Deutsches Institut für Altersvorsorge
Deutsches Institut für Altersvorsorge (DIA) | |
---|---|
Rechtsform | GmbH |
Tätigkeitsbereich | Lobbying für die Privatrente |
Gründungsdatum | 1997 |
Hauptsitz | Lindenstr. 14, 50674 Köln |
Lobbybüro | |
Lobbybüro EU | |
Webadresse | dia-vorsorge.de |
Das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) ist eine von der Deutschen Bank und ihren Tochterfirmen finanzierte Einrichtung, die sich auf ihrer Website als "Denkfabrik zur Stärkung der privaten Altersvorsorge" bezeichnet.[1]
In den Medien werden beim Thema "Gesetzliche Rentenversicherung" oft Studien des DIA herangezogen, ohne den Hinweis auf die dahinterstehenden Geldgeber und Interessen zu nennen. Das Interesse der Banken- und Versicherungsbranche ist naturgemäß eine Ausweitung der Geldanlage in ihre Altersvorsorgeprodukte. Als Autoren tauchen dabei immer wieder Bernd Raffelhüschen und Meinhard Miegel auf.
Inhaltsverzeichnis
Lobbystrategien und Einfluss
Das DIA hat eine Vielzahl von Studien in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen und Professoren, die meist der Versicherungswirtschaft und/oder Finanzdienstleistern nahestehen, veröffentlicht.
Jahr | Studien des DIA | Autoren |
2011 | "Zukunftstrends in der Altersvorsorge" | Matthias Horx/ Christian Rauch |
2011 | "Soziale Pflegeversicherung heute und morgen" | Bernd Raffelhüschen u.a. |
2008 | "Die Pflegeversicherung in der Krise" | Bernd Raffelhüschen u.a. |
2004 | "Akzeptanzprobleme bei Rentenreformen - Wie die Bevölkerung überzeugt werden kann" | Axel Börsch-Supan u.a. |
2001 | "Rentenreform 2001 - Auf dünnem Eis gebaut" | Meinhard Miegel u.a. |
1998 | "Renditen der gesetzlichen Rentenversicherung im Vergleich zu alternativen Anlageformen" | Meinhard Miegel, Bernd Raffelhüschen, Reinhold Schnabel |
Quelle: Studien sind findbar im Buchshop des DIA
Fallstudien und Kritik
Fragwürdige Methoden beim Renditevergleich von gesetzlicher Rentenversicherung und alternativen Anlageformen
1998 kritisierte DIE ZEIT den in der ersten Studie des DIA dargelegten Renditevergleich zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und Wertpapieren sowie Lebensversicherungen: "Die Verfasser haben ihr Rechenmodell so geformt, daß rauskommen mußte, was wohl rauskommen sollte: Die Rendite der gesetzlichen Rentenversicherung tendiert danach zukünftig bestenfalls gegen Null, der Kauf von Aktien ist die rentierlichste Form der Altersvorsorge - eine aus Werbekampagnen der Kreditwirtschaft altbekannte Botschaft."[2]
2008 wiesen Bert Rürup (damaliger Vorsitzender des Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung) und Herbert Rische (Präsident der Deutschen Rentenversicherung Bund) in einer gemeinsamen Erklärung auf die fragwürdigen Methoden hin, mit denen das DIA die Rendite für die gesetzliche Rentenversicherung berechnete.[3] So bringe das DIA bei seinen Renditeberechnungen auch eine zukünftige Geldentwertung in Ansatz, was notwendigerweise zu niedrigeren, realen Renditen führe. Bei Altersvorsorgeprodukten der Finanz- und Versicherungswirtschaft ließen die Anbieter bei ihren Renditeberechnungen dagegen die Inflation regelmäßig unberücksichtigt. Problematisch sei auch der vom DIA vorgenommene Vergleich der Rendite in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Renditen von Finanzprodukten wie Anleihen oder Fonds. Bei der Berechnung der Renditen dieser Produkte habe das DIA das biometrische Risiko der Langlebigkeit vollkommen ausgeblendet.
