Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung

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Friedrich August von Hayek Stiftung
Rechtsform Stiftung
Tätigkeitsbereich Verbreitung marktradikaler Ideen
Gründungsdatum 1999
Hauptsitz Freiburg
Lobbybüro
Lobbybüro EU
Webadresse http://www.hayek-stiftung.de


Kurzdarstellung und Geschichte

Die Friedrich August von Hayek Stiftung mit Sitz in Freiburg (im Folgenden Stiftung genannt) wurde im Mai 1999 zum 100. Geburtstag des neoliberalen Vordenkers von Hayek ins Leben gerufen. Zu den Gründern gehörten Prof. Dr. Lüder Gerken (Vorsitzender des Centrums für Europäische Politik), Bundespräsident a.D. Prof. Dr. Roman Herzog und die Württembergische Versicherung (1999 zur Wüstenrot & Württembergische-Gruppe fusioniert). Dieses Versicherungsunternehmen, das an der Privatisierung der Altersvorsorge verdient, hat die sich für eine Einschränkung staatlicher Daseinsfürsorge eintretende Stiftung mit einem Kapitalstock ausgestattet. Das Unternehmen stiftet auch die Preise, die verliehen werden. Gert Haller, der frühere Vorstandsvorsitzende von Wüstenrot & Württembergische (W & V), war bis zu seinem Tod im Jahre 2010 Kuratoriumsmitglied der Stiftung und zeitweise Staatssekretär bei Bundespräsident Köhler ohne Gehalt (sein Geld bekam er von W &V).[1] Auch sein Nachfolger sitzt im Stiftungskuratorium. Ziel der Stiftung ist die Verbreitung marktradikaler Ideen, umschrieben als Entfaltung von Freiheit und Wettbewerb.

Gremien der Stiftung

Vorstand

Prof. Dr. Lüder Gerken, Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Ordnungspolitik, Vorsitzender des Centrums für Europäische Politik, ehemaliger Direktor des Walter Eucken Instituts und der Stiftung Marktwirtschaft

Kuratorium

Roman Herzog (Vorsitz), CDU, ehemaliger Bundespräsident, Vorsitzender der Mitglieder des Konventkreises des Konvent für Deutschland, Mitglied des Bürgerkonvent und Ehrenvorsitzender des „Roman-Herzog-Instituts“ der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft und der Arbeitgeberverbände der bayerischen Metall- und Elektroindustrie

Leszek Balcerowicz, Chairman des Brüsseler Think-Tanks Bruegel, ehemaliger Präsident der Polnischen Nationalbank

Frederik („Frits“) Bolkestein, ehemaliger EU-Kommissar für den Binnenmarkt, u. a. verantwortlich für die umstrittene Dienstleistungsrichtlinie, Vorsitzender des Think-Tanks Teldersstichting, Berater für PricewaterhouseCoopers

Jürgen Jeske, bis 2002 Mit-Herausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Präsident der Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft

Otmar Issing, Präsident des Center for Financial Studies (CFS) an der Uni Frankfurt, Berater der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs, Berater der Bundesregierung und der EU-Kommission bei der Reform des internationalen Finanzsystems; ehemaliges Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, des Direktoriums der Europäischen Zentralbank und des Kronberger Kreises, dem wissenschaftlichen Beirat der Stiftung Marktwirtschaft.

Hans Tietmeyer, ehemaliger Präsident der Deutschen Bundesbank, Mitglied der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften, Vorsitzender des Kuratoriums der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, Präsident des European Center for Financial Studies in Duisburg, Ethical Advisor der Europäischen Zentralbank, Mitglied des Aufsichtsrats der BDO Deutsche Warentreuhand AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Vorsitzender des Aufsichtsrats der Privatbank Hauck & Aufhäuser. 2008 wollte Bundeskanzlerin Angela Merkel Tietmeyer an die Spitze einer Expertengruppe berufen, die Vorschläge zur Reform des internationalen Finanzsystems ausarbeiten sollte. Dies wurde von den Oppositionsparteien und vom Koalitionspartner der CDU, der SPD, abgelehnt, da Tietmeyer als Aufsichtsratsmitglied der Hypo Real Estate eine Mitschuld an der schweren Krise der Bank treffe. Tietmeyer verzichtete auf das Amt und trat als Aufsichtsrat der Hypo Real Estate zurück.

