Kampagne der INSM und des RWI gegen die Förderung des Ökostroms

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Die Lobbyorganisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) betrieb eine Kampagne gegen die Förderung des Ökostroms durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).
Der inzwischen verstorbene INSM-Kuratoriumsvorsitzende Wolfgang Clement war auch Aufsichtsratsmitglied der Braunkohle und Kernkraft produzierenden RWE Power AG. Die großen Energieversorger befürchteten, dass die neuen Anbieter von Ökostrom ihr marktbeherrschendes Oligopol gefährden und insbesondere ihre Preiserhöhungsmöglichkeiten einschränken könnten[1]. Im Interesse der Absicherung ihrer Marktstellung wurden deshalb die Kosten der Energiewende übertrieben, der Ausbau der Netze hinausgezögert und der Ersatz der EEG-Umlage durch ein Quotenmodell gefordert, das den etablierten Energieformen zugute käme.

Die Kampagne der INSM wurde mit Hilfe der Agentur Serviceplan Public Opinion konzipiert und vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) wissenschaftlich begleitet und unterstützt. Die Forderung der Kampagne nach einem Quotenmodell wurde auch vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Monopolkommission übernommen. In diesen Beratungsgremien der Bundesregierung sind wichtige Akteure des RWI vertreten.

Konzeption durch die Agentur Serviceplan Public Opinion

Die Agentur Serviceplan Public Opinion erläuterte auf ihrer Webseite die Kampagne wie folgt[2]:

"Für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft entwickelten wir eine Kampagne, die eine Alternative zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aufzeigte. Wir fokussierten unsere Kampagne zeitlich auf die zwei wichtigsten energiepolitischen Termine seit dem Beschluss des Atomausstiegs nach Fukushima im Jahr 2012: den Energiewende-Gipfel im Kanzleramt am 28. August sowie den 15. Oktober, Tag der Bekanntgabe der neuen EEG-Umlage. Die mediale Aufmerksamkeit dieser Termine nutzten wir, um der Politik und Verbrauchern zu vermitteln, dass die Kosten der Strompreise explodieren und die Energiewende scheitert, wenn ineffiziente Technologien staatlich subventioniert werden. Ergebnis war eine integrierte Kampagne mit Print- und Außenwerbung, Events, Guerilla-, PR- und Public-Affairs-Maßnahmen sowie eine reichweitenstarke Kampagnenwebsite, die das Thema in die Debatten des Deutschen Bundestags brachte."  

Wissenschaftliche Begleitung und Unterstützung durch das RWI

Die Kampagne der INSM wurde durch den Präsidenten des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), Christoph M. Schmidt, und den Leiter des RWI-Kompetenzbereichs "Umwelt und Ressourcen", Manuel Frondel, mit Gutachten und Stellungnahmen, Interviews und Beiträgen in den Medien unterstützt. [3] [4] [5] Im ÖkonomenBlog der INSM kritisierte Manuel Frondel regelmäßig mit schrillen Formulierungen ("Subventions-Irrsinn") die Förderung des Ökostroms.[6][7]

Auch Justus Haucap, Vorsitzender des Forschungsbeirats und Mitglied des Verwaltungsrats des RWI, beteiligte sich an der Kampagne, u. a. durch Beiträge im ÖkonomenBlog der INSM, wo er die Ablösung des EEG zugunsten des Quotenmodells fordert.[8] Haucap erstellte 2012 im Auftrag der RWE AG eine Studie zur Energiewende (Kapazitätsmarkt für Strom)[9] und ist eine der "Expertenstimmen" der RWE-Akzeptanzstudie[10]

Für die Kampagnenbereitschaft des RWI ist von Interesse, dass die RWE das RWI nicht nur über die "Gesellschaft der Freunde und Förderer des RWI" (Fördergesellschaft) unterstützt, sondern bis vor kurzem in den Gremien des RWI auch über einen erheblichen Einfluss verfügte. So war Rolf Pohlig, bis Juni 2012 Stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender des RWI und Präsident der Fördergesellschaft, gleichzeitig Finanzvorstand der RWE AG .[11] Ehrenmitglied des RWI und ehemaliger Vorsitzender der Fördergesellschaft ist Dietmar Kuhnt, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der RWE AG. Zu dessen Ausscheiden als Präsident der Fördergesellschaft im Jahr 2008 heißt es in der RWI-Pressemitteilung vom 5. Juni 2008: "Es ist dem Institut eine ganz besondere Ehre, dass er dem RWI Essen, dem Verwaltungsrat und der Fördergesellschaft mit Rat und Tat zur Seite stand". Über die Fördergesellschaft gibt es außerdem institutionalisierte Kontakte zwischen dem RWI und der RWE. So diskutierten beim Wirtschaftsgespräch der Fördergesellschaft am 21. November 2011 Schmidt und Fritz Vahrenholt (RWE Innogy) die Energiewende.[12] Auch sonst pflegt das RWI Kontakte zur Energiewirtschaft. So ließ es sich eine solarkritische Studie von dem klimaskeptischen Washingtoner Institute for Energy Research finanzieren, dessen Verbindung zur Lobby der Kohle- und Ölproduzenten bekannt und berüchtigt ist.[13][14]

