Lobbyregister EU

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Version vom 20. Juni 2016, 14:56 Uhr von Ronald (Diskussion | Beiträge) (Studie Anwaltskanzleien ergänzt)

Das EU-Lobbyregister (eigentlich EU-Transparenzregister) ist eine öffentliche Datenbank, in welcher EU-Lobbyarbeit betreibende Akteure Informationen über ihre Arbeit veröffentlichen. Diese Informationen beinhalten beispielsweise den Namen des Akteurs (Verbands,Organisation etc.), seine Ziele und Auftraggeber sowie die dafür zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel. Eintragungen in das Tranparenzregister finden auf freiwilliger Basis statt. Allerdings bestehen leichte Sanktionen für Lobbyisten, die sich nicht ins Register eintragen.

Das Lobbyregister bezieht sich auf Lobbyakteure, die Zugang zur Eruopäischen Kommission oder dem EU-Parlament suchen. Der Rat der Europäischen Union ist nicht Teil des Registers, er führt auch kein eigenes Lobbyregister. Ein verpflichtendes, umfassendes und robustes Lobbyregister für die Institutionen der Europäischen Union ähnlich dem in dem Lobbyregister USA, gibt es derzeit nicht.

Frühere Lobbyregister in der EU

LobbyPlanet Berlin

Den ersten Schritt in Richtung Transparenz beim Lobbyismus machte 1996 das EU-Parlament mit der Einführung eines so genannten Lobbyregisters sowie eines Verhaltenskodex für Lobbyisten. Das Register, das eigentlich eher eine Liste war, war seit 2003 öffentlich auf der Webseite des Parlaments abrufbar. Darin konnten sich Lobbyisten freiwillig registrieren, um einen vereinfachten Zugang zum Parlament zu erhalten.[1] Die bei der Akkreditierung anzugebenden Daten beschränkten sich jedoch auf den Namen der/des LobbyistIn und den der beauftragenden Organisation. Ersichtlich wurde daher nicht, mit welchen Abgeordneten oder Parlamentsmitarbeitenden Gespräche geführt wurden, mit welchem Ziel Lobbyarbeit betrieben wurde oder welche finanziellen Ressourcen zu diesem Zweck eingesetzt wurden. Bei LobbyistInnen, die nicht für einen Verband oder ein Unternehmen direkt arbeiteten, sondern für eine Lobby-Agentur, blieb auf diese Weise der Kunde der Agentur, d.h. der eigentliche Auftraggeber, ebenfalls unsichtbar. Nach Stand vom Mai 2011 waren 3.912 LobbyistInnen beim EU-Parlament akkreditiert, die für 1.762 Auftraggeber arbeiteten.

Seit 2008 führte die EU-Kommission ein freiwilliges Lobbyregister. Es enthielt zwar mehr Angaben als die Liste des EU-Parlaments, dafür fehlten hier wiederum die Namen der für die jeweiligen Lobby-Akteure arbeitenden LobbyistInnen. Eingetragen hatten sich nach Stand vom Mai 2011 3.937 Lobby-Organisationen. Problematisch an diesem Register war jedoch, dass bei weitem nicht alle in Brüssel Lobbyarbeit betreibenden Unternehmen, Agenturen, Verbände und Organisationen in dem Register vertreten waren. Mehrere der größten deutschen Konzerne, wie z.B. die Deutsche Bank und die Metro AG tauchten nicht auf, obwohl sie in Brüssel Lobbybüros unterhalten.[2]

Ein weiterer Schwachpunkt des Registers war die fehlende systematische Überprüfung der von den Lobby-Akteuren gemachten Angaben, z.B. zu Lobbyaufwendungen, sowie nicht ausreichende Sanktionsmöglichkeiten zur Ahndung von Verstößen gegen die Verhaltensregeln.[3] Dieser Schwachpunkt besteht bis heute fort und führt zu einer äußerst schlechten Datenqualität.

Das aktuelle Transparenzregister

Im November 2010 einigten sich EU-Kommission und EU-Parlament nach zweijähriger Verhandlungsdauer auf ein gemeinsames Lobbyregister unter dem offiziellen Titel "Transparenzregister". Dieses Transparenzregister wurde am 23. Juni 2011 eingeführt.

