Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung

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Der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) wurde im Herbst 2008 von der Bundesregierung als "Rettungsschirm" ins Leben gerufen, um das Bankensystem in Deutschland zu stützen, welches infolge der Lehman-Pleite in die Finanzkrise geraten war.

In diesem Fonds trifft ein kleiner Kreis von Entscheidungsträgern weitreichende Entscheidungen über Milliarden Euro an Steuergelden. Darüber gibt es nur eine schwache parlamentarische Kontrolle durch das 9-köpfige Finanzmarktgremium des Deutschen Bundestages.


Kurzdarstellung und Geschichte


Historischer Überblick über die Maßnahmen des SoFFin Quelle:
17.10.2008 Errichtung des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) und der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) [1]
Herbst 2008
  • Ausgestattet wurde der SoFFin im Herbst 2008 mit einem Volumen von 480 Milliarden Euro. Dabei entfielen 400 Mrd. € auf Garantien, die die Banken etwa für die Ausgabe neuer Anleihen nutzen konnten. Weitere 80 Mrd. € bestanden aus Kapitalhilfen; dies waren vor allem stille Einlagen, aber auch bei der Commerzbank eine Beteiligung.
  • Das Maximalvolumen wurde von den Banken nie ausgeschöpft. Sie nahmen weniger als die Hälfte der angebotenen Leistungen in Anspruch.
[2]
04.05.2009 SoFFin hält 47,31 % an der Hypo Real Estate Holding AG (HRE) [1]
23.07.2009 Mit dem "Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung" erhielt der SoFFin am 23. Juli 2009 weitere Kompetenzen. Er kann sogenannte "Bad Banks" ins Leben rufen, in welchen Banken ihre faulen Risikopapiere entsorgen können.
13.10.2009 Vollständige Übernahme der HRE durch den SoFFin [1]
31.12.2010 Zunächst keine neuen Leistungen des SoFFin mehr möglich. Auf bestehenden Stabilisierungsmaßnahmen beruhende Verantwortlichkeiten nimmt er weiter wahr. [1]
Oktober 2011 Bis Oktober 2011 gab es bei den Garantien keine Ausfälle. Für die Garantien müssen die Banken Gebühren von 1-2% pro Jahr zahlen. Damit erzielte die FMSA 2010 Einnahmen von rund 900 Millionen Euro. [2]
01.03.2012 "Wiedereröffnung" des SoFFin bis Ende 2012 [1]
Ende 2012 [3]
01.01.2013 Es wird die bis Ende 2014 befristete Möglichkeit geschaffen, Maßnahmen nach dem Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz (FMStFG) zu gewähren. [4]


Stand:
31.12.2012
Historischer Überblick über die Maßnahmen des SoFFin in Darstellung der FMSA


Organisationsstruktur und Personal

Der SoFFin wird geleitet vom Lenkungsausschuss und Leitungsausschuss der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA).


Bei Gründung des SoFFin im Herbst 2008 waren im Lenkungsausschuss vertreten:

Quelle: [5]


Parlamentarische Kontrolle der FMSA und des SoFFin

Die Mitglieder des sogenannten Gremiums zum Finanzmarktstabilisierungsfonds (Finanzmarktgremium) üben die parlamentarische Kontrolle über die FMSA, den SoFFin sowie den Restrukturierungsfonds aus. In das Finanzmarktgremium sind neun Mitglieder des Bundestages gewählt:[6]

  • Florian Toncar (FDP, Vorsitzender)
  • Bartholomäus Kalb (CSU, stellv. Vorsitzender)
  • Ralph Brinkhaus (CDU)
  • Roland Claus (Die Linke)
  • Klaus-Peter Flosbach (CDU)
  • Gerhard Schick (Die Grünen)
  • Georg Schirmbeck (CDU)
  • Carsten Schneider (SPD)
  • Carsten Sieling (SPD)

(Stand: März 2013) Quelle: [1]

Das parlamentarische Kontrollgremium tagt nicht öffentlich. Nur die 9 Abgeordnete erhalten wöchentlich Auskunft über Entscheidungen des Sonderfonds, fast immer von der Spitze des SoFFin persönlich. Die Politiker dürfen aber über das, was sie hören, in der Öffentlichkeit nicht reden.[5]


Finanzmarktstabilisierungsgesetz




Wirken des SoFFin

2008-2012: SoFFin zahlte an externe Berater 100 Millionen Euro

Im Zeitraum Oktober 2008 bis Dezember 2012 flossen fast 100 Millionen Euro an Beratungshonoraren von der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) an Geldhäuser wie die Deutsche Bank, Rothschild und Goldman Sachs. Ebenfalls auf der Empfängerliste: Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater wie KPMG oder Roland Berger sowie Top-Anwaltskanzleien wie Freshfields Bruckhaus Deringer, Hengeler Mueller und White & Case. Das geht aus einer streng vertrauliche Liste aus dem Bundesfinanzministerium hervor, die dem Handelsblatt vorliegt.[7]
Die Kosten der Beratungsleistungen müssten die Geldhäuser, denen geholfen wurde, allerdings selbst tragen, teilte die FMSA mit.[8]

