Cash-for-laws-Affäre: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Cash-for-laws-Affäre bezeichnet das Ergebnis einer investigativen Recherche der Sunday-Times-Reporter Claire Newell und Michael Gillard, als deren Resultat 2011 die beiden EU-Parlamentsabgeordneten Ernst Strasser und Zoran Thaler zurücktraten und Adrian Severin aus der Fraktion der Sozialdemokraten ausgeschlossen wurde.

Recherche der Sunday Times[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Sommer 2010 begannen die Sunday-Times-Reporter Claire Newell und Michael Gillard, sich als Lobbyisten auszugeben und versuchten für je 100.000 Euro, 60 verschiedene Abgeordnete des Europäischen Parlaments dazu zu bringen, einen von den Reportern vorgeschlagenen Gesetzentwurf durchzusetzen.[1] Zwar erhielten die beiden viele Absagen, doch drei Abgeordnete - Ernst Strasser aus Österreich, Adrian Severin aus Rumänien und Zoran Thaler aus Slowenien - gingen auf das Angebot ein. Im deutschsprachigen Raum sorgte vor allem Strasser für Schlagzeilen. Und für Klicks auf einschlägigen Videoportalen, in denen die Mitschnitte der Gespräche zwischen ihm und den Reportern kursierten. In diesen Videos gab Strasser beispielsweise unumwunden zu: „Of course I'am a lobbyist.“ (Dt.: „Natürlich bin ich ein Lobbyist.“)

Auswirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von 14 Abgeordneten, die auf das Angebot der Sunday-Times-Reporter eingingen, ergriffen drei konkrete Maßnahmen, die gewünschten Gesetzesänderungen einzubringen.

Ernst Strasser[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Strasser, dem schon in den Jahren davor immer wieder Lobbyismus vorgeworfen wurde, trat als erster der drei ertappten Abgeordneten von seinem Mandat zurück; nach eigenen Angaben „weil es in Österreich eine Kampagne gegen mich gegeben hat“. Diese habe eine „Optik erzeugt, die der Volkspartei schadet.“[2] Als Reaktion auf den Fall Strasser wurde in Österreich eine Debatte über ein nationales Lobbyregister angestoßen. Das österreichische Lobbyregister wurde von der Regierung im Juni 2011 beschlossen.[3]
Ernst Strasser wurde im Januar 2013 in einem ersten Prozess von einem österreichischen Gericht wegen Bestechlichkeit zu vier Jahren Haft verurteilt. Der zuständige Richter sah es als erwiesen an, dass Strasser "eine monetäre Leistung dafür gefordert hat, dass er Einfluss auf den Gesetzgebungsvorgang nimmt".[4]

Zoran Thaler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch der Slowenische Sozialdemokrat Zoran Thaler trat unter Protest zurück, ebenso wie Strasser behauptete auch er, geglaubt zu haben, Geheimdienste wollten mit ihm ein Spiel treiben: „Ich stieg auf das Spiel ein, um endlich zu enthüllen, wer diese Kompromittierungsversuche organisiert“ und „Meine Absichten waren die besten, aber der Weg in die Hölle ist manchmal mit guten Absichten gepflastert“, zitierte ihn der Standard.[5]

Adrian Severin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Adrian Severin sah keinen kausalen Zusammenhang zwischen dem von ihm eingebrachten Gesetzesentwurf und der von ihm darauf gestellten Rechnung an die vermeintlichen Lobbyisten.[6] Er will sein Mandat weiterhin ausüben.[7] Seine Fraktion schloss ihn allerdings aus und legte ihm nahe, ebenfalls zurückzutreten.[8]

Europäisches Parlament[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Konsequenz der Aufdeckung dieses Bestechungsskandals wurde eine neue und intensiv geführte Debatte über unethisches Verhalten von EU-Parlamentariern, Kontakte zu Lobbyisten, die Transparenz ihrer Nebeneinkünfte und Nebentätigkeiten angestoßen, infolge welcher der bis dato geltende Verhaltenskodex für EU-Abgeordnete überarbeitet und leicht verschärft wurde.

