Vattenfall
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Vattenfall GmbH | |
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Rechtsform | GmbH |
Tätigkeitsbereich | Energieversorger |
Gründungsdatum | 2002 |
Hauptsitz | Berlin |
Lobbybüro | |
Lobbybüro EU | |
Webadresse | www.vattenfall.de |
Die Vattenfall GmbH ist die deutsche Tochtergesellschaft des schwedischen Energieunternehmens Vattenfall AB. Dieser gehört zu 100% dem schwedischen Staat. Vattenfall ist nach E.ON, RWE und EnBW das viertgrößte Energieversorgungsunternehmen in Deutschland. Vattenfall steht aufgrund seiner Lobby-Aktivitäten für Braunkohle-Abbau sowie diverser ISDS-Klagen gegen die Bundesrepublik Deutschland in der öffentlichen Kritik.
Inhaltsverzeichnis
Lobbyarbeit: Struktur und Strategien
Lobbyist im Bundestag
Ulrich Freese ist seit 2013 Mitglied des Bundestags für die SPD und sitzt gleichzeitig in drei Aufsichtsräten von Vattenfall. Er war langjähriger IG-BCE-Gewerkschaftsfunktionär und gilt in Berlin als Braunkohle-Lobbyist.[1] Nach Informationen der Zeitung "Die Welt" geht folgender Satz im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD auf Freese zurück: "Die konventionellen Kraftwerke (Braunkohle, Steinkohle, Gas) als Teil des nationalen Energiemixes sind auf absehbare Zeit unverzichtbar."[2] Vattenfall baut in in der Lausitz/Brandenburg in großem Stil Braunkohle ab. Knapp 33.500 Arbeitsplätze hängen dort nach Angaben des Unternehmens von der Braunkohlenindustrie ab. Der Koalitionsvertrag stellt so sicher, dass die Bundesregierung in der Energiepolitik weiterhin auf die billige Braunkohle setzt.[3]
Für seine Wahlkampfkasse erhielt Freese Spenden in Höhe von 86.546 Euro. Zumindest ein Teil der Summe lässt sich laut eines Berichts im "Spiegel" auf ehemalige oder aktuelle Führungskräfte von Vattenfall zurückführen.[4]
Auftragsstudien
Vattenfall beauftragte das privatwirtschaftliche Forschungs- und Beratungsinstitut Prognos AG mit zwei Studien über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Braunkohletagebaus in den neuen Bundesländern. Die erste Studie wurde im Dezember 2005 unter dem Titel Energie- und regionalwirtschaftliche Bedeutung der Braunkohle in Ostdeutschland veröffentlicht und kommt zu dem Ergebnis, dass „[c]a. 23.600 Arbeitsplätze […] durch die ostdeutsche Braunkohleindustrie gesichert“ [5] werden. Zu dieser Zahl kommt Prognos, indem zu den direkt in der Braunkohleindustrie beschäftigten Arbeitnehmern auch „indirekte“ Beschäftigte bei Zulieferbetrieben (in sogenannten „Vorleistungssektoren“) gerechnet werden sowie sogenannte „induzierte“ Arbeitsplätze, welche durch Konsumausgaben der ersten beiden Gruppen entstehen. In der im September 2011 unter dem Titel Bedeutung der Braunkohle in Ostdeutschland erschienenen Folgestudie heißt es: „Insgesamt hängen in Ostdeutschland rund 33.500 Arbeitsplätze von der Braunkohleindustrie ab.“[6] Vergleicht man die Angaben aus den beiden Prognos-Studien, so ist bei den direkt Beschäftigten einen Anstieg um 9,8% von 10.182 im Jahr 2005 auf 11.179 im Jahr 2011 festzustellen. In den sogenannten Vorleistungssektoren stieg die Zahl der „indirekt“ Beschäftigten angeblich innerhalb von nur sechs Jahren um über 58% (von 10.600 auf 16.790). Die Zahl der induzierten Arbeitsplätze verdoppelte sich sogar fast von 2275 auf 5535, obwohl beide Studien von Konsumausgaben in Höhe von ca. 260 Millionen Euro ausgehen. Auch wenn diese in den Auftragsstudien genannten Zahlen kaum nachvollziehbar sind, werden sie in Publikationen der Braunkohlelobby immer wieder als Argument für die wirtschaftliche Notwendigkeit des Braunkohletagebaus genannt.
