Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung
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Genauer Name: Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung, auch SoFFin abgekürzt. Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung. Sitz: Frankfurt / Main.
Der SoFFin wurde am 17. Oktober 2008 durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz (Rettungsschirm) ins Leben gerufen, um das Finanzsystem in Deutschland in der Krise zu stabilisieren. Dazu soll er der deutschen Finanzbranche mit bis zu 480 Milliarden Euro unter die Arme greifen. Im Frühjahr 2010 belaufen sich - laut Handelsblatt - die deutschen Banken zugesagten Garantien auf einen Kreditrahmen von 147,7 Mrd. Euro. Zudem soll der Soffin 28 Mrd. Euro als frisches Eigenkapital an Banken vergeben haben.[1] Die Garantien des Soffin laufen - nach Informationen der Soffin-Pressestelle - in der Regel über 3 Jahre, in Ausnahmefällen über 5 Jahre. Der Fonds ist zeitlich begrenzt und soll am 31. Dezember 2010 geschlossen werden, besteht dann aber weiter, um sein Vermögen zu verwalten, Garantien zu überwachen etc.
Der Fonds ist eine mächtige Institution, in der ein kleiner Kreis von Entscheidungsträgern weitreichende Entscheidungen über enorme öffentliche Mittel treffen. Sowohl in der Entstehung des Fonds als auch in der Mittelvergabe gibt es nur eine geringe parlamentarische Kontrolle, obwohl die vom SoFFin gemachten Schulden die Bürgerinnen und Bürger wahrscheinlich lange belasten werden.
Inhaltsverzeichnis
Struktur
Soffin-Lenkungsausschuss
Das bestimmende Organ des Soffin - und somit eines der mächtigsten Gremien der Republik - ist der sog. Lenkungsausschuss, der (nach Informationen der Soffin-Pressestelle vom 9.März 2010) bei Bedarf in Berlin tagt und in Krisenzeiten mitunter wöchentlich zusammen trifft. Der Lenkungsausschuss entscheidet über:
- Stabilisierungsmaßnahmen
- Grundsatzfragen
- besondere Angelegenheiten
- Auflagen "Struktur des Fonds", www.soffin.de, abgerufen am 9. März 2010
Zusammensetzung im März 2010:
- Jörg Asmussen (Vertreter des Finanzministeriums),
- Jens Weidmann (Vertreter des Bundeskanzleramts)
- Brigit Grundmann (Vertreterin des Bundes-Justizministeriums)
- Bernhard Hetzer (Bundes-Wirtschaftsministerium)
- Kurt Biedenkopf (Vertreter der Bundesländer)
Soffin-Leitungsausschuss
Er dafür zuständig den Soffin zu verwalten und dem Lenkungungsausschuss Entscheidungsvorschläge vorzulegen. Das Gremium wird vom Bundesministerium für Finanzen "im Benehmen mit der Bundesbank" ernannt und von ihm beaufsichtigt. [2]
Im Soffin-Leitungsausschuss sitzen im Juli 2010:
- Hannes Rehm (Sprecher), ehem. Geschäftsführer des Bundesverband öffentlicher Banken Deutschlands und des Deutscher Sparkassen- und Giroverband, ehem. Vorstandsvorsitzender der Norddeutschen Landesbank,
- Christopher Pleister, ehemaliger Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken,
- Gerhard Stratthaus, ehemaliger Finanzminister Baden-Württembergs.
(schwaches) parlamentarisches Kontrollgremium
Das Gremium des Bundestags zum Finanzmarkt-Stabilisierungsfond umfasst neun Mitglieder und ist ein Unterausschuss des Haushaltsausschuss. Die Besetzung im Juli 2010[3]:
- Florian Toncar (FDP, Vorsitzender)
- Bartholomäus Kalb (CSU, stellv. Vorsitzender)
- Alexander Bonde (Die Grünen)
- Ralph Brinkhaus (CDU)
- Roland Claus (Die Linke)
- Leo Dautzenberg (CDU)
- Georg Schirmbeck (CDU)
- Carsten Schneider (SPD)
- Carsten Sieling (SPD)
Das Gremium kann die Mittelvergabe durch den SoFFin nicht effektiv kontrollieren. Mehr Problematik der schwachen parlamentarischen Kontrolle unter Finanzmarktstabilisierungsgesetz.
