Anwaltskanzleien

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Anwaltskanzleien gelten als recht junge Akteure in der deutschen Lobbylandschaft. Doch spätestens mit der Gründung einer eigenen „Public Affairs“-Abteilung bei Freshfields Bruckhaus Deringer im Jahr 2005 werden Anwaltskanzleien in Deutschland vermehrt als Lobbyisten wahrgenommen. Neben Freshfields vermarkten auch einige andere Kanzleien ihre Lobbydienste recht offensiv: dazu zählen internationale Großkanzleien wie WimerHale[1], aber auch kleinere Kanzleien wie Waldenberger Rechtsanwälte[2] und Alber & Geiger.[3] Im Marktsegment des Auftragslobbyismus stehen solche Anwaltskanzleien in direkter Konkurrenz zu Lobby- und PR-Agenturen.

Lobbystrategie und Einfluss

Lobbyisten im Gewand von Anwälten können problematisch sein. So führen Anwälte gerne ihre gesetzliche Schweigepflicht an, um nähere Auskünfte über ihre Tätigkeiten zurückzuweisen. Das ist dann fragwürdig, wenn sie damit verschleiern, in wessen Auftrag sie Lobbyarbeit leisten. Die Bundesrechtsanwaltskammer hat sich ebenfalls auf die Schweigepflicht berufen, um Transparenzpflichten für Anwälte durch ein verbindliches Lobbyregister abzuwehren. Anwälte können außerdem in Interessenkonflikte durch ihre Auftraggeber geraten – so etwa, wenn ein Anwältin von einem Ministerium einen Auftrag zum Thema Energiewirtschaft erhält, sie zugleich aber Unternehmen aus ebendieser Branche berät.

Registrierungspflicht nach dem Lobbyregistergesetz

Nach dem Lobbyegistergesetz müssen auch Rechtsanwälte unter bestimmen Voraussetzungen in das Lobbyregister eingetragen werden. Rechtsanwälte sind registrierungspflichtig, sofern sie „Kontakt zum Deutschen Bundestag oder zur Bundesregierung aufnehmen oder in Auftrag geben, um Einfluss auf politische Prozesse zu nehmen, wenn ihre Tätigkeit eine im Gesetz definierte Erheblichkeitsschwelle überschreitet und wenn keine der im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen vorliegt.“ (Handbuch für Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter zur Eintragung in das Lobbyregister Stand: 1. März 2024, 1. Einleitung) Die Ausnahmen werden wie folgt definiert: „Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter müssen sich nicht im Lobbyregister eintragen, wenn und soweit sie Rechtsberatung oder -vertretung für eine Dritte oder einen Dritten oder sich selbst erbringen, einschließlich der Erstattung wissenschaftlicher Gutachten oder an die Allgemeinheit gerichteter Darstellung und Erörterung von Rechtsfragen. Dies gilt nicht, wenn die Rechtsberatung oder -vertretung auf die Änderung, Abschaffung oder Beibehaltung bestehender oder die (Nicht-)Einführung neuer rechtlicher Regelungen durch den Deutschen Bundestag oder den Erlass, die Änderung oder Unterlassung einer Entscheidung durch die Bundesregierung außerhalb eines konkreten Verwaltungs-, Vertrags- oder Vergabeverfahrens gerichtet ist. Rechtsberatung können neben Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten auch Steuerberaterinnen und Steuerberater erbringen.“Lobbyregister-Handbuch, Nr. 5). Wer trotz bestehender Registrierungspflicht keine Eintragung vornimmt, begeht eine Ordnungwidrigekit, die mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann. (§ 7 Lobbyregistergesetz).

Rechtsanwalt Prof. Dirk Uwer kritisiert im Anwaltsblatt des Deutschen Anwaltvereins, dass die genannten Regelungen die Beratung unter dem Schutz der anwaltlichen Verschwiegenheit jedenfalls dann, wenn sie mit „Kontaktaufnahme“ gegenüber Bundestag und Bundesregierung einhergeht, massiv erschwere.[4] Ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags zum Thema „Rechtsanwalt als Lobbyist: Verfassungsrechtlicher Schutz der Verschwiegenheit?“ aus dem Jahr 2010 ist hier abrufbar. Es kam zum Ergebnis, daß das verfassungsrechtlich besonders geschützte Berufsgeheimnis der Rechtsanwälte nicht verletzt wird, „solange Lobbyismus so definiert ist, dass hierunter keine Tätigkeiten der Rechtspflege fallen“.

Beispiele für Rechtsanwälte, die im Lobbyregister eingetragen sind

Registrierung von Rechtsanwälten und Anwaltskanzleien im EU Transparenzregister

Im EU Transparenzregister wird hierzu ausgeführt:

"Einzelne Rechtsanwälte und Anwaltskanzleien sollten sich registrieren, wenn sie in den Anwendungsbereich des Registers fallende Tätigkeiten in eigenem Namen oder im Namen ihrer Klienten ausüben. Sie müssen in ihrer Registrierung Angaben zu den Klienten machen, die Sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten vertreten. Sie müssen sich nicht registrieren, wenn Sie in den folgenden Fällen Rechtsberatung und sonstige fachliche Beratung leisten.