2005: Die Privatvorsorge-Lobby auf SPIEGEL ONLINE
SPIEGEL ONLINE berichtet in alarmierendem Ton über die (angeblich mangelhafte) Altersversorgung.[4] Dabei bezieht sich der Bericht allein auf eine Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA). SPIEGEL ONLINE unterlässt es, auf die dahinterstehenden Geldgeber des DIA, mithin die Interessen der Deutschen Bank hinzuweisen. Der Beitrag mündet zwangsläufig in der nicht formulierten Empfehlung: Jetzt hilft nur noch Privatvorsorge.[5]
Organisationsstruktur und Personal
Gesellschafter
Gesellschafter sind:
- Deutsche Bank
- DWS Group (Markenname für den Geschäftsbereich Asset Management der Deutschen Bank und ihrer Tochtergesellschaften)
- BHW Bausparkasse (Tochterunternehmen der Deutschen Bank)
- Zurich Deutschland (Tochterunternehmen der Zurich Insurance Group AG), Kooperationspartner der Deutschen Bank[6]
(Stand: April 2023) Quelle: [7]
Geschäftsführer
- Werner Janzen, ehem. Deutsche Bank-Versicherungsexperte[8]
- Iradj Memar-Khasse, ehem. Vorsorgeexperte der Deutschen Bank[9]
(Stand: April 2023) Quelle: [10]
Sprecherrat
- Klaus Morgenstern (Chefredakteur Dienste), ehem. Chefredakteur der Finanzfachzeitschrift "portfolio international"
- Fabian Dittrich, ehem. Mitarbeiter der DWS Group
(Stand: April 2023) Quelle: [11]
Förderpartner/Kuratorium
Die Förderpartner unterstützen sowohl fachlich als auch finanziell die Arbeit des DIA und treten als deren Botschafter auf.[12] Sie sind außerdem Mitglieder des Kuratoriums.
Förderer/Mitglieder des Kuratoriums sind - neben den Gesellschaftern aus der Gruppe der Deutschen Bank und der Zurich Group - die folgenden Unternehmen: Allianz Lebensversicherung, deutsche Niederlassung der Aegon Ireland pllc, PB Versicherungen und Postbank (Stand: Januar 2016).[13]
Verbindungen
- Meinhard Miegel, 1997-2006 Wissenschaftlicher Berater des DIA[14], 2003-2010 Konzernbeirat des Versicherungskonzerns AXA
- Bernd Raffelhüschen erstellt Studien für das DIA. In der Studie "Soziale Pflegeversicherung heute und morgen" von 2011 tritt er gegen die gesetzliche Pflegeversicherung ein. Er schlägt im Pflegefall eine einjährige Karenzzeit vor, währenddessen die Pflegebedürftigen ihre Pflegekosten allein tragen sollen - oder mit Hilfe einer privaten Zusatzversicherung.[15]
Kurzdarstellung und Geschichte
Das DIA ist 1997 von der Deutsche Bank gegründet worden.
Die Gesellschafter des Instituts sind:
- Deutsche Bank AG
- Deutsche Bank Bauspar AG
- DWS Investment GmbH (Fondsgesellschaft der Deutschen Bank-Gruppe)
- Deutscher Herold AG (ehemalige Tochter der Deutschen Bank, inzwischen von der Zurich Gruppe Deutschland übernommen)
Weiterführende Informationen
- Holger Balodis/Dagmar Hühne: Die Vorsorgelüge - Wie Politik und private Rentenversicherungen uns in die Altersarmut treiben, Berlin 2012
Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus
Einzelnachweise
- ↑ [Neuer Standort, neue Aufstellung - das DIA in Berlin], DIA-Webseite vom 13.12.2012, abgerufen am 29.04.2016
- ↑ Marie-Luise Hach-Fleck: Vorsorglich gekauft Die Bankiers wollen den Deutschen an die Rente, Die Zeit vom 9. Juli 1998, Website Zeit, abgerufen am 13. November 2012
- ↑ Rürup und Rische: Rentenrenditen auch in Zukunft positiv, Website Deutsche Rentenversicherung, agerufen am 13. November 2012
- ↑ Deutsche verschlafen die Altersvorsorge Spiegel-Online vom 03.03.2005, abgerufen am 26.04.2012
- ↑ Die Undercover-Arbeit der Privatvorsorge Lobby nachdenkseiten.de vom 04.03.2005, abgerufen am 26.04.2012
- ↑ Gesellschaften und Partner, zurich.de, abgerufen am 03.03.2021
- ↑ Über uns, dia-vorsorge.de, abgerufen am 04.04.2023
- ↑ Presseerklärung vom 13. November 2003: Lebensversicherungen - Der Countdown läuft, newsroom Deutsche Bank AG, Presseportal Deutsche Bank, abgerufen am 10. November 2012
- ↑ https://zeitzufragen.podigee.io kann ich nachhaltig fürs Alter vorsorgen?], zeitzufragen.de vom 01.07.2021, abgerufen am 04.03.2023
- ↑ imressum, Webseite DIA, abgerufen am 04.04.2023
- ↑ Über uns, Website DIA, abgerufen am 04.04.2023
- ↑ Presseinformation des DIA vom 30. Januar 2014, abgerufen am 11- 01. 2016
- ↑ Über uns, Webseite DIA, abgerufen am 11. 01. 2016
- ↑ Webseite-Denkwerkzukunft abgerufen am 17.04.2012
- ↑ Raffelhüschen befürchtet Pflegekollaps mit Ansage Der Tagesspiegel vom 03.05.2011, abgerufen am 01.07.2011