Alexander Erdland, Vorstandsvorsitzender der Wüstenrot & Württembergische AG (W&V)

Preise der Stiftung

Alle zwei Jahre vergibt die Stiftung einen internationalen Preis und einen Publizistik-Preis.

Preisträger 2003

Ex-Premierministerin Margaret Thatcher (international)

Johan Norberg für sein Buch „In Defense of Global Capitalism“, in dem er in überzeugender Weise gängige Vorurteile über die vermeintlich ungerechten Auswirkungen der Globalisierung widerlegt habe (Publizistik)

Preisträger 2005

EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti für seinen Einsatz für offene Märkte und Wettbewerb in der EU (international)

Karen Horn, FAZ-Journalistin, für ihr jahrelanges Eintreten für marktwirtschaftliche Prinzipien und Reformen in ihren Kommentaren und Berichterstattungen. Frau Horn ist Mitglied in der neoliberalen Mont Pelerin Society (Publizistik)

Preisträger 2007

Mikulàs Dzurinda, ehemaliger Ministerpräsident der Slowakei, der die Wirtschaft dereguliert und einen einheitlichen Steuersatz von 19 % eingeführt hat

Horst Siebert, ehemaliger Präsident des Instituts für Weltwirtschaft an der Uni Kiel und Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung

Preisträger 2009

Václav Klaus, Präsident der Tschechischen Republik, Bewunderer von Thatcher und Reagan, für seine Bewährung als unbeirrbarer, streitbarer Liberaler. Klaus hat bis zuletzt den von beiden Kammern des Tschechischen Parlaments gebilligten EU-Vertrag blockiert (international)

Paul Kirchhof, ehemaliger Bundesverfassungsrichter, für sein besonderes Bemühen um eine freie Wirtschaftsordnung. Der ehemalige Botschafter des neoliberalen Netzwerkes Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft setzt sich für eine Steuerreform ein, die u. a. einen einheitlichen Steuersatz von 25 % bei der Einkommensteuer vorsieht (Publizistik)

Preisträger 2011

Lescek Balcerowitz, ehemaliger Präsident der Polnischen Nationalbank, Kuratoriumsmitglied, für die Einführung des marktwirtschaftlichen Systems in Polen (international)

Hans D. Barbier, für sein Eintreten für eine freiheitliche Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Barbier ist Vorsitzender des Vorstands der Ludwig-Erhard-Stiftung sowie Kurator und Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (Publizistik)

Friedrich August von Hayek Gesellschaft e.V.

Die Friedrich August von Hayek Gesellschaft e.V. (im Folgenden als Gesellschaft bezeichnet) ist eine Vereinigung zur Förderung von Ideen im Sinne von Hayek. Sie arbeitet eng mit der Stiftung zusammen. Ihr Zweck ist u.a. die „Vernetzung“ von Nachwuchswissenschaftlern, Publizisten und Politikern, die Abhaltung von Tagungen und Symposien, die Verleihung einer „Hayek-Medaille“ sowie die Veranstaltung eines Essay-Wettbewerbs. Sie ist weiterhin am „Forum Freiheit“ beteiligt, einer Allianz von verschiedenen Organisationen und Vereinen, deren Ziel eine allgemeine Werbung für die Idee der Freiheit in bestimmten Einzelbereichen (z.B. im Bildungswesen, im Gesundheitswesen) ist. Finanziert werden die Veranstaltungen des Forums durch Umlage auf die Hauptträger „Hayek-Gesellschaft“, „Freier Verband Deutscher Zahnärzte“, „Liberales Institut Potsdam“ und den Verband „Privatärztliche Verrechnungsstelle (PVS)“.

Vorsitzende des Vorstands ist Dr. Karen Horn vom Institut der deutschen Wirtschaft, im Kuratorium sitzen u. a. Hans-Olaf Henkel (ehemaliger Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft) und Arnulf Baring (Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft).

