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Andreas Scheuer

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Andreas Scheuer (*26. September 1974 in Passau) (CSU), Mitglied des Deutschen Bundestages, CSU-Bezirksvorsitzender in Niederbayern, ist seit März 2018 und voraussichtlich noch bis zur Bundestagswahl im September 2021 Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Zuvor war er Generalsekretär der Christlich-Sozialen Union und von 2009 bis 2013 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik. Er ist seit 1994 Mitglied der CSU und der Jungen Union.

Karriere

Politische Laufbahn

  • seit 03/2018 Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur
  • 02/2016 Bezirksvorsitzender der CSU-Niederbayern
  • 12/2013-03/2018 Generalsekretär der CSU
  • 10/2009-12/2013 Parlamentarischer Sekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik
  • 2003-2007 Bezirksvorsitzender der JU-Niederbayern
  • 2003 CSU-Kreisvorstand Passau-Stadt
  • 2002 Mitglied im Passauer Stadtrat
  • 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages
  • 2001-2003 Mitglied im JU-Landesvorstand
  • 2001 Mitglied im CSU-Bezirksvorstand
  • 1999-2001 Mitglied im JU-Deutschlandrat
  • 1997-2003 Kreisvorsitzender der Jungen Union Passau-Stadt
  • 1994 Mitglied der CSU und der Jungen Union (JU)

Beruflicher und Akademischer Werdegang

  • 2004 Promotion an der Karlsuniversität Prag
  • 2001 Abschluss Magisterstudium der Politikwissenschaft, Wirtschaft und Soziologie an der Universität Passau
  • 1998-1999 Mitarbeiter von Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber
  • 1998 Staatsexamen Lehramt Realschule
  • 1994 Abitur am Gymnasium Leopoldinum Passau

Nebentätigkeiten und Mitgliedschaften

  • 2017-2021 Vortragstätigkeiten, u.a. bei der Private Mills Germany e.V., beim Genossenschaftsverband e.V., bei der Geldanlagenhaus GmbH & Co
  • bis 07/2018 Beiratsmitglied der Klinik Prof. Schedel GmbH in Thyrnau/Kellberg
  • Mitglied des Passauer Stadtrates
  • Mitglied des Fernsehrates beim ZDF Mainz
  • Vorsitzender der Deutsch-Tschechisch und -Slowakischen Gesellschaft e.V. (DTSG) in Berlin
  • Vorsitzender der Herpartie e.V. in Passau

Ausschussmitgliedschaften

  • 2013-2017 Stellvertretendes Mitglied im Ausschuss Arbeit und Soziales
  • 2013-2017 Stellvertretendes Mitglied im Ausschuss Wirtschaft und Energy

Quellen: [1] [2] [3]

Position im Dieselskandal

Kaufprämien statt Bußgelder für die Autoindustrie

Im September 2015 wurde durch die US-Umweltbehörde EPA (Environmental Protection Agency) bekannt, dass der Automobilkonzern Volkswagen die Abgaswerte von Dieselmotoren manipuliert hatte. Wie sich später herausstellte, hatten auch andere Hersteller wie Audi oder Daimler an den Abgaswerten geschraubt. Dies führte zu einer flächendeckenden Manipulation, bei der die Autos auf dem Prüfstand zwar „sauber“ waren, auf der Straße aber vielfach mehr Abgase in die Lust bliesen. Bis Mitte 2020 beliefen sich die Strafzahlungen für Volkswagen auf rund 32 Millarden Euro, größtenteils für Strafen in den USA. In Deutschland hingegen versuchte man den Skandal seitens der Bundesregierung und der zuständigen Ministerien und Ämter als ein „Vorkommnis“ abzuwinken. Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) nahm am Abgas-Untersuchungsausschuss teil und sprach in einem Artikel der Zeit von einem „systematischen Wegschauen“ und einem „politischen Skandal“. Durch den Druck der Autoindustrie habe sich ein System etabliert, was Regeln und Grenzwerte faktisch außer Kraft setzen könne. [4]

