Deutscher Brauer-Bund

Deutscher Brauer-Bund e. V.
Rechtsform e.V.
Tätigkeitsbereich Lobbyarbeit für die Brauwirtschaft
Gründungsdatum 1871
Hauptsitz Neustädtische Kirchstraße 7a, 10117 Berlin
Lobbybüro
Lobbybüro EU Boulevard Charlemagne, 96, B-1000 Bruxelles
Webadresse http://www.brauer-bund.de/

Der Deutsche Brauer-Bund (DBB) ist die Interessenvertretung der deutschen Bierindustrie. Der DBB hat besonders gute und vielfältige Beziehungen in die Politik und wendet sich gegen wirksame Alkoholprävention.

Der enge Kontakt zeigt sich insbesondere an dem seit 2002 verliehenen Titel „Botschafter des Bieres“, welcher bereits an fünf Bundesminister_innen für Landwirtschaft und Ernährung vergeben wurde. Zudem initiierte der DBB verschiedene Kampagnen.

Durch die Alkohollobby im Allgemeinen und die Arbeit des Brauer-Bunds um Speziellen ist zu erklären, warum Regulierungen, die der Suchtprävention dienen, in Deutschland so schwach sind.

Kurzdarstellung und Struktur

Gegründet wurde der DBB im Jahr 1871, womit der Verband eine der ältesten Lobbyorganisationen in Deutschland und seit 1949 als Verein registriert ist. Um die Interessen der deutschen Brauwirtschaft zu fördern, ist es erklärtes Ziel des DBB die "Einführung oder Anhebung von Steuern oder Abgaben" zu verhindern und die "wirtschaftliche Freiheit, Bier weiterhin bewerben und verkaufen zu dürfen" zu erhalten.[1]

Seit 2023 ist Christian Weber Präsident des DBB, Geschäftsführer der Karlsberg Brauerei in Homburg. Das Präsidium wird durch Vertreter von Großbrauereien, wie der Bitburger, Paulaner, Anheuser Busch und Radeberger Brauereien, dominiert.[2][3]

Hauptgeschäftsführer des DBB ist Holger Eichele, früherer Pressesprecher des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Der DBB hat seit einer Strukturänderung im Jahr 2012 zwölf Mitglieder: Sechs Regionalverbände und sechs große Brauereien bzw. Brauereigruppen.[4][5]

Finanzen und Lobbyausgaben

Dem DBB standen 2022 knapp zwei Millionen Euro zur Verfügung, die größtenteils aus Mitgliedsbeiträgen stammen.[6] Die Arbeit des DBB wird laut einer Informationsbroschüre von 2013 über größenabhängige Beiträge bei den Brauereien der Regionalverbände und über Beiträge von Direktmitgliedern finanziert. Der Beitrag für die Wissenschaftsförderung liegt einheitlich bei 0,75 Cent je Hektoliter Jahresausstoß.[7] Im deutschen Lobbyregister gab der DBB an, im Jahr 2022 720 – 730 T€ für Lobbyarbeit auszugeben und 4 Lobbyist_innen zu beschäftigen.[8]

Auch im europäischen Lobbyregister ist der DBB eingetragen. Dort hat der Brauer-Bund für das Jahr 2022 50.000 bis 99.999 € an Lobbyausgaben und 4 beschäftigte Lobbyist_innen angegeben, die sich insgesamt mit 0,4 Vollzeitäquivalenten der Lobbyarbeit widmen.[9]

Politischer Einfluss

Nach eigenen Angaben verfügt der DBB über „ein Netzwerk mit Zugang und Akzeptanz bei Ministerien, Politik, Behörden, Wissenschaftlern, Presse und Meinungsmulti­plikatoren sowie mit Branchen im vor- und nachgelagerten Bereich“.[10]

