Stiftung Familienunternehmen

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Stiftung Familienunternehmen und Politik
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Rechtsform Rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts
Tätigkeitsbereich Politische Interessenvertretung der größten deutschen Familienunternehmen
Gründungsdatum 2002 (Stiftung Familienunternehmen), 2021 (Stiftung Familienunternehmen und Politik)
Hauptsitz Stuttgart (Sitz), München (Kontakt)
Lobbybüro Haus des Familienunternehmens, Pariser Platz 6a, Berlin
Lobbybüro EU
Webadresse familienunternehmen.de

Die Stiftung Familienunternehmen setzt sich in Politik und Medien für die Anliegen der größten deutschen Familienunternehmen ein. In der Öffentlichkeit wird die Stiftung zuweilen als Vertretung des Mittelstands wahrgenommen, da die Begriffe Familienunternehmen und Mittelstand häufig synonym verwendet werden. Sie wird jedoch von über 600 Firmen "aus dem Kreis der größten deutschen Familienunternehmen" getragen.[1] Das Kuratorium und die Unterstützer bestehen in erster Linie Großkonzerne und Superreichen. In ihrer politischen Arbeit konzentriert sich die Stiftung vor allem darauf, die stärkere Besteuerung von Reichtum abzuwehren (Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Körperschaftsteuer).

Nach eigenen Angaben fokussiert sich die Stiftung auf die Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie den diesbezüglichen Erfahrungsaustausch zum Thema Familienunternehmen.[2] Hierzu gehöre beispielsweise die Förderung von Forschungsarbeiten sowie die Unterstützung von wissenschaftlichen Arbeiten und Lehrstühlen bzw. Instituten.

Als Reaktion auf das Urteil des Bundesfinanzhofes aus dem Jahr 2019, in dem Attac die Gemeinnützigkeit abgesprochen wurde, ist die Stiftung Familienunternehmen um die neue Organisation Stiftung Familienunternehmen und Politik ergänzt worden, die nicht gemeinnützig ist.[3] Als zentraler Ansprechpartner in allen politischen Belangen der Familienunternehmen wird sie sich künftig auch im Rahmen von Expertenanhörungen im Deutschen Bundestag äußern. Sie hat zunächst fünf feste Mitarbeiter, die im „Haus des Familienunternehmens“ in Berlin tätig sind. Die Organe der neuen Organisation (Vorstand, Geschäftsführer und Kuratorium) sind mit denen der Stiftung Familienunternehmen identisch.

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Definition von Familienunternehmen

In der von der Stiftung herausgegebenen Studie „Die TOP 500 Familienunternehmen in Deutschland nach Umsatz und Beschäftigung“ aus dem Jahr 2022 wird bei der Familienunternehmensdefinition auf das Kriterium der maßgeblichen Mehrheit am Kapitals zurückgegriffen.[4] Danach ist ein Familenunternehmen dann gegeben, wenn mindestens 50 Prozent des stimmberechtigten Unternehmenskapitals in den Händen von maximal drei natürlichen Personen oder Familien liegt. Bei mehr als drei natürlichen Personen wird angenommen, dass es sich um eine Familie handelt, wenn mindestens zwei dieser drei Personen den gleichen Namen führen.

Nach dieser Definition waren laut Studie im Jahr 2020 nach Umsatz die drei größten Familienunternehmen: Volkswagen AG, Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) und Aldi-Gruppe (Nord+Süd). Den Sprung in die TOP 10 nach Umsatz haben weiterhin die Robert Bosch GmbH, die Heraeus GmbH, die Phoenix Pharma SE, die Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, die Henkel AG & Co. KGaA, die Merck KGaA und die Bertelsmann SE & Co. KGaA. geschafft.