Rund 430.000 Dieselbesitzer:innen hatten sich im Rahmen der Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale des Bundesverbandes (VZBZ) im September 2019 ins Klageregister eingetragen. Diese richteten sich vornehmlich gegen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Seinem Amtsvorgänger Alexander Dobrindt (CSU) wurde im Dieselskandal gar „persönliche Beihilfe zum Betrug“ vorgeworfen. Denn sowohl das Ministerium als auch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), welches Ersterem unterliegt, hätten in „vorwerfbarer Weise die Kontroll- und Überwachungspflichten gegenüber Automobilherstellern, beispielsweise Volkswagen, Audi oder Daimler, unzureichend ausgeübt“, heißt es von den Anwälten der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer.[5] Vor dem Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein hatten die Geschädigten genaue Informationen über das Vorgehen der Manipulation einklagen müssen. So wehrten sich das Bundesverkehrsministerium und beispielsweise Volkswagen gegen die Herausgabe von Akten, mit der Begründung, dass es „nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen“ haben könne und es sich um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen handele (siehe Abschnitt 2.2). [6]

Das KBA verhängte zudem keine Bußgelder für den nachweislichen Einsatz der illegalen Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren. Aufgrund der fehlenden Sanktionen für die Autohersteller leitete die EU-Kommission im Jahr 2016 ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) 2018 errechnete, hätte der Staat im Zusammenhang mit dem Dieselskandal Bußgelder in Höhe von 20 Milliarden Euro gegen die Autoindustrie verhängen müssen.[7] Bundesverkehrsminister Scheuer sprach sich gegen „Strafen“ für die Autokonzerne aus, diese seien der Ansicht des Ministers folgend, nicht das richtige Konzept. [8] Stattdessen setzte er sich mehrfahr für Kaufprämien von Autos ein (siehe auch Abschnitt 3.3 und 4.1). Je nach Hersteller sollten die Betroffenen einen Betrag zwischen 4.000 bis 8.000 Euro für ein neues Auto erhalten, wenn sie ihre alten Fahrzeuge beim Händler abgeben. Auf Anweisung des Verkehrsministeriums erhielten geschädigte Dieselfahrer:innen dann einen Brief vom KBA. Darin enthalten waren alle wichtigen Informationen zu den „attraktiven Tauschangeboten“ sowie die Telefonnummern von Volkswagen, BMW und Mercedes. Aus der Sicht von Scheuer sei dies ein „kundenfreundlicher Service“ des Bundesverkehrsministeriums gewesen.

Aufgrund von rechtswidrigen Absprachen bei der Abgasreinigung verhängte die EU-Kommission im Juli 2021 eine Strafe in Höhe von 875 Mio. Euro gegen die Konzerne Volkswagen und BMW.[9]

Rechtsstreit über die Aufklärung im Dieselskandal

Die NGO Transparency International stellte Ende des Jahres 2018 einen Antrag an das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), welcher an Verkehrsminister Andreas Scheuer addressiert war. In dem Schreiben beantragt Transparency International gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Umweltinformationsgesetz (UIG) die Offenlegung von Informationen zu allen dem Ministerium bekannten Abschalteinrichtungen. Auch unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) forderte die NGO das BMVI auf, alle als zulässig und unzulässig angesehenen Abschalteinrichtungen sowie deren jeweilige Modelle und Hersteller zu benennen. Außerdem soll Auskunft darüber erteilt werden, an welcher Stelle, zu welchem Zeitpunkt und nach welcher Begründung auf Basis der Regelung der EG-Verordnung über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen, bei entsprechenden Abschalteinrichtungen, über eine Zulassung entschieden wurde. Weiterhin forderte Transparency International, Informationen zur Höhe der Bußgeldzahlungen wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen bereitzustellen und die jeweiligen Dokumente hiervon vorzulegen.[10] Kurze Zeit später lehnt das BMVI den Antrag ab. Das KBA legt zudem einen Widerspruch ein. Statt zur Aufklärung des Dieselskandals beizutragen, folgte ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen dem BMVI und Transparency International. Für den gerichtlichen Prozess beauftrage das Bundesministerium schon einige Monate später das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG. Mit ständigen Fristverlängerungen verhinderte KPMG die Offenlegung von Informationen.[11]