Das Transparenzregister fasste die bisher getrennten Lobbyregister von EU-Kommission und Parlament zusammen. Ein Vorteil gegenüber dem früheren Register der Interessenvertreter war, dass die Registrierung der Lobbyakteure nun Voraussetzung für den Erhalt dauerhafter Zugangspässe zum EU-Parlament war. Dies war immerhin ein erster Anreiz, sich auch tatsächlich einzutragen. Des Weiteren müssen seitdem wesentlich mehr Daten über Auftraggeber und Lobbybudget öffentlich gemacht werden. Für EU-Bürger gibt es damit nun eine zentrale Anlaufstelle für Informationen über Lobbyaktivitäten in Parlament und EU-Kommission.

Im Juli 2014 kündigte der neue EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker im Rahmen seiner politischen Programmrichtlinien für die kommende Amtszeit an, das Transparenzregister zu reformieren. Es sollte ein verpflichtendes Lobbyregister für alle EU-Institutionen eingeführt werden.[4] Diese Ankündigung blieb bisher ohne Ergebnis.[Stand: September 2015].

Im November 2014 startete die Europäische Kommission ihre "Transparenzinitiative". Seitdem müssen EU-Kommissarinnen und Kommissare und ihre Kabinette bis hin zu den Generaldirektoren auf ihren Webseiten ihre Lobbytreffen veröffentlichen, und zwar spätestens zwei Wochen nachdem der Termin stattgefunden hat.[5]. Eine wichtige Neuerung ist außerdem, dass sich die EU-KommissarInnen und ihre Kabinette fortan nur mit im Lobbyregister registrierten Lobbyakteuren treffen dürfen.Dadurch sanktioniert die EU-Kommission erstmals Lobbyisten, die sich nicht in das Register eintragen. Allerdings gibt es dafür keine Kontrollinstanz und auch keine Sanktionen.

Im Rahmen der Transparenzinititative wurden die Pläne zum verpflichtenden Lobbyregister aber etwas konkretisiert. Klar ist jetzt, dass es kein rechtlich verbindliches Register geben wird, das die Lobbyisten direkt bindet. Sondern eine "interinstitutionelle Vereinbarung" zwischen den betreffenden EU-Institutionen. Diese Konstruktion bindet nur die Institutionen - also die Personen, die für sie aktiv sind - an das Register, nicht aber die Lobbyisten. Sanktioniert werden können diese nur über das Verhalten derjenigen, die an das REgister gebunden sind.

Seit dem 28. April 2015 ist ein überarbeitetes Transparenzregister online. Es beinhaltet Verbesserungen, die eine Arbeitsgruppe aus EU-Parlament und EU-Kommission bereits 2013 beschlossen hatte.[6]. Alle Lobbyakteure mussten sich neu registrieren, was zu einer besseren Vergleichbarkeit und Qualität der Daten führte. Alle Einträge müssten seitdem einmal im Jahr aktualisiert werden. Auch werden die Vorlagen, zu denen Lobbyarbeit geleistet wird, nun etwas präziser benannt.


Statistiken

Nach letztem Stand vom September 2015 waren lediglich 5.681 LobbyistInnen mit Zugang zum Europäischen Parlament akkreditiert, die für 8.213 Lobby-Organisationen arbeiten. Darunter finden sich u.a. 2.069 Wirtschaftsverbände, 1.372 Unternehmen, 2.116 Nicht-Regierungsorganisationen sowie 566 Thinktanks.[7]