Lobbystrategien und Einfluss

Aktivitäten

Im Lobbyregister wird zu den Aktivitäten der Stiftung Familienunternehmen und Politik ausgeführt: „Zentrale Pfeiler der Stiftungsarbeit ist es, Unternehmensvertreter mit Politik und Wissenschaft in Austausch zu bringen. Gegenüber politischen Entscheidungsträgern nimmt die Stiftung die Interessen der Familienunternehmen auf nationaler und europäischer Ebene wahr. Dazu zählt das Verfassen von Stellungnahmen i. R. v. Gesetzgebungsverfahren des Bundes und der Europäischen Union, die Organisation von Gesprächs- und Diskussionsformaten mit politischen Entscheidungsträgern insbesondere auf Bundesebene, aus der Bundesverwaltung sowie aus Wissenschaft und Wirtschaft. Zudem werden politische Entscheidungsträger in die Veranstaltungen interner Fachgremien einbezogen. Auch bringen Vertreter der Stiftung ihren Sachverstand in Expertenanhörungen im Deutschen Bundestag oder in Fachgespräche der Bundesverwaltung ein.„

Die bekannteste Veranstaltung ist der Tag des Familienunternehmens, der jährlich in Berlin stattfindet.

Die Lobbyausgaben werden im Lobbyregister für 2024 mit 200.001 bis 2.210.000 Euro beziffert. Es werden 5,4 Lobbyisten (Vollzeitäquivalent) beschäftigt.

Projekte

Zu den im Lobbyregister (Stand: 23.07.2025) genannten Regelungsvorhaben werden u.a. genannt:

  • Entlastung der Wirtschaft von bürokratischen Belastungen
  • Schutz personenbezogener Daten, von Betriebs- u. Geschäftsgeheimnissen im Online-Handelsregister
  • Vorgaben der EU-Lieferkettenrichtlinie handhabbar und möglichst rechtssicher ausgestalten
  • Förderung der Wettbewerbsfähigkeit durch haushaltsverträgliche Absenkung der Körperschaftsteuer
  • Abschaffung der Erbschaftsteuer
  • Verbesserung der Thesaurierungsregelung für Personenunternehmen

Repräsentanz in Brüssel (Haus des Familienunternehmens)

Im EU Transparenzregister wird die Tätigkeit in Brüssel wie folgt beschrieben: „Die Stiftung Familienunternehmen und Politik verfolgt insbesondere die politischen und legislativen Initiativen im Bereich der Wirtschafts- und Handelspolitik, der Wettbewerbspolitik, der Steuerpolitik sowie im Bereich der Euro-Zone. Hierzu kommuniziert sie die aktuellen Erwartungen der Familienunternehmen an die europäische Politik.“ Zu den aktuellen Themen zählten die inhaltliche Entwicklung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD, (EU) 2022/2464) und die damit im Zusammenhang stehende Entwicklung und Umsetzung europäischer Sustainability Reporting Standards, ebenso die inhaltliche Entwicklung und Umsetzung der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD, (EU) 2024/1760). Weiterhin werden erwähnt: die Betrachtung politischer und legislativer Entwicklungen im Hinblick auf gesamtheitliche bürokratische Belastungen für Familienunternehmen sowie die Verschiebung und Entwicklung der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte ((EU) 2023/1115).

Das European Forum for Family Businesses dient dem politischen Austausch zwischen Vertretern verschiedener Institutionen der Europäischen Union, Wirtschaftsexperten, Wissenschaftlern und Familienunternehmen zu spezifischen politischen Themen.

Kampagne zum Bürokratieabbau mit Medien des Kulturstaatssekretärs Wolfram Weimer

Im März 2025 startete die Stiftung gemeinsam mit „Business Punk“ und „The European“ eine Initiative „Das kann weg“, um vermeintlich überflüssige Bürokratie abzubauen.[5][6] Im Zwei-Wochen-Rhythmus präsentiert „Miss Bürokratieabbau“ Dr. Gisela Meister-Scheufelen Vorschläge, welche staatlichen Regelungen, Gesetze und Vorschriften ersatzlos gestrichen werden können. Business Punk und The European erscheinen bei der Weimer Media Group GmbH, deren Gesellschafter der Kulturstaatsministers Wolfram Weimer und dessen Ehefrau Christiane Götz-Weimer sind.[7] Die Weimer Media Group veranstaltet auch den „Ludwig Erhard Gipfel“ unter dem Motto „Wir vernetzen Entscheider“. Am 28. April 2025 ist Wolfram Weimer aus der Geschäftsführung der Weimer Media Group ausgeschieden, bleibt jedoch deren Gesellschafter.

