Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft
BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. | |
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Rechtsform | e. V. |
Tätigkeitsbereich | Energie, Strom, Wasser |
Gründungsdatum | Herbst 2007 |
Hauptsitz | Berlin |
Lobbybüro | |
Lobbybüro EU | BDEW Vertretung bei der Europäischen Union, Avenue de Cortenbergh 52, 1000 Brüssel |
Webadresse | http://www.bdew.de |
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist ein einflussreicher Interessenverband der deutschen Strom- und Energiebranche. Er vertritt als Spitzenverband rund 1.900 Unternehmen, darunter die vier großen Energieversorger RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall. Der BDEW vertritt aber auch viele kommunale und regionale Unternehmen, darunter viele Stadtwerke.
Ein Anliegen des BDEW ist das Vorgehen gegen staatliche Vorgaben, die die Gewinne der Unternehmen beeinträchtigen könnten - sei es durch die Forcierung des Wettbewerbs innerhalb des Energiesektors oder durch strengere Klimaschutzauflagen. An der Spitze der Geschäftsführung steht seit dem 1.November 2019 Kerstin Andreae, vorherige wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen und von 2012 bis 2018 stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion. Auch ihre Vorgänger:innen Hildegard Müller (CDU) und Stefan Kapferer (FDP) besitzen enge Kontakte in die Politik. Mit Hildegard Müller hatte der BDEW bis Mai 2016 eine Ex-Kanzleramtsministerin und enge Vertraute von Kanzlerin Merkel als Chef-Lobbyistin in seinen Reihen; Stefan Kapferer war zuvor Staatssekretär in zwei Ministerien.
Inhaltsverzeichnis
Lobbystrategien und Einfluss
Der BDEW pflegt enge Kontakte zur Politik, wie etwa an der Besetzung der Geschäftsführung mit Hildegard Müller, Stefan Kapferer und Kerstin Andreae sichtbar ist.
Deutschland
Die Ausgaben des BDEW für Lobbyarbeit betrugen im Jahr 2021 zwischen 7.190.001 und 7.200.000 €. Für den BDEW arbeiten 101 bis 110 Personen im Bereich der Interessenvertretung; das Lobbyregister nennt 47 Lobbyist:innen. [1]
EU
Laut Europäischem Transparenzregister sind auf EU-Ebene 24 Lobbyist:innen für den BDEW tätig, davon 5 mit direktem Zugang zum Europäischen Parlament. Die Ausgaben für Lobbyismus beliefen sich im Jahr 2021 auf 2.750.000 - 2.999.999 €.[2]
Fallbeispiele und Kritik
Seitenwechsel
Seitenwechsel von Kerstin Andreae
Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des BDEW ist seit dem 1. November 2019 Kerstin Andreae, vorherige wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, die ihr Bundestagsmandat zum Amtsantritt abgegeben hat. [3][4]
Seitenwechsel von Stefan Kapferer
Zuvor war ab Mai 2016 Stefan Kapferer Hauptgeschäftsführer des BDEW. Dieser war von 2009 bis 2011 als Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium und von 2011 bis 2014 im Bundeswirtschaftsministerium tätig. Aus seiner Zeit als Staatssekretär für Bundewirtschaftsminister und Vizekanzler Philipp Rösler bringt Kapferer Verbindungen zum Kanzleramt mit.[5] Zudem hat Kapferer zu Röslers Nachfolger im Bundeswirtschaftsministerium, Sigmar Gabriel, Kontakte aufbauen können.[6] [7] Kapferer nahm im Herbst 2017 für die FDP an den Sondierungsgesprächen für eine mögliche Jamaika-Koalition teil. Die FDP stellte klar, dass Kapferer aber kein Verhandlungsmandat für die FDP habe.[8]
Seitenwechsel von Hildegard Müller
Hildegard Müller vollzog 2008 einen Seitenwechsel von der Position als Staatsministerin zur Hauptgeschäftsführung beim BDEW. [9] Im Mai 2016 wurde Müller Vorstandsmitglied bei der RWE International SE und ist seit Februar 2020 Präsidentin des VDA.
BDEW kippt Input-Steuer für Kohle
Das Handelsblatt berichtet im August 2010 [10]: Ein Gesetzentwurf aus dem Hause Schäuble datiert auf den 9. August 2010 plant eine „Input-Steuer“ für Kohle einzuführen, die in Kraftwerken verfeuert wird. Er umfasst 16 Seiten und erklärt und begründet minutiös die Input-Steuer.