Wirken des SoFFin
Beteiligung an Pleite-Kandidaten und Milliardenverlust
Im Frühjahr 2010 ist der Soffin inzwischen einziger Eigentümer des insolventen Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate, und hält Beteiligungen an der Commerzbank, der WestLB und der Aareal Bank. 2009 hat der SoFFin laut Handelsblatt einen Verlust von bis zu vier Milliarden Euro gemacht: "Die Belastung stamme zum größten Teil aus dem Engagement beim angeschlagenen Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE), der vom Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung bislang frisches Kapital in Höhe von 6,3 Mrd. Euro bekommen hat, sagen regierungsnahe Kreise."[1]
Laut Interview mit Florian Toncar soll der 25-Prozent-Aktienanteil des Soffin an der Commerzbank im Januar 2010 knapp 2 Milliarden Euro wert gewesen sein. Er diene der Absicherung der vom Soffin gleichzeitig in die Bank eingebrachten stillen Einlage im Wert von 16,4 Mrd. Euro. Toncar sagte am 9. Januar 2010 wörtlich: "Schätzungsweise 50 Prozent der Wertberichtigungen stehen noch aus, wobei einige Institute davon stärker betroffen sind und andere kaum. 2010 werden durch Insolvenzen auch die Ausfälle im klassischen Kreditgeschäft zunehmen." [4]
Deponie für Schrott-Papiere
Mit dem "Bad-Bank-Gesetz" (Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung) erhielt der Soffin am 23. Juli 2009 weitere Kompetenzen. Er kann sogenannte "Bad Banks" ins Leben rufen, in welchen Banken ihre faulen Risikopapiere entsorgen können.
Dafür waren zwei Modelle (teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts) vorgesehen, die vom Soffin errichtet werden können:
A) Die Zweckgesellschaft (Das Zeitfenster zur Beantragung endete am 22. Januar 2010, ohne dass das Modell genutzt wurde)
B) Die Abwicklungsanstalt (Frist endet am 31. Dezember 2010)
Am 11. Dezember 2009 wurde das erste Institut dieser Art, die sog. "Erste Abwicklungsanstalt", für die WestLB gegründet. Die Süddeutsche stellt den Vorgang wie folgt dar: "Dadurch soll das Institut von der WestLB bis Ende April ein Portfolio im Nennwert von 85 Milliarden Euro übernehmen. Neben der Festlegung des Statuts wurden auch die Verwaltungsratsmitglieder und der vorläufige Vorstand bestellt. In einem ersten Schritt geht es um Papiere im Volumen von rund 6 Milliarden Euro. Darunter befinden sich strukturierte Finanzierungen sowie Anleihen von Staaten, Unternehmen und Finanzinstituten. Enthalten ist auch die Refinanzierung einer Zweckgesellschaft, in die die WestLB bereits Anfang 2008 risikoreiche Papiere im Volumen von 23 Milliarden Euro ausgelagert hatte. Diese Zweckgesellschaft in Irland gilt als eigentliche Bad Bank der WestLB. Sie schrumpft durch die jetzige Abspaltung um ein Drittel. Ende November (2009) hatten die WestLB-Eigentümer und der Bund ein Rettungspaket für die nordrhein-westfälische Landesbank geschnürt. Der Bund gibt eine Kapitalspritze von bis zu 4 Milliarden Euro für die Kernbank. Die NRW-Sparkassen und das Land NRW tragen Garantien in Höhe von einer Milliarde Euro für die Bad Bank und müssen außerdem auch unerwartete Verluste der Bad Bank übernehmen[5]
Rüge gegen Soffin
