European Crop Protection Association

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European Crop Protection Association (ECPA)
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Rechtsform
Tätigkeitsbereich Förderung der agrochemischen Industrie in Europa
Gründungsdatum
Hauptsitz Avenue E. Van Nieuwenhuyse B-1160 Brussels Belgium
Lobbybüro
Lobbybüro EU Avenue E. Van Nieuwenhuyse, B-1160 Brüssel
Webadresse www.ecpa.eu

Die European Crop Protection Association (ECPA) ist der europäische Verband der agrochemischen Industrie mit den Themenfeldern Pflanzenschutz, Schädlingsbekämpfung und Biotechnologie. Sie tritt für weniger strenge Pflanzenschutzmittelauflagen ein und betreibt aggressiven Lobbyismus, um seine Interessen durchzusetzen.
Die ECPA vertritt multinationale Pestizidherstellern wie Syngenta, Monsanto, Bayer CropScience oder Dow AgroSciences.

Im Januar 2021 ist die European Crop Protection Association in CropLife Europe umbenannt worden.[1]

Lobbystrategien und Einfluss

Der Verband verfügt über eine erhebliche Präsenz bei den EU-Organen und ist Mitglied einer großen Anzahl von beratenden Ausschüssen im Agrar-, Gesundheits-, Handels-, Wachstums- und Umweltbereich. Weiterhin gehört er 3 Sachverständigengruppen der EU-Kommission an und der Interfraktionellen Arbeitsgruppe (Intergroups) des Europäischen Parlamentes zu „Klimawandel, nachhaltiger Entwicklung und Biodiversität“.[2]

Die ECPA ist personell gut vernetzt, denn einige der MitarbeiterInnen traten bereits durch die Drehtür zwischen Politik und Wirtschaft: Ehemalige Angestellte der EU-Institutionen sind nun Pestizidlobbyisten.

Die Pestizid-Lobby sponsert das Brüsseler Politik-Magazin Politico, die damit werben, das meist gelesenste Medium der EU-Entscheidungsträger zu sein. In den Artikeln des Lobbyverbandes wird das europäische Vorsorgeprinzip diskreditiert und Pestizide als Garanten für die Sicherstellung der Welternährung dargestellt.[3]

Eine weitere Strategie der Pestizid-Lobby besteht darin, auf agrarfreundliche EU-Mitgliedsstaaten Einfluss auszuüben, sodass diese ihrerseits die europäische Gesetzgebung nach den Interessen der Industrie ausgestalten. So fokussierte sich ECPA in der Vergangenheit insbesondere auf Großbritannien.[4]

Fallstudien und Kritik

2016: Gewinner des „Democracy for Sale Award"

Nichregierungsorganisationen, darunter LobbyControl, haben im November 2016 die European Crop Protection Association (ECPA) und Crop Life America (CLA) mit dem Negativpreis „Democracy for Sale Award“ ausgezeichnet. Begründung: Die Pestizid-Lobby nutzt die Verhandlungen zum EU-US Handelsabkommen TTIP, um Regeln bei hormonell wirksamen Chemikalien, Pestizid-Rückständen in Lebensmitteln und bienenschädlichen Insektiziden zu verwässern.[5]