Astroturfing
Vattenfall fördert finanziell den Verein Pro Lausitzer Braunkohle,[7] in dessen Vorstand mit Marco Bayer auch ein direkter Vertreter von Vattenfall sitzt[8] Der Verein präsentiert sich als unabhängige Bürgerinitiative, die sich für eine Erweiterung des Tagesbaus stark macht.
Auf Anfrage von LobbyControl äußerte sich Vattenfall nicht dazu, wie viele Gelder in den Verein geflossen sind. Der Verein Pro Lausitzer Braunkohle betreibt eine eigene Geschäftsstelle im Cottbusser Haus der Wirschaft, aus der auch die Kampagne “Meine Stimme fürs Revier” organisiert wurde. Die Aktionen der Kampagne umfassten eine Plakataktion vor der Greenpeace-Zentrale in Hamburg und kostspielige Großkundgebungen im Vorfeld von politischen Sitzungen zum Thema Braunkohle. Auch die Veranstaltung eines "Zuckertütenfests" in einem Vergnügungspark in einem stillgelegten Tagebaugebiet wurde angeblich vom Verein selbst finanziert. Die finanziellen Ressourcen, die hinter solchen Kampagnen stecken, können die zahlreichen Bürgerinitiativen, die sich gegen den Braunkohletagebau aussprechen, bei Weitem nicht auftreiben.
Sponsoring
Vattenfall tritt häufig als Sponsor von Sport- und Kulturveranstaltungen auf. Beim Berliner Halbmarathon oder der Laufveranstaltung City-Night ist Vattenfall als einer der größten Sportsponsoren der Stadt überall sichtbar. Vor allem auch in der Lausitz, wo Vattenfall bereits mehrere Dörfer wegbaggern lies, versucht das Unternehmen mit hohen Sponsoringsummen in Sport und Kultur seinen Ruf aufzubessern. Hier besteht ein besonders breites, von Vattenfall gesponsortes Angebot: Jugendförderung, die Unterstützung mehrerer Sportvereine, große Schulsportveranstaltungen, einen Architekturpreis etc.[9] Auch die Renovierung und Instandhaltung des Brandenburger Tors wird von Vattenfall gesponsort - dafür darf sich das Unternehmen "Partner des Brandenburger Tors" nennen.
Rekommunalisierung der Berliner Stromnetzes
Berlin privatisierte sein Stromnetz im Jahr 1997. Seitdem ist Vattenfall der Betreiber. 2011 gründete sich der Berliner Energietisch nach dem Vorbild des Berliner Wassertisches mit dem Ziel, die Stromversorgung in Berlin nach demokratischen, ökologischen und sozialen Kriterien zu organisieren. Dem Versorger Vattenfall wurde vorgeworfen, zu sehr auf dem Abbau von Braunkohle zur Energiegewinnung zu verharren. Der Berliner Senat unterstütze den hohen Verkaufspreis des Stromnetzes von bis zu drei Milliarden Euro - der Energietisch rechnete dagegen mit 400 Millionen Euro[10].
