Stiftung Lebendige Stadt
Stiftung Lebendige Stadt | |
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Rechtsform | gemeinnützige Stiftung |
Tätigkeitsbereich | Förderung europäischer Städte in den Bereichen Kultur sowie der Pflege der Erhaltung von Kulturwerten, Wissenschaft und Forschung, Sport sowie Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutz |
Gründungsdatum | 2000 |
Hauptsitz | Saseler Damm 39, 22395 Hamburg |
Lobbybüro | |
Lobbybüro EU | |
Webadresse | lebendige-stadt.de |
Die Stiftung Lebendige Stadt ist eine Initiative von Alexander Otto, dem Gesellschafter und vorsitzenden Geschäftsführer der ECE Projektmanagement (zum Otto-Konzern gehörig). Die Stiftung ist formal unabhängig, aber eng mit dem Shoppingcenter-Betreiber ECE verbunden. Sie dient insbesondere der Image- und Netzwerkpflege des Unternehmens, dessen zahlreiche Immobilienprojekte immer wieder auf gesellschaftlichen Widerstand stoßen. Ihr stellvertretender Vorsitzender ist der ehemalige Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee, der im Zusammenhang mit der Bahnprivatisierung eine entscheidende Rolle gespielt hat. [1]
Inhaltsverzeichnis
Lobbystrategien und Einfluss
Zu den Aktivitäten gehören ein alljährlicher Stiftungskongress, ein jährlicher Stiftungspreis, Förderprojekte und Publikationen etc. Darüber hinaus dient die Stiftung als ein Instrument von ECE bzw. von Alexander Otto zur Imageabfederung gegen den Vorwurf, seine Einkaufszentren veröden die Innenstädte. Somit werden von der Stiftung Positionen vertreten, von denen die ECE unmittelbar betroffen ist, während das Unternehmen gleichzeitig in der Stiftung tätig ist.[2]
Fallstudien und Kritik
Stuttgart 21
Im Kontext von Stuttgart 21 kam die Stiftung in die Diskussion, weil in ihren Gremien wichtige EntscheidungsträgerInnen oder Unterstützer von Stuttgart 21 saßen: Im Vorstand der Stiftung sitzt seit 2005 Friederike Beyer, die heutige Lebensgefährtin des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger. Die Stiftung verweist in ihrer Verteidigung darauf, dass Beyer aber erst seit 2008 mit Oettinger liiert sei.[3]
Im Stiftungsrat saßen Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und die baden-württembergische Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner. Schuster trat nach Stern-Recherchen im September 2010 von dem Gremium zurück, "um jeglichen Anschein eines Interessenkonflikts zu vermeiden". Tanja Gönner lässt ihre Mitgliedschaft seit dem 11. Oktober 2010 ruhen, nachdem das Handelsblatt über ihre Verbindung zur Stiftung berichtet hatte. Weiter im Stiftungsrat saß der Architekt des geplanten neuen Stuttgarter Hauptbahnhofs, Christoph Ingenhoven.[4]
Jena
In Jena nahm der Konzern ECE an einer Ausschreibung zur Bebauung des Eichplatzes teil. Jenas Oberbürgermeister Albrecht Schröter war Mitglied im Stiftungsrat. Nach eigenen Angaben war ihm nicht bekannt in welchem Verhältnis ECE und die Stiftung stehen. Er ließ seine Mitarbeit in der Stiftung auf Grund des Bauprojekts ruhen.[5] Aktuell wird er nicht mehr als Mitglied des Stiftungsrates genannt.[6]
Organisationsstruktur und Personal
Die Stiftung ist eng mit dem ECE Projektmanagement ECE-Konzern und dessen Eigentümer verbunden und wird von diesem in wesentlichen Fragen kontrolliert. Der Stifter Alexander Otto bestellt laut Satzung sowohl die Mitglieder des Kuratoriums als auch des Vorstands. Er selbst ist Kuratoriumsvorsitzender, der Vorstand wird von einem ECE-Geschäftsführer geleitet. Der Stiftungsrat als drittes Gremium (ohne ECE-Vertreter) ist nur beratend tätig.[7]
Dass eine Unternehmensleitung zugleich in einer nahestehenden Stiftung leitende Funktionen einnimmt, und dass diese Stiftung gleichzeitig dezidiert Positionen vertritt, von denen das Unternehmen unmittelbar betroffen ist, wird von Stiftungsexperten als „Ausnahmefall“ bezeichnet.[5]
Vorstand:
- Andreas Mattner (Vorstandsvorsitzender; zugleich ECE-Geschäftsführer[8]) und Präsident des Lobby-Verbandes Zentraler Immobilien Ausschuss[9]
- Michael Batz, Theatermacher und Szenograf
- Friederike Beyer, Geschäftsführerin Beyer PR EVENT und Lebensgefährtin von Günter Oettinger
- Peter Harry Carstensen, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein a.D.
- Gerhard Fuchs, Staatsrat der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt der Freien und Hansestadt Hamburg, a.D.
- Robert Heinemann, Managing Director, ECE Projektmanagement G.m.b.H. & Co. KG und ehemaliges Mitglied der Hamburger Bürgerschaft für die CDU
- Wolfgang Kopitzsch, Bezirksamtsleiter Hamburg-Nord a.D., Polizeipräsident a.D.