In Deutschland wird der Einfluss der Alkohollobby auf die Politik insgesamt als sehr hoch eingeschätzt.[11] Eine kleine Anfrage der Partei DIE LINKE zur Häufigkeit von Treffen zwischen Vertreter_innen der Bundesregierung und Alkoholindustrie verdeutlicht den ausgesprochen engen Kontakt: Im Zeitraum von 2018 bis 2022 fanden 28 Treffen statt, davon alleine 12 mit dem DBB. Welche Priorität demgegenüber der Gesundheitsschutz hat, kontrastieren die drei Treffen im selben Zeitraum mit Vertreter_innen der Zivilgesellschaft.[12]

Insbesondere die Kontakte und Netzwerke in die Politik sind vielfältig und reichen über alle Parteien hinweg.

Parlamentskreis Braukultur

Der Anfang 2022 gegründete Parlamentskreis Braukultur hat sich im Kontext sinkender Bierabsätze durch die Corona-Pandemie gegründet. Überfraktionell gehören über 60 Abgeordnete dem Parlamentskreis an. Die Nähe zum DBB zeigt sich exemplarisch an der gemeinsamen Einladung zum Abendempfang mit mehr als 150 Gästen.[13]

Die Vorsitzende des Parlamentskreis Braukultur Lisa Badum (Grüne) setzte sich im Herbst 2022 erfolgreich für eine Verlängerung der reduzierten Biersteuersätze für kleine und mittlere Brauereien ein und begrüßte die Fortführung des gesenkten Mehrwertsteuersatzes für das Gastgewerbe.[14] Zudem trat sie beim Deutschen Brauertag des DBB 2023 und 2024 als Rednerin auf.[15][16]

Andreas Mattfeldt, ebenfalls Gründungsmitglied des Parlamentskreis, ist selbst als Brauer des „Preußen Pilsner“ tätig, gemeinsam mit seinem Geschäftspartner und Freund Georg Friedrich Prinz von Preußen.[17][18]

Deutsches Institut für Reines Bier e.V.

Der 1974 gegründete Verein hat um die 150 Mitglieder, je zur Hälfte bestehend aus Politiker_innen aus Bundes-, Landestagen und Kommunalparlamenten sowie Vertreter_innen aus Verbänden und der Brauwirtschaft.[19] Aktueller Präsident ist laut Lobbyregistereintrag der CSU-Bundestagsabgeordnete Max Straubinger.[20]

Selbst ernanntes Ziel ist der „Erhalt des Reinheitsgebotes und der Braukultur“.[20] Finanziert wird der Verein laut einem Artikel von 1974 vom DBB.[21] Vertreter_innen des Deutschen Instituts für Reines Bier e.V. nehmen regelmäßig prominent an Veranstaltungen des DBB teil, wie Max Straubinger als Redner am Deutschen Brauertag 2023.[15][19]

Das Deutsche Institut für Reines Bier e.V. engagierte sich 2011 für eine Anerkennung des Reinheitsgebot als Immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe.[22] Der Antrag wurde jedoch von der Jury mit der Begründung abgelehnt, dass die Bierproduktion in Deutschland inzwischen sehr industriell geprägt sei.[23] 2020 wurde nach erneuter Bewerbung schließlich das "handwerkliche Bierbrauen" als immaterielles Kulturerbe im bundesweiten Verzeichnis aufgenommen.[24][25]

FORUM BIER e.V.

Beim FORUM BIER e.V. handelt es sich um einen DBB nahen Förderkreis, Hauptgeschäftsführer ist auch hier Holger Eichele. Er setzt sich aus Vertretern der Brauereiindustrie und Verbänden zusammen und tritt laut Lobbyregistereintrag „für eine Verbesserung der rechtlichen und gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen“ ein.[26] Dieser lud beispielsweise gemeinsam mit dem DBB 2017 zum Parlamentarischen Abend rund 300 Gäste aus Bundesregierung und Bundestag sowie Vertreter_innen von Unternehmen, Verbänden, Wissenschaft und Medien ein.[27]

Lobbystrategien

Neben dem direkten Lobbying nutzt die Alkohollobby und insbesondere der DBB vielfältige Lobbystrategien.