2008-2012: Fragwürdige externe Beratung

Nach einem Bericht des Handelsblatts aus Kreisen der FMSA wurden nahezu alle Beratungsleistungen, die sich auf mehr als 100 Millionen Euro summieren, nicht öffentlich ausgeschrieben. „Rund 90 Prozent“ der Verfahren seien „wegen Eilbedürftigkeit und aus Geheimhaltungsgründen“ freihändig vergeben worden, heißt es dazu bei der FMSA. Die Behörde, die den Bankenrettungsfonds SoFFin verwaltet, rechtfertigt die freihändige Vergabe, bei der sie selbst die Unternehmen aussucht, die ein Angebot machen dürfen, mit dem Unterschreiten betragsmäßiger Schwellenwerte. Bei anderen Mandaten habe sie von einer Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht, die bei „dringlichen zwingenden Gründen“ eine Vergabe ohne Wettbewerb erlaube. Nach Informationen des Handelsblatts aus gut informierten Kreisen sollen jedoch einige der Honorare im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich gelegen haben – und damit deutlich über dem ausschreibefreien Schwellenwert. Experten bezweifelten zudem, dass sich die FMSA bei der Auftragsvergabe in einer zeitlichen Zwangslage befunden habe.[9]
Bereits Ende Dezember 2010 rügte der Bundesrechnungshof den SoFFin in einem vertraulichen Bericht wegen dem massiven Einsatz von externen Beratern. "Die Vertragsgestaltung" habe der SoFFin "oft im Wesentlichen" seinen Auftragnehmern überlassen, bemängelte der Rechnungshof. Den Unterlagen habe sich zum Teil "nicht entnehmen" lassen, warum man für die Aufgaben überhaupt "einen externen Berater benötigte". Überdies habe der SoFFin bei einzelnen Aufträgen "vergaberechtlich fragwürdig" gehandelt und etwa auf Ausschreibungen verzichtet. Es sei auch "nicht immer" gelungen, "den Anschein von Interessenkonflikten" zu vermeiden.[10]

2010: Verkaufsauftrag für die WestLB an Friedrich Merz

Der ehem. CDU-Politiker und Rechtsanwalt Friedrich Merz fungierte ab Juni 2010 auf Betreiben der EU-Wettbewerbskommission als so genannter "Verkaufsbeauftragter" im Namen der WestLB-Eigentümer und des Bankenrettungsfonds SoFFin. Dabei assistierten ihm seine eigene Anwaltskanzlei Mayer Brown und dazu Morgan Stanley. Wie "Welt Online" aus Finanzkreisen erfuhr, hat Mayer Brown im Jahr 2010 rund 2 Mio. Euro im Zusammenhang mit Merz' Auftrag von den WestLB-Eigentümern überwiesen bekommen. Merz hatte die WestLB im Herbst 2010 als Ganzes zum Verkauf ausgeschrieben.[11] Der angestrebte Komplettverkauf der WestLB blieb erfolglos, da Friedrich Merz trotz intensiver Suche keinen geeigneten Käufer finden konnte.[12] Die WestLB wurde zum 30.06.2012 aufgespalten.


Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 Webseite FMSA - Hintergrund FMSA abgerufen am 29.03.2013
  2. 2,0 2,1 Schockwellen im Bankensystem sueddeutsche.de vom 10. Oktober 2011, abgerufen am 08.04.2013
  3. Langwierige Rettungsaktion taz.de vom 28.12.2012, abgerufen am 02.04.2013
  4. Webseite FMSA - Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin) abgerufen am 29.03.2013
  5. 5,0 5,1 Happy Birthday, Soffin ftd.de vom 15.10.2009, abgerufen am 10.04.2013
  6. Webseite FMSA - Struktur abgerufen am 28.03.2013
  7. Mitverursacher der Krise kassierten Millionen Handelsblatt vom 05.03.2013, abgerufen am 29.03.2013
  8. Soffin-Berater: Krisenverursacher bekamen Millionen Spiegel-Online vom 06.03.2013, abgerufen am 29.03.2013
  9. Bankenretter haben Millionen-Aufträge freihändig vergeben Handelsblatt vom 27.03.2013, abgerufen am 29.03.2013
  10. Berater kassieren bei Bankenrettung ab stern.de vom 6. April 2011, abgerufen am 31.03.2013
  11. Berater der WestLB kassierten Millionenhonorare Welt Online vom 06.06.2011, abgerufen am 31.03.2013
  12. Besiegelt: EU gibt grünes Licht für WestLB-Zerschlagung juve.de vom 21.12.2011, abgerufen am 31.03.2013

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