Im Juli 2021 nimmt die Anwaltskanzlei Partsch und Partner, die Transparency im Verfahren vertreten hat, die Rücknahme der Klage vor. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden 4.228 teils geschwärzte Seiten herausgegeben. Angesichts des Aufarbeitungsaufwandes der Unterlagen wäre in absehbarer Zeit jedoch kein brauchbares Ergebnis zu erwarten gewesen. Zudem summierten sich die Kosten für das gerichtliche Verfahren des BMVI auf mindestens 300.000 Euro. Hartmut Bäumer, Vorsitzender von Transparency Deutschland e.V. hält das Gerichtsverfahren deshalb nicht weiter für tragbar. Scheuer habe „hunderttausende Euros an Anwaltskosten verschleudert, um berechtigte Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger auf Auskunft zu unterlaufen.“[12]

Nähe zur Autoindustrie

80 Treffen mit der Autoindustrie

Im Juni 2021 berichtete die Süddeutsche Zeitung, dass sich Andreas Scheuer seit seinem Amtseintritt im März 2018 ganze 80 Mal mit Vertreter:innen der Autoindustrie getroffen hat.[13] Die größten Umweltorganisationen der BUND, Nabu, Greenpeace, WWF und Deutsche Umwelthilfe kamen zusammen auf nur ein einziges Gespräch mit dem Minister. Zudem fand dieses Gespräch lediglich im Rahmen eines Parlamentarischen Abends statt, an dem nicht nur Umweltverbände teilnahmen. Jens Hilgenberg, Leiter der Verkehrspolitik beim BUND, bedauerte, dass Scheuer trotz mehrfacher Bitten um ein Gespräch, nicht reagierte.

Im gleichen Zug teilt das Ministerium mit, dass Scheuer in seiner Amtszeit eine Reihe von persönlichen Telefonaten sowie Video- und Telefonkonferenzen mit Führungskräften aus der Autobranche abgehalten habe. Hierbei tauschte sich der Minister unter anderem mit VW-Chef Herbert Diess, Daimler-Chef Ola Källenius, BMW-Chef Oliver Zipse und Hildegard Müller, der Vorsitzenden des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA) aus. Insgesamt kamen Daimler und BMW auf jeweils 29, der VDA auf 25 Treffen. Vertreter des VW-Konzerns nahmen an 21 Gesprächen teil und die beiden VW-Töchter Audi und Porsche kamen zusammen auf 13 Treffen. Darüber hinaus habe es neben Werksöffnungen und Empfängen, an denen der Minister teilnahm, viele Lobbykontakte im kleinsten Kreis gegeben. Von der Opposition wurde Scheuer folglich vorgeworfen, er sei „der Minister der Autolobby“. Für die Vertreter:innen der Autokonzerne sei er Tag und Nacht erreichbar. Umweltverbände ließe er hingegen „eiskalt abblitzen“.

Einseitige Beratungsgespräche: Gremium Nationale Plattform der Mobilität

Auch im Rahmen des Expertengremiums Nationale Plattform Mobilität (NPM) setzte Scheuer auf eine einseitige Beratung mit den Vertreter:innen der Autoindustrie. Zwar gibt das Bundesverkehrsministerium vor, dass es bei den Arbeitskreisen eine „ausgewogene Mitgliederzusammensetzung“ voraussetze, jedoch stellte sich nach Recherchen vom SWR heraus, dass die Mehrheit der über 200 Mitglieder der NPM, eine direkte oder indirekte Verbindung zur Industrie haben.[14] In dem Gremium sind beispielsweise der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), sowie hochrangige Mangager von Automobilkonzernen, Zulieferer der Autobrancher und Vertreter der Mineralölindustrie, wie zum Beispiel der Wasserstoffverband „H2 Mobility“, vertreten. Von den sieben Mitgliedern des Lenkungskreises und der ARbeitsgruppenleitung des NPM zeichnen sich fünf von ihnen durch langjährige Verbindungen zur Autoindustrie aus.