Die damalige Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Hildegard Müller, kontaktiert daraufhin das Bundeskanzleramt, um ihre entgegengesetzten Interessen zu vertreten. In der Folge teilt das Finanzressort mit: „Nach dem aktuellen Diskussionsstand zum Entwurf des Gesetzes zur Reduzierung von Subventionen aus der ökologischen Steuerreform ist eine Besteuerung von Kohle, die für die Stromerzeugung verwendet wird, nicht vorgesehen“.
BDEW bremst Energiewende
Der BDEW wirbt für den fossilen Energieträger Erdgas und attestiert diesem eine "Schlüsselrolle für eine nachhaltige Energieversorgung", [11] obwohl Erdgas als ähnlich klimaschädlich wie Kohle bewertet wird. Denn bei der Förderung und dem Transport entweichen größere Mengen Methan - dies ist der Hauptbestandteil von Erdgas und ein starkes Treibhausgas.[12] [13] Trotz der im Vergleich zu Kohle geringeren CO2-Emissionen ist die Darstellung von Erdgas als ein Energieträger, der „gut für Klima und Umwelt“ [14] sei, daher irreführend. Eine solche Suggestion wird auch durch das Design der Marke "Erdgas" bezweckt , bei deren Entwicklung der BDEW und der Lobbyverband Zukunft Gas, ehemals Zukunft Erdgas, zusammenarbeiteten. [15]
2013 gingen zwei Forderungen des BDEW in den Koalitionsvertrag ein: Die Kürzung der Ökostromvergütung und neue Subventionen für Kohlekraftwerke. [16] Der Stern zitiert hierzu einen BDEW-Mitarbeiter: "Das sind unsere Vorschläge". [17]
"Energie macht Schule"
Seit 2013 betreibt der BDEW das Lernportal „Energie macht Schule“. Das Portal, welches gemeinsam mit der Eduversum GmbH und pädagogischer Beratung der Stiftung Jugend und Bildung entwickelt wurde, stellt zum einen Lehr- und Lernmaterialien zum Themengebiet Energie für den Gebrauch in Schulen zur Verfügung. Darüber hinaus werden im Rahmen des Projekts Wettbewerbe, Projekttage und Exkursionen für Schüler:innen sowie Fortbildungen für Lehrkräfte veranstaltet. [18]
Lobbyist:innen in Ministerien
Lobbyist im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie → zur Übersicht Lobbyisten in Ministerien
Organisationsstruktur und Personal
Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten, 4 Vizepräsidenten und den Hauptgeschäftsführern, sowie dem Präsidenten der vorherigen Amtsperiode. Die aktuelle Präsidentin des BDEW ist Marie-Luise Wolff. [19]
Die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des BDEW ist seit November 2019 Kerstin Andreae, die vorherige wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen. [20]
Der Verband hat mehr als 150 Mitarbeiter:innen und vertritt rund 2000 Mitgliedsunternehmen. [21]
Kooperationen
Nationale Ebene: DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. – Technisch wissenschaftlicher Verein, FNN Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik e.V), VGB PowerTech e.V.: Verband der Großkraftwerks-Betreiber, HEA – Fachgemeinschaft für effiziente Energieanwendung, Biogasrat, German Water Partnership, Zukunft Gas
Im Lobbyregister des deutschen Bundestags sind darüber hinaus unter anderem folgende Mitgliedschaften des BDEW gelistet: [22]
- DENA Projekt Biogaspartner
- Gemeinschaftsausschuss der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft e.V.
- Wirtschaftforum der SPD e.V.
- Wirtschaftsrat der CDU e.V.
- World Energy Council, Deutsches Nationales Komitee des Weltenergierates DNK
- Berliner Forschungsnetzwerk
Europäische Ebene: Deutsch-Französisches Büro für erneuerbare Energien, Eurelectric, Eurogas, Eureau, Market Parties Platform, Gas Infrastructure Europe (gie), deutsche Sektion von CEEP, Hydrogen Europe [23] [24]
Veranstaltungen
Seit 2010 veranstaltet der BDEW jährlich den BDEW-Kongress, eine Veranstaltung für die Energie- und Wasserbranche in Deutschland. Zu den 91 Sponsoren des BDEW-Kongresses 2022 zählten u.a. die Gaskonzerne Uniper, Wintershall Dea, VNG, Equinor und Open Grid Europe. [25] Mit Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Verkehrminister Volker Wissing befanden sich unter den Redner:innen des Kongresses auch Spitzenpolitiker:innen der aktuellen Bundesregierung. [26]
Positionen
BDEW-Chefin für Atomausstieg Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom April 2011[27] tritt der BDEW nun für den Atomausstieg ein: Bis 2023 spätestens solle Deutschland reaktorfrei sein - so beschloss es die Spitze des BDEW wenige Stunden nach Hildegard Müllers Treffen mit Kanzlerin Merkel. Das ist ein Spagat für den Verband, da er neben den großen Atomkonzernen auch u.a. kommunale Stadtwerke vertritt, denen ein Atomausstieg nützen wird.