Framing

Der Deutsche Brauer-Bund bemüht sich die gesundheitlichen Risiken des Alkoholkonsums zu relativieren und sogar teilweise infrage zu stellen. Das Landgericht Berlin hat dem DBB 2011 verboten, mit positiven gesundheitsbezogenen Wirkungen von Bier zu werben.[28] Dennoch stellt der DBB in seiner Kampagne "Bier bewusst genießen" einen Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Schlankheit her.[29]

So wurden in der 2008 veröffentlichten und noch bis 2016 abrufbaren Publikation Fakten zur Alkoholpolitik mehrfach auf die angeblich gesundheitsfördernde Wirkung von Alkohol hingewiesen: Letztlich würden von „Gesundheitspolitikern“ immer nur die „angeblichen Schäden“ durch Missbrauch und nicht die „positiven Aspekte“ in die „Rechnung“ mit einbezogen.[30]

Zentrale Strategie ist dabei, eine klare Trennung zwischen missbräuchlichem und einem vermeintlich unbedenklichen Konsum zu suggerieren.

Im deutschen Lobbyregister gibt der Brauer-Bund (Stand 2024) explizit an, sich für eine "Beibehaltung der Trennung zwischen verantwortungsvollem Bierkonsum und schädlichem Alkoholmissbrauch."[31]

Dabei werden aktuelle medizinische Studien ignoriert, die belegen, dass es keinen risikofreien Konsum und insbesondere keine gesundheitsfördernde Wirkung von Alkohol gibt.[32] Häufig zitierte die Alkohollobby Studien, die einen moderaten Alkoholkonsum mit einer erhöhten Lebenserwartung in Verbindung setzten. Dabei berücksichtigten die Studien nicht, dass sich die Vergleichsgruppe der Abstinenzler häufiger aus ehemalig Alkoholkranken oder Menschen mit Vorerkrankungen zusammensetzt.[33]


Kampagnen und Selbstverpflichtungen

Um politischen Regulierungen zuvorzukommen und Handlungsbereitschaft zu signalisieren, setzen der DBB und die Alkoholindustrie allgemein auf Initiativen zur Selbstregulierung und öffentlichkeitswirksame Kampagnen.

Beispielsweise verpflichten sich Alkoholindustrie und Werbebranche statt Jugendlichen mindestens erkennbar junge Erwachsene als Darsteller_innen in Werbungen zu nutzen, um Minderjährige nicht unmittelbar anzusprechen.[34]

Mit verschiedenen Kampagnen möchte der DBB seiner Verantwortung zum Gesundheitsschutz gerecht werden:[35]

  • Bier bewusst genießen
  • Don´t Drink and Drive
  • Drink responsibly
  • Schwanger. Natürlich ohne Alkohol
  • Bier? Sorry. Erst ab 16

Die gesundheitliche Aufklärung ist dabei ausgesprochen lückenhaft und der Genuss von Alkohol wird zur Normalität erklärt. Auf der Webseite der Kampagne „Bier bewusst genießen“ werden die negativen Gesundheitsfolgen von Alkoholkonsum mit keinem Wort erwähnt. Hingegen räumt die Kampagne mit den Mythos des Bierbauchs auf und behauptet moderat trinkende Frauen seien im Durchschnitt sogar etwas dünner als Nichttrinkerinnen. Zudem werden der geringe Fett- und Kaloriengehalt und hohe Anteil an gesunden Nährstoffen von Bier hervorgehoben.[29]

Zudem ist die Wirkung von Präventionskampagnen, besonders wenn aktiv unvollständige Informationen seitens der Industrie verbreitet werden, ausgesprochen umstritten.[36]

Sektorübergreifende Allianzen

Eine weitere Strategie stellt das Mobilisieren von sektorübergreifenden Allianzen dar, wodurch der Druck auf die Politik erhöht wird.