Tabelle: Statistik des Transparenzregisters

Kategorien und Unterkategorien der Interessengruppen Anzahl der Organisationen
I – Beratungsfirmen/Anwaltskanzleien/selbständige Berater 963
Beratungsfirmen 594
Anwaltskanzleien 93
Selbständige Berater 276
II – In-House-Lobbyisten, Gewerbe- und Berufsverbände 4.153
Unternehmen und Unternehmensgruppen 1.372
Gewerbe-, Wirtschafts- und Berufsverbände 2.069
Gewerkschaften 462
Andere ähnliche Organisationen 255
III – Nichtregierungsorganisationen 2.116
IV – Denkfabriken, Forschungs- und Hochschuleinrichtungen 566
Denkfabriken und Forschungseinrichtungen 417
Hochschuleinrichtungen 149
V – Organisationen, die Kirchen und Religionsgemeinschaften vertreten 35
IV – Organisationen, die lokale, regionale und kommunale Behörden, andere öffentliche oder gemischte Einrichtungen vertreten 380
Lokale und kommunale Behörden (subnationale Ebene) 109
Andere subnationale Behörden 105
Transnationale Netzwerke der sub-nationalen Ebene 37
Andere öffentliche oder gemischte Einrichtungen 129
Gesamtzahl am 03.09.15 8.213

Quelle: [8]

Implementierung

Die gesetzliche Grundlage des Lobbyregisters ist die Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission[9]. Sie legt die Regeln und Grundsätze fest, auf denen das Transparenzregister beruht. Die erste, im Juni 2011 unterzeichnete Vereinbarung wurde nach zwei Jahren überprüft. Eine geänderte Vereinbarung wurde im April 2014 angenommen.

Für die Implementierung und die Kontrolle des Registers wurde ein gemeinsames Register-Sekretariat von Parlament und Kommission mit vier Mitarbeitern eingerichtet – zwei von der Kommission und zwei vom Parlament. Die Kompetenz für die Ausstellung von Lobby-Zugangs-Pässen für das EU-Parlament bleibt weiterhin beim EU-Parlament.

Die schwache Ausstattung des Registersekretariat gehört zu den ganz großen Schwächen des Registers. So ist beispielsweise das Sekretariat des kanadischen Lobbyregisters mit 28 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausgestattet. Auf 95 Registrierte kommt dort ein Mitarbeiter, in Brüssel ist es eine Mitarbeiterin auf 2250 Registrierte.

Finanzielle Angaben

Wie im bisherigen Register der EU-Kommission müssen bei einer Eintragung ins Register Angaben über Lobbyaufwendungen abhängig vom Umsatz des Beratungsunternehmens gemacht werden. Beratungsunternehmen, Anwaltskanzleien und selbstständige Berater müssen ihren durch Lobbytätigkeiten erzielten Umsatz nach folgendem Muster offenlegen:

Umsatz in Euro Stufengröße in Euro
0–499 999 50 000
500 000–1 000 000 100 000
>1 000 000 250 000

Verbände und Unternehmen, die in-house-LobbyistInnen beschäftigen, müssen ihre Lobbyausgaben schätzen. Nichtregierungsorganisationen, Think Tanks und Forschungsinstitute sowie Organisationen, die Kirchen und religiöse Gemeinschaften vertreten, müssen ihr Gesamtbudget gemeinsam mit einer Aufschlüsselung ihrer Hauptfinanzierungsquellen angeben.

Sanktionsmöglichkeiten

Seit 2014 verfügt das Transparenzregister über einen Mechanismus für Meldungen und Beschwerden[10], der es allen ermöglicht, eine administrative Untersuchung über mutmaßlicher Verstöße gegen den Verhaltenskodex durch registrierte Organisationen oder Einzelpersonen anzustoßen.

Bei Verstößen gegen den Verhaltenskodex kann das Register-Sekretariat Sanktionen durchführen. Diese reichen bis zum Ausschluss aus dem Register und einer Deaktivierung der Zugangsberechtigung zu den Gebäuden des Europäischen Parlaments. Der Ausschluss aus dem Transparenzregister führt auch dazu, dass keine Treffen mit KommissarInnen und den obersten KommissionsbeamtInnen mehr möglich sind.