2012: Kampagne gegen ein Teilverbot von Bienenkiller-Pestiziden

Anfang 2012 hatten mehrere unabhängige Studien die Gefahr der Insektengifte der Neonicotinoiden für Bienen belegt. Neonicotinoide schädigen das zentrale Nervensystem der Tiere und haben oft tödliche Folgen für ganze Bienenvölker. [6]
Mehrere EU-Regierungen hatten daraufhin entsprechende Schutzmaßnahmen gefordert. Die EU-Kommission beauftragte die European Food Safety Authority (EFSA), zu diesem Thema Stellung zu nehmen.[7] Die EFSA empfahl ein Teilverbot für Neonicotinoide.
Darauf reagierte die Pestizid-Industrie mit einer Kampagne unter Federführung der Hersteller Bayer und Syngenta sowie der ECPA, in der die Aussagekraft der unabhängigen Studien in Frage gestellt und unrealistisch negative Auswirkungen auf die Wirtschaft beschworen wurden. Die Kampagne wurde mit angeblich unabhängigen Studien wirtschaftsnaher Institute unterfüttert. Die ECPA behauptete in einer Stellungnahme, die vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen könnten zu Ertragseinbußen von bis zu 10% bei Raps und Getreide, von 30 % bei Zuckerrüben und 50 % bei Mais führen.[8]
Im Mai 2013 hat die EU-Kommission nach Angaben von Greenpeace die 3 schlimmsten bienenschädlichen Neonicotinoide in allen 27 Mitgliedstaaten teilweise verboten – allerdings nur vorübergehend.

Seit 2012: Lobbying bei TTIP

Die für die Verhandlungen zuständige Generaldirektion Handel der EU-Kommission forderte die ECPA möglichst gemeinsam mit ihrem US-Partnerverband CropLife America in einer E-Mail vom 26.10.2012 dazu auf , die positiven Auswirkungen des TTIP darzulegen: "I would thus encourage you to share with us your innovative ideas as to the possible improvements that could be made in the context of a trade agreement".[9] Wenige Wochen später reichte EPCA gemeinsam mit CropLife America die erbetene Stellungnahme ein.[10] Inhaltlich wird dabei der Fokus unter anderem auf die Harmonisierung von Bestimmungen zu Pestizid-Rückständen in Nahrungsmitteln gelegt sowie der Wunsch nach einer regulatorischen Kooperation zum Ausdruck gebracht. Die Verwirklichung beider Vorschläge hätte einen Verlust der höheren europäischen Standards zur Folge. Das Niveau der erlaubten Pestizid-Rückstände in Nahrungsmitteln beträgt in den USA in einigen Fällen sogar das Hundertfache der erlaubten Höhe in der EU.[11] Zwischen Januar 2012 und Februar 2014 nahm ECPA an fünf und CropLife America an zwei Treffen der EU-Verhandlungsführer zu TTIP teil.[12]

Regulatorische Kooperation
Im März 2014 formulierten ECPA und CropLife America erneut einen „Vorschlag zur transatlantischen regulatorischen Kooperation“. Die Nichtregierungsorganisation CIEL (Center for International Environmental Law) kommt 2015 in einem Bericht zu dem Schluss, dass durch die Forderungen der Pestizidverbände, „Handelsverhandlungen manipuliert werden, um die EU dazu zu nötigen, die progressiven Gesetzgebungen zu Umweltgesundheit und Lebensmittelsicherheit mit wenig Rücksicht auf ökologische oder gesundheitliche Folgen aufzuweichen“. Regulatorische Kooperation wird von Seiten der Industrie als Euphemismus für eine Adaption des „kleinsten gemeinsamen Nenners“ - in diesem Fall für die Rechtsgültigkeit des geringsten Standards – verwendet. CIEL unterstreicht auch, dass durch die juristische Institutionalisierung einer regulatorischen Kooperation das europäische Vorsorgeprinzip außer Kraft gesetzt werden soll. Dieses Prinzip, welches den europäischen Chemie- und Pestizidpolitiken zu Grunde liegt, zielt darauf ab Verbote und Regulierungen schon dann erlassen zu können, wenn auch nur ein Verdacht besteht, dass ein Produkt für Sicherheit, Gesundheit oder Umwelt ein Risiko darstellen könnte.[13] ECPA allerdings sucht das Vorsorgeprinzip durch einen „wissenschaftlichen und risikobasierten Ansatz“ zu ersetzen.[14] Darunter ist sowohl ein Ansatz zu verstehen, welcher auf Risikoabschätzungen und Kosten-Nutzen-Analysen beruht, als auch jenes Wissenschaftsprinzip, welches seither die amerikanische Gesetzgebung prägt. Demnach müssen mögliche Belastungen und Schäden, die Produkte auslösen könnten, zweifelsfrei wissenschaftlich nachgewiesen sein, um eine Regulierung durch politische Organe zu rechtfertigen.