Besonders stark ist diese Allianz in Deutschland, aber auch europaweit, zwischen den Brauereien und Fußballvereinen ausgeprägt. Beide Seiten sind an einer möglichst uneingeschränkten Fortführung von Sponsoring und Alkoholwerbung interessiert - jeder Verein der 1. und 2. Bundesliga wird von einer Brauerei gesponsort.[37]

Als der Sonderausschuss zur Krebsbekämpfung Anfang 2022 dem EU-Parlament empfahl Alkoholwerbung im Sport zu verbieten, folgte eine massive Kampagne von Brauereien und Fußballvereinen. E-Mails und Briefe aus ganz Europa und ein eigener Werbespot richteten sich an die Abgeordneten – sämtliche Maßnahmen wurden im Sinne der Brauereien abgeschwächt.[37]

Eine ähnliche Interessensallianz existiert zwischen der Brauindustrie und der Werbebranche sowie dem Einzelhandel. All diese Akteure sind an einer Regulation, die wahrscheinlich ihren Umsatz reduziert, nicht interessiert.[38]

Fallstudien und Kritik

Seitenwechsel Holger Eichele

Zum 01.11.2013 wechselte Holger Eichele die Seiten: Seit Dezember 2009 war er Pressesprecher des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und wechselte Ende 2013 direkt in die Hauptgeschäftsführung des DBB.[5]

Botschafter:in des Bieres

Seit 2002 verleiht der DBB den Titel Botschafter des Bieres. Damit werden Menschen ausgezeichnet, „die sich durch besonderes Engagement ausgezeichnet haben.“ Dies kann zum Beispiel ein energischer und beispielhafter Einsatz für das deutsche Bier sein oder besondere ehrenamtliche, berufliche, soziale oder politische Aktivitäten oder zukunftsweisende Initiativen.[39] Gerne werden Politiker_innen beehrt, die dann ein Jahr lang die Deutschen Brauer und das Deutsche Bier als Botschafter vertreten.

Kritisch zu bewerten ist die Bedeutung der Botschafter_innen:

  • Cem Özdemir, Julia Klöckner, Christian Schmidt, Ilse Aigner, Horst Seehofer. Alle fünf Politiker_innen waren oder sind Bundesminister_innen für Landwirtschaft und Ernährung, womit sie politisch verantwortlich für die Regulation der Brauindustrie sind. Von ebenjener haben sie jedoch vor oder während ihrer Amtszeit eine Auszeichnung für „besonderes Engagement“ erhalten.
  • Renate Sommer, MdEP und Mitglied im EU-Parlamentsausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI): In der Pressemitteilung zu ihrer Ernennung findet sich die Begründung, sie habe sich für die „kritische Bewertung und Überarbeitung von Rechtsvorschriften“ eingesetzt. Daneben der lobende Hinweis, dass sie, Ausschussmitglied für Volksgesundheit, als Vizepräsidentin des Bier-Clubs der EU-Abgeordneten auch offiziell gerne mal ein Bier trinkt.[40]
  • Volker Kauder, MdB, seit 2005 Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag: In der Pressemitteilung zu seiner ersten Ernennung 2010 wird er mit „seit jeher ein enger Vertrauter“ vorgestellt und bereits für sein eindrucksvolles Eintreten für maßvolles Handeln und gegen Verbote gelobt.[41] 2011 wurde er erneut zum Botschafter ernannt, mit der Begründung, er habe im letzten Jahr sehr oft seine Liebe zum deutschen Bier und seine Verbundenheit zum Ausdruck gebracht.[42] Durch die Bezeichnung des Bier-Botschafters als „Amt“ und nicht als Titel oder Ehrung wird deutlich, dass sich der DBB auch entsprechendes Engagement von der Verleihung erhofft. Kauder hat das Amt im ersten Jahr wohl zur Zufriedenheit aller ausgeübt. Ob führende Politiker offen für alkoholische Getränke werben sollten, ist umstritten, wie die Aufregung über Kauders Aussage „Wenn ich ein Achtel Wein im Jahr trinke, dann ist das viel. Aber zwei, drei Weizenbier am Tag – die müssen einfach sein“ zeigt.[43]