Geschichte
Am 19. Juni 2007 beschlossen die Mitgliederversammlungen von:
- Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW)
- Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW)
- Verband der Netzbetreiber (VDN)
- Verband der Verbundunternehmen und Regionalen Energieversorger in Deutschland (VRE)
ihre Verschmelzung zum neuen Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) [1] Dies geschah im Zuge der Liberalisierung des Energiemarktes seit 1998.
Nicht nur Kerstin Andreae, auch der frühere BDEW-Präsident (2014-2018) Johannes Kempmann war ein Grünen-Politiker. Die Hinwendung des BDEW zu den Grünen spiegelt den Wandel in der Branche hin zu den erneuerbaren Energien wieder. Tonangebend im Verband sind jedoch noch immer vor allem große, auch für fossile Energieträger bekannte Konzerne wie E.ON, RWE oder VNG.
Weitere Informationen
Hier finden sie grundlegende Informationen zu den Themen Seitenwechsel und Lobbyisten im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus
Einzelnachweise
- ↑ Lobbyregistereintrag BDEW, lobbyregister.bundestag.de, abgerufen am 08.06.2022
- ↑ Register der Interessenvertreter, ec.europa.eu, abgerufen am 08.06.2022
- ↑ Presseinformation vom 13.08.2019, bde.de, abgerufen am 14.08.2019
- ↑ Grünenpolitikerin Andreae wird Chefin von Energieverband, spiegel.de vom 13.08.2019, abgerufen am 14.08.2019
- ↑ Geschäftsführung, BDEW Website abgerufen am 22.02.2017
- ↑ Energieverband BDEW: Stefan Kapferer - der neue Cheflobbyist der Energiebranche, Süddeutsche Zeitung vom 12.01.2016, abgerufen am 22.02.2017
- ↑ Stefan Kapferer: FDP-Mann wird neuer Energie-Cheflobbyist, die Welt vom 21.01.2016, abgerufen am 22.02.2017
- ↑ Lobbyist nimmt an Gesprächen über Energiepolitik teil Zeit-Online vom 02.11.2017, abgerufen am 05.11.2017
- ↑ Mutter Müllers schweres Herz, stern.de vom 21.7.2008, abgerufen am 29.09.2015
- ↑ Kanzleramt beendet Planspiele zur Kohle-Steuer Handelsblatt vom 11.08.2010, abgerufen am 08.02.2011
- ↑ Die Rolle von Erdgas in der Energiewende, bdew.de, abgerufen am 26.07.2022
- ↑ „Erdgas ist ein Klimaschädling genau wie Kohle“, deutschlandfunk.de vom 06.02.2020, abgerufen am 26.07.2022
- ↑ Warum Erdgas ein schlechter Ersatz für die Kohle ist, deutschlandfunk.de vom 30.10.2019, abgerufen am 26.07.2022
- ↑ Die Rolle von Erdgas in der Energiewende, bdew.de, abgerufen am 26.07.2022
- ↑ Gasbranche präsentiert neues Markendesign gas.info, abgerufen am 26.07.2022
- ↑ Koalitionsvertrag "Deutschlands Zukunft gestalten", S. 36 Koalitionsvertrag 2013, abgerufen am 29.09.2015
- ↑ Schlacht um den Strom, stern.de vom 20.11.2013, abgerufen am 30.9.2015
- ↑ Energie macht Schule – Das Lernportal in Deutschland zur Energiewirtschaft energie-macht-schule.de, abgerufen am 26.07.2022
- ↑ Präsidium, bdew.de, abgerufen am 25.07.2022
- ↑ Geschäftsführung, bdew.de, abgerufen am 25.07.2022
- ↑ Über uns, bdew.de, abgerufen am 25.07.2022
- ↑ BDEW, lobbyregister.bundestag.de abgerufen am 25.07.22
- ↑ Über uns, bdew.de abgerufen am 25.07.22
- ↑ EU-Transparenzregister, ec.europa.eu abgerufen am 25.07.22
- ↑ BDEW-Kongress, bdew-kongress.de abgerufen am 25.07.22
- ↑ Programm BDEW-Kongress, bdew-kongress.de abgerufen am 25.07.22
- ↑ Eine Frau wendet sich sueddeutsche.de vom 12.04.2011, abgerufen am 17.06.11