Friedrich August von Hayek

von Hayek (* 8. Mai 1899 in Wien, † 23. März 1992 in Freiburg), Ökonom und Sozialphilosoph, (Mit-)Begründer der Österreichischen Schule der Nationalökonomie und einer der kompromisslosesten und radikalsten Vertreter des Neoliberalismus. Nach den Erfahrungen des Stalinschen Terrorregimes sind für ihn staatliche Eingriffe in den Markt stets erste Schritte auf dem „Weg zur Knechtschaft“. Im Gegensatz zu anderen Strömungen des Neoliberalismus lehnt von Hayek sogar staatliche Interventionen gegen Monopole oder zum Schutz der Umwelt ab. Er ist der Gegenspieler von John M. Keynes, nach dem nur durch ein Eingreifen des Staates die der Marktwirtschaft immanenten Krisen bekämpft werden können. Neben seiner Theorie über die Funktionsbedingungen marktwirtschaftlicher Ordnungen und die Grundlagen freiheitlicher Gesellschaftsordnungen, auf die im Folgenden eingegangen wird, beschäftigte er sich mit der Konjunkturtheorie („Preise und Produktion“), für die er 1974 den Nobelpreis erhielt. Später machte von Hayek für Wirtschaftskrisen vor allem die Zentralbanken verantwortlich und schlug vor, die Produktion von Zahlungsmitteln zu privatisieren.

Beruflicher Werdegang

Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Wien, ab 1931 Lehrtätigkeit an der London School of Economics, 1950 Wechsel an die University of Chicago, wo „The Constitution of Liberty“ entstand, ab 1962 Lehrtätigkeit an der Universität Freiburg. In dieser Zeit entstand seine Konzeption des Wettbewerbs als Entdeckungsverfahren. Nach seiner Emeritierung vollendete er die Trilogie „Law, Legislation and Liberty“. Im Jahre 1947 gründete sich unter seiner Führung die Mont Pelerin Society (MPS), die sich in der Folge zum bedeutendsten neoliberalen Elitenetzwerk mit etwa 1000 Mitgliedern und etwa 100 Denkfabriken entwickelte.

Wichtige Werke

Geldtheorie und Konjunkturtheorie, Wien und Leipzig 1929

The Road to Serfdom 1944 (deutsch: Der Weg zur Knechtschaft, München 2007)

Wahrer und falscher Individualismus (Ordo, Band 1, 1948)

Arten der Ordnung (Ordo, Band 14, 1963)

Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, in: Freiburger Studien: Gesammelte Aufsätze, Tübingen 1969

Die Anmaßung von Wissen (Ordo, Bd. 26, 1973)

The Fatal Conceit: The Errors of Socialism 1988 (deutsch: Die verhängnisvolle Anmaßung: Die Irrtümer des Sozialismus, Tübingen 1988)

The Constitution of Liberty 1960 (deutsch: Die Verfassung der Freiheit, Tübingen 1991)

Law, Legislation and Liberty 1979 (deutsch: Recht, Gesetzgebung und Freiheit, Bd. 2: Die Illusion der sozialen Gerechtigkeit, München 1981)

Choice in Currency, London 1976

Denationalisation of Money 1976 (deutsch: Entnationalisierung des Geldes, Tübingen 1977

Theorien zu Freiheit, Markt und Demokratie

Hayek sieht im Wettbewerb ein „Entdeckungsverfahren“, dessen Ergebnisse offen sind. Daraus ergibt sich, dass eine bestimmte Form des Wettbewerbs ebenso wenig angestrebt werden kann wie das Erreichen bestimmter Marktergebnisse.[2] Zwar geht auch Hayek – wie der klassische Liberalismus – davon aus, dass der Markt aus sich heraus ein stabiles System schafft. Daneben gibt es jedoch einen Evolutionsprozess der Regeln des Handelns, in dem die Wirtschaftsordnung als Ergebnis blinder, nicht geplanter Prozesse der Regelselektion verstanden wird.[3] Dieser Evolutionsprozess führt zu einer spontanen Ordnung. Die Regeln des Handelns leiten die Individuen, weil sich Handlungen in Übereinstimmung mit ihnen als erfolgreicher erwiesen haben als die der konkurrierenden Individuen oder Gruppen. [4] Die spontane Ordnung, zu der der Markt gehört, haben die Menschen auch dann hinzunehmen, wenn sich die Resultate des Marktes gegen sie wenden.[5]. Der „wahre Individualismus“ entspricht nach Hayek dem Bewusstsein, „dass dem indviduellen Verstand Grenzen gezogen sind, ein Bewußtsein, das zur Demut vor den unpersönlichen und anonymen sozialen Prozessen führt, durch welche die einzelnen mithelfen, Dinge zu schaffen, die größer sind, als sie selbst wissen“. [6]. Hayek begründet die Überlegenheit von Märkten deshalb auch nicht mit den optimalen Ergebnissen des Marktmechanismus, sondern damit, dass sie die Begrenztheit des Wissens überwinden können und sich als menschengerechter, anonymer Mechanismus im evolutionären Prozess durchgesetzt haben.[7] Der Ordoliberale Alexander Rüstow stellt fest, dass hinter diesem Konzept „die Vorstellung einer von Gott dem Schöpfer selbst gesetzten unsichtbaren Wirtschaftsverfassung steht, vor der alle unzulänglichen menschlichen Verfassungsversuche zu weichen haben“.[8]