Nationaler Aktionsplan

2008 legte die Facharbeitsgruppe Suchtprävention im Auftrag des Drogen- und Suchtrates die Empfehlungen für ein Nationales Aktionsprogramm zur Alkoholprävention vor.[44] Das Programm empfahl unter anderem Preisregulierungen, Warnhinweise, Werbeverbote sowie eine weitere Senkung der Promillegrenze im Straßenverkehr. Die Brauer haben allerdings kein Interesse daran, dass sich durch solche Maßnahmen der Pro-Kopf-Konsum und damit auch der Umsatz verringert.[45] Die Drogenbeauftragte Bätzing fügte die Empfehlungen im Herbst 2008 in ihr Programm ein. Zuvor hatte der DBB bereits reagiert: „Die geforderten Beschränkungen verstoßen gegen das Wettbewerbsprinzip“, das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Recht auf Information und das Recht auf freie Berufsausübung.[46]

Lothar Ebbertz, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerverbundes e.V., weiß, dass „Lobbyarbeit ihre Wirkung am besten im Stillen entfaltet.“ Ebendieser erstellte eine „kommentierte Version“ von Bätzings Programm und ließ es vom Bayerischen Industrie- und Handelskammertag, dem Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband, dem Landesverband des Bayerischen Einzelhandels und vom Verband Bayerischer Zeitungsverleger unterzeichnen. Am 04.08.2008 bat Peter Ramsauer, damals Chef der CSU-Landesgruppe in Berlin, Ebbertz um ein Gespräch. Nach weiteren Anhörungen mit dem DBB und der Werbewirtschaft verschickte die Drogenbeauftragte Bätzing ihren Entwurf Ende 2009 an die zuständigen Ministerien.[38]

2009 wurde der Abschnitt über Werbebeschränkungen bei Kindern und Jugendlichen von einer Mitarbeiterin des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft geändert in: „Aus Sicht der Bundesregierung [bestehe] kein weiterer Regulierungsbedarf.“ Die Mitarbeiterin der Werbeindustrie schickt ihre Version an das Wirtschaftsministerium, das noch kleine Änderungen vornimmt und den Entwurf an Bätzing zurücksendet, die einige Änderungen rückgängig macht.[38]

Im Stillen begann dann die politische Demontage des Berichts: Ende Januar 2009 strich Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee die Senkung der Promillegrenze, in der Folge wurde auch die abgeschwächte Version des Gesetzesvorhabens in den Giftschrank verbannt: Peter Ramsauer informierte Ebbertz, dass sich „das Bundeskabinett entgegen der ursprünglichen Intention der Drogenbeauftragten nun nicht mehr mit dem umstrittenen Aktionsprogramm befassen [werde …] Ich denke, mit diesem Vorgehen ist es gelungen, die Pläne der Drogenbeauftragten für neue und völlig unangemessene Restriktionen im Bereich Alkoholkonsum zu verhindern.“[38] Staatssekretäre aus den unionsgeführten Ministerien waren sich einig, dass Bätzings Plan nicht reif sei für das Kabinett. Ihre Empfehlungen waren damit endgültig vom Tisch.

Arbeitsgruppe "Alkoholkonsum reduzieren"

Im Zuge des 2015 verabschiedeten Präventionsgesetzes wurde die Arbeitsgruppe „Alkoholkonsum reduzieren“ gegründet, die sich aus Vertreter_innen der Ärztevereinigung, Krankenkassen, Wissenschaft und Bundesregierung zusammensetzt. Obwohl die Industrie offiziell nicht mit eingebunden war, kannten die Lobbyverbände den aktuellen Stand der Verhandlungen und wirkten auf die Ministerien ein. Der DBB störte sich bereits am Titel der Arbeitsgruppe und forderte mehr Prävention statt einer Einschränkung beim Verkauf und Bewerbung von Alkohol. Die Industrienähe der Ministerien belegten Recherchen, die zeigten, dass die Bundesministerien regelmäßig Maßnahmen blockierten, welche den Alkoholkonsum nachweislich effektiv reduzieren.[47] Die Arbeitsgruppe kam über Jahre hinweg nicht voran und viele Gesundheitsexpert:innen zeigten sich frustriert. Ende 2017 fand die letzte Sitzung der Arbeitsgruppe statt und die Arbeit wurde ergebnislos eingestellt.[12]

