stärker integrierten resilienteren Energiemarkt vor, ec.europa.eu von 19.11.2021
  7. Activities, in: Annual Report 2020, abgerufen am 19.12.2021
  8. Joint declaration on methan emissions, gie.eu vom 19.10.2021
  9. European Clean Alliance Members, ec.europa.eu, abgerufen am 25.12.2021
  10. Florence School of Regulation, onthinktanks.org, abgerufen am 20.12.2021
  11. Milliarden für eine Infrastruktur, die so nicht gebraucht wird, tagesspiegel.de vom 05.10.2020, abgerufen am 18.12.2021
  12. No Need for New Natural Gas Pipelines and LNG Terminals in Europe, diw.de 2020, abgerufen am 21.12.2021
  13. Ausbau der Erdgas-Infrastruktur: Brückentechnologie oder Risiko für die Energiewende? 2021 , scientists4future.org, abgerufen am 13.12.2021
  14. Europäischer Grüner Deal: Kommission schlägt EU-Rahmen zur Dekarbonisierung der Gasmärkte, zur Förderung von Wasserstoff und zur Verringerung der Methanemissionen vor, germany.representation.ec.europa.eu, abgerufen am 16.12.2021
  15. Fragen und Antworten zum Legislativpaket zu Wasserstoff und dekarbonisiertem Gas, ec.europa.eu vom 15.12.2021, abgerufen am 20.12.2021

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