Auch Focus Online beteiligt sich an der Lobby-Initiative.

Einfluss in der Wissenschaft

Auch in der Wissenschaft ist die Stiftung bestens vertreten: Sie fördert unter anderem die Institute und Forschungsstellen für Familienunternehmen an den Universitäten Witten-Herdecke (Wittener Institut für Familienunternehmen), Friedrichshafen (Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen) und Bayreuth (Forschungsstelle für Familienunternehmen). Es werden Aufträge für Studien vergeben und somit die wissenschaftliche Diskussion über Familienunternehmen geprägt. Stiftungsgründer Hennerkes selbst ist Honorarprofessor in Witten-Herdecke, der Geschäftsführer der Stiftung lehrt in Friedrichshafen[8]. Die Stiftung betreibt auch Wissenschaftslobbyismus, indem sie gezielt die Forschung zu Themen wie der Erbschaftssteuer-Reform oder der Frauenquote unterstützt bzw. eigene Studien anfertigen lässt [9]. Zusätzlich veröffentlicht die Stiftung Familienunternehmen in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Instituten, wie dem arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) oder dem ifo-Institut, wissenschaftliche Gutachten und Studien. In diesen Veröffentlichungen wird unter anderem die Steuerbelastung für Unternehmen thematisiert. Das Ergebnis der Studien ist dabei fast immer, dass die Unternehmenssteuern gesenkt/nicht erhöht werden.[10] [11] [12]

Die Auswirkungen von Steuererhöhungen oder -senkungen auf Unternehmen sind in der Wirtschaftswissenschaft jedoch umstritten. So schreiben beispielsweise einige Expert:innen der Einführung einer Vermögenssteuer oder einer Reform der Erbschaftssteuer positive Effekte für die Gesellschaft zu.[13] [14]

Hohe Spenden an CDU, CSU und FDP

Finanzwende hat 2024 Parteispenden von Personen ausgewertet, deren Zugehörigkeit zur Stiftung Familienunternehmen öffentlich nachvollziehbar ist – aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Stiftungskuratorium oder in der Geschäftsführung der Stiftung.[15] Ausgewertet worden seien die Spenden ab 10.000 Euro für die Jahre 2017 bis 2022. Jüngere Zahlen seien noch nicht verfügbar. Das Ergebnis der Recherche: „Das Umfeld der Stiftung Familienunternehmen spendete in sechs Jahren mindestens 2,8 Millionen Euro an Union und FDP. Hauptprofiteure waren in erster Linie die Union (CDU 1.813.000 Euro und CSU 85.000 Euro) sowie die FDP (974.000 Euro). An die Grünen wurden 96.000 Euro gespendet. Für die SPD haben wir keine größeren Spenden aus dem Umfeld der Stiftung Familienunternehmen gefunden. Mit Abstand größter Spender war übrigens die Familie Oetker.“[16]

Erbschaftsteuer

Laut „Finanzwende“ soll die Erbschaftsteuer ein wenig Chancengleichheit und Gerechtigkeit in der Gesellschaft herstellen.[17] Nach Art. 123 der Bayerischen Verfassung dient die Erbschaftsteuer „auch dem Zwecke, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern.“ Die Bundesverfassungsrichter:innen Baer, Gaier und Masing haben in einem Sondervotum 
im Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12, Rn. 3, den Sinn der Erbschaftsteuer wie folgt definiert: „Die Erbschaftsteuer dient (…) nicht nur der Erzielung von Steuereinnahmen, sondern ist zugleich ein Instrument des Sozialstaats, um zu verhindern, dass Reichtum in der Folge der Generationen in den Händen weniger kumuliert und allein aufgrund von Herkunft oder persönlicher Verbundenheit unverhältnismäßig anwächst.“


Die Stiftung setzt sich - ganz im Interesse der sie fördernden Superreichen - seit Jahren für die Abschaffung/Senkung der Erbschaftsteuer ein.