  • Bei der Beratung geht es um eine Vertretung von Klienten im Rahmen von Schlichtungs- oder Mediationsverfahren zur Vermeidung eines Gerichts- oder Verwaltungsverfahrens.
  •   Es handelt sich um die Beratung von Klienten, um unterstützend darauf hinzuwirken, dass die Klienten bei ihren Tätigkeiten den geltenden Rechtsrahmen einhalten.
  • Bei der Beratung geht es um eine Vertretung von Klienten, um deren Grund- oder Verfahrensrechte zu wahren (zum Beispiel das Recht auf rechtliches Gehör, das Recht auf ein faires Verfahren und das Recht auf Verteidigung in Verwaltungsverfahren), und die Beratung umfasst Tätigkeiten, die von Rechtsanwälten oder anderen Fachkräften ausgeübt werden, die mit der Vertretung von Kunden/Klienten und der Wahrung ihrer Grund- oder Verfahrensrechte befasst sind“

Quelle: [5]

Beispiele für Anwaltskanzleien, die im EU Transparenzregister eingetragen sind

Beratung von Ministerien

Anwaltskanzleien betätigen sich auch als externe Berater von Ministerien. 2023 gaben die Bundesministerien insgesamt 239,4 Mio. Euro für Beratungsdienstleistungen aus; die Anzahl der Beratungsverträge stieg von 765 im Jahr 2022 auf 816 im Jahr 2023[6] Die Anwaltskanzleien delegieren die Erfüllung bestimmter Aufgaben oft ihrerseits an externe Berater. Den Anwalt als Berufsgeheimnisträger trifft im Gegenzug zur Möglichkeit des Outsourcings die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die extern einbezogenen Personen ebenfalls zur Geheimhaltung verpflichtet werden.[7]

Besonders umstritten ist die Rolle von Anwaltskanzleien beim sogenannten Gesetzesoutsourcing. Anstatt die Gesetzesentwürfe im eigenen Haus schreiben zu lassen, gaben Bundes- oder Landesregierungen, teilweise auch Parlamente, diese bei externen Berater/innen und besonders Anwaltskanzleien in Auftrag und bezahlten diese dafür. Problematisch sind insbesondere mögliche Interessenkonflikte der Externen und deren fehlende Neutralität, z.B. wenn die Kanzleien zugleich auch für Unternehmen aus der betroffenen Branche arbeiten. Die Erarbeitung von Gesetzen ist eine zentrale hoheitliche Aufgabe, die nicht von interessengeleiteten Unternehmen ausgeführt werden sollte. Diese sollte allein demokratisch legitimierten Institutionen vorbehalten bleiben.

Der Bundesrechnungshof hat zum Thema „Verwaltungsintegrität -Einsatz externer Berater“ am 01. 10. 2023 Leitsätze erstellt.[8] In diesen heißt es unter Absatz 2:

Kernaufgaben dürfen wegen der besonderen Risiken für die Verwaltungsintegrität grundsätzlich nicht auf externe Berater übertragen werden. Beispielsweise hat die Verwaltung jeglichen Anschein zu vermeiden, externe Berater könnten Einfluss auf die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben nehmen; es ist daher nicht zulässig, externe Berater mit dem eigenständigen Formulieren von Regelungsentwürfen, dem federführenden Bearbeiten von Stellungnahmen oder von Vorlagen für die Leitung der Bundesministerien zu beauftragen. Darüber hinaus sollten externe Berater auch nicht für verantwortliche Projektsteuerungs- und Kontrollaufgaben in Anspruch genommen werden.

Einbindung ehemaliger Richter und Hochschullehrer als "Of Councels"

Viele Rechtsanwaltskanzleien werben mit nichtanwaltlichen Beratern (Hochschulprofessoren, Beamten oder ehem. Richtern), um den Eindruck zu erwecken, ihre Mandatsarbeit würde durch besonderen Sachverstand unterstützt.[9] Im August 2020 entschied der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs (BGH), dass es sich hier um eine nach § 59a Bundesrechungsanwaltsordnung (BRA) unzulässige gemeinsame Berufsausübung mit Nichtanwälten handle. Of Councels bleiben aber zulässig als Gutachter und Zuarbeiter.[10]

Wichtige Kanzleien

Beiten Burkhardt, Baker Botts, Bird & Bird, Cleary Gottlieb Steen & Hamilton, Clifford Chance, Covington & Burling, DLA Piper, Field Fisher Waterhouse, Freshfields Bruckhaus Deringer, Gibson, Dunn & Crutcher, Hengeler Mueller, Hogan Lovells, K&L Gates, Keller and Heckman, Linklaters, Mayer Brown, Redeker Sellner Dahs, Sidley Austin, Taylor Wessing, Van Bael & Bellis, White & Case, WilmerHale

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Einzelnachweise

  1. Public Policy, wilmerhale.com, abgerufen am 11.04.2025
  2. Interessenvertretung in Gesetzgebungsverfahren, wra.de, abgerufen am 11.04.2025
  3. Government Affairs, albergeiger.com, abgerufen am 11.04.2025
  4. Das Lobbyregistergesetz und die Anwaltschaft: Was muss die Anwaltschaft wissen, anwaltsblatt.anwaltverein.de vom 01.03.2022, abgerufen am 10.04.2025
  5. Wer sollte sich registrieren?. transparency-register.europa, abgerufen am 10.04.2025
  6. Bundesministerien geben 239 Millionen Euro für externe Berater aus, focus.de vom 30.11.2024, abgerufen am 11.04.2025
  7. Bundesrat winkt Gesetz zum Outsourcing in Kanzleien durch, amtsblatt.anwaltverein.de vom 22.09.2017, abgerufen am 11.04.2025
  8. 09/03 Verwaltungsintegrität, bundesrechnungshof.de, abgerufen am 11.04.2025
  9. Das Ende der Of Counsel in Anwaltskanzleien?, lto.de vom 28.08.2020, abgerufen am 19.10.2021
  10. Erste BGH-Entscheidung zum Of-Councel, anwaltsblatt.anwaltsverein.de vom 03.09.2020, abgerufen am 20.10.2021

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