So leitet beispielsweise der Ex-Manager von Daimler die Arbeitsgruppe „Klima und Verkehr“. Nur drei der 24 Mitglieder in dieser Gruppe kommen direkt aus Umweltverbänden. Dabei hatte Scheuer das Gremium auf den Weg gebracht, um die Bundesregierung bei der Verkehrswende zu beraten und Konzepte für eine klimafreundliche Mobilität zu entwickeln. Die Einhaltung der Klimaziele der Bundesregierung sowie der umweltfreundliche Umbau des kompletten Verkehrssektors ist aber kaum zu erreichen, wenn die Industrie einen so starken Einfluss bei den Gesprächen hat. Das Instrument der Verkehrsvermeidung spiele zum Beispiel in den zu erarbeitenden Konzepten der NPM keine Rolle. Laut Ernst Christoph Stolper vom BUND, einem der wenigen geladenen Umweltvertreter, habe die Autoindustrie schlicht kein Interesse an einer Verkehrsvermeidung bzw. einer Verkehrsverlagerung durch einen Ausbau des Schienennetzes.

Autogipfel und Kaufprämien für Verbrenner

Eine Unausgewogenheit in der Interessenvertretung lässt sich nicht nur bei den Beratungsgesprächen der NPM beobachten. So waren beispielsweise auch die seit 2017 in Folge des Abgasskandals stattfindenden Dieselgipfel ungleich besetzt. Weder Umwelt- noch Verbraucherschutzorganisationen waren hierzu eingeladen. Auch die Autogipfel, die unter dem Titel „Konzertierte Aktion Mobilität“ stattfinden, suggerieren in erster Linie ein fälschliches Bild einer breit geführten Debatte über Verkehrspolitik und Mobilität. Zu den Autogipfeln mit der Bundesregierung werden beispielsweise Vertreter anderer Verkehrszweige wie Bahn- und Fernbusunternehmen oder Fahrradbetriebe nicht eingeladen. Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen oder Wissenschaftler:innen erhalten hierzu ebenfalls keine Einladung. Themen, welche die Umwelt- und Klimapolitik betreffen, werden somit ausgeklammert. [15]

Bei den Gipfeltreffen wird die Industrie von den Vorstandschefs der Autokonzerne BMW, Daimler und Volkswagen, sowie von den Vorsitzenden des VDA und des IG Metall vertreten. Üblicherweise findet der Austausch hierbei mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Finanzminister Olaf Scholz (SPD), Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und Arbeits-Staatssekretärin Leonie Gebers, statt.

In seiner Amtszeit setzte sich Verkehrsminister Andreas Scheuer mehrfach für eine Kaufprämie von Autos ein. Solch eine Prämie wurde vor allem infolge der Corona-Krise immer stärker von der Autolobby gefordert. Sie sollte fester Bestandteil des Konjunkturpaketes der Bundesregierung werden. Derweil hielten Ökonomen eine Kaufprämie als Konjunkturmaßnahme für volkswirtschaftlich unsinnig. So konstatierte auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, dass es schlicht keine Mehrheit für diese Fordeurng gebe. Als die Autoindustrie stattdessen eine Förderung für Plug-In-Hybrid Modelle forderte, hielt Scheuer dennoch an einer Kaufprämie für Verbrennermotoren fest. [16]

Verkehrswende und Elektromobilität

Kaufprämie für Hybrid-Modelle

Eine Förderung von Plug-In-Hybrid Modellen bezeichnen Umweltschutzverbände als eine „Kaufprämie für Verbrenner durch die Hintertür“. Wenn nicht mindestens 70 bis 80 % der Kilometerleistung elektrisch zurückgelegt werden, müsse das Auto schlicht als Verbrenner eingestuft werden. Insofern argumentiert der BUND, dass sich eine Förderung nicht nur an der Art der Antriebstechnik bemessen dürfe, sondern an zusätzliche Kriterien wie eine effiziente Klimawirkung gebunden werden müsse. Jedoch gibt es bei den Zuschlägen keinen solchen verbindlichen Nachweis. [17]