"Ausführungen zu den Themen Werbung, Preisgestaltung und Verfügbarkeit sind in diese Fassung des Gesundheitsziels ‚Alkoholkonsum reduzieren‘ noch nicht aufgenommen worden." Zwischenbericht der Arbeitsgruppe 2015.[48]

Mitgliedschaften

Der DBB ist selbst Mitglied in insgesamt 9 weiteren Interessenverbänden:[8]

The Brewers of Europe

The Brewers of Europe ist der zentrale Interessenverband der europäischen Bierindustrie, der sich aus 29 nationalen Bierverbänden zusammensetzt. Der Verband sitzt direkt am europäischen Parlament in Brüssel und lobbyiert auf europäischer Ebene für die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder.[49]

Laut eigenen Angaben im europäischen Lobbyregister gab The Brewers of Europe im Jahr 2021 zwischen 300.000 und 399.999 € für Lobbyarbeit aus und beschäftigte 4 Lobbyist_innen, die sich insgesamt mit 1,5 Vollzeitäquivalenten der Lobbyarbeit widmen.[50]

European Foundation for Alcohol Research

2003 gründete der Verband die European Foundation for Alcohol Research (ERAB), die Stipendien an Forscher_innen vergab, welche zu den gesundheitlichen Folgen von Alkoholkonsum forschten. Das ERAB trat als unabhängiges Forschungsinstitut auf, obwohl es maßgeblich durch den europäischen Brauerverband mit einer halben Million Euro pro Jahr gefördert wurde. So wies das Institut eine Beeinflussung der Studienergebnisse durch die Interessen der Sponsoren stets zurück. Gleichzeitig vertrat es jedoch öffentlichkeitswirksam die mittlerweile widerlegte These, dass kleine Mengen Alkohol gesundheitsförderlich seien.[51]

Im Jahr 2022 wurde das Institut geschlossen.[52]

EP Beer Club

The Brewers of Europe organisieren und finanzieren den 1995 gegründeten European Parliament Beer Club, ein informelles Netzwerk von über 100 EU-Abgeordneten. Erklärtes Ziel ist die Unterstützung und Anerkennung der positiven Rolle des Bieres und des Bierbrauens in Europa, wobei die Verantwortung bezüglich der negativen Folgen keinerlei Erwähnung in den selbstgesteckten Zielen finden.[53] Ehemalige Präsidentin des EP Beer Clubs war Renate Sommer, ebenfalls Botschafterin des Bieres 2012.[54]

European Alcohol and Health Forum

The Brewers of Europe war ebenfalls am European Alcohol and Health Forum beteiligt, welches 2006 gegründet wurde um die europäische Alkoholstrategie umzusetzen. Es sollte als Forum für Gesundheitsexpert_innen, NGOs und Alkoholindustrievertreter_innen dienen, um die alkoholbedingten gesellschaftlichen Schäden zu reduzieren. 2015 kündigte der Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Andriukaitis an, dass für die 2012 ausgelaufene Alkoholstrategie keine Neuauflage geplant wäre. Infolgedessen traten über 20 Gesundheits-NGOs aus Protest aus dem Forum aus. Sie kritisierten neben der blockierenden Haltung der Alkoholindustrie und der unzureichenden Problematisierung der alkoholbedingten Schäden vor allem die fehlende Wirksamkeit der beschlossenen Maßnahmen.[55]