Weitere Informationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Murdochs junge Jägerin von Korruptionisten Der Standard vom 21.03.2011, abgerufen am 23.03.2011
  2. Strassers Rücktritt: „Ein Lobbyist riecht“ profil.at vom 22.03.2011, abgerufen am 23.03.2011
  3. Regierung in Österreich beschließt Lobbyregister Blog LobbyControl vom 22.06.2011, abgerufen am 29.06.2011
  4. Schuldspruch: Vier Jahre unbedingte Haft für Ernst Strasser, derStandard.at vom 14.01.2012, abgerufen am 16.01.2012
  5. Slowenischer EU-Abgeordnete: „Große Dummheit passiert“ Der Standard vom 22.03.2011, abgerufen am 23.03.2011
  6. Rumänischer EU-Parlamentarier weist Bestechungsanschuldigungen zurück Der Standard vom 20.03.2011, abgerufen am 23.03.2011
  7. EU-Parlamentarier ließen sich von Lobbyisten bestechen derwesten.de vom 21.03.2011, abgerufen am 23.03.2011
  8. EU-Sozialdemokraten schließen rumänischen Abgeordneten Severin aus Der Standard vom 22.03.2011, abgerufen am 23.03.2011
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            Die '''Cash-for-laws-Affäre''' bezeichnet das Ergebnis einer investigativen Recherche der Sunday-Times-Reporter Claire Newell und Michael Gillard, als deren Resultat 2011 die beiden EU-Parlamentsabgeordneten [[Ernst Strasser]] und [[Zoran Thaler]] zurücktraten und [[Adrian Severin]] aus der Fraktion der Sozialdemokraten ausgeschlossen wurde.
        

        == Recherche der Sunday Times ==
        

        Im Sommer 2010 begannen die Sunday-Times-Reporter Claire Newell und Michael Gillard, sich als Lobbyisten auszugeben und versuchten für je 100.000 Euro, 60 verschiedene Abgeordnete des Europäischen Parlaments dazu zu bringen, einen von den Reportern vorgeschlagenen Gesetzentwurf durchzusetzen.<ref>[http://derstandard.at/1297821073253/Kopf-des-Tages-Murdochs-junge-Jaegerin-von-Korruptionisten Murdochs junge Jägerin von Korruptionisten] Der Standard vom 21.03.2011, abgerufen am 23.03.2011</ref> Zwar erhielten die beiden viele Absagen, doch drei Abgeordnete - Ernst Strasser aus Österreich, Adrian Severin aus Rumänien und Zoran Thaler aus Slowenien - gingen auf das Angebot ein. Im deutschsprachigen Raum sorgte vor allem Strasser für Schlagzeilen. Und für Klicks auf einschlägigen Videoportalen, in denen die Mitschnitte der Gespräche zwischen ihm und den Reportern kursierten. In diesen Videos gab Strasser beispielsweise unumwunden zu: „Of course I'am a lobbyist.“ (Dt.: „Natürlich bin ich ein Lobbyist.“)
        

        == Auswirkungen ==
        

        Von 14 Abgeordneten, die auf das Angebot der Sunday-Times-Reporter eingingen, ergriffen drei konkrete Maßnahmen, die gewünschten Gesetzesänderungen einzubringen. 
        

        === Ernst Strasser ===
        

        Strasser, dem schon in den Jahren davor immer wieder Lobbyismus vorgeworfen wurde, trat als erster der drei ertappten Abgeordneten von seinem Mandat zurück; nach eigenen Angaben „weil es in Österreich eine Kampagne gegen mich gegeben hat“. Diese habe eine „Optik erzeugt, die der Volkspartei schadet.“<ref>[http://www.profil.at/articles/1111/560/291969/strassers-ruecktritt-ein-lobbyist Strassers Rücktritt: „Ein Lobbyist riecht“] profil.at vom 22.03.2011, abgerufen am 23.03.2011</ref> Als Reaktion auf den Fall Strasser  wurde in Österreich eine Debatte über ein nationales Lobbyregister angestoßen. Das österreichische Lobbyregister wurde von der Regierung im Juni 2011 beschlossen.<ref>[http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2011/06/regierung-in-osterreich-beschliest-lobbyregister/ Regierung in Österreich beschließt Lobbyregister] Blog LobbyControl vom 22.06.2011, abgerufen am 29.06.2011</ref> <br>
        
        Ernst Strasser wurde im Januar 2013 in einem ersten Prozess von einem österreichischen Gericht wegen Bestechlichkeit zu vier Jahren Haft verurteilt. Der zuständige Richter sah es als erwiesen an, dass Strasser "eine monetäre Leistung dafür gefordert hat, dass er Einfluss auf den Gesetzgebungsvorgang nimmt".<ref>[http://derstandard.at/1356427553749/Sunday-Times-Journalisten-sagen-aus Schuldspruch: Vier Jahre unbedingte Haft für Ernst Strasser], derStandard.at vom 14.01.2012, abgerufen am 16.01.2012</ref>
        