Einsatz für die Abschaffung/Reduzierung der Erbschaftsteuer

Im Lobbyregister (Stand: 23.07.2025) benennt die Stiftung die Abschaffung der Erbschaftsteuer als eines ihrer Regelungsvorhaben. Sie begründet dies wie folgt:

„Die Besteuerung von Erbschaften ist kompliziert. Die Erhebungskosten sind hoch, insbesondere wenn zu den Kosten der Finanzverwaltung auch diejenigen der Steuerpflichtigen, die sich nicht in den reinen Deklarationskosten erschöpfen, hinzugerechnet werden. Viele Länder verzichten auf die Besteuerung von Erbschaften. Dort, wo Erbschaften besteuert werden, sind vielfach Weitergaben innerhalb der Familie von der Erbschaftsteuer befreit oder Betriebsvermögen ganz oder teilweise freigestellt. Durch diese volkswirtschaftlich begründeten Freistellungen kommt es jedoch vielfach zu Abgrenzungsschwierigkeiten. Alle genannten Schwierigkeiten ließen sich vermeiden, wenn Deutschland – wie beispielsweise Schweden, Österreich und Portugal – die Erbschaftsteuer abschaffen würde.“

In dem Positionspapier Ist die Erbschaftsteuer ungerecht? wird versucht, vermeintlich falsche Thesen zur Erbschaftsteuer zu widerlegen.

„Finanzwende“ geht in der Publikation Was die Milliardärslobby uns erzählt - und was wirklich stimmt. Mythencheck Erbschaftsteuer auf die Argumente der Lobby ein.[18] Dort wird u.a. festgestellt:

  • Zwischen 2021 und 2023 lag der durchschnittliche gezahlte Steuersatz auf Multimillionen- und Milliardenvermögen im Schnitt bei nur 2,9 Prozent – im Jahr 2023 sogar bei lediglich 0,1 Prozent. Wer dagegen kleinere Beträge erbt, zahlte mehr als das Dreifache. Es gilt also: Je größer das Vermögen, desto kleiner der Steuersatz. Das ist Folge der sogenannten „Verschonungsbedarfprüfung“, einer Sonderregelung, durch die Multimillionär*innen und Milliardär*innen vollständig von der Steuer befreit werden können. Uns alle kostet das jedes Jahr bis zu 10 Milliarden Euro. 
  • Es gibt eine Vielzahl an Vorschlägen, wie die Erbschaftsteuer so gestaltet werden kann, dass sie Betriebe kaum belastet. Es wird zum Beispiel diskutiert, ob die Steuerschuld über Jahre gestreckt oder teilweise durch Übertragung von Unternehmensanteilen beglichen werden könnte. Die Höhe der Erbschaftsteuer wird im Übrigen ohnehin danach bemessen, wie viele Gewinne künftig aus dem Unternehmen zu erwarten sind – sind weniger Gewinne zu erwarten, fällt die Bewertung des Unternehmenswertes geringer aus und damit die anfallende Erbschaftsteuer.
  • Die Unternehmenslobby warnt zwar oft vor Arbeitsplatzverlusten – Belege dafür gibt es aber nicht. Im Gegenteil: Die Ausnahmen für Unternehmensvermögen können dem Wirtschaftsstandort langfristig schaden und Arbeitsplätze kosten. Das zeigen der Beirat des Finanzministeriums und die OECD in ihren jeweiligen Berichten.

Einfluss auf Reform der Erbschaftssteuer 2016

Die Familienunternehmerlobby wertete die Reform der Erbschaftssteuer 2008 als großen Lobbyerfolg.[19] Gemeinsam mit dem Verband Die Familienunternehmer, ASU setzt sich die Stiftung gegen eine stärkere Besteuerung von Reichtum ein. In einem gemeinsamen Appell von Stiftungsgründer Hennerkes und Großunternehmen wie Bitburger, die Quandt-Erben und der Autovermieter Erich Sixt heißt es, die Erbschaftssteuer sei ein „bürokratisches Monster“ und gefährde Arbeitsplätze in Deutschland.[20] ,[21]

