Mathias Corvinus Collegium

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Das Mathias Corvinus Collegium (MCC) wurde 1996 in Ungarn gegründet, um talentierte Jugendliche zu unterstützen. Anfangs konzentrierte sich die Institution auf Bildungsangebote für Schüler:innen und Studierende. Später wandelte sich das MCC zu einer politisch einflussreichen Kaderschmiede mit enger Anbindung an die ungarische Regierung unter Viktor Orban. Es erhielt umfangreiche staatliche Mittel und Beteiligungen an Großunternehmen, was seine Expansion stark beschleunigte. Heute betreibt das MCC eigene Institute, internationale Kooperationen und den Think Tank MCC Brüssels, der gezielt EU-kritische Positionen verbreitet. Kritiker:innen werfen der Organisation vor, systematisch eine illiberale, nationalkonservative Agenda in Europa zu fördern.[1]

Organisationsstruktur, Personal

Vorstand

  • Balazs Orban - Vorsitzender des Kuratoriums
  • Zoltan Szalai - Generaldirektor
  • Peter Lanczi - Stellvertretender Generaldirektor für Berufs- und Auslandsangelegenheiten
  • Sándor Sipos - Stellvertretender Generaldirektor für Finanz- und Operationsangelegenheiten
  • Péter T'ri - Stellvertretender Generaldirektor für Postgraduiertenprogramme
  • Pál Valentinyi - Stellvertretender Generaldirektor für Unternehmens- und Immobilienangelegenheiten

Institute

  • Institut für Jugendforschung
  • Institut für Klimapolitik
  • Deutsch-Ungarisches Institut für Europäische Zusammenarbeit
  • Institut für Migrationsforschung
  • Institut für Lernforschung
  • Flow Forschungsinstitut

Quelle: [2]

MCC Brüssel

Das Mathias Corvinus Collegium (MCC) hat in Brüssel einen Think Tank gegründet, der gezielt Einfluss auf die europäische Politik nimmt. MCC Brüssel etabliert alternative Narrative zur EU-Politik und lenkt die politische Debatte in eine EU-kritische, nationale Richtung. Die ungarische Regierung unterstützt MCC dabei, die pro-europäische Stimmung in Brüssel zu beeinflussen und eigene politische Ideen zu verbreiten.

MCC Brüssel organisiert Konferenzen, Seminare und Bildungsprogramme mit dem Ziel, Entscheidungsträger, Akademiker:innen und junge Talente für seine Agenda zu gewinnen. Frank Furedi und Werner J. Patzelt, zwei konservative Wissenschaftler, leiten den Think Tank und vernetzen einflussreiche EU-kritische Intellektuelle. Sie wollen nicht nur neue politische Ideen verbreiten, sondern auch das etablierte Denkfabrik-System in Brüssel herausfordern.[3]

Verbindungen und Kooperationen

Modul University Vienna

Das Mathias Corvinus Collegium (MCC) hat 2023 die Mehrheit an der Modul University in Wien übernommen. Dadurch gewinnt es an Einfluss auf die Universität. Die Wirtschaftskammer Wien hält noch 10 % der Anteile. Ihr Einfluss auf die Universität ist jedoch begrenzt. Das MCC vergibt Stipendien und schafft neue Stellen. So kann es indirekt mitbestimmen, wer an der Universität arbeitet.[4]

ESMT Berlin

Die European School of Management and Technology (ESMT Berlin), eine führende deutsche private Hochschule mit engen Verbindungen zu Politik und Industrie, kooperiert seit 2023 mit dem umstrittenen MCC. Der Generalsekretär des MCC, Zoltan Szalai, ist Mitglied des Internationalen Beirats des ESMT geworden.[5] Die Kooperation beinhaltet Stipendien für Studierende aus Mittel- und Osteuropa sowie die Einrichtung einer Stiftungsprofessur.[6][7]

Lobbystrategien und Einfluss

Das Mathias Corvinus Collegium (MCC) treibt aktiv die Demontage der Europäischen Kommission und des Europäischen Gerichtshofs voran. Bei einem Workshop im März 2025 stellte das MCC gemeinsam mit Ordo Iuris (einer konservativen NGO aus Polen) Vorschläge vor, um die EU in eine Europäische Gemeinschaft der Nationen (EGN) umzuwandeln und ihre zentralen Institutionen zu schwächen.[8]

In ihrem Bericht „The GREAT RESET: RESTORING MEMBER STATE SOVEREIGNTY IN THE EUROPEAN UNION“ fordern das MCC und Ordo Iuris eine umfassende Dezentralisierung der EU, um eine tiefere europäische Integration zu verhindern.[9]