Die Sanktionsmöglichkeiten des Register-Sekretariats werden im Anhang 4 der Interinstitutionellen Vereinbarung geregelt unter dem Titel „Verfahren für Meldungen und für die Untersuchung und Bearbeitung von Beschwerden“[11] Folgende Tabelle zeigt die Maßnahmen auf, die im Falle der Nichteinhaltung des Verhaltenskodex für Lobbyisten zur Verfügung stehen:

Art der Nichteinhaltung Maßnahme Erwähnung der Maßnahme im Register Entzug des Zugangsausweises zum EP
Nichteinhaltung, die sofort korrigiert wird Schriftliche Benachrichtigung mit Bestätigung der Tatsachen und ihrer Korrektur Nein Nein
Verweigerung der Zusammenarbeit mit dem Register-Sekretariat Ausschluss aus dem Register, Deaktivierung der Zugangsberechtigung zu den Gebäuden des Europäischen Parlaments, Verlust anderer Anreize Nein Nein
Unangemessenes Verhalten Ausschluss aus dem Register, Deaktivierung der Zugangsberechtigung zu den Gebäuden des Europäischen Parlaments, möglicher Neu-Eintrag ins Register, wenn die Gründe, die zu dem Ausschluss führten, ausgeräumt wurden Nein Nein
Schwere, absichtliche Nichteinhaltung des Kodex Ausschluss aus dem Register für bis zu zwei Jahre und formeller Entzug der Zugangsberechtigung zu den Gebäuden des Europäischen Parlaments und der Kommission Ja Ja

Kritik am neuen Register

Schlechte Datenqualität

Nach Angaben von ALTER-EU sind 27% der Firmen mit Lobbybüros in Brüssel nicht im Register eingetragen, zusammen mit 24% der Lobby-Beratungsagenturen und einem wesentlichen Anteil von NGOs. Obwohl die Europäische Kommission weiterhin die ansteigende Zahl der Einträge lobt, sagen diese allein wenig über Lobbyaktivitäten in Brüssel aus: Finanzielle Angaben im Register bleiben äußerst fragwürdig. Zum Beispiel sind laut Register die zehn Organisationen mit den höchsten Lobbybudgets (über 33 Millionen Euro p.a.) fünf Universitäten/Think Tanks, vier subnationale Behörden und eine schwedische Gewerkschaft – letztere gibt angeblich 94 Millionen Euro für ihre Lobbyarbeit aus. Während diese seltsam hohen Einträge wahrscheinlich auf Fehlern beruhen, liegt zugleich die Vermutung nahe, dass große Akteure wie FoodDrinkEurope, BuisenessEurope und Ebay zu geringe Lobbyausgaben angeben. Transparency International schätzt mehr als die Hälfte der Einträge im Transparenzregister als „inakkurat, unvollständig oder bedeutungslos“ ein[12].

Um einigermaßen realistische Angaben im Register vorzufinden, reicht LobbyControl regelmäßig Beschwerden ein – zuletzt wurde darauf hingewiesen, dass der European Roundtable of Industrialists und fünf andere große Lobbyakteure ein Lobbybudget von unter 10.000 Euro angaben[13]. Die Bank Goldman Sachs trat dem Lobbyregister erst im November 2014 mit einem völlig unrealistischen Lobbybudget von unter 50.000 Euro ein, woraufhin LobbyControl Beschwerde einreichte und die Bank ihr Budgetsumme auf bis zu 799.999 Euro korrigierte.

Selbst das Lobbybudget von BuisenessEurope, des größten europäischen Industrieverbands, über nur 4 Millionen Euro pro Jahr ist nach Auffassung von LobbyControl zweifelhaft und zu niedrig gegriffen. Der Verband präsentiert auf seiner Website über 50 Mitarbeiter, was bereits grob geschätzt mind. 2,5 Millionen Euro Lohnkosten bedeutet – der Transparenzregister-Eintrag bezeugt auch lediglich 29 beteiligte Personen.[14]. Zudem fehlen mehr als 100 bedeutende Firmen noch immer im Register, darunter Standard and Poors, City of London, die Swiss Bankers Association, das European Banking Industry Committee oder das Bankinstitut Belfius, obwohl vielen dieser nichtregistrierten Akteuren eindeutige Lobbyaktivitäten nachgewisen werden können[15].