Die Regierung reagierte im Sinne der Unternehmer. Im Ergebnis sah die Reform u.a. vor, betriebliches Erbe von der Erbschaftssteuer weitgehend auszunehmen. Das Bundesverfassungsgericht indes beurteilte die Bevorteilung der Familienunternehmen 2014 als teilweise grundgesetzwidrig.[22] Bis Mitte 2016 musste die Regierung eine neue Regelung vorlegen. Gegen die geplanten minimalen Korrekturen wendeten sich vehement die Stiftung Familienunternehmen und Die Familienunternehmer - ASU, worauf Bundesfinanzmininster Schäuble den Regierungsentwurf im September 2015 wieder entschärfte.[23] Der im Juni 2016 vorgelegte Entwurf der Erbschaftssteuerreform wurde in mehreren Kommentaren als ein Lobbyerfolg der Familienunternehmer gewertet.[24][25] Da sich im parlamentarischen Verfahren keine Einigung zwischen Bundestag und Bundesrat abzeichnete, kündigte das Verfassungsgericht im Juli an, das Verfahren wieder an sich zu ziehen, weil der Gesetzgeber die Frist für einer Änderung verpasst hatte.[26][27] Im September 2016 einigten sich Bundestag und Bundesrat im Vermittlungsausschuss auf einen Kompromiss, nach dem Firmenerben weiter weitgehend verschont werden. Die Ökonomen Birger Scholz und Achim Truger kamen in einer von Campact in Auftrag gegebenen Studie zu dem Schluss, dass "die verfassungswidrige übermäßige Privilegierung des Be triebsvermögens im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer im Ergebnis (fast) vollständig beibehalten" wird.[28] Dies wurde auch in der taz heftig kritisiert[29] und Hermann-Ulrich Viskorf, ehemaliger Vizepräsident des Bundesfinanzhof, urteilte gar: "Der Gesetzgeber hat die neuen Regeln aber so gestaltet, dass sie leicht umgangen werden können und nur für ganz wenige Erben großer Betriebsvermögen Bedeutung haben werden. Mein Fazit lautet: Das Ziel wurde verfehlt." [30]

Die Kontakte zwischen der Stiftung Familienunternehmen, dem Verband Die Familienunternehmer, ASU und der Politik waren während der Kompromissfindung zur Reform der Erbschaftssteuer 2015 und 2016 offenbar sehr eng. Wie aus einer schriftlichen Anfrage von der Bundestagabgeordnete Lisa Paus (Grüne) an die Bundesregierung hervorgeht, trafen Vertreter der Stiftung Familienunternehmen und des Verbands "Die Familienunternehmen - ASU" zwischen Februar 2015 und Juni 2016 zwölf Mal auf ranghohe Vertreter der Bundesregierung, darunter Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Darunter waren neun Treffen mit der Stiftung Familienunternehmen, drei Treffen mit Die Familienunternehmer, ASU sowie ein gemeinsames Treffen mit beiden Lobbyverbänden. [31] Aufgelistet sind fünf Gespräche auf "Leitungsebene" mit dem Bundeskanzleramt, sieben weitere mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Finanzstaatssekretären der Union. Daneben hat es zahlreiche Treffen gegeben, bei denen am Rande "oftmals ein Gedankenaustausch" stattgefunden hat. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) empfing die Lobbyisten sogar in der Staatskanzlei. Auch zum Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne) gab es gute Kontakte.[32] [33]

Laut Süddeutscher Zeiung zahlten 2018 Großerben auf Erbschaften im Gesamtwert von 31 Mrd. Euro nur etwa fünf Prozent Steuer.[34] Als Großerben werden die gut 600 Deutschen bezeichnet, die 2018 mehr als zehn Mio. Euro erbten oder geschenkt bekamen. Die Auswirkungen der Erbschaftssteuerreform 2016 und die verfassungsrechtlichen Zweifel am ErbStG 2016 werden in einer Studie des Netzwerks Steuergerechtigkeit, der Bürgerbewegung Finanzwende und taxmenow vom Mai 2023 erläutert.

