International Life Sciences Institute

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International Life Sciences Institute
Rechtsform Gemeinnützige Organisation (USA)
Tätigkeitsbereich
Gründungsdatum 1978
Hauptsitz Washington D.C., USA
Lobbybüro
Lobbybüro EU Avenue E. Mounier 83, Box 6, 1200 Brüssel
Webadresse ilsi.org/Europe

Das International Life Sciences Institute (ILSI) ist eine einflussreiche Lobbyorganisation im Lebensmittelbereich, die von Unternehmen der Lebensmittel-, Chemie- und Gentechnikindustrie gegründet worden ist. Die Mitgliedsunternehmen treffen die Grundsatzentscheidungen, wählen den Vorstand und finanzieren das Institut zum ganz überwiegenden Teil.

Wegen seiner Industrienähe und der Verflechtungen mit staatlichen Aufsichtsbehörden ist das ISLI in die Kritik geraten. Die Vorsitzende des EFSA-Verwaltungsrats, Diana Banati wechselte im Mai 2012 zurück zur ILSI als Geschäftsführerin.[1] Banati war 18 Monate zuvor von ihrem Posten als Vorstand beim ILSI zurückgetreten – da ihre Lobbytätigkeit offensichtlich in Konflikt mit ihren Aufgaben bei der EFSA stand.

Lobbystrategien und Einfluss

Das ISLI, das bestreitet, eine Lobbyorganisation zu sein, bringt Wissenschaftler aus der Industrie mit Wissenschaftlern aus Regulierungsbehörden in ihren Gremien sowie Arbeits- und Exspertengruppen zusammen. Dadurch erhält es die Möglichkeit, Gesetze, Verordnungen und Empfehlungen, die die Interessen ihrer Mitgliedsunternehmen berühren, mittelbar zu beinflussen.[2][3] So erklärt sich das erhebliche finanzielle Engagement der Industrie beim ILSI. ILSI Europe ist als Koordinator und Teilnehmer in die folgenden laufenden EU-Projekte eingebunden: Siebtes Rahmenprogramm (COSMOS, EFFORT, EuroDISH, IFAAM, NutriTech, PATHWAY-27, TDS Exposure) und Horizon 2020 (SUSFANS).[4]

Arbeitsgruppen (Task Forces) werden gebildet, wenn der Vorschlag vom Vorstand (Board of Directors) bestätigt wird und die Unterstützung von mindestens fünf Mitgliedsunternehmen erhält.[5] Sie werden von den unterstützenden Mitgliedsunternehmen finanziert und werden aufgelöst, wenn das Programm beendet ist oder wenn sie nicht mehr von mindestens fünf Mitgliedsunternehmen unterstützt werden. Damit können die Mitgliedsunternehmen - und nicht die Wissenschaftler - Arbeitsgruppen initiieren und auflösen, falls ihnen die Ergebnisse nicht genehm sind.

Fallstudien und Kritik

2016: Glyhosat Unbedenklichkeit

Im Mai gab das WHO-Fachgremium Joint FAO/WHO Meeting on Pesticide Residues (JMPR) bekannt, das umstrittene Pflanzengift Glyphosat sei unbedenklich. 2 Mitglieder des JMPR, Alan Boobis und Angelo Moretto haben hohe Positionen beim ILSI. Boobis ist u.a. Vize-Präsident des ILSI Europe. Moretto ist Vorstandsmitglied eines zu ILSI gehörenden Instituts. [6] Während Alan Boobis und Angelo Moretto vor einigen Jahren aufgrund ihrer engen industriellen Verbindung aus der Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit ausgeschlossen wurden, sind sie trotz ihrer Nähe zur Industrie weiterhin Teil des JMPR.[7] Im Jahr 2012 erhielt ILSI rund eine Million US$ an Zuwendungen von dem Glyphosathersteller Monsanto und vom Weltdachverband der Gentechnik- und Agrochemieindustrie, CropLife International.[8] Aufgrund dieses massiven Einflusses auf Gremien und Wissenschaft ist eine kritische und unabhängige Risikobewertung von Glyphosat seitens des Joint FAO/WHO Meeting on Pesticide Residues nicht zu erwarten.

2016: Verdeckte Förderung einer Studie, nach der Coca-Cola light gesünder ist als Wasser

Nach einem Bericht des „Independent“ sponserte ILSI Europe eine Studie der Bristol University, die zum Ergebnis kam, dass Diät-Erfrischungsgetränke besser als Wasser dazu geeignet sind, um sein Gewicht zu reduzieren.[9] Professor Rogers, der die Studie im Wesentlichen verfasst hat, ist Co-Vorsitzender der ISLI-Task Force „Eating behaviour and energy balance“. Weder aus der Studie selbst noch aus der Presseerklärung der Bristol University geht hervor, dass die Studie über die ISLI mittelbar von der Getränkeindustrie gesponsert wurde. Der Kardiologe Dr. Asseem Malhotra, Berater des "National Obesity Forum", erklärte gegenüber dem „Independent“: “To suggest that diet drinks are more healthy than drinking water is laughable unscientific nonsense.”