Zwar sollte sich das Gremium NPM mit der Frage der Förderung genauer beschäftigen, jedoch konnte man sich hierbei nicht auf eine Staffelung der Prämie, etwa nach den tatsächlich mit elektrischem Antrieb gefahrenen Kilometern, einigen. So kündigte Scheuer an, dass das Ladekabel „nicht nur eine symbolische Beigabe für das eigene Gewissen“ sein sollte, dennoch wurde die Kaufprämie im Klimapaket sowohl reine Elektroautos als auch für Hybridfahrzeuge auf 7.500 € erhöht. [18] Trotz geringer Klimawirkung förderte der Bund somit den Kauf von Hybridfahrzeugen mit 400 Mio. €. [19]

Bilanz zur Verkehrspolitik von Andreas Scheuer

Darüber hinaus hatte sich Scheuer gegen eine höhere Dieselsteuer und eine Erhöhung der CO2-Steuer sowie gegen die Einführung von einem Tempolimit ausgeprochen. [20]Er zögerte beim Ausstieg des Verbrennermotors und kritisierte den ADAC, als dieser von seiner Position gegen ein Tempolimit abwich.[21] Erst im März 2021 folgte Scheuer dem Vorstoß anderer Politiker:innen für ein Ende des Verbrennermotors. Das Ziel müsse das Auslaufen des fossilen Verbrenners bis 2035 sein. An Scheuers Idee „saubere Kraftstoffe für Verbrenner zu entwickeln“ äußerte beispielsweise Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan Kritik. Ein batteriebetriebenes E-Auto würde mit der gleichen Strommenge mindestens fünfmal so weit fahren wie ein Verbrenner mit strombasiertem synthetischem Kraftstoff.[22] Zudem teilte Scheuer die Position der Autoindustrie, die sich gegen strengere Vorgaben für Grenzwerte aussprach. Ende 2021 will die EU-Kommission neue Vorschläge für Schadstoff-Grenzwerte in einer Euro-7-Norm vorlegen. Das Verkehrsministerium würde sich diesbezüglich ablehnend positionieren. Man müsse sich auf bestehende Abgasvorschriften konzentrieren und keine Diskussionen über noch strengere Auflagen führen.[23]

Im Jahr 2019 setzte Scheuer zwölf Millionen Euro, die für den Bau von neuen Radwegen vorgesehen waren, stattdessen für den Bau neuer Bundesstraßen und für den Kauf dazugehöriger Fahrzeuge ein.[24] Ein Jahr später hatte sich Scheuer selbst zum „Fahrradminister“ ernannt. Fortan setzte er sich für den Infrastrukturausbau von Radwegen sowie für neue Verkehrsregeln ein, die das Radfahren attraktiver gestalten sollten. Im April 2021 gab er bekannt, dass das Verkehrsministerium so viel Geld wie nie zuvor hierfür bereitstellen würde. [25] So wurden bis Ende 2020 vom Bund bereits 20 Radschnellwege in den Ländern und Kommunen finanziert. Insgesamt belaufen sich die Mittel der Bundesregierung für den Bau von Radschnellwegen von 2020 bis 2023 auf rund 1,5 Milliarden Euro. [26] Dieser hohe Bedarf geht aber möglicherweise auf die Tatsache zurück, dass das seit 2009 von der (CSU) besetzte Verkehrsministerium hauptsächlich in den Bau von Autobahnen und Bundesstraßen investierte. Aus diesem Grund habe das Ministerium für den Zeitraum von 2009 bis Mitte 2020 etwa 1650 Enteignungsverfahren privater Grundstücke zu verantworten.[27]

Generell gibt es auch Kritik an der Mittelvergabe vom Verkehrsministerium, welche einzelnen Bundesländern zur Verfügung gestellt werden. So fließt etwa ein Viertel des Milliardenbudgets für neue Autobahnen und Bundesstraßen nach Bayern.[28] Vor allem für Scheuers Wahlkreis in Passau würden überproportional hohe Mittel aufgewendet. [29] Weitere Vorwürfe an den Investitionsvorhaben des Verkehrsministeriums betreffen unter anderem das Mobilitätszentrum, welches in München mit Bundesmitteln in Höhe von 500 Mio. € finanziert und eröffnet werden soll. Bei dem geplanten Deutschen Zentrum für Mobilität der Zukunft geht es vor allem um das Autonome Fahren, ein konkretes Konzept hierfür habe Scheuer bislang aber nicht vorgelegt.[30]