Organisationsstruktur und Personal

Stifter im Sinne der Satzung ist ihr Gründer Brun-Hagen Hennerkes. Die Organe der Stiftung sind der Stiftungsvorstand und das Stiftungskuratorium.

Vorstand und Geschäftsführer

Zwei Mitglieder des Stiftungsvorstandes werden vom Stifter ernannt. Die Bestellung der weiteren Mitglieder des Stiftungsvorstandes erfolgt durch das Stiftungskuratorium.

Vorstandsmitglieder sind: Rainer Kirchdörfer, Partner der Sozietät Hennerkes, Kirchdörfer & Lorz in Stuttgart, und Ulrich Stoll, Stellv. Aufsichtsratsvorsitzender der Festo SE & Co. KG in Stuttgart.

Geschäftsführer sind Stefan Heidbreder und David Deißner

Quelle: [35]

Kuratorium

Mindestens zwei Drittel der Mitglieder des Stiftungskuratoriums müssen laut Satzung Gesellschafter von Familienunternehmen, deren Ehegatten oder (aktive oder ehemalige) Mitglieder der Geschäftsführung eines Familienunternehmens sein.

Ein genauer Blick in das 42-köpfige Kuratorium der Stiftung gibt einige Hinweise auf die Förderer der Stiftung. Hier sitzt kaum ein Vertreter eines mittelständischen Unternehmens.[36] Stattdessen sind hier Superreiche wie Johannes Kärcher (Alfred Kärcher), Edwin Kohl (Kohlpharma) oder Nicola Leibinger-Kammüller (Trumpf) vertreten. Weitere Kuratoriumsmitglieder sind Vertreter und Vertreterinnen von Großunternehmen wie Haniel, Henkel, E. Merck und dm, deren Eigentümer-Familien Haniel, Henkel, Merck und Werner selbst zu den reichsten Deutschen zählen. Zu den Kuratoren gehören auch der ehem. FDP-Vorsitzende Christian Lindner, Bundesminister a.D. Hans-Peter Friedrich (CSU) und Günther Oettinger (CDU).

Wissenschaftlicher Beirat

Mitglieder sind (Stand: Oktober 2025)[37]:

  • Rainer Kirchdörfer (Vorstand der Stiftung, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats), Partner der auf die Beratung von Familienunternehmen spezialisierten Kanzlei Hennerkes, Kirchdörfer & Lorz, Honorarprofessor an der Universität Witten/Herdecke
  • Udo di Fabio, Direktor für Öffentliches Recht an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Mitglied des Kuratoriums und Träger des Publizistik-Preises der Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung, Verfasser von Auftragsgutachten für die Stiftung Familienunternehmen, Bundesverfassungsrichter a.D.
  • Clemens Fuest, Präsident des ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Verfasser der Studie Zur Debatte über die Einführung einer Nettovermögensteuer in Deutschland 2021 für die Stiftung Familienunternehmen
  • Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung
  • Hans-Werner Sinn, Vorsitzender des Ausschusses „Ordnungspolitik und Grundsatzfragen“ der Lobbyorganisation Wirtschaftsbeirat Bayern, ehem. Präsident des ifo Institut für Wirtschaftsforschung. Bei der Anti-Windkraft-Initiative Vernunftkraft Thüringen äußerte Sinn im September 2024, die Pläne, auf Wind- und Sonnenstrom zu setzen, sei eine „irrsinnige Utopie“ und „erzwungene Deindustrialisierung“[38] Dieser wiederholt vertretenen These wird von vielen Wissenschaftlern widersprochen.[39][40] Auch die Studie von Sinn, in der er einen Tesla als klimaschädlicher als einen Diesel-Pkw einstufte, ist von Wissenschaftlern kritisiert worden.[41][42]
  • Kay Windthorst, Geschäftsführender Direktor der Forschungsstelle für Familienunternehmen der Universität Bayreuth sowie Vorsitzender des Kuratoriums der Haniel Stiftung und Stellv. Vorsitzender des Aufsichtsrat der Haniel & Cie. GmbH