Das MCC verbreitet gezielt konservativ-nationalistische Ideologien und stärkt eine Orban-freundliche Agenda. Mit MCC Brüssel baut das MCC seinen Einfluss in der EU aus und versucht dabei, die illiberale Neuordnung Ungarns auch in der EU zu realisieren.[10]

Finanzen

Das MCC erhielt 2020 umfangreiche Vermögenswerte von der ungarischen Regierung, darunter Unternehmensbeteiligungen an MOL, einem ungarischen multinationalen Öl- und Gaskonzern, der enge wirtschaftliche Verbindungen zu Russland unterhält und dem Pharma-Konzern Gedeon Richter, sowie Bargeld- und Immobilienzuwendungen in Millionenhöhe.

Allein 2023 flossen 50 Millionen Euro an Dividenden aus MOL an das MCC.[11] Es verfügt über ein Stiftungskapital von 1,5 Milliarden Euro. Damit übersteigt das Vermögen dieser einzelnen privaten Bildungseinrichtung das gesamte Jahresbudget aller universitären Einrichtungen Ungarns.[12]

Kritik

Obwohl das MCC Brüssel seit Ende 2022 in der EU aktiv Lobbyarbeit betreibt, hat die Organisation ihre Finanzierungsquellen und Lobby-Budgets nicht offengelegt und sich erst im Januar 2024 offiziell registriert – das kritisiert die Organisation Corporate Europe Observatory (CEO), die deshalb beim EU-Sekretariat für das Transparenzregister eine formelle Beschwerde eingereicht hat.[13]

Das MCC Brüssel agiert als politisches Werkzeug, das Orbáns autoritäre Politik in die EU-Debatte einbringt, insbesondere durch Veranstaltungen und Berichte zu Themen wie Migration, Energiesicherheit und den EU-Green Deal.[14]

Laut der Investigativ-Plattform DeSmog hat die Denkfabrik MCC Brüssel gezielt an der Organisation und Verstärkung der Bauernproteste am 1. Februar 2024 mitgewirkt. Das keine spontane Aktion, sondern Teil einer geplanten Kampagne war. Diese hätte eine klare politische Absicht gehabt: Sie sollte die Proteste nutzen, um Stimmung gegen die EU zu stärken und so Orbans anti-europäische Botschaft zu fördern, besonders im Vorfeld der EU-Wahlen.[15]

Einzelnachweise

  1. Hearts and minds, freiheit.org, 09.02.2023, abgerufen am 14.04.2025
  2. MCC Webseite, mcc.hu, abgerufen am 14.04.2025
  3. MCC gründet neuen Think Tank in Brüssel, ungarnheute.hu, 02.11.2022, abgerufen am 14.04.2025
  4. Kaderschmiede des Illiberalismus: Orbáns Denkfabrik wächst Richtung Europa, tagesspiegel.de, 16.05.2023, abgerufen am 14.04.2025
  5. Führung & Governance, esmt.berlin, abgerufen am 16.04.2025
  6. Berliner Elitehochschule ESMT: Orbáns williger Partner, gppi.net, 19.06.2024, abgerufen am 14.04.2025
  7. Trophäe für Propagandaorgan?, duz.de vom 16.11.2024, abgerufen am 15.04.2025
  8. Renaming the EU, Dismantling the Commission: For What Polish and Hungarian Illiberals Seek U.S. Backing, vsquare.org, 10.03.2025, abgerufen am 14.04.2025
  9. The Great Reset: Restoring member state sovereignty in the European Union, europeanstudies.mcc.hu, abgerufen am 14.04.2025
  10. Pflege des Magyarentums, jungle.world, 06.10.2022, abgerufen am 14.04.2025
  11. Orbán-Backed Think Tank Breached Lobbying Rules, Claims EU Watchdog, desmog.com, 06.03.2025, abgerufen am 14.04.2025
  12. „Studienstiftung“ veranstaltet Sommerakademie mit Viktor Orbáns Handlangern, fr.de, 12.02.2024, abgerufen am 14.04.2025
  13. CEO submits official complaint against Orban thinktank's lobbying secrecy, corporateeurope.org, 21.02.2025, abgerufen am 14.04.2025
  14. Orbán’s oil funded thinktank is murky on transparency, corporateeurope.org, 18.10.2024, abgerufen am 14.04.2025
  15. Orbán-backed Think Tank Courts Farmers Linked to Far Right Ahead of EU Poll, desmog.com, 02.03.2024, abgerufen am 14.04.2025

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