Nach einem erfolgreichen Volksbegehren wurde ein Volksentscheid über die Rekommunalisierung auf den 3. November 2013 gesetzt, obwohl eine Zusammenlegung des Volksentscheids mit der Bundestagswahl am 22. September 2013 möglich gewesen wäre. Der Energietisch als Initiator des Volksbegehrens äußerte die Vermutung, der Senat hoffe, dass der Volksentscheid auf diese Weise am Zustimmungsquorum scheitern werde. Genau dies trat auch ein - der Gesetzentwurf ist in der Abstimmung gescheitert und wurde deshalb nicht angenommen. Es stimmten zwar 83 Prozent der Abstimmungsteilnehmer mit Ja, jedoch wurde das Quorum von 25 Prozent aller Stimmberechtigten mit 24,1 Prozent knapp verfehlt.[11].
PR-Kampagne
Im Vorfeld einer wichtigen Abstimmung im Braunkohleausschuss des Landes Brandenburg am 28. April 2014 startete Vattenfall eine Anzeigenkampagne unter dem Motto "Was wichtig ist". Die verschiedenen Anzeigemotive, in denen Menschen aus der Lausitz für den Braunkohletagebau werben, erschienen erstmals im November 2013 in verschiedenen Lausitzer Zeitungen und auf ca. 160 Großaufstellern in der Region. Vattenfall versuchte mit dieser Kampagne, eine breite Öffentlichkeit von der Notwendigkeit des Braunkohletagebaus zu überzeugen.
Fallbeispiele und Kritik
ISDS-Klagen gegen Deutschland
Vattenfall verklagte die Bundesrepublik Deutschland bereits zwei Mal vor internationalen Schiedsgerichten im Rahmen von ISDS-Verfahren. Das erste mal klagte Vattenfall im Jahr 2009 als der Hamburger Senat die Wassernutzungsregeln für das Kohlekraftwerk Hamburg-Moorburg veränderte. Vattenfall dürfe zum Schutz des Ökosystems nur eine bestimmte Menge an Elbwasser zum Kühlen verwenden, abhängig von Temperatur und Sauerstoffgehalt des Flusses. Auf Basis der Europäischen Energiecharte, einem Investitionsschutzabkommen mit ISDS-Klagemöglichkeit für Unternehmen, wurde vor einem internationalen Schiedsgericht in Washington verhandelt. Zum ersten Mal in der Geschichte musste sich die Bundesregierung wegen „Investitionsbehinderungen“ vor einem Schiedsgericht verteidigen. Die Klage wurde mit einem Kompromiss beigelegt. Hamburg musste seine Umweltauflagen soweit zurückziehen und aufweichen, dass sie anschließend gegen die EU-Naturschutz-Richtlinie verstießen.
Die EU verklagte die Bundesrepublik Deutschland daraufhin vor dem EuGH, Hamburg habe mit der Zurücknahme der Wassernutzungsregeln für das Vattenfall-Kohlekraftwerk die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie verletzt. Konkret soll die Wasserentnahme zur Kühlung des Kraftwerks schädlich für seltene Fische sein. Brisant ist, dass die EU-Kommission, die Deutschland verklagt, weil sie den Vergleich mit Vattenfall auf Basis des Investitionsschutzes für unvereinbar mit dem EU-Vertrag hält, sich gleichzeitig auch für die Aufnahme von Investitionsschutz in die geplanten Handelsverträge TTIP und CETA einsetzt. Es ist unklar, inwieweit die Kommission mit dem Fall weiter umgeht - eine Eskalation würde den Protest gegen die Aufnahme von ISDS-Verfahren in die geplanten Freihandelsabkommen forcieren.[12]
Das zweite Mal verklagte Vattenfall 2012 die Bundesrepublik Deutschland nachdem diese bekannt gab, aus der Energieproduktion von Atomkraftwerken aussteigen zu wollen. Vattenfall klagte wegen der Stillegung der schleswig-holsteinischen Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel auf 4,7 Milliarden Euro Schadenersatz. Bis März 2015 kostete das noch laufende Verfahren die Bundesrepublik bereits 4,1 Millionen Euro.[13]
Lobbyisten in Ministerien
Das Bergbauunternehmen Lausitzer Braunkohle AG (LAUBAG) fusionierte 2002 mit den Hamburgische Electricitäts-Werken (HEW) unter Federführung des schwedische Konzerns Vattenfall AB zu Vattenfall Mining AG. Aus der LAUBAG wird die Vattenfall Mining AG.