Freiheit hat nach Hayek nichts mit Demokratie oder Menschenrechten zu tun, sondern ist die Abwesenheit von willkürlichem Zwang:

Politische Freiheit im Sinne von Demokratie, innere Freiheit, Freiheit im Sinne des Fehlens von Hindernissen für die Verwirklichung unserer Wünsche oder gar Furcht und Mangel haben wenig mit individueller Freiheit zu tun und stehen oft in Konflikt mit ihr...Die Freiheit, um die es sich hier handelt, die allein als allgemeines Prinzip der Politik dienen kann und die auch das ursprüngliche Ziel aller freiheitlichen Bewegungen war, besteht ausschließlich in der Abwesenheit von willkürlichem Zwang[9]

Hayek hat nichts gegen Zwang, sofern dieser nicht willkürlich ist. Zwang wird vom Staat ausgeübt, der jedoch selbst ein Produkt der spontanen Ordnung und insofern dieser untergeordnet ist.[10] Deshalb darf der Staat keinen Zwang ausüben, der den Markt als Ergebnis der spontanen Ordnung in Frage stellt. Das wäre eine Bedrohung der Freiheit. Im Ergebnis ist für Hayek Freiheit das Recht von Unternehmen, mit Konsumenten, Arbeitnehmern und der Umwelt nach Gutdünken zu verfahren. Alle Eingriffe des Staates zu deren Schutz (Verbraucherschutz, Arbeitsschutz, Sozialpolitik, Umweltschutz) werden als freiheitsgefährdender Zwang verstanden, der letztlich zum Kommunismus/Kollektivismus führt. Hiergegen darf der Staat mit allen Mitteln des Zwangs vorgehen: “Eine wirksame Verteidigung der Freiheit muß...notwendig unbeugsam, dogmatisch und doktrinär sein und darf keine Zugeständnisse an Zweckmäßigkeitserwägungen machen.“[11] Rüstow bezeichnet die Freiheit im Sinne von Hayek als die „Freiheit des Fuchses im freien Hühnerstall“.[12]

Der Ordoliberalismus befürwortet einen starken Staat, der der Wirtschaft die Rahmenbedingungen setzt, unter denen eine dem Allgemeinwohl dienende Konkurrenz ihre Wirkungen entfalten kann. Auch unzulängliche Marktergebnisse können nach ordoliberaler Auffassung (möglichst mit marktkonformen Eingriffen) korrigiert werden, wenn sie für die Betroffenen offensichtlich zu inakzeptablen Ergebnissen führen. Nach Hayeks Konzept setzt die Wirtschaft dem Staat die Rahmenbedingungen, deren Veränderung als Anschlag auf die Freiheit verstanden wird. Selbst das staatliche Vorgehen gegen Monopole, die die Marktergebnisse zu Lasten der Verbraucher verzerren, lehnt er ab, da er in der rationalen Gestaltung der Wirtschaftsordnung die „Anmaßung von Wissen“ sieht. Im Unterschied zu anderen Vertretern des Neoliberalismus sah Hayek bezüglich der Monopolbildung ohnehin kaum Gefahren für den Wettbewerb, war er doch im Gegenteil nur „ernstlich beunruhigt über die Willkürlichkeit der ganzen Politik, die der Größe einzelner Unternehmungen Grenzen setzen will“.[13] Beim Umweltschutz versagt der Markt, weil es zahlreiche knappe Güter (Wasser, Boden, Rohstoffe) gibt, die keinen Preis haben und deshalb auch nicht in die Kalkulation der Unternehmen eingehen. Vom Markt werden diejenigen Unternehmen durch Kosteneinsparungen belohnt, die auf Umweltschutzmaßnahmen verzichten und diejenigen bestraft, die solche Maßnahmen freiwillig ergreifen. Hayek folgte zunächst der Theorie öffentlicher Güter - z. B. in Der Weg zur Knechtschaft, München 1976, S. 50 - , stimmte jedoch später der These zu, dass ökologische Probleme eine bloße Erfindung gewisser Theoretiker seien.[14] Ein Problem „erschöpfbarer Ressourcen“ gebe es gar nicht.