- Dittmar Machule, Em. Professor an der HafenCityUniversität Hamburg, Department Stadtplanung
- Fritz Schramma, ehemaliger OB von Köln
(Stand: April 2017) Quelle: [10]
Stiftungsrat (Auswahl):
- Hanspeter Georgi (Vorsitzender), Minister für Wirtschaft und Arbeit a.D. Saarland
- Garrelt Duin, Minister für Wirtschaft, Energie und Industrie, Mittelstand und Handwerk NRW
- Alexander Erdland, Vorsitzender des Vorstandes Wüstenrot & Württembergische AG
- Thomas Geisel, Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf
- Hendrik Hering, MdL, Präsident des Landtages Rheinland-Pfalz, Staatsminister a.D.
- Prof. Harald Kächele, Bundesvorsitzender, Deutsche Umwelthilfe e.V.
- Dr. Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel
- Prof. Dr. Engelbert Lütke Daldrup, Vorsitzender der Geschäftsführung Flughafen Berlin Brandenburg GmbH
- Aygül Özkan, Geschäftsführerin der Deutschen Bank Kredit Service GmbH, Ministerin a.D.
- Prof. Götz Werner, Gründer und Aufsichtsratsmitglied dm-drogerie markt
(Stand: April 2017) Quelle: [11]
Viele weitere Politiker sind ebenfalls Mitglieder, darunter: amtierende Bürgermeister und ehemalige Minister. Außerdem gibt es einige Vertreter von privaten Unternehmen. Die hohe Zahl in der Stiftung engagierter Bürgermeister, die über mögliche Projekte mitentscheiden, ist bemerkenswert.
Kuratorium (Auswahl):
- Alexander Otto, Vorsitzender, gleichzeitig Vorsitzender der Geschäftsführung bei ECE
- Wolfgang Tiefensee, stellvertreter Vorsitzender,Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, MdB ehemaliger Bundesminister für Bau- und Verkehr
(Stand: April 2017) Quelle: [12]
Finanzen
Die Stiftung wurde 2000 mit einem Vermögen von 1 Mio. DM gegründet. Das Stiftungskapital hat sich bis heute nicht verändert und entspricht nunmehr 511.291,88 Euro. Neben Erträgen aus dem Stiftungskapital wirbt die Stiftung Spenden ein. Von ECE und ihr nahestehenden Gesellschaften erhielt sie in den Jahren 2006 bis 2010 nach eigenen Angaben 3,5 Mio. Euro.[13]. Das heißt die Stiftung lebt weniger von Erträgen aus ihrem Stiftungskapital, als von laufenden Zuwendungen aus dem ECE-Konzern. Deutlich wird dies bei Betrachtung des Zinsertrags des Stiftungskapitals für das Jahr 2011. Dieser wird mit 10.990,97 Euro angegeben.[14]
Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus
Einzelnachweise
- ↑ Wie Tiefensee die Skeptiker überzeugen will, Spiegel-Online vom 15.04.2008, abgerufen am 31.07.2015
- ↑ „Kampf um die Einkaufsstraßen – Shoppingcenter gegen Flaniermeilen“, taz vom 14.07.2012, abgerufen am 22.01.2013
- ↑ Stiftung von Großinvestor wehrt sich gegen Filz-Vorwurf, Handelsblatt Online vom 12.10.2010, abgerufen am 16.10.2010. Originalquelle: Stiftung „Lebendige Stadt“ tritt falschen Behauptungen entgegen, Pressemitteilung der Stiftung vom 11.10.2010, abgerufen am 28.10.2010
- ↑ Monopoly 21, Stern vom 14.10.2010, in gekürzter Form auch online erschienen; Mappus, S21 und die "Spätzle-Connection", Handelsblatt Online vom 11.10.2010, abgerufen am 14. Oktober 2010; CDU-Ministerin zieht Konsequenz aus Filz-Vorwurf, Handelsblatt Online vom 11.10.2010, abgerufen am 14. Oktober 2010.
- ↑ 5,0 5,1 Shoppingcenter gegen Flaniermeilen - Kampf um die Einkaufsstraßen, taz, abgerufen am 16.07.2012
- ↑ Liste der Mitglieder des Stiftungsrates auf lebendige-stadt.de, abgerufen am 27.04.2017
- ↑ Satzung der Stiftung „Lebendige Stadt”, Stiftungswebseite, zuletzt abgerufen am 27.04.2017
- ↑ Impressum der ECE-Webseite, abgerufen am 16.10.2010
- ↑ Webseite Zentraler Immobilien Ausschuss abgerufen am 27.04.2017
- ↑ Der Vorstand, lebendige-stadt.de, abgerufen am 27.04.2017
- ↑ Der Stiftungsrat, Website der Stiftung, abgerufen am 27.04.2017
- ↑ Kuratorium, lebendige-stadt.de, abgerufen am 27.04.2017
- ↑ Auskunft der Stiftung auf Anfrage von LobbyControl, 26.10.2010
- ↑ Stiftungsbericht 2011, Webseite der Stiftung, abgerufen am 27.04.2017