Insgesamt fällt die Verkehrspolitik von Andreas Scheuer im Faktencheck von Greenpeace weniger gut aus. Die Umweltorganisation bilanziert, dass Scheuer zu den „31 schlimmsten Klimabremsern der Großen Koalition“ zählt. [31]

Pkw Maut

Hintergrund

Seit 2013 ist die Forderung nach einer Pkw-Maut ein Thema im Wahlkampf der CSU. Im März 2018 übernahm Bundesverkehrsminister Scheuer das Maut-Projekt. Nach Streitigkeiten mit der EU-Kommission, einer Änderung des Infrastrukturgesetzes und mehreren Klagen, laufen unterdessen bereits erste europaweite Vergabeverfahren, die Scheuers Vorgänger Alexander Dobrindt (CSU) ausgeschrieben hatte. Im Sommer 2018 bewilligt der Bundestag 37,2 Millionen Euro Haushaltsmittel sowie eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von zwei Milliarden Euro für den Abschluss der Verträge. Derweil finden mehrere informelle Treffen zwischen Verkehrsminister Scheuer und potentiellen Auftraggebern statt. Im Dezember 2018 erteilt der CSU-Minister den Milliardenauftrag. Kapsch TrafficCom und CTS Eventim erhalten den Zuschlag für die Erhebung der Maut. Ein halbes Jahr später urteilt der EuGH, dass die Mautreform gegen das Diskriminierungsverbot und damit gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs verstößt. Am Ende kostete das Projekt knappe 80 Millionen Euro an Steuergeldern. Zusätzlich drohen vereinbarte Schadensersatzzahlungen in Höhe von 560 Millionen Euro. Ein Untersuchungsausschuss prüfte, ob das Bundesverkehrsministerium (BMVI) beim Vergabeverfahren Rechtsverstöße begangen hatte und ob Scheuer das Parlament um die Kosten der Maut belogen hatte. [32]

Untersuchungsausschuss

Verbindungen zu Augustus Intelligence

Treffen mit den Gründern von Augustus Intelligence

Mitte des Jahres 2020 wurde bekannt, dass der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor (CDU) für das US-amerikanische Start-Up Unternehmen Augustus Intelligence lobbyiert hatte. Beim Bundeswirtschaftsminister bat er um ein Treffen mit dem Gründer der Firma und hielt im Anschluss Aktienoptionen im Wert von einer Viertelmillionen US-Dollar sowie einen Direktorenposten. (Interner Link zum Amthor Artikel?) Nach den Recherchen vom Handelsblatt hatte Augustus ursprünglich vorgesehen nicht Philipp Amthor, sondern Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer für ihre Ziele einzusetzen. Als Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur wäre Scheuer ein attraktiver Kontakt für das auf Künstliche Intelligenz spezialisierte Unternehmen gewesen. [33]

Im Juni 2020 teilte das BMVI auf eine Kleine Anfrage des FDP-Fraktionsvize Frank Sitta mit, dass es ein Treffen mit Bundesminister Scheuer gegeben habe, an dem unter anderem auch zwei der Gründer von Augustus Intelligence teilnahmen, der Firmen-CEO Wolfgang Haupt und Pascal Weinberger, Mitgründer und Technischer Direktor der Firma. Wie aus dem Dokument hervorgeht, haben sich die drei im Februar 2018 „erstmals auf einer Veranstaltung in einem größeren Personenkreis getroffen. Seitdem gab es einen losen Austausch u.a. über Themen der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz“. [34] Einige Monate später, im September 2018 hatte Bundesminister Scheuer die beiden Firmengründer zu einem Expertengespräch eingeladen, an dem beispielsweise auch Vertreter:innen von BMW, Bosch, Deutsche Bahn, Telekom und deutschen Forschungseinrichtungen teilnahmen.