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Kurzdarstellung und Geschichte
Das Berliner Geschäftsstelle von Vattenfall arbeiten allein 20 Mitarbeiter in der Lobbyabteilung des Konzerns. Chef der Berliner Lobbyabteilung ist Alexander Jung, der früher das Vorstandsbüro Deutschland leitete.[14]
Struktur, Geschäftsfelder und Finanzen
Die Vattenfall GmbH hat mehrere 100%-ige Tochtergesellschaften, darunter:
- Stromnetz Berlin GmbH
- Vattenfall Europe Mining AG
- Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH
Quelle: [15]
Politiker im Aufsichtsrat der Vattenfall Europe Mining AG | ||
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Ulrich Freese (Stellv. Vorsitzender) | SPD |
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Ehemalige Politiker im Aufsichtsrat | ||
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Burkhard Dreher (neutr. MG) | SPD | 1994-1999 Wirtschaftsminister von Brandenburg |
Rolf Linkohr | SPD |
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Martina Gregor-Ness | SPD | Mitglied des Landtages Brandenburg, Umweltpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion |
Reinhardt Schultz | SPD | bis 2009 Mitglied des Bundestages |
(Stand: August 2015) Quelle: [15]
Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus
Einzelnachweise
- ↑ Biografie Ulrich Freese bundestag.de, abgerufen am 24.08.2015
- ↑ Im War Room der Demokratie Spiegel Online vom 02.12.2013, abgerufen am 24.08.2015
- ↑ Wie die Braunkohle-Lobby der SPD am Koalitionsvertrag mitschrieb welt.de vom 12.12.2013, abgerufen am 23.04.2014
- ↑ Auffällige Spenden im Bundestagswahlkampf des Vattenfall-Aufsichtsrats Ulrich Freese, Spiegel online vom 22.06.2014, abgerufen am 09.09.2014
- ↑ [http://www.lobbycontrol.de/wp-content/uploads/Prognos_Braunkohle_2005.pdf Bericht: Energie- und regionalwirtschaftliche Bedeutung der Braunkohle in Ostdeutschland], S. 1., Prognos AG 2005, abgerufen am 25.08.2015
- ↑ Bedeutung der Braunkohle in Ostdeutschland, S. 27., Prognos AG 2011, abgerufen am 25.08.2015
- ↑ DER SPIEGEL 44/2013, abgerufen am 14.05.2014.
- ↑ Vattenfall Europe AG Energieregion Lausitz-Website, abgerufen am 14.05.2014.
- ↑ Sponsoring in der Lausitz Vattenfall-Website, abgerufen am 24.08.2015
- ↑ Vattenfall verkauft sich zu teuer die taz vom 06.03.2012, abgerufen am 24.08.2015
- ↑ Energieversorgung: Berliner Strom-Volksentscheid gescheitert Spiegel Online vom 03.11.2013, abgerufen am 24.08.2015
- ↑ Eine Tragödie in fünf Akten die taz vom 27.02.2015, abgerufen am 24.08.2015
- ↑ Vattenfall-Klage kostet Deutschland schon jetzt Millionen Handelsblatt vom 12.03.2015, abgerufen am 24.08.2015
- ↑ Wer lenkt die Lobbyisten? PR-Magazin 07/2011, abgerufen am 24.08.2015
- ↑ 15,0 15,1 Beteiligungsverhältnisse des deutschen Vattenfall-Konzerns Webseite Vattenfall, abgerufen am 23.04.2014
- ↑ 16,0 16,1 Lebenslauf Dr. Rolf Linkohr Private Webseite, abgerufen am 23.04.2014