        === Zoran Thaler ===
        
        Auch der Slowenische Sozialdemokrat Zoran Thaler trat unter Protest zurück, ebenso wie Strasser behauptete auch er, geglaubt zu haben, Geheimdienste wollten mit ihm ein Spiel treiben: „Ich stieg auf das Spiel ein, um endlich zu enthüllen, wer diese Kompromittierungsversuche organisiert“ und „Meine Absichten waren die besten, aber der Weg in die Hölle ist manchmal mit guten Absichten gepflastert“, zitierte ihn der Standard.<ref>[http://derstandard.at/1297821101623/Lobbyisten-Affaere-Slowenischer-EU-Abgeordnete-Grosse-Dummheit-passiert Slowenischer EU-Abgeordnete: „Große Dummheit passiert“] Der Standard vom 22.03.2011, abgerufen am 23.03.2011</ref>
        

        === Adrian Severin ===
        
        Adrian Severin sah keinen kausalen Zusammenhang zwischen dem von ihm eingebrachten Gesetzesentwurf und der von ihm darauf gestellten Rechnung an die vermeintlichen Lobbyisten.<ref>[http://derstandard.at/1297820955613/Lobbying-Affaere-Rumaenischer-EU-Parlamentarier-weist-Bestechungsanschuldigungen-zurueck Rumänischer EU-Parlamentarier weist Bestechungsanschuldigungen zurück] Der Standard vom 20.03.2011, abgerufen am 23.03.2011</ref> Er will sein Mandat weiterhin ausüben.<ref>[http://www.derwesten.de/nachrichten/EU-Parlamentarier-liessen-sich-von-Lobbyisten-bestechen-id4449238.html EU-Parlamentarier ließen sich von ''Lobbyisten'' bestechen] derwesten.de vom 21.03.2011, abgerufen am 23.03.2011</ref> Seine Fraktion schloss ihn allerdings aus und legte ihm nahe, ebenfalls zurückzutreten.<ref>[http://derstandard.at/1297821121796/Korruptionsverdacht-EU-Sozialdemokraten-schliessen-rumaenischen-Abgeordneten-Severin-aus EU-Sozialdemokraten schließen rumänischen Abgeordneten Severin aus] Der Standard vom 22.03.2011, abgerufen am 23.03.2011</ref>
        

        ===Europäisches Parlament===
        
        Als Konsequenz der Aufdeckung dieses Bestechungsskandals wurde eine neue und intensiv geführte Debatte über unethisches Verhalten von EU-Parlamentariern, Kontakte zu Lobbyisten, die Transparenz ihrer Nebeneinkünfte und Nebentätigkeiten angestoßen, infolge welcher der bis dato geltende [[Verhaltenskodex für EU-Abgeordnete]] überarbeitet und leicht verschärft wurde.
        

        == Weitere Informationen ==
        
        * [http://www.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/politisches-aus-fuer-ernst-strasser/ Politisches Aus für Ernst Strasser (taz.de)]
        
        * [http://derstandard.at/1297820921477/Lobbyist-Strasser---Die-Fleisch-gewordene-Europaskepsis "Lobbyist" Strasser - Die Fleisch gewordene Europaskepsis (derstandart.at)]
        
        * [http://derstandard.at/1297820910907/Lobbying-Affaere-Ernst-Strasser-tritt-zurueck Ernst Strasser tritt zurück (derstandart.at)]
        
        * [http://www.oe24.at/oesterreich/politik/Proell-schmeisst-Strasser-raus/20773865 Pröll schmeißt Strasser raus oe24.at]
        

        == Einzelnachweise ==
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{{Lobbyismus_EU-Box}}Die '''Cash-for-laws-Affäre''' bezeichnet das Ergebnis einer investigativen Recherche der Sunday-Times-Reporter Claire Newell und Michael Gillard, als deren Resultat 2011 die beiden EU-Parlamentsabgeordneten [[Ernst Strasser]] und [[Zoran Thaler]] zurücktraten und [[Adrian Severin]] aus der Fraktion der Sozialdemokraten ausgeschlossen wurde.
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Die '''Cash-for-laws-Affäre''' bezeichnet das Ergebnis einer investigativen Recherche der Sunday-Times-Reporter Claire Newell und Michael Gillard, als deren Resultat 2011 die beiden EU-Parlamentsabgeordneten [[Ernst Strasser]] und [[Zoran Thaler]] zurücktraten und [[Adrian Severin]] aus der Fraktion der Sozialdemokraten ausgeschlossen wurde.
   
 
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