2015: Hinweise auf Versuche, Einfluss auf die WHO zu nehmen

Geleakte e-mails aus dem Jahr 2015 zeigen, dass der Präsident von ILSI sich mit einem Vertreter der US-Regierung in Verbindung setzte, um eine erneute Zusammenarbeit der WHO mit ILSI zu erreichen und die WHO zu bewegen, nicht nur zuckerhaltige Nahrungsmittel als Ursache von Fettleibigkeit zu betrachten, sondern auch Änderungen der Lebensweise zu berücksichtigen.[10][11]

Verstrickung mit der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)

Mehrere Mitglieder der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) stehen bzw. standen in engem Kontakt zu der ILSI, etwa Diána Bánáti, Milan Kovác, Harry Kuiper, Gijs Kleter und Alfonso Lampen. Diese personellen Verflechtungen lassen an der Objektivität der Agentur EFSA Zweifel aufkommen und wecken die Befürchtung, dass ILSI durch seine industrienahen Experten die Risikobewertungen von EFSA in eine für Verbraucher bedenkliche Richtung beeinflusst.[12]

Der Präsident des Max Rubner-Instituts als ILSI-Aktivist

Gerhard Rechkemmer ist Präsident des Max Rubner-Institut (MRI), dem Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, das das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) berät. Forschungsschwerpunkt des MRI ist der gesundheitliche Verbraucherschutz im Ernährungsbereich. Zugleich ist Präsident Rechkemmer hoher Funktionär bei der Lobbyorganisation ILSI. Seit 2012 sitzt er im „Board of Directors“ von ILSI Europe und seit 2013 ist er Mitglied des "Board of Trustee" von ILSI Global. [13] Weiterhin ist er Mitglied in der ILSI-„Task Force“ für Gesundheitsnahrung („Functional Food“). [14] Weitere Mitglieder waren Ende 2015 mit einer Ausnahme Vertreter der Lebensmittel-, Chemie- und Gentechnikindustrie.

Organisationsstruktur und Personal

Das Global Network des 1978 gegründeten ISI umfasst 17 regionale oder länderspezifische Branchen, das ILSI Health and Environmental Sciences Institute (HESI) und die ILSI Research Foundation.[15][16] Der Sitz von ILSI Global ist Washington, DC. Das 1986 gegründete ILSI Europe residiert in Brüssel.

Kuratorium (Board of Trustees) von ILSI Global

Name Funktion
Peter van Bladeren
  • Präsident von ILSI Global
  • Nestlé Research Center
Alan Boobis
Gerhard Eisenbrand
  • ehem. Präsident von ILSI Europe
Gerhard Rechkemmer

sowie weitere 28 Mitglieder

Stand: März 2017[18]

Generalversammlung ("General Assembly") ILSI Europe

In der Generalversammlung ("General Assembly"), in der ausschließlich die Mitgliedsunternehmen vertreten sind, werden die grundlegenden Entscheidungen getroffen. Sie wählt auch den Vorstand ("Board of Directors"), der seinerseits die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats ("Scientific Advisory Committee") ernennt.

Vorstand (Board of Directors) ILSI Europe

Name Funktion
Gerhard Eisenbrand
  • ehem. Präsident von ILSI Europe
  • Uni Kaiserslautern
  • ehem. Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
  • bis 2011 Vorsitzender der Kommission für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel des BfR[19][20]
Alan Boobis
Klaus Grunert
  • University of Aarhus
Dietrich Knorr
Gerhard Rechkemmer

sowie weitere 13 Mitglieder

Stand: März 2017[21]

Wissenschaftlicher Beirat (Scientific Advisory Committee) ILSI Europe

Name Funktion
Alan Boobis

sowie weitere 15 Mitglieder

Stand: März 2017[22]

Geschäftsführung ILSI Europe

Name Funktion
Diana Banati
Stephane Vidry Assistant Director

Stand: März 2017[23]

Mitgliedsunternehmen ILSI Europe (Auswahl)

Stand: März 2017[24]

Finanzen

Das International Life Sciences Institute hatte 2014 ein Gesamtbudget von ca. 22 Mio. US $, wovon ca. 58 % von Mitgliedern und ca. 28 % von Regierungen aufgebracht wurden.[25]

ILSI Health and Environmental Sciences Institute (HESI)