Aktuell sind 82 der erlaubten Pestizide in Amerika in der EU verboten, während 33 der 36 Pestizid-Rückstandshöchstwerte für Nahrungsmittel in den USA schwächere Standards aufweisen als in der EU.[15]

Die Einführung des Wissenschaftsprinzipes und somit eine Angleichung an amerikanische Gesetzgebungsstrukturen via regulatorischer Kooperation würde den Pestizidherstellern einen neuen, bis dato streng regulierten, Absatzmarkt erschließen lassen.

Auch wenn der leitende Verhandlungsführer der Generaldirektion Handel der EU der Öffentlichkeit im November 2014 versicherte, dass keine Gesetze zur Lebensmittelsicherheit durch TTIP verändert werden würden, geht es der Pestizid-Lobby nicht um eine Änderung der aktuellen Gesetzgebung, sondern vielmehr um die Umgestaltung des Prozesses, wie Gesetze in Zukunft gemacht und Regulationen erlassen werden.[16]

Endokrine Disruptoren (ED)

Endokrine Disruptoren sind Chemikalien, welche durch ihre Wirkungsweise das Hormonsystem verändern und dadurch bei Menschen die Fortpflanzung gefährden, Krebserkrankungen befördern und bei Tieren ganze Populationen bedrohen können. Auf Grund der intrinsischen Gefahr, die ihnen anhaftet, sind sie dem Vorsorgeprinzip folgend aktuell in der EU streng reguliert. Die Vorschläge von ECPA und CLA zur regulatorischen Kooperation, drohen allerdings „Bemühungen zur Regulierung von endokrinen (hormonellen) Disruptoren zu schwächen, zu verlangsamen oder zu stoppen“.[17] Der Europäische Verbraucherverband BEUC stellte sogar fest, dass die EU-Institutionen den TTIP-Verhandlungspartnern sowie den Pestizid-Lobbyisten bereits mit einem vorauseilenden Gehorsam begegneten: Aus Angst einer Gefährdung des Abkommens wurden Initiativen für ambitioniertere ED-Regulierungen nur halbherzig angegangen.[18]

Organisationsstruktur, Personal und Verbindungen

Team

Die Mitglieder des Teams sind hier abrufbar. Zu ihnen gehören u.a.:

  • Alexandra Brand (Chair of the Board), ehemals Regional Diretor bei Syngenta
  • Oliver de Matos (Director General & Consultant to CropLife Europe), ehemals Secretary General European Centre for Ecotoxicology and Toxicology of Chemicals
  • Kevin Heylen (Senior Regulatory Affairs Manager)
  • Laurent Oger (Director Regulatory Affairs)
  • Priscila Quaini Jacobitz (Government Affairs Manager)

Mitglieder

Zu den Mitgliedern gehören alle europäischen Großunternehmen und alle nationalen Verbände, die im Bereich der Agrochemie tätig sind.

Zu den Unternehmensmitgliedern gehören: BASF, Bayer CropScience, Dow AgroSciences, DuPont, ADAMA, Monsanto Europe und Syngenta

Die assoziierten und mittelständischen Unternehmensmitglieder sind auf der Website von ECPA abrufbar.

Auch der deutsche Industrieverband Agrar e.V. ist in dem Netzwerk vertreten.