Übernahme der Forderung nach einem Quotenmodell durch den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) und die Monopolkommission

Mit Christoph M. Schmidt als Vorsitzendem des Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, und Justus Haucap als Mitglied und ehemaligem Vorsitzenden der Monopolkommission waren Akteure der Kampagne in zwei zentralen Beratungsgremien der Bundesregierung vertreten, wo sie als Energieexperten die Meinungsbildung entscheidend mit gestalteten. Beide Gremien sprachen sich für das Quotenmodell aus. Die Monopolkommission forderte Anfang September 2013 in einem Sondergutachten kurz vor der Bundestagswahl die Einführung eines Quotenmodells.[15]

Kritik

Claudia Kemfert, Energieexpertin beim Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), legt in ihrem Buch "Kampf um Strom - Mythen, Macht und Monopole", dar, wie die EEG-Umlage zu Propagandazwecken genutzt wird, um so die Energiewende auszuhebeln oder wenigstens zu bremsen und dafür mehr Kohlekraftwerke zu bauen, die die Umwelt belasten.[16][17] Sie erläutert auch im Einzelnen, wie in RWI-Studien die Kosten der Energiewende übertrieben und die Rahmenbedingungen der Energiewende tendenziös so dargestellt werden, dass ein Systemwechsel zugunsten des die großen Energieversorger begünstigenden Quotenmodells alternativlos erscheint. Nach einer Stellungnahme von Greenpeace [18] fördert das Quotenmodell automatisch die aktuell günstigste Produktionsform von Erneuerbaren Energien, da Stromversorger diesen Strom einkaufen werden. Dies hätte gegenüber dem EEG den Nachteil, dass die breite Diversifikation Erneuerbarer Energien (bisher Wind, Solar, Biomasse, Wasser und Offshore-Wind) , deren Vernetzung den Bedarf an Speicherkapazitäten senkt, gefährdet wäre. Ausgebaut würde dann im Wesentlichen nur noch die Windenergie an Land als derzeit günstigste Erneuerbare Energie. Vom Quotenmodell profitieren würden vor allem die großen Energieversorger, die genug Kapital verfügen, um die Risiken des Quotenmodells zu schultern.


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Einzelnachweise

  1. Zusammenfassung der Sektoruntersuchung Stromerzeugung Stromgroßhandel des Bundeskartellamtes vom Januar 2011, S. 5 ff.
  2. Energiewende-Kampagne, Webseite Serviceplan Public Opinion, abgerufen am 14. 9. 2013
  3. Vorstellung eines Alternativmodells zum EEG am 27. August 2012 unter Beteiligung von Schmidt und Manuel Frondel vom RWI sowie dem INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr, abrufbar unter Pressekonferenz Die Energiewende braucht Wettbewerb
  4. Wie kann die Energiewende gelingen? Professor Christoph M. Schmidt INSM auf You Tube, abgerufen am 15. April 2013
  5. Wirtschaftsweiser Solarenergie sollte nicht weiter ausgebaut werden, Cicero vom 13. Juni 2012, Website Cicero, abgerufen am 15. April 2013
  6. Exporthit Strom kostet Verbraucher Milliarden vom 10. April 2013, Website INSM, abgerufen am 14. April 2013
  7. Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft: Kunst-Fälscher, greenpeace magazin 4. Oktober 2012, Website greenpeace-magazin, abgerufen am 14. April 2013
  8. 10.9.2012 Das EEG ist ein ordnungspolitisches Desaster, Website INSM, abgerufen am 21. April 2013
  9. Arbeitskreis Zukunftsenergien am 29. Februar 2012, Website zukunftsenergien, abgerufen am 20. April 2013
  10. Expertenstimmen, Website RWE, abgerufen am 21. April 2013
  11. Im Januar 2013 schied Pohlig aus dem Vorstand der RWE aus
  12. Wirtschaftsgespräch 2011, Website rwi, abgerufen am 15. April 2013
  13. Claudia Kemfert: Kampf um Strom - Mythen, Macht und Monopole, Hamburg 2013, S. 82
  14. Die Lüge vom teuren Ökostrom. Warum die Stromrechnung wirklich so hoch ist. Sendung des WDR-Fernsehmagazins Monitor Nr. 613 vom 21. Oktober 2010
  15. Wettbewerbshüter fordern die Planwirtschaft Monopolkommission will die Quote für die Erneuerbaren, dabei ist das Modell längst gescheitert, Telepolis vom 6. September 2013, Webseite Telepolis, abgerufen am 6. 9. 2013
  16. Claudia Kemfert: Kampf um Strom - Mythen, Macht und Monopole, Hamburg 2013
  17. Zur Lobbyarbeit von RWE gegen strikte Emissionsauflagen für alte Kohlekraftwerke vgl. Worst Climate Lobbying 2010
  18. Warum das EEG besser ist als ein Quotenmodell, Stellungnahme vom 5. September 2013, Webseite Greenpeace vom 14. 9. 2013

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