Der SoFFin wurde im Jahr 2010 vom Bundesrechnungshof gerügt, aufgrund der intransparenten Auftragsvergabe und des Einsatzes externer Beratern bei der Finanzmarktstabilisierung, die dem Soffin angeblich über 70 Millionen Euro in Rechnung stellten. In der Printausgabe vom 7. April 2011 berichtet der Stern von einer Liste, die kurz vor der Jahreswende den Bundesrechnungshof verließ, jedoch bis heute unter Verschluss im Bundesministerium von Wolfgang Schäuble (CDU) sei. Ebenso gebe es eine interne Aufstellung vom 28. Februar 2011, die zeige, wie stark Anwaltskanzleien und Beratungsfirmen von der Finanzkrise profitiert haben.<ref<Berater kassieren bei Bankenrettung stern.de vom 6. April 2011, abgerufen am 13. Mai 2011</ref>
Der ehemalige Unions-Fraktionschef Friedrich Merz habe mit seiner internationalen Wirtschaftskanzlei Mayer Brown allein elf Millionen Euro für die Rechtsberatung der WestLB gefordert, heißt es. Für die Auftragsvergabe von externen Dienstleistern unterliegt der SoFFin den Regeln der öffentlichen Auftragsvergabe. In der Satzung der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung vom 12. Juli 2010 heißt es auf Seite 875 in § 2 Absatz 4: „Bei der Vergabe von Aufträgen an Dritte sind die für die öffentliche Auftragsvergabe geltenden Vorschriften einzuhalten.“ [6] Zu den allgemeinen Grundsätzen von Vergaberichtlinien zählt laut § 97 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung Absatz 1 die Vorschrift: „Öffentliche Auftraggeber beschaffen Waren, Bau- und Dienstleistungen [...] im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren.“ [7]
Im Fall der Kanzlei Mayer Brown sei dieses transparente Vergabeverfahren, dem Bericht des Stern zu folge, vom Bundesrechnungshof kritisiert worden. Eine faire, öffentliche Ausschreibung habe zudem ebenfalls nicht stattgefunden. Aus den Unterlagen des Bundesrechnungshofes wird zitiert: „Da waren Akten unvollständig, Vergabevermerke undatiert, und die Vertragsgestaltung habe der Soffin oft im Wesentlichen seinen Auftraggebern überlassen. Den Unterlagen ließ sich gar zum Teil laut Rechnungshof nicht entnehmen, warum man für die Aufgaben überhaupt einen externen Berater benötige“. Angeblich, so das Finanzministerium auf Nachfrage des Stern, seien jedoch allein die Ausschreibungskriterien für Mayer Brown entscheidend gewesen und nicht etwa die CDU-Nähe des Mitarbeiters Friedrich Merz.
Zitate Soffin
- „Wir müssen der Öffentlichkeit klar sagen, dass die Rettung von Banken kein Geschäft ist.“
Florian Toncar, Vorsitzender des Soffin-Kontrollgremiums. "Milliardenverlust bei Rettungsfonds Soffin", Handelsblatt, 25. Februar 2010
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 "Milliardenverlust bei Rettungsfonds Soffin", Handelsblatt, 25. Februar 20107
- ↑ "Struktur des Fonds", www.soffin.de, abgerufen am 9. März 2010
- ↑ Struktur des SoFFin laut eigener Webseite, abgerufen am 7. Juli 2010
- ↑ "Neuer Soffin-Chefkontrolleur fordert Banken-Stresstest", finanzen.net, 9. Januar 2010
- ↑ "Die erste Bad Bank postiert sich", Süddeutsche, 14. Dezember 2009
- ↑ Satzung der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung, Jahrgang 2010, ausgegeben zu Bonn am 12. Juli 2010], abgerufen am 9. Mai 2011
- ↑ "Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)", abgerufen am 9. Mai 2011