Verbindungen

Die ECPA ist Mitglied in den folgenden Organisationen:

Finanzen

Laut EU-Transparenzregister liegen die geschätzten Kosten der direkten Lobbyarbeit bei den EU-Organen im Geschäftsjahr 2015 zwischen 100.000 und 200.000 Euro, im Geschäftsjahr 2021 lagen die Kosten zwischen 800.000€- 899.999€. Allerdings stellt diese Summe nur einen Teil des Gesamtbudgets dar. Das verbleibende Budget wird unter anderem auf das Erstellen von Analysen, auf beratende Tätigkeiten und auf die Organisation von Veranstaltungen verwendet. [20]

Kurzdarstellung und Geschichte

Ihr Tätigkeitsschwerpunkt besteht darin, die europäische Gesetzgebung und Verwaltungspraxis über Kontakte zur EU-Kommission und zu EU-Parlamentariern im Interesse ihrer Mitglieder auszugestalten. Laut Eintrag im Transparenz-Register der EU beschäftigt die ECPA 12 Lobbyisten, von denen 4 für den Zugang zu Räumlichkeiten des Europäischen Parlaments akkreditiert sind.[21]

Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

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Einzelnachweise

  1. European Crop Protection grows to become CropLife Europe, croplifeeurope.eu vom 06.01.2021, abgerufen am 27.09.2022
  2. EU-Transparenzregister, abgerufen am 27.09.2016
  3. Politico, abgerufen am 27.09.2016
  4. Bid to block ban on controversial pesticides, The Ferret, März 2016, abgerufen am 27.09.2016
  5. Ausgezeichnet: Pestizid-Lobby ist „dreistester TTIP-Lobby-Akteur“ Webseite LobbyControl, abgerufen am 13.12.2016
  6. Kampagne "Pestizide töten Bienen Die Bienen brauchen unsere Hilfe, Webseite Greenpeace, abgerufen am 18.08.2014
  7. Recherche von CORPORATE EUROPE OBSERVATORY "Pesticides against pollinators", 11. April 2013, Corporate Europe Observatory, Webseite CEO, abgerufen am 18.08.2014
  8. Schreiben an Kommissar Dalli vom 13. Juni 2012, Webseite CEO
  9. E-mail von Geraldine Emberger an Friedhelm Schmider, veröffentlicht auf der Webseite von CEO, Webseite abgerufen am 19. 8. 2014
  10. Schreiben von CropLife und ECP vom 13. November 2012, veröffentlicht auf der Webseite von CORPORATE EUROPE OBSERVATORY, Webseite abgerufen am 19. 8. 2014
  11. Report: transatlantic trade agreement could increase toxic pesticide use, Guardian, Elizabeth Grossman, Januar 2015, abgerufen am 27.09.2016
  12. [corporateeurope.org/sites/default/files/attachments/data-ttip-lobbying-dg_trade.xls], CEO: Dataset for infographics on TTIP lobbying for period Jan 2012 to Feb 2014, abgerufen am 27.09.2016
  13. CIEL: Lowest Common Denominator: How the proposed EU-US trade deal threatens to lower standards of protection from toxic pesticides, 2015, abgerufen am 27.09.2016
  14. Das Europäische Netzwerk für ländliche Entwicklung (ENRD), abgerufen am 27.09.2016
  15. David Pimentel, Environmental and economic costs of the application of pesticides primarily in the United States, 2005, Environment, Development and Sustainability 7, Seite 229-252
  16. Euractiv, Commission official: The EU is not going to change its food legislation because of TTIP, 20.11.2014, abgerufen am 27.09.2016
  17. CIEL: Lowest Common Denominator: How the proposed EU-US trade deal threatens to lower standards of protection from toxic pesticides, 2015, abgerufen am 27.09.2016
  18. BEUC, The Incompatible Chemistry Between the EU and the US: BEUC Position on Chemicals in TTIP, January 2016, abgerufen am 27.09.2016
  19. [http://ec.europa.eu/transparency/regexpert/index.cfm?do=groupDetail.groupDetail&groupID=860 Name: Advisory Group on the Food Chain and Animal and Plant Health (E00860)] Register der Expertengruppen der EU-Kommission, abgerufen am 20.01.2015
  20. [http://ec.europa.eu/transparencyregister/public/consultation/displaylobbyist.do?id=0649790813-47&locale=de&indexation=true , EU-Transparenzregister], abgerufen am 01.09.2016
  21. Profil im Transparenz-Register, Webseite abgerufen am 01.09.2016

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