Zitate

„Bundesminister Peter Altmaier verbindet seine öffentlichen Auftritte dabei auch immer mit privaten Elementen, wenn er z.B. seine französische Amtskollegin zu sich nach Hause einlädt oder mit Diskussionsteilnehmern anschließend ein gepflegtes Bier trinkt – das ist doch einfach toll.“ Meldung des DBB zum Botschafter des Bieres Peter Altmaier.[39]

Weiterführende Informationen

Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

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Einzelnachweise

  1. Satzung brauer-bund.de, abgerufen am 04.08.2023
  2. Interessenvertretung: Die Strategien der Lobbyisten des Lasters, Tagesspiegel, abgerufen am 30.08.2023
  3. Präsidium, brauer-bund.de, abgerufen am 31.08.2023
  4. Mitglieder, brauer-bund.de, abgerufen am 04.08.2023
  5. 5,0 5,1 Geschäftsführung, brauer-bund.de, abgerufen am 04.08.2023
  6. Gewinn- und Verlustrechnung DBB 2022, Deutsches Lobbyregister, abgerufen am 30.08.2023
  7. Informationsbroschüre "Interessensvertretung", DBB (Hrsg.), Juni 2013, abgerufen am 27.06.2016
  8. 8,0 8,1 Lobbyregistereintrag DBB, Deutsches Lobbyregister, zuletzt abgerufen am 06.09.2024
  9. EU-Transparenzregistereintrag DBB 2022, lobbyfacts.eu, abgerufen am 30.08.2023
  10. Informationsbroschüre "Interessensvertretung", DBB (Hrsg.), Juni 2013, abgerufen am 27.06.2016
  11. Alkohol - Die geschützte Droge Deutschlandfunk, abgerufen am 04.08.2023
  12. 12,0 12,1 Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, Deutscher Bundestag, abgerufen am 30.08.2023
  13. "Kleine Brauereien brauchen eine Stimme", getraenke-news.de, abgerufen am 30.08.2023
  14. MdB Lisa Badum – „Biersteuermengenstaffel – Ampel entlastet Brauereien“, wiesentbote.de, abgerufen am 30.08.2023
  15. 15,0 15,1 Brauer zeichnen "Botschafter des Bieres" aus, brauer-bund.de, abgerufen am 30.08.2023
  16. Brauer zeichnen "Botschafter des Bieres" aus www.brauer-bund.de vom 28.06.2024, abgerufen am 12.07.2024
  17. Süffige Verbindung, Weser Kurier, abgerufen am 30.08.2023
  18. Der Bierfreund des Prinzen von Preußen, Spiegel Online, abgerufen 30.08.2023
  19. 19,0 19,1 Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes geehrt, verbaende.com, abgerufen am 30.08.2023
  20. 20,0 20,1 Lobbyregistereintrag Deutsches Institut für Reines Bier e.V. 2022, Deutsches Lobbyregister, abgerufen am 30.08.2023
  21. Bonner Kulisse, Zeit Online, abgerufen am 30.08.2023
  22. Reinheitsgebot für deutsches Bier zum immateriellen Weltkulturerbe erklären, lifepr.de, abgerufen am 30.08.2023
  23. Reinheitsgebot - Ein Reinfall für die Ewigkeit?, mixology.eu, abgerufen am 31.08.2023
  24. Handwerkliches Bierbrauen, Unesco.de, abgerufen am 31.08.2023
  25. Von der UNESCO anerkannt: Handwerkliches Bierbrauen wird in Deutschland immaterielles Weltkulturerbe, blog.brunnenbraeu.eu, abgerufen am 31.08.2023
  26. Lobbyregistereintrag FORUM BIER e.V. 2022, Deutsches Lobbyregister, abgerufen am 30.08.2023
  27. 300 Gäste beim Parlamentarischen Abend von DBB und Forum Bier, about-drinks.com, abgerufen am 30.08.2023