Das ILSI Health and Environmental Sciences Institute (HESI) ist 1889 gegründet worden, um Wissenschaftler und Regierungsinstitutionen in die Forschungstätigkeit zu Gesundheit, Toxikologie, Risikobewertung und Umwelt einzubinden. Das Institut wird hauptsächlich von der Industrie gesponsert, erhält jedoch auch finanzielle Unterstützung von US- und internationalen Behörden.[26] Zu den Partnern gehören akademische Institutionen, Behörden (z.B. Helmholtz Centre for Environmental Research, Austrian Agency for Health and Food Safety, Irish Medicines Board, Europäische Kommission/Joint Research Center, European Food Safety Authority, Umweltbundesamt), Unternehmen (z.B. BASF, Bayer, Boehringer), Berater (z.B. Altamira LLC, DLW Consulting Services, LLC) und andere Organisationen des öffentlichen Bereichs (z.B. Hamner Institutes for Health Sciences).[27]Leitungsorgan ist der Board of Trustees, dem 16 Vertreter des öffentlichen Sektors und 15 Vertreter der Industrie angehören.[28] Vorsitzender ist Timothy P. Pastoor, Präsident von Syngenta (Stand: März 2017). Zur Risikobewertung gibt es das Risk Assessment in the 21st Century (RISK21) Committee.[29] Zu den sich 2015-2016 beteiligenden Organisationen gehören u.a. BASF, Bayer CropScience, Monsanto und die US Environmental Protection Agency.[30]


Weiterführende Informationen

Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

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Einzelnachweise

  1. EFSA Management Board Chair resigns abgerufen am 25.05.2012
  2. Hans-Ulrich Grimm: Was treibt die ILSI mit EFS, Greenpeace-Magazin Ausgabe 5.12, abgerufen am 26. 03. 2016
  3. The International Life Sciences Institute (ILSI), a corporate lobby group Corporate Europe Observatory - May 2012, corporateeurope.org, abgerufen am 13.04.2016
  4. EC-funded Projects, Webseite ILSI, abgerufen am 13.04.2016
  5. Task Forces, Webseite ILSI. abgerufen am 13.04.2016
  6. Möglicher Interessenskonflikt bei Pflanzenschutzmittel-Bewertung Zeit-Online vom 18.05.2016, abgerufen am 19.05.2016
  7. Glyphosat - Wissenschaft als Spielball der Industrie PM von TestBiotech vom 31.05.2016, abgerufen am 03.06.2016
  8. UN/WHO panel in conflict of interest row over glyphosate cancer risk The Guardian vom 17.05.2016, abgerufen am 03.06.2016
  9. Jonathan Owen: A recent study that said Diet Coke can help you to lose weight war quietly funded by Coca-Cola, independent.co.uk 17.01.2016, abgerufen am 02.08.2016
  10. 9. International Life Sciences Institute Europe (ILSI Europe) in: A spoonful of sugar, July 2016, corporateeurope.org, abgerufen am 03.08.2016
  11. Peters, John C, usrtk.org, abgerufen am 03.08.2016
  12. Conflicts on the Menu, www.corporateeurope.org, aufgerufen am 17.09.2012
  13. Präsident, Webseite MRI, abgerufen am 04.12.2015
  14. Functional Foods Task Force Members, Webseite ISLI, abgerufen am 04.12.2015
  15. Global Network, ilsi.org, abgerufen am 26.03.2017
  16. One ILSI, ilsi.org, abgerufen am 26.03.2017
  17. 17,0 17,1 17,2 JOINT FAO/WHO MEETING ON PESTICIDES RESIDUES (JMPR) - List of experts WHO Webseite, abgerufen am 19.05.2016
  18. Leadership & Financial Support, ilsi.org, abgerufen am 26.03.2017
  19. Verdeckte Einflussnahme durch „Gen-Lobby“ in Deutschland Webseite Testbiotech vom 24. Mai 2012, abgerufen am 13.06.2012
  20. Kerstin Kohlenberg und Yassin Musharbash: Forschungsfinanzierung: Die gekaufte Wissenschaft, ZEIT online vom 1. August 2013, abgerufen am 21. 03. 2016
  21. About us, ilsi.org, abgerufen am 26.03.2017
  22. About us, ilsi.org, abgerufen am 26.03.2017
  23. About us, ilsi.org, abgerufen am 26.03.2017
  24. About us, ilsi.org, abgerufen am 26.03.2017
  25. Leadership & Financial Support, ilsi.org, abgerufen am 26.03.2017
  26. About, hesiglobal.org, abgerufen am 25.03.2017
  27. Partners, hesiglobal.org, abgerufen am 25.03.2017
  28. Board of Trustees, hesiglobal.org, abgerufen am 25.03.2017
  29. Risk Assessment in the 21st Century (RISK21) Committee, hesiglobal.org, abgerufen am 25.03.2017
  30. HESI Technical Committee, hesiglobal.org, abgerufen am 25.03.2017

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