Zudem berichtet das Bundesministerium auf die Anfrage, dass es am 23. Januar 2019 während des Weltwirtschaftsforums in Davos bei einem Restaurantbesuch „ungeplant zu einem Gespräch des Ministers und seines Referenten Herrn Weinberger und Dr. Wolfgang Haupt, die am selben Ort aßen und den Bundesminister ansprachen“, gekommen sei. [35]

Trotz Klage: Scheuer löschte offenbar Handydaten

Derweil forderte die Onlineplattform FragDenStaat das Verkehrsministerium auf, die Handynachrichten von Andreas Scheuer herauszugeben. In WhatsApp-Chatgruppen habe er sich mit Weinberger und Haupt ausgetauscht. Weil FragDenStaat eine Löschung der Nachrichten verhindern wollte, wurde ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht Berlin eingereicht. Es sollte Scheuer untersagen, die Nachrichten zu löschen. Daraufhin gab das BMVI jedoch bekannt, dass die Nachrichten „nicht mehr“ auf dem Mobiltelefon vorhanden seien. Laut einem internen Vermerk soll sogar geplant worden sein, die Herausgabe der Nachrichten möglichst lange nicht mitzuteilen. Auch das Gutachten einer Anwaltskanzlei zur Frage der Veröffentlichung der Nachrichten wurde der Öffentlichkeit bislang vorenthalten. [36] [37]

Zitate

„Ich möchte keine Bußgelder für die Vergangenheit haben, sondern möchte, dass die deutsche Automobilindustrie diese 12,5 Milliarden Euro in die Zukunft investiert. [...] Unsere Konzepte sind nicht Strafen und Verbote.“

[38]

„Immer wieder Hardware-Updates zu fordern, löst bei den Verbrauchern Panik aus.“

[39]

„Es geht mir um das Wohl der Menschen.“

[40]

„Wir stehen für maximale Transparenz und Klarheit. Alle Fragen in Zusammenhang mit der Pkw-Maut werden umfassend und fristgerecht beantwortet.“

[41]

„Ich bin nicht der Buddy der Bosse, sondern der Kumpel der Fließbandarbeiter.“

[42]