  28. Landgericht Berlin: Keine Werbung für positive gesundheitsbezogene Wirkungen von Bier, berlin.de, abgerufen am 30.08.2023
  29. 29,0 29,1 Unser Bier - Bewusster Genuss, bierbewusstgeniessen.de, abgerufen am 30.08.2023
  30. Informationsbroschüre "Fakten zur Alkoholpolitik",DBB (Hrsg.), April 2008, abgerufen am 27.06.2016
  31. Lobbyregistereintrag DBB, Deutsches Lobbyregister, zuletzt abgerufen am 06.09.2024
  32. Alkoholabhängigkeit, dhs.de, abgerufen am 30.08.2023
  33. Auch moderater Alkoholkonsum schadet der Gesundheit, Tagesspiegel, abgerufen am 30.08.2023
  34. Verhaltensregeln des Deutschen Werberats, werberat.de, abgerufen am 30.08.2023
  35. Verantwortung, brauer-bund.de, abgerufen am 30.08.2023
  36. Warum hat der Alkohol dieses Land so fest im Griff? Tagesspiegel vom 16.07.2023, abgerufen am 30.08.2023
  37. 37,0 37,1 Fußball und Bier - Perfekte Partner, sportschau.de, abgerufen am 30.08.2023
  38. 38,0 38,1 38,2 38,3 Alkohol: Die Gesetzeshüter, ZEIT online vom 14.05.2009, abgerufen am 27.06.2016
  39. 39,0 39,1 Botschafter des Bieres seit 2002, Webseite des DBB, abgerufen am 01.08.2023
  40. Deutsches Bier hat ein neues Gesicht – EU-Abgeordnete Sommer ist Botschafterin des Bieres 2012, Pressemitteilung des DBB vom 13.06.2013, abgerufen am 27.06.2016
  41. Volker Kauder ist Botschafter des Bieres 2010, Pressemitteilung des DBB vom 22.04.2010, abgerufen am 27.06.2016
  42. Ina Müller ist Botschafterin des Bieres 2011 und Volker Kauder wurde im Amt bestätigt, Pressemitteilung des DBB vom 29.06.2011, abgerufen am 27.06.2016
  43. Volker Kauder: Täglich zwei, drei Weizen – das muss einfach sein!, Stuttgarter Zeitung, abgerufen am 04.08.2023
  44. „Empfehlungen des Drogen- und Suchtrates an die Drogenbeauftragte der Bundesregierung für ein Nationales Aktionsprogramm zur Alkoholprävention“, Fassung vom 09.06.2008. Der Drogen- und Suchtrat ist ein beratendes Gremium der Drogenbeauftragten des Gesundheitsministeriums, von Dezember 2005 bis Oktober 2009 war das Sabine Bätzing (SPD).
  45. Hüllingshorst, Rolf: "Alkohol – der Kampf um die Attribute" in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), APuZ 28/2008, S. 35.
  46. Informationsbroschüre "Fakten zur Alkoholpolitik",DBB (Hrsg.), April 2008, abgerufen am 27.06.2016
  47. Wie die Alkoholindustrie uns dazu bringt, immer weiter zu trinken, Correctiv.org, abgerufen am 31.08.23
  48. Nationales Gesundheitsziel "Alkoholkonsum reduzieren", gvg.org, abgerufen am 31.08.2023
  49. About Us, brewersofeurope.org, abgerufen am 31.08.2023
  50. EU-Transparenzregister The Brewers of Europe, lobbyfacts.eu, abgerufen am 31.08.2023
  51. Wie die Alkohol-Lobby die Politik einlullt, Spiegel Online, abgerufen am 31.08.2023
  52. Startseite, erab.org, abgerufen am 31.08.2023
  53. About the EP Beer Club, epbeerclub.eu, abgerufen am 31.08.2023
  54. CDU-Politikerin Renate Sommer ist neue Präsidentin des EP Beer Club, about-drinks.com, abgerufen am 31.08.2023
  55. NGO Resignation Briefing Document, epha.org, abgerufen am 31.08.2023

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