Kein Lobbyregister für die Minister-Räte

Kritik bekommt auch der Rat der Europäischen Union zu hören, der sich nicht am Transparenzregister beteiligt und sich aus den Verhandlungen heraus hielt. Der Rat der Europäischen Union als wichtigstes legislatives Organ der EU neben dem EU-Parlament führt derzeit keinerlei Form von Lobbyregister. Lobbyisten versuchen die Ratsentscheidungen zwar bereits über die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten zu beeinflussen. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass der Rat als Institution in Brüssel, insbesondere der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (COREPER, frz. für Comité des représentants permanents) ebenfalls Adressat von Lobbyaktivitäten der Brüsseler Lobby-Akteure ist. Durch die Nichtbeteiligung des Rats am neuen Transparenzregister bleibt die Einflussnahme auf nationale Regierungsbeamte weiter im Schatten verborgen.[16] Nach der Einführung des Transparenzregisters am 23. Juni 2011 stellte der Rat zum ersten Mal die Möglichkeit in Aussicht, sich in Zukunft doch dem Register anzuschließen.

Intransparenz durch Klientenschutz

Alter-EU, ein lobbykritischer Zusammenschluss mehrerer NGOs darunter auf LobbyControl, hat in einer Studie dargestellt, dass ca. 150 registrierte Lobbyagenturen und Anwaltskanzleien die Regeln des Transparenzregisters unterwandern, indem sie die Namen ihrer Auftraggeber und Kunden nicht veröffentlichen[17]. Die Unternehmen erklären diese Daten als vertraulich und begründen dies mit dem Schutz ihrer Klienten. Dadurch wird es unmöglich nachzuvollziehen, wer für wen Lobbyarbeit leistet. Die Regeln des Registers sind hier jedoch eindeutig: Wer Kunden hat, denen er Lobbydienstleistungen anbietet, der muss dies angeben. Viele Kanzleien und Agenturen sind nach wie vor nicht im Transparenzregister registriert. Dazu gehören auch die großen Kanzleien Freshfields Bruckhaus Deringer, Hogan Lovells, Cliffords Chance, Dentons und Field Fisher Waterhouse. Einige Kanzleien und Agenturen erklären, sie könnten sich ohne eine klare gesetzliche Grundlage nicht in das Transparenzregister eintragen, weil es sie in ihren Herkunftsländern in rechtliche Probleme bringen könnte. Die Spannen, in denen Lobbyagenturen und Anwaltskanzleien ihren Lobbyumsatz angeben müssen, sind des Weiteren absurd groß. Sie sind unterteilt in <99.999 Euro, dann 100.000-499.999 Euro, 500.000-999.999 Euro und schließlich >1.000.000 Euro. Hinter diesen groben Kategorien lassen sich Kunden, die lieber unsichtbar bleiben wollen sehr einfach verstecken.

Weitere Kritikpunkte

Weiter wird kritisiert, dass die erforderlichen Angaben über Lobbyaufwendungen nicht vom Umsatz abhängig gemacht werden sollen, sondern für alle Lobbygruppen gleich sein sollten.[18]

Ein verpflichtendes Lobbyregister

Ein weiterer wesentlicher Kritikpunkt ist der weiterhin freiwillige Charakter des Registers. Eine Registrierung ist nur erforderlich um Zugang zum Europäischen Parlament zu erhalten und um ein Treffen mit den hohen KomissarInnen bzw. KommissionsbeamtInnen zu bekommen. Eine allgemein verpflichtende Registrierung wäre ein großer Schritt vorwärts zur effektiven Kontrolle von Lobbyaktivitäten. Das Parlament machte bereits deutlich, dass es diesen Punkt in der Evaluationsphase einbringen möchte. Der EU-Abgeordnete Matthias Groote (SPD) berichtete, dass die Mehrheit des EU-Parlaments sich für ein verpflichtendes Register ausgesprochen hätte, der Vorschlag aber am Widerstand der EU-Kommission scheiterte.