Begriffe wie Allgemeinwohl, soziale Gerechtigkeit und Gleichheit sind für Hayek gefährlich populäre Begriffe, die Menschen davon abhalten könnten, der Logik des Marktes demütig zu folgen. Wenn soziale Gerechtigkeit durch den Staat mittels Gesetzen (in der Terminologie von Hayek „mit Zwang“) eingeführt wird, muß dies sogar bekämpft werden: „Womit wir es im Falle der 'sozialen Gerechtigkeit' zu tun haben, ist einfach ein quasi-religiöser Aberglaube von der Art, dass wir ihn respektvoll in Frieden lassen sollten, solange er lediglich seine Anhänger glücklich macht, den wir aber bekämpfen müssen, wenn er zum Vorwand wird, gegen andere Menschen Zwang anzuwenden“.[15] Zur Gleichheit äußert er sich wie folgt in einem einleitend von Stefan Baron für die Wirtschaftswoche im Jahre 1981geführten Interview: „Ungleichheit ist nicht bedauerlich, sondern höchst erfreulich. Sie ist einfach nötig.[16] Statt sozialer Korrekturen empfiehlt er einen Grundschutz "außerhalb des Marktes", der allen Bürgern ein Mindesteinkommen sichern würde

Hayek hält nichts davon, die Ergebnisse des Marktes als Bestandteil der spontanen Ordnung zu korrigieren, mögen diese für die Betroffenen noch so unerträglich sein. Seine Befürchtung ist, dass die ökonomisch und sozial Benachteiligten in einer parlamentarischen Demokratie die Regierung durch politischen Druck veranlassen könnten, Gesetze zu ihrem Schutz zu erlassen. Die Bezieher von Hungerlöhnen könnten Mindestlöhne fordern, geprellte Anleger eine Kontrolle von Finanzprodukten und der Banken, besorgte Bürger eine Abschaltung der Kernkraftwerke. Diese Mitgestaltungsmöglichkeiten von Individuen oder Gruppen außerhalb der ökonomischen Sphäre sind für ihn Versuche, unlautere Sonderinteressen gegen den heiligen Markt und dessen Resultate geltend zu machen. Das Geltendmachen von unlauteren Sonderinteressen ist für ihn nicht wie im allgemeinen Sprachgebrauch die Einflussnahme der Wirtschaftslobby auf die Wirtschaftspolitik, sondern der anmaßende Versuch von Schutzorganisationen der Verbraucher, der Arbeitnehmer und der Umwelt, schlauer sein zu wollen als der Markt. Deshalb empört sich Hayek über die Demokratie, die ihren Bürgern und deren Organisationen die Freiheit gibt, das Marktgeschehen durch politische Entscheidungen zu beeinflussen: „Die heute praktizierte Form der Demokratie ist zunehmend ein Synonym für den Prozess des Stimmenkaufs und für das Schmieren und Belohnen von unlauteren Sonderinteressen, ein Auktionssystem, in dem alle paar Jahre die Macht der Gesetzgebung denen anvertraut wird, die ihren Gefolgsleuten die größten Sondervorteile versprechen, ein durch das Erpressungs- und Korruptionssystem der Politik hervorgebrachtes System mit einer einzigen allmächtigen Versammlung, mit dem Wortfetisch Demokratie belegt[17] Hayek fordert deshalb eine Reform der Demokratie im Sinne einer beschränkten Demokratie:

Es ist überhaupt nicht notwendig, dass Demokratie ein allmächtiges Parlament bedeuten muß...Wir können eine Demokratie haben, in welcher die Regierung – obwohl demokratisch geführt – unter dem Gesetz einer Körperschaft bleibt, die nicht regieren kann, sondern nur allgemeine Regeln festlegen kann. Die Macht der Regierung ist dann durch allgemeine Regeln limitiert und auf die Durchsetzung dieser allgemeinen Regeln beschränkt....Um eine beschränkte Demokratie zu schaffen, müssen wir die Macht teilen zwischen einer gewählten Versammlung (die nicht über die Parteilinien gewählt wird), welche welche generelle Regeln festlegen muß, und einer Regierungsversammlung, welche von ersterer festgelegten Regeln unterworfen ist. Eine solche Regierung könnte nach wie vor Leistungen aller Art erbringen, aber keine Zwangsherrschaft ausüben“.[18]

Bei der gewählten Versammlung, die die Grundentscheidungen der Politik treffen soll, denkt Hayek an einen "Rat der Weisen", dem "reife" Männer und Frauen im Alter zwischen 45 und 60 Jahren angehören sollten, die sich im gesellschaftlichen Leben bewährt haben.[19] Dieses gesellschaftliche Elitegremium soll die Probleme in langer Frist betrachten und nicht von den schwankenden Moden und Leidenschaften einer wandelbaren Masse abhängig sein. Seine Mitglieder würden für einen Zeitraum von 15 Jahren gewählt. Die Intention Hayeks ist erkennbar: Die Ausschaltung des Parlamentarismus zwecks Errichtung einer Elitenherrschaft, welche die gesellschaftliche Entwicklung bestimmt.[20]

Instrumentalisierung des Freiheitsbegriffs durch Lobbygruppen

Weiterführende Informationen

Karl-Heinz Brodbeck: Die fragwürdigen Grundlagen des Neoliberalismus Wirtschaftsordnung und Markt in Hayeks Theorie der Regelselektion, 13. Oktober 2004

Christof Butterwegge, Bettina Lösch, Ralf Ptak: Kritik des Neoliberalismus, 2. Auflage, Wiesbaden 2008

Alexander Rüstow: Die Religion der Marktwirtschaft, 3. Aufl., Berlin 2009

Einzelnachweise

  1. Gekaufte Republik, NachDenkSeiten vom 18. Dezember 2005], Website nachdenkseiten, abgerufen am 1. Juli 2011
  2. Ralf Ptak: Grundlagen des Neoliberalismus, in: Christof Butterwege, Bettina Lösch, Ralf Ptak: Kritik des Neoliberalismus, 2. Aufl., Wiesbaden 2008, S. 43
  3. Brodbeck: Neoliberalismus, S. 1, Website khbrodbeck, abgerufen am 29.6.2011
  4. Hayek: Recht, Gesetzgebung und Freiheit. Bd. 1 Regeln und Ordnung, Landsberg 1986, S. 34
  5. Recht, Gesetzgebung und Freiheit, Bd 2, S. 131, zitiert nach Ptak, S. 52
  6. Wahrer und falscher Individualismus, S. 25, zitiert nach Ptak, S. 60
  7. Ptak, S. 33
  8. Sibylle Tönnis: die liberale Kritik des Liberalismus, in: Alexander Rüstow: Die Religion der Marktwirtschaft, S. 183
  9. Die Ursachen der ständigen Gefährdung der Freiheit, in: Ordo, Bd. 12, 1960/61 S. 106
  10. Ptak, S. 63
  11. Die Ursachen der ständigen Gefährdung der Freiheit, in: Ordo, Bd. 12, Düsseldorf und München 1961, S. 104 ff., als „markantes Zitat“ auf der Website der Gesellschaft veröffentlicht
  12. Religion als Marktwirtschaft, S. 160
  13. [Hayek: Die Verfassung der Freiheit, Freiburg 1991, S. 331, zitiert nach Karl-Heinz Brodbeck: Die fragwürdigen Grundlagen des Neoliberalismus, 13. Oktober 2004, S.7 f.
  14. Brodbeck: Grundlagen, Fußnote 31, S. 6
  15. Recht, Gesetzgebung und Freiheit, Bd. 2, Landsberg 1981, S. 98
  16. Ptak, S. 73
  17. Recht, Gesetzgebung und Freiheit, Bd. 1, München 1980
  18. Interviewfilm „Inside the Hayek-Equation, World Research Inc., San Diego 1979, Übersetzung veröffentlicht auf der Website der Gesellschaft, abgerufen am 3. Juli 2011
  19. Ptak, S. 234
  20. Ptak, s. 234

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