Unterstützer

Die rund 600 Unterstützer sind auf der Webseite der Stiftung nicht abrufbar. Recherchen von Panorama konnten 123 Firmen identifizieren, die ihre Förderschaft bestätigt haben oder bei denen es gravierende Hinweise auf eine Unterstützung gibt und die dies nicht dementiert haben.[43] Danach gehören zu den Unterstützern in erster Linie Großkonzerne und Superreiche. Als Beispiele werden genannt:

  • Schwarz-Gruppe, zu der u.a. Lidl und Kaufland gehören
  • Rossmann, einer der größten Drogeriemarkt-Ketten Europas
  • Deichmann, Europas größter Schuhhändler
  • Würth-Gruppe, weltweiter Marktführer für Montage- und Befestigungsmaterial
  • Bertelsmann, Europas größter Medienkonzern

Lediglich zwei Firmen seien kleine und mittlere Unternehmen (KMU), also Firmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 50 Millionen Euro. Das entspreche einem Anteil von 1,6 Prozent. Demnach seien 98,4 Prozent der recherchierten Förderer Großunternehmen, also Firmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro

Finanzen

Laut Gewinn- und Verlustrechung der Stiftung Familienunternehmen und Politik 2024 erzielte die Stiftung Familienunternehmen und Politik, deren Stiftungskapital 200 Tsd. Euro beträgt, 2024 Umsatzerlöse in Höhe von ca. 3,4 Mio. Euro.