Eines der Hauptargumente der EU-Kommission für das freiwillige Register war bislang, dass eine gesetzliche Grundlage für ein verpflichtendes Register in der EU-Verträgen fehlen würde, bzw. Einstimmigkeit aller EU-Mitgliedsstaaten erfordern würde. Ein neues Rechtsgutachten von Markus Krajewski, Professor für Rechtskunde an der Erlangen-Nürnberg Universität, schlussfolgert jedoch, dass Artikel 298 (2) des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eine rechtliche Grundlage für eine verpflichtende Transparenz von Lobbyisten bietet. [19]

Die Einführung eines verpflichtendes Lobbyregisters durch eine EU-Rechtsverordnung könnte demnach aufgrund der gesetzlichen Grundlage über das normale legislative Vorgehen erfolgen. Ein neuer Bericht von ALTER-EU, „Rescue the Register“ [20], zeigt deutlich, dass ein verpflichtendes Register längst überfällig ist. In dem gegenwärtigen Modell können Firmen, die mit den Regeln des Registers nicht übereinstimmen, ihre Angaben jederzeit zurückziehen. Das freiwillige Register gibt somit nicht nur höchst unrealistische Einblicke in Lobbyaktivitäten, sondern vermittelt der Öffentlichkeit darüber hinaus ein falsches Verständnis der Regulierungen.

Im Juli 2014 kündigte der neue EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker an, es solle ein verpflichtendes und öffentlich zugängliches Lobbyregister für alle EU-Institutionen eingeführt werden.[21] Ein Konsultationsprozess dazu wurde am 1. März 2016 gestartet, allerdings ist noch unklar, ob dort dort diskutierten Änderungen ausreichend sind.[22]

Weiterführende Informationen

Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

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Einzelnachweise

  1. EU-Lobbyismus im Blickpunkt EP Dossier vom 24. Juni 2008, abgerufen am 22. Juni 2011
  2. Verhaltenskodex für Interessenvertreter (Lobbyisten) der EU-Kommission, abgerufen am 30. April 2014
  3. Beschwerdeformular der EU-Kommission, abgerufen am 30. April 2014
  4. Vorstellung der Politischen Leitlinien Junckers im Europäischen Parlament am 15. Juli 2014, abgerufen am 06.10.2014
  5. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 25. November 2014, abgerufen am 20.August 2015
  6. EU-Lobbyregister: Wie „neu und verbessert“ ist das Update? LobbyControl-Blogeintrag vom 28. Mai 2015, abgerufen am 09.09.2015
  7. Statistiken des Transparenzregisters, abgerufen am 03.09.2015.
  8. Transparenzregister, abgerufen am 03.09.2015.
  9. Interinstitutionelle Vereinbarung Website des EU-Transparenzregisters, abgerufen am 03.09.2015
  10. Meldungen und Beschwerden Website des EU-Transparenz-Registers, abgerufen am 03.09.2015
  11. Interinstitutionelle Vereinbarung S. 22, Website des EU-Transparenzregisters, abgerufen am 03.09.2015
  12. Watchdog: Half of EU lobbying disclosures are faulty Politico.eu vom 7. September 2015, abgerufen am 09.09.2015
  13. European Roundtable of Industrialists: Lobbybudget von unter 10.000 Euro? LobbyControl-Blogeintrag, abgerufen am 03.09.2015
  14. BuisenessEurope EU-Transparenz-Register, abgerufen am 03.09.2015
  15. EU-Lobbyregister: Wie „neu und verbessert“ ist das Update? LobbyControl-Blogeintrag vom 28. Mai 2015, abgerufen am 09.09.2015
  16. Euractiv: Transparenzregister: Neue Regeln für EU-Lobbyisten, abgerufen am 16. Juni 2011
  17. New and Improved? Why the EU Lobby register still fails to deliverS. 8, Studie von Alter-EU, abgerufen am 09.09.2015
  18. Die Grünen - Europäische Freie Allainz: Transparenzregister, abgerufen am 16. Juni 2011
  19. Rechtsgutachten Markus Krajewski, abgerufen am 21. Juni 2013
  20. ALTER-EU: Rescue the Register, abgerufen am 21. Juni 2013
  21. Vorstellung der Politischen Leitlinien Junckers im Europäischen Parlament am 15. Juli 2014, abgerufen am 06.10.2014
  22. EU-Kommission: Prozess zum Lobbyregister gestartet, LobbyControl, 2. März 2016, zuletzt aufgerufen am 13. 4. 2016

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