  1. Deutscher Bundestag. Biografie: Andreas Scheuer bundestag.de, abgerufen am 30.08.2021
  2. Andreas Scheuer MDB Lebenslauf andreas-scheuer.de, abgerufen am 02.09.2021
  3. Abgeordnetenwatch: Andreas Scheuer abgeordnetenwatch.de, abgerufen am 30.08.2021
  4. "Der Dieselskandal ist für mich organisiertes Staatsversagen zeit.de, vom 17.09.2020, abgerufen am 30.08.2021
  5. VW-Kläger schreiben Drohbrief an Scheuer spiegel.de, vom 19.08.2019, abgerufen am 30.08.2021
  6. Leere Seiten von Minister Scheuer sueddeutsche.de, vom 19.08.2021, abgerufen am 30.08.2021
  7. Pressemitteilung: Deutsche Umwelthilfe fordert mindestens 20 Milliarden Euro Bußgelder gegen betrügerische Autohersteller wegen illegaler Abschalteinrichtungen bei Diesel-Pkw duh.de, vom 18.07.2018, abgerufen am 30.08.2021
  8. Andreas Scheuer und die Autoindustrie daserste.ndr.de, vom 31.05.2018, abgerufen am 30.08.2021
  9. 875 Millionen Euro Strafe für BMW und VW wegen Kartellbildung br.de, vom 08.07.2021, abgerufen am 30.08.2021
  10. Brief von Transparency International an Bundesminister Scheuer transparency.de, abgerufen am 30.08.2021
  11. Übersicht der Verfahren zum Auskunftsanspruch von Transparency Deutschland zu Abschaltvorrichtungen transparency.de, vom 18.08.2021, abgerufen am 30.08.2021
  12. Dieselskandal: Andreas Scheuer und die Mär von der maximalen Transparenz transparency.de, vom 19.08.2021, abgerufen am 30.08.2021
  13. 80:1 für die Autoindustrie sueddeutsche.de, vom 28.06.2021, abgerufen am 30.08.2021
  14. Möglicher Lobby-Einfluss auf Beratergremium der Bundesregierung swr.de, vom 20.04.2021, abgerufen am 30.08.2021
  15. Corona-Hilfen: Keine Vorfahrt für die Autolobby! lobbycontrol.de, vom 27.04.2020, abgerufen am 30.08.2021
  16. Scheuers Autoprämie: Mit dem Turbo gegen die Wand spiegel.de, vom 09.09.2020, abgerufen am 30.08.2021
  17. Konjunkturprogramme: Rolle rückwärts abgewendet, aber kein Aufbruch in eine zukunftsfähige Wirtschaft bund.net, vom 04.06.2020, abgerufen am 30.08.2021
  18. Scheuer will Förderung und Steuer-Vorteile für Hybrid-Pkw ändern reuters.com, vom 09.10.2020, abgerufen am 30.08.2021
  19. Staat fördert Plug-In-Hybride mit mehr als 400 Millionen Euro trotz geringer Klima-Wirkung rp-online.de, vom 18.02.2021, abgerufen am 30.08.2021
  20. Scheuer lehnt Tempolimit und höhere Dieselsteuer strikt ab welt.de, vom 19.01.2019, abgerufen am 30.08.2021
  21. Scheuer und der ADAC: "Er wird aus Fehlern nicht klug" sueddeutsche.de, vom 26.01.2020, abgerufen am 30.08.2021
  22. Scheuer will Ende des fossilen Verbrenners bis 2035 welt.de, vom 14.03.2021, abgerufen am 30.08.2021
  23. Scheuer will Ende fossiler Verbrenner tagesschau.de, vom 14.03.2021, abgerufen am 30.08.2021
  24. 12 Millionen für Radwege - nutzt Scheuer für neue Straßen tagesspiegel.de, vom 09.03.2020, abgerufen am 30.08.2021
  25. Plötzlich Fahrrad-Minister: Andreas Scheuer (CSU) verspricht Rekordmittel fr.de, vom 27.04.2021, abgerufen am 30.08.2021
  26. Die Bilanz des Verkehrsministers Andreas Scheuer tagesspiegel.de, vom 01.09.2021, abgerufen am 02.09.2021
  27. "Scheuer ist ein Enteignungsminister" tagesspiegel.de, vom 12.08.2020, abgerufen am 30.08.2021
  28. Verkehrsinvestitionen: Vorfahrt für Bayern beim Straßenbau? abendblatt.de, vom 19.02.2021, abgerufen am 30.08.2021
  29. "Passau first" bei Scheuer? Grüne erheben schwere Vorwürfe - Ministerium dementiert entschieden merkur.de, vom 19.06.2021, abgerufen am 30.08.2021
  30. Scheuers Prestigeprojekt: Zentrum der offenen Fragen sueddeutsche.de, vom 23.08.2021, abgerufen am 30.08.2021
  31. haben verhindert. Die 31 schlimmsten Klimabremser der Großen Koalition greenpeace.de, vom 11.08.2021, abgerufen am 30.08.2021
  32. Scheuers Pkw-Maut-Affäre: Die Chronik des Scheiterns tagesschau.de, vom 01.10.2020
  33. Scheuer tauschte sich über WhatsApp-Gruppe mit Augustus-Intelligence-Gründern aus handelsblatt.com, vom 25.07.2020, abgerufen am 30.08.2021
  34. Antwort der Bundesregierung: Termine von Augustus Intelligence im BMVI dserver.bundestag.de, vom 24.07.2020, abgerufen am 30.08.2021
  35. [ebd.]
  36. Verkehrsminister Scheuer löscht Nachrichten, damit wir sie nicht erhalten fragdenstaat.de, vom 05.05.2021, abgerufen am 30.08.2021
  37. Verkehrsminister Scheuer löschte offenbar Handy-Nachrichten abgeordnetenwatch.de, vom 20.07.2021, abgerufen am 30.08.2021
  38. Andreas Scheuer und die Autoindustrie daserste.ndr.de, vom 31.05.2018, abgerufen am 30.08.2021
  39. Zitate des Tages jungewelt.de, abgerufen am 30.08.2021
  40. [ebd.]
  41. Bundesverkehrsminister Scheuer beantwortet fristgerecht und umfassend mehr als 60 Fragen zur Pkw-Maut bmvi.de, vom 10.07.2019, abgerufen am 30.08.2021
  42. "Ich will nicht der Buddy der Auto-Bosse sein!" bild.de, vom 17.03.2018, abgerufen am 30.08.2021

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