Weitere Informationen

Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

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Einzelnachweise

  1. Der Transparenz verpflichtet, familienunternehmen.de, abgerufen am 18.10.2025
  2. Presseinformation vom 07.06.2021, abgerufen am 01.10.2021
  3. Presseinformation vom 07.06.2021, abgerufen am 01.10.2021
  4. Die TOP 500 Familienunternehmen in Deutschland, familienunternehmen.de, abgerufen am 23.02.2025
  5. Das kann weg - Ideen für Bürokratieabbau, familienunternehmen.de, abgerufen am 09.05.2025
  6. Das kann weg!, business-punk.com vom 13.03.2025, abgerufen am 09.05.2025
  7. Weimer Media Group, weimermedia.de, abgerufen am 09.05.2025
  8. Professor Brun-Hagen Hennerkes Uni Witten-Herdecke, abgerufen am 15.05.2017)
  9. Publikationen/Studien Website Stiftung Familienunternehmen, abgerufen am 15.05.2017
  10. Standortfaktor Körperschaftsteuer Website Stiftung Familienunternehmen vom 02.02.2024, abgerufen am 04.04.2024
  11. Der Beitrag der Familienunternehmen zum Steueraufkommen in Deutschland, Website Stiftung Familienunternehmen vom 02.02.2024, abgerufen am 09.04.2024
  12. Der Beitrag der Familienunternehmen zum Steueraufkommen in Deutschland, Website Stiftung Familienunternehmen vom 02.02.2024, abgerufen am 09.04.2024
  13. Grunderbe und Vermögensteuern können die Vermögensungleichheit verringern, Website DIW von 2021, abgerufen am 09.04.2024
  14. Deutschland braucht keine angebotspolitische Zeitwende, Website WSI von 2023, abgerufen am 09.04.2024
  15. Der Lobby-Einfluss der sogenannten Familienunternehmer, finanzwende.de vom 10.09.2024, abgerufen am 14.09.2024
  16. Der Lobby-Einfluss der sogenannten Familienunternehmer, finanzwende.de vom 10.09.2024, abgerufen am 14.09.2024
  17. Verfassungwidrig ungerecht: Drei Gründe für eine Erbschaftsteuer ohne Privilegien für Superreiche, finanzwende.de vom 04.11.2022
  18. Was die Milliardärslobby uns erzählt - und was wirklich stimmt. Mythencheck Erbschaftsteuer, finanzwende.de vom 17.09.2025, abgerufen am 20.10.2025
  19. Brun-Hagen Hennerkes-Über Familienunternehmen und Erbschaftssteuer Der Spiegel, abgerufen am 15.05.2017
  20. Erbschaftsteuer- Das mittelstandsfeindliche Monster, Süddeutsche Zeitung, abgerufen am 15.05.2017
  21. Appell des Mittelstandes- Protestwelle gegen neue Erbschaftssteuer rollt, Handelsblatt, abgerufen am 15.05.2017
  22. Verfassungsgericht kippt Erbschaftssteuer, Der Spiegel, abgerufen am 15.05.2017
  23. Christoph Butterwegge: Ein Lehrstück des Lobbyismus, taz online vom 24.09.2015, abgerufen am 15.05.2017
  24. Familienunternehmen gewinnen Lobbyschlacht um die Erbschaftsteuer, sz.de vom 20.06.2016, abgerufen am 15.05.2017
  25. Videokommentar zur Erbschaftsteuerreform: "Ein Lobbyerfolg der Familienunternehmer", spiegel.de vom 20.06.2016, abgerufen am 15.05.2017
  26. Keine Einigung in Berlin Erbschaftsteuer wieder in Karlsruhe, tagesschau.de vom 14.07.2016, zuletzt abgerufen am 15.05.2017
  27. Nach Ablauf der in Sachen „Erbschaftsteuer“ gesetzten Frist zur Neuregelung soll das Normenkontrollverfahren erneut auf die Tagesordnung, Bundesverfassungsgericht: Pressemitteilung Nr. 41/2016 vom 14.06.2016, zuletzt aufgerufen am 15.05.2017
  28. Erbschaftsteuer-Reform 2016: Eine Aktualisierung der Fallbeispiele nach dem Kompromiss im Vermittlungsausschuss. Kurzexpertise, Webseite von Campact, 11.10.2016, zuletzt abgerufen am 15.05.2017
  29. Kommentar Grüne und Erbschaftsteuer: Eine gefährliche Blamage, die taz, 14.10.2016, zuletzt aufgerufen am 15.05.2017
  30. Ex-Finanzrichter zur Erbschaftsteuer: Reform packt Grundprobleme nicht an, Stuttgarter Nachrichten, 13.10.2016, zuletzt abgerufen am 15.05.2017
  31. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/097/1809729.pdf Bundestagsdrucksache 10/9729 sowie Personalien Eifrige Lobbyisten, Süddeutsche Zeitung vom 24./25.09.2016, S. 26
  32. Pressemeldung der Süddeutschen Zeitung, Das Presseportal, 18.04.2013, zuletzt abgerufen am 15.05.2017
  33. Letzter Akt Erbschaftssteuer: Kretschmann und die Lobby der Vermögenden, LobbyControl, 13.10.2016, zuletzt abgerufen am 15.05.2017
  34. Wer viel erbt, zahlt kaum Steuern, sueddeutsche.de vom 02.12.2019, abgerufen am 07.12.2019
  35. Vorstand & Geschäftsführung, familienunternehmen.de, abgerufen am 26.01.2025
  36. Kuratorium, familienunternehmen.de, abgerufen am 18.10.2025
  37. Wissenschaftlicher Beirat, famliienunternehmen.de, abgerufen am 18.10.2025
  38. Vortrag Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, thlemv.de vom 27.09.2024, abgerufen am 25.01.2025
  39. Wie Hans-Werner Sinns alte These, dass die Klimapolitik schlecht fürs Klima ist, immer neue Ehrenrunden dreht, ubermedien.de vom 05.08.2023, abgerufen am 25.01.2025
  40. Kommentar zu Hans-Werner Sinn sowie die Erwiderung von Sinn, in: Jahrbuch Ökologische Ökonomik, claudiakemfert.de, abgerufen am 26.01.2025
  41. Wissenschaftler kritisieren Studie scharf, wiwo.de vom 08.05.2019, abgerufen am 26.01.2025
  42. Was Hans-Werner Sinn bei seiner Elektroauto-Studie übersehen hat, wiwo.de vom 19.04.2019, abgerufen am 26.01.2025
  43. Lobby für Superreiche?, tagesschau.de vom 25.09.